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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.05.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190905158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090515
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-05
- Tag 1909-05-15
-
Monat
1909-05
-
Jahr
1909
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Nr. 134 Be-uqS-Prei» litt Leipzig und Vorort» durch «kirr« Irtger und Spediteur» t»4 Hau« gebrecht: LV monatl., L.7V virrteljLbri. Bei unsern Filiale« u. <n nadmettellen abgeboUr 7S as moxatl., L.LS »ierteliichrl. Durch di« Dost! i»«rtald Deutschland« und der deutsche» stolonien vierteljtdrl. lt.stst monatl. I.list autschl. Postd»ltkll„»ld. Ferner in Belgien, Dtn«»ark, den Donaustaaten, Italien, Luxemburg, -lieberland«. Rar» wegen, Oesterreich - Ungarn, Rußland, Schweden, Schwei« it. Spanten. Jo alle» übrigen Staaten nur direkt durch di« »esch»it«stelle dl Blatte« erb»,«ich. Da« Leipziger Dageblatt erscheint wöchent lich / mal und zwar morgen«. «bonnement-Lnnabme: Angustnlplatz 8, bei unseren Drägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Stummer kostet Ist Redaktion und Gefchästssteller Iohannitgnsse 8. Fernsprecher: l«S»L >4Ss». l«SS«. KipMerTMUM Handelszeitung Ämtsvsatt des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis sir Inserate au« Leipzig und Umgebung Li« 6gespaltene Petitzeile 25 H, finanzielle Anzeigen 5U SieNamen l »on au«wärt« M H, Reklamen i.20 »am Auäland SO^s, finanz. Anzeigen 75«^ Reklamen iHv Inserate».Behörden m amtlichenDeil40 Brilagegebüdr 5 p. Dausen» ezkl. Post gebühr. »eschLitaanzeigen an beoorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Dari' Festerteilte Austräge können nicht zurück gezogen werden. Für da« Urscheinen an bestimmten lagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen Anzeigen-Annahme: Augustutzpla- 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annonceu- Expeditionen de« In- und Autlande«. Haupt-Filiale Berlin: Tarl Duncker, Herzog!. Baur. Hosbuch- handlung, Lützowstrahe Ist. (Telephon Vt. Sir. 4MI). Haupt Filiale Dresden: Eeestrane 1.1 «Teleobon 'e>!> Sonnabend 15. Mai 1909. 103. Jahrgang. Das wichtigste. * Das neue sächsische Wahlgesetz mit der dazu gehörigen Ausführungsverordnung ist veröffentlicht worden. lS. 3. Seite.) * Der Reichstag nahm am Freitag dieBankgesetznovelle unddasViehseuchengesetz in zweiter Lesung an. lS. Reichs tagsbericht.) * Ju der Jinanzkommission erklärte am Freitag der Abg. Dr. Paasche, daß ein nationalliberaler Abgeordneter den Vorsitz in der Kommission nicht übernehmen werde. Sodann wurde das Finanzgesetz beraten und angenommen. Die Neu- Wahl des Vorsitzenden ist auf Dienstag angesctzt. sS. Leitart.) * Das deutsche Kaiserpaar ist gestern vormittag gegen ^.-11 Uhr in Wien eingetrosfen und am dortigen Südbahnhof von Kaiser Fran; Josef herzlich empfangen worden. sS. d. bcs. Art.) * Der Londoner „Standard" bringt einen Bericht seines Sonderberichterstatters, der die deutschen kaiserlichen und privaten Werften besuchte, um sich von dem Stand des deutschen Schiffsbaues zu vergewissern. Der englische Flottenfachmann kommt zu dem Ergebnis, daß in Deutschland zurzeit neun Dreadnoughts (?) sich im Bau befänden und drei dicht da vor ständen, auf Stapel gelegt zu werden. Außerdem seien Kreuzer, Torpedoboote und Unterseeboote im Bau. (S. Ausl.) * Gleichsam als Illustration zu den Trinksprüchen von Brindisi veröffentlicht „Giornale d'Jtalia" das Schifssbauprogramm des italienischen Marincministers für die Jahre 1910, 1911 und 1912, das sich gegen Oesterreich richtet. sS. Ausl.) * Nach heutigen Pariser Meldungen hat sich die Lage im Po st aus stände weiterhin gebessert, s. S. Art.) * Heber eine schwere Eisenbahnkatastrophe berichtet folgende De- tzefche ans Herlisheim: In der Nacht vom 13. zum 14. ist der v - Aug 1K1 infolge Entgleisung des Güterzugcs 6040 in der Nähe des südlichen Einfahrtssignals Herlisheim (Obcrclsaß) auf diesen aufge- fahren, entgleist und verbrannt. Nach den bisherigen Fest stellungen wurden bei der Katastrophe 5 Personen getötet und 15 verletzt. Die Adärung. Es wird in diesen Tagen viel von Krach und Kladderadatsch ge sprochen und geschrieben, und doch trägt das Ereignis der Donnerstags- sitzung der Finanzkommission keineeweg den Charakter einer Ucberraickung. Für bellhörige und klarschauende Staatsbürger bedeutet es lediglich die gan; natürliche Folge verschiedener, gegeneinander gestellter Einzelerscheinungen, das unausbleibliche Ergebnis unaufhaltsamer Entwicklungen. Der Block Bülows, der einem nationalen Ausschwung seine Entstehung verdankte, war in seiner Existenz abhängig von der Lösung alter Verbindungen zwischen dem Zentrum und den Parteien der Rechten. Es war deshalb ein Psychologecher Irrtum, diesem Ge bilde Bülowscher StaatSkunst die erotisch anmutende Bezeichnung „Paarung" beizuleg-n, denn in Wahrheit handelte es sich bei der Bcreinigung der Konservativen und Liberalen nicht um ein HerzenSbündniS, sondern nur um einen aus rein verstandesmäßigen Erwägungen resultierenden Zweckoerband. Die Erkenntnis dieses Irrtums führte dann auch bald dazu, dieser Parteigruppierung die französischem Muster nachgedildete Bezeichnung „Block" zu geben. Die Gefahr einer Lockerung und weiterhin einer Sprengung dieses Blocks lag bereits in der Tat sache beschlossen, daß die Regierung den Wünschen deS Libera lismus gewisse Zugeständnisse machen mußte. Den Konservativen, deren Vorschläge und Meinungen bisher allein ausschlaggebend gewesen waren, war auf diese Werse die Bewegungsfreiheit etwas ein geschränkt worden. Anstatt daß sie sich diese staatspolitische Notwendig keit aus der Gesamtlage richtig erklärten, grollten sie dem Kanzler wegen der Minderung ihrer Macht. Das Zentrum wußte diesem ausleimenden Groll mit großem Gelchick und zunächst in ganz unaufsälliger Weise stets neue Nahrung zuzujübren, so daß am Ende die Sehnsucht nach der Wiederkehr der alten Zustände übermächtig zu Werren begann. Diese rein seelischen Vorgänge entbehren jereS Reizes der Neuheit oder der Einzigartigkeit, denn sie ergeben sich ganz logisch aus der psychischen Veranlagung der beteiligten Kräfte, aber rhre Darlegung ist unerläßlich zum Verständnis der gegenwärtigen Situation. Ihre Aus wirkung auf politischem Gebiete mußte zum Bruche mit der vom Reichs kanzler seit den Dezembertagen des Jahres 190k eingeleitrtea Politik führe», sie mußte schließlich eine Kräfteverteilung der politischen Macht- sakiore» zeitigen, wie wir sie bis dahin oft genug zu beklagen hatten. Dieser denkwürdige Augenblick ist nunmehr eingetreten, und es ist ganz gleichgültig nach der verhältnißmäßig unbedeutenden Ursache zu forschen, die für jedermann die Vollendung dieses Umschwungs erkennbar machte. Die Lösung, die Klärung ist vorhanden, und dadurch entfallen für alle Beteiligten die bisher a>S verpflichtend erachteten Rück sichten. Die Formen, mit denen der „schwarze" Block seine Verwirk lichung autündigte, entbehren freilich jeder Eleganz und wirken auf ge bildete Staatsbürger direkt abstoßend. Die Materie, an der «r seine Kraft erprobte, war die Reichsfinauzreform. Man hatte in konservativ-klerikalen Kreisen zunächst ein anderes Plänchen ersonnen, batte aber nicht bedacht, daß es sich bei Lieser neuen Schwenkung ia der Reichspolitik um mehr al- um eine Frage der Zweckmäßigkeit handele. Zur Be ruhigung der widerwärtigen Hetzer gegen den gesunden Gedanken einer Erweiterung der Erbschaftssteuer hatte der neue Bund ein Berlegen- heilSprovukt von Besitzsteuern verschiedener Art zusammengestellt. Für diesen Plan wollte man sich die Mitwirkung der Nationalliberalen sicher»; damit wäre zweierlei erreicht gewesen: die Ausschaltung deS Frei sinns, den offiziöse Federn bereits mit Fleiß, aber sehr zu Unrecht als den einzigen Nörgler wider d-e indirekten Steuern anklagen, und die Bemäntelung deS komervativ-klerikalen Bündnisses, die Verschleierung der Tatsache, daß sich die Regierung bereit finket, das Joch der Zen- trumtheirschafl von neuem auf sich zu nehmen. Dieser allerliebste Plan soll sogar einen hohen Regierungdbeaniten zum Fürsprecher gehabt haben. Selbstoerstänkl ch kennte die Aniwort der Nationalliberalen auf derartige Zumutungen nur in einerichrofsenAblehnung bestehen. D enationallibereke Fraktion hätte vor ihren Wählern den schwersten Stand gehabt, wenn sie zur Wiedereinsetzung des Zentrums in seine alte Macht die Hand geboten halte. Die naiionalliberalen Abgeordneten sind unter dem Schlacht» use: Wider Rot und Schwarz! in den Reichstag eingezogen, sie würden sich deS Anspruchs auf jedes Vertrauen begeben, wenn sie in grundtätzlichen Fra en von nationaler Bedeutung ihrem Programm untreu würden. Die Nationalliberalen haben endlich treu neben uns mit den Freisinnigen gearbeitet und deren positive Leistungen gerade auch auf dem Gebete der Finanzresorm stets anerkannt; cS kann ihnen nicht zugemutet werden, an dielen befreundeten Parteien schändlichen Verrat zu üben, damit dadurch die Herrschaftsgelüste der ärgsten Geaner beider Parteien befriedigt werden. Die Losung lür die Zukunft ist klar; sür das Parlament: Einmütigkeit aller Vertreter des Liberalismus gegen konservativ-kleri kale VergewaltigungSveriuche; für die Finanzresorm: Beharrung aus der Forderung einer auch vom Bundesrat als einzige Möglich eit er kannten Erbanlallsteuer, ohne die kein Pfennig indirekter Steuern bewilligt wird; für die Nation: rückhaltlose Auf klärung über die zwiespältige, das nationale Empfinden so tief verletzende Haltung der konservativen Partei. Im übrigen hat nun zunächst die Regierung das Wort. * Die Finan;kommisston trat am Freitag unter dem Vorsitz Peter SpabnS zusammen. Der oisiiielleir Mitteilung von PaascheS Demission folgten zunächst Er klärungen der Kcnicrvativ n, der Reich?partei und der Wirtschaftlichen Vereinigung, die den Konflikt aus der Welt tchaffen wollien und für Paaiche liebenswürdige Worte enthielten. Diele nachträglichen Artig teilen vermögen indes den Eindruck der argen Brüskierung vom Donnersiag nicht auSzutilgen. Daß das beliebte Rezept, der Peitsche das Znckerbiot folgen zu lassen, bei den Naliona liberalen rttcht ver fangt, ergaben auch die Erklärungen Paasche«. Wir sind überzeugt, daß auch eie Neuwahl am Dien-tta ', wenn sie aus Paasche fäll:, wieder holt werdeu muß, denn wir ballen nach den Vorgängen der letzten Tage Notz aller BetchönigungSve,suche derer, die eS nicht so gemeint habe» wollen, die Annahme einer Wiederwahl für völlig ausgeschlossen. Die Kommission beschäftigte sich dann mildem Finanzgesetz, erlebte zum Schluffe noch eine lebhafte Geschäftsordnungsdebatle und vertagte sich dann bis zum Dienstag. An rieiem Tage soll die vielumstiitteue Abstimmung über Artikel IV des TabalsteuerentwursS der Fmanttommnsion vorgenommen werden. (Der Bericht über die Sitzung der Finanzkommission findet sich in der 2. Beilage. D. Red.) Vertagung deS Reichstags? Der Präsident des Reichstags, Graf Stolberg, hat am Freitag mit dem Reichskanzler eine Besprechung gehabt. Es handelte sich um die Erörterung der neugeschaffencn Lage und um die Frage der Vertagung des Reichstags bis zum Herbst. Am Sonnabend soll im Seniorenkonvent darüber end gütig Beschluß gefaßt werden. Die Regierung scheint zur Vertagung große Neigung zu haben, und Graf Stolberg hat in diesem Sinne Stimmung zu machen gesucht. Wie wir von zuverlässiger Seite dazu erfahren, sind die Nationalliberalen der Mernung, daß der Reichs tag auch nach Pfingsten unbedingt zusammengchalten Werren müsse, damit auf irgendeine Weise die Finanzreform noch vor dem Sommer erledigt werde. Die Bundesstaaten und die Erbaufallsteuer. In bayerischen Abgeordnetenkreisen belebt, wie dem „B. T." aus München telegraphiert w rd, die Annahme, daß die bayerische Regierung rn Sachen d-r Erbschaftssteuer fest bl ei den wird. Bisher hat gerade die bayerische Regierung im Bundesrat die Siellung des Reichskanzlers gestützt in der Annahme, dgß gerade er der Schwierigkeiten mit den Konservativen Herr werden dürste. Man glaubt indes nicht, daß, falls sich wirklich berauSstellen tollte, daß Bülow am Umichwung der Konstellation mitschuldig lei, er für die Folge eine Unteisrügung der bayerischen R-gierung finden werde. — Daß die sächsische Regierung gleichfalls nach wie vor an dem Plane der Erweiterung der Erbs chal tS- steuer festbalt, bat sie in der letzten Zeit rurch verschiedene offiziöse Auslassungen deutl ch zu erkenner gegeben. ZentralvorstandSsttzung der natioualltberalen Partei. Wie wir bören, wird in een nächsten Tagen der Zentral vorstand der nationalliberalen Partei emderufen werden, um zu den Fragen der inneren Politik Stellung zu nehmen. Tag und Stunde werden demnächst bekaunkgegeben. * Preßstimmen. Die Tragweite der Vorgänge vom Donnerstag wird ganz natürlich von der Preße verschieden bemessen. Bemerkenswert ist es, daß aus den nationallibcralen Organen überall eine zielsichere Entschlossenheit herausklingt. Die parteioffiziöse „Nationallib. Korr." kleidet die Absage an die Konservativen in folgende Worte: „Es fragt sich unter solchen Umständen, was die Nationallibe ralen tun sollen. Ob sie dem von illustrer Seite gegebenen Beispiel folgen, und wenn die Anregung an sie eraeht, gleichfalls hurtig u m - lernen sollen Die Frage stellen, heißt — dünkt uns — sie im selben Moment verneinen. Seit Jahr und Tag haben wir hier, hat die bcfrcnndete Presse, haben unsere Abgeordneten in den Parla menten mit Ernst und Nachdruck versichert: keine neue und schwere Belastung des Konsums der Mafien ohne gleichzeitige all- gemeine und direkte Kontribution des Besitzes. Wir müßten uns um allen Kredit im Volke bringen, wenn wir nun einfach einschwenken sollten; aus keinem anderen Grunde schließlich, als weil der starke Arm oder der große Mund der Agrardemagogen eS so wollen. Denn darauf läuft es am letzten Ende doch jetzt hinaus. Was zurzeit zusammengebraut werden soll, ist keine all gemeine Besitzsteuer mehr, das sind Verlegenheitskünste, zu denen man greift, weil man eine reinliche Auseinandersetzung mit den mucbtlüsterncn Vundesführern scheut, die längst eine Gefahr für das ganze Land wurden. Zugleich aber ist es die Aufopferung der letzten aufrechten, sozusagen politischen Konservativen alten Schlages. Werden sie jetzt von der Negierung in ihrem guten Kampf im Stich gelassen, dann werden Männer von der Art des Grafen Schwerin. Löwitz in Zukunft kaum noch Verlangen tragen, wider den bündlerischen Stachel zu löken. Eine solche Politik machen wir nicht mit. Eine liberale Parte,, die nickt ihre Repu- tativn einbüßen möchte, kann einfach eine solche Politik nicht mitmachen. Bisher Halen wir angenommen, daß auch dem Fürsten Bülow seine Reputation verbieten müßte, derlei Wege zu gehen. Es täte uns leid um den Kanzler, der acht Jahre an der Spitze der Neicksgefchäfte gestanden, wenn wir in dieser Annahme uns getäuscht hatten." In der „National-Zeitung" ergreift der Abg. Fuhrmann das Wort zu folgenden Auslassungen: «Wir Mitglieder der Finanzkommission haben die heutige Klärung der Situation wie eine Erlösung betrachtet. Wir fühlen unsere Kräfte erlahmen in der fruchtlosen Penclopearbeit, die wir zu leisten haben. Jetzt mögen die Dinge ihren Gang gehen. Mag der Reichskanzler, mögen andere Parteien mit sich abmachen, was sie als im Interesse der Nation liegend und mit ihrer Reputation als verantwortliche Politiker vereinbar finden. Die nationallibcrale Partei weiß, was sie zu tun hat. Sie wird un beirrt von Schwierigkeiten, die ihr erwachsen oder bereitet werden, ihren Weg gehen. Sie weiß sich der Zustimmung ihrer Wähler wie überhaupt weiter und gerade der wertvollsten Schichten unseres Volkes sicher. Sie wird aus dem ganzen Wandel herausgehen und wird bewahren, das keine volitiscke Partei ohne schwere Gefahr verlieren kann: die politische Ehre." Mährend aber der Abg. Fuhrmann sich über das^ was die national liberale Partei zu tun hat, nicht näher ausipricht, zieht der „Hannoversche Kurier" mit aller Entschiedenheit die letzten einzig möglichen Konsequenzen. Er legt mit Recht dar, daß die Krisis mit den sachlichen Differenzen unter den Parteien des alten Blocks nur mittel- bar zusammenhängt, daß aber der eigentliche tiefere Konflikt spätestens bei der zweiten Lesung der Finanzresorm hcrvortrelen wird, und kommt dann zu folgenden, auch von uns schon immer vertretenen Forderungen: „Dann müssen die Liberalen entsprechend ihrer bisherigen Hal tung verlangen, daß zunächst Klarheit über die direkten Steuern geschaffen wird. Da das unmöglich sein wird, dürfte dn neue Bund beschließen, er st die indirekten Steuern fertigzu stellen. Dann kann die Linke nicht mehr Mitarbeiten, und der verborgene Riß wird offenbar." Sekr bemerkenswert ist es aber besonders, daß die sonst manch mal recht zahme „Kölnische Zeitung" im Hinblick auf die Gesamtlage äußerst heftige Töne anschlägt: „Es ist kein Wunder, daß angesichts dieser unentschlossenen Hal tung der Regierung dn: Fraktionsübermut immer üppiger ins Kraut schießt und daß die preußischen Konservativen im Bunde mit dem Zentrum sich anmaßen, dem Reich ihren Willen aufzuzwingen. Warum haben bei solcher Sachlage Kanzler und Schatzsekrr. tär nebst den Ministern der Einzel st aaten nickt einmal versucht, nach dem Instrument der Ministerverantwortlichkeit zu greifen und nötigenfalls dem Reichstag ihre Portefeuilles vor die F üße zu werfen?" Das „Berliner Tageblatt" zeichnet dagegen ebenso scharf wie die nationalliberalen Blätter die Grenzen jeder Mitarbeit der National liberalen: „Wenn schon jetzt behauptet wird, daß die Liberalen dem Fürsten Bülow ein Ultimatum stellen und ihn auffordern wollen, sich sür oder gegen de» Block zu entscheiden, so eilt natürlich diese Annahme den Tatsachen voraus; aber es liegt auf der Hand, daß sich die Libe ralen zu einem Spiel mit wechselnden Mehrheiten nicht mißbrauchen lassen werden. In den Kreisen der neuen Mehrheit nimmt man allerdings an, daß es genügen wird, wenn man Herrn Paasche auffordert, den Vorsitz wieder zu übernehmen. Der Konflikt würde sich dann in Güte beilegen lassen. Wir glauben aber kaum, daß sich jetzt schon eine sichere Prognose über den weiteren Verlauf dnc Kommissionsberatungen stellen läßt." Dagegen sucht natürlich der „Berliner Lokalanzeiger" nach Kräften abzuwiegeln. Zur Kennzeichnung der Tendenz seiner langatmigen Expektorationen genügt die Mitteilung der Spitzmarke: „Nicht tragisch nehmen!" Von konservativen Zeitungen hat sich bisher noch keine geäußert. Di: „Kreuzzeitung" bringt nur kurz die Nachricht über die tat sächlichen Vorgänge, enthält sich aber jedes Wortes der Kritik. Die „Deutsche Tageszeitung" stellt sich, als ob sie die Tragweite der Er eignisse nicht zu fassen vermöge und erklärt: „Der Vorgang hat an sich keine politische Bedeutung, da cs sich zunächst nur um formelle Meinungsverschiedenheiten über die Handhabung der Geschäftsordnung bandelt. Bedeutsam ist nur, daß dabei der „neue Naumann-Block" von Bafiermann bis Bebel oder von Weber bis Geyer in Erscheinung trat, und von einigem Interesse ist die beinahe künstlich scheinende Erregung, die von der Linken bei der Zuspitzung der Angelegenheit zur Schau getragen wurde. Ob die Linke ihre Drohung wahr machen wird, sich an den weiteren Beratungen der Finanzkommission nicht mehr zu beteiligen, wird man zunächst in aller Ruhe abwarten müssen. Bielleicht wollen die Herren von Bafiermann bis Bebel auf diesem Wege sine Haupt- und Staatsaktion Herdeiführen und die Regierung zwingen, aus ihrer Reserve herauszutreten. Uns kann's recht sein " Dar deutsche Aarserpaar in Wien« Wien, 14. Mai, I« Uhr 2V Min. vormittags. (Tel ) DaS deutsche Kaiserpaar ist hier soeben einqetroffen und am Südbahnhof von Kaiser Fran; Josef herzlich empfangen worden. Zu dem deutsch - österreichischen Felltag werben unterm 14. Mai hierzu folgende Einzelbeiten telegraphiert: Aus der Heimreise von Korfu ist Kaiser Wilhelm mit der Kaiserin Auguste Viktoria beule 10 Uhr vormittags in Wien eingetroffen, um dem Kurier Fran; Joses einen zweitägigen Besuch abzustatten. Die Be völkerung, eingedenk ver herzlichen Freundschaft, welche die beiven Herrscher häuser seit langem auis innigste verbinde», und insbesondere in dankbarer Würdigung der auss neue erwiesenen selten BundeStreue des Deutichen Reiches, hat sich gerüstet, die Gäue unseres Kaisers in gan; beonderS festlicher Wette zu empfangen und so dem treuen Verbündeten auch äußerlich die Dankbarkeit dafür kunvzugebcn, daß er im Vereine mit Kaiser Franz Joses die Völler Oesterreich-UngarnS rieSegnungen deSFrievenS ie>' haltig werden ließ. Die Straßen vom Bahnhof zur Hofburg tragen Herr!»
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