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AMhenerMNachnchten. Verordnungsblatt der Kreishauptmaunschaft Bautzen als Koufiftortalbehörde der Oberlausitz. Amtsölatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ungleichen der Stadttätr zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- nnd Gewerbekammer zn Zittau. Erscheinungsweise: Täglich abrudS mit Ausnahme der Somr- und Feiertage. «chriftleitung und Geschäftsstelle: Bautz«, Innere Lauenstraße 1. Fernsprecher: Nr. bl. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautz«. Bezugspreis pro Monat Bei Abholung in der Geschäftsstelle - .SO » bet srrter Zustellung tuS Hau« 1.— Anzeigenpreis: Dle Vgespaltene Petilzcile oder deren Raum 15 Pscnntg«, tu geeignet« Füllen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Zgespaltene Petiizeile 50 Pfennige. Nr. 296. Donnerstag, den 22. Dezember LSIO, abends. 129. Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage. * Vor de» vereinigten zweiten und dritten Strafsenaten des Reichsgerichts begann gestern der Prozeß gegen die eng lischen Offiziere Kapitän Trench und Leutnant Brandon wegen der Borkumer Spionageaffäre. Beide Ange klagte waren geständig, bestritten aber, vor ihrer Verhaftung schon Material nach England übersandt zu haben. Die Verhand lung wird heute fortgesetzt und ist bis auf geringe besondere Aus nahmen öffentlich. Der Oberbürgermeister von Weimar, Geh. Regierungsrat Pabst, ist gestern nachmittag 4 Uhr am Herzschlag gestorbe n. * Oe st erreich hat dieGrenze für Vicheinfuhr aus dem Deutschen Reiche wegen angeblicher Gefahr der Verseuchung g e - sperrt. Der englische Premierminister Asquith, der als East Roseberys in Schottland weilte, ist von Edinburgh nach London abgereist, da ihn der König zu sich befohlen hat. Die Audienz fand Mittwoch mittags im Buckinghampalast statt Die französische Deputiertenkammcr h:t ein provisorisches Budget zwölftel bewilligt. * Im Wadaigebiet (Zentralafrika) soll abermals ein verlustreicher Kampf der Franzosen mit den Sultanstruppen stattgefunden haben. * Zum Präsidenten von Chile ist vom National kongreß einstimmig Don Luis gewählt worden. * Der Prinzregent von Bayern stiftete 100 000 .A zur Unterstützung hilfsbedürftiger bayerischer Kriegsvete- ranen und 100 000 ./t als Grundstock einer Stiftung zur E r - richtung eines Erholungsheims für bayerische Offi ziere, Unteroffiziere und Mannschaften. * In einer Grube bei Manchester entstand durch E x - plosion ein Br->»d; 2 0 0 Mann wurden von der Außenwelt abgeschlossen. Bisher sind 5 Leichen aufgesnnden Man nimmt an, daß sämtliche 200 Mann den Tod gefunden haben. * Wetteraussicht für Freitag: Heiter, kalt, trocken. * Ausführliches siehe an anderer Stelle Amerika und seine Trusts. In der deutschen Presse ist kaum Notiz genommen wor den von der kürzlich an den Kongreß in Washington er gangenen Botschaft des Präsidenten Taft. Und doch ist diese Botschaft nach mehr als einer Seite hin sehr be merkenswert. Der Hauptpunkt sind die Aeußerungen in Bezug auf den Kampf gegen die Trusts, oder, wie man sich drüben auch gerne ausdrückt, gegen die übermächtigen Ka pitalassociationen. Es ist bekannt, daß schon Roosevelt in den letzten Jahren seiner Präsidentschaft den Trusts scharf aus die Finger sah und insbesondere gegen die so beliebte Be stechung aller öffentlichen Beamten wie der Presse entschie den vorging. Und als er ging und Mister Taft im Weißen Hause einzog, betrachtete man es als Tafts Haupterbschaft von Roosevelt, daß er dessen Kampf gegen die Korruption der Trusts fortführen würde. Das wurde denn auch sowohl von Taft selbst wie von Roosevelt deutlich bestätigt, und eine Reihe von Prozessen gegen die mächtigsten Trusts legen von dein ernsten Be mühen Zeugnis ab. Der Zuckertrust hatte nicht weniger als 2^ Millionen Pfd. Sterl, an Steuer hinterzogen, was faßbar war — Betrügereien in viel größerem Umfange waren schon verjährt. Der Tabaktrust hatte eine ähnliche Geschichte und dazu noch die wunderbaren Ereignisse in Kentucky (Nachtreiterunwesen) auf dem Kerbholz: der Petroleumtrust des Herrn Rockefeller hatte sich alle Bahnen dienstbar gemacht und die Konkurrenz einfach ausgesperrt — weshalb er schleunigst seine lOO Millionen-Stiftung an kündigte, als die Sache bekannt ward, um sich Freunde zu schaffen mit dem ungerechten Mammon: beim Stahltrust des Herrn Schwab waren große Schwindeleien vor sich ge gangen, und die Schweinereien in den Chicagoer Schlacht häusern des Armourschen Fleischtrusts sind aus dem Roman Sinclairs aller Welt bekannt geworden. Kurz, überall zeigte sich die Fäule, die Korruption. Mit dem Gericht und mit Hilfe der Gesetzgebung ging man den Erscheinungen zuleibe. Neue Schlachtbeschaugesetze wurden erlassen — jetzt besticht der Fleischtrust einfach die Fleischbeschauer und die braven Gesetze stehen auf dem Papier. Ein Gesetz gegen die Harrimanschen Eisenbahn operationen (Harriman hat alle möglichen Bahnen finan ziell ineinander verflochten, um alle souverän zu beherr schen) wurde gemacht, und kam gerade zu der Zeit heraus, als Harriman mit seinen Plänen so weit war, daß das Gesetz notwendig ein toter Buchstabe bleiben mußte: der Zuckertrust und der Tabaktrust vermochten sich beide der Gerechtigkeit zu entziehen — man behauptet allgemein, die Richter seien bestochen worden. Und so ging es allen Trusts gegenüber. Zugleich haben die Trusts natürlich ihre Freunde im Kongreß sitzen — der Dollar macht ja alles. Taft fühlte unter all den vergeblichen Versuchen sein Ansehen schwin den und trat in verschärfter Weise aus: Roosevelt kam von seiner afrikanischen Löwenjagd zurück, wurde in der ganzen Union wie ein Held gefeiert und leistete dann im ganzen Lande so ungefähr das Menschenmögliche in öffentlichen Kampfreden gegen die Trusts. Es half jedoch nichts: die Trusts siegten. Der Dollar tat seine Schuldigkeit und in Republiken kommt es auf die Masse an. Dazu auf was für eine aus aller Herren Länder zusammengewürfelte Masse, auf welches Nassen-Sammelsurium in Amerika! Und die Demokraten wollten einmal an die Macht kommen. Natürlich griffen sie Tast und Roosevelt nicht wegen ihres Kampses gegen die Trusts an, sondern sie schalten darüber, daß in diesem Kampfe nichts ausgerichtet wurde! Sie würden ja viel rascher reinen Tisch machen, die unschuldsvollen Demokraten! Das Mittel half: unter dem Anschein eines verstärkten Kampfes gegen die Trusts haben die Trusts gesiegt. Das geht alles zu machen und kommt anderswo nur nicht gerade in so riesigem Umfange vor. Und nun hat Taft die Folgen aus den Neuwahlen offen vor den Kongreß hingelegt: nunmehr soll in der Anti trustbewegung nicht nur ein langsameres Tempo beobachtet, sondern diese Tätigkeit soll überhaupt „vornächst" einge stellt werden. Das ist ein ganz einfacher Satz, und doch schließt er einen moralischen Bankerott in sich. Er besagt, daß die Regierung der Bereinigten Staaten darauf ver zichtet, ihre klar erkannte Pflicht zu erfüllen, weil das un verständige Volk, bestochen, gegen seine eigenen Lebens interessen, gegen Bernunft und ewiges Recht gestimmt hat. Und wirklich, die Regierung ist machtlos: sie kann nichts tun, wofür sie im Kongreß keine Mehrheit sinder. Was würde ein monarchischer Staat wie Deutschland in solchem Falle tun? Wir brauchen dies Bild wohl nicht auszumalen. Es kann sehr schlimm sein in einer kapi talistisch geleiteten Monarchie. Eine kapitalistisch geleitete Republik ist unvergleichlich schlimmer. Und am schlimm sten ist sie dann, wenn sie kein in sich geschlossenes, rassisch gleiches Volk zur Verfügung hat, mit dem sie arbeiten könnte, sondern mit einem Völkermischmasch, in dem über haupt kaum jemand Interessen, die über das eigene Eeld- verdienen und über den Tag hinaus liegen, kennt. Politische Nochrichten. Deutsches Reich. Der Artikel des Prinzen Max im Wortlaut. Die „Rhein.-Westfäl. Ztg." veröffentlicht den ketzerischen Artikel des Prinzen Max inlvortgetreuerUebersetzung. Es seien daraus folgende Stellen wiedergegeben, die die bisher veröffentlichten Inhaltsangaben im großen und ganzen bestätigen: „In den ersten Jahrhunderten erschien die Kirche durchaus nicht unter der Form der Monarchie: die autokratische Spitze er hielt die Römische Gemeinde erst im 8. Jahrhundert infolge der sogen. Pseudo-Jstdorischen Fälschungen. Das absolutistische Regiment des Papsttums mußte mit Naturnotwendigkeit zur Kirchenspaltung führen. Wie ist dieser Schaden wieder gut zu machen? Die Orientalen unserer Tage einfach dazu zu zwingen, daß sie die unbeschränkte Machtvollkommenheit des unfehlbaren Papstes anerkennen, ist ein Werk der Unmöglichkeit. Der Papst muß aus der Not eine Tugend machen und sich damit begnügen, daß die morgenländischen Christen das Papsttum hin nehmen, wie es stillschweigend während der ersten sieben Jahr hunderte geschah. Mehr verlangen darf er nimmermehr. Der Papst muß allen morgenländischen Christen das Recht weitgehen der Selbstverwaltung einräumen, das sie bisher genossen. Wollte nämlich der Papst die Orientalen seine Macht in gleichem Maße fühlen lassen wie feine Lateiner, das heißt für jede Bulle viele taufend Francs verlangen und nicht viel weniger für die Be willigung der Dispense, so würden alle Orientalen im Wunsche der Abendländer nach Wiedervereinigung mit Recht nichts an deres erblicken als den unstillbaren Durst nach Gold. Rom muß die Orientalen das glauben lassen, was diese bisher für gut hielten und nicht mehr. Es geht nicht an, ihnen die dogmatischen Formen Roms aufzuzwingen. Bei dem jahr hundertelangen Streiten zwischen den Abendländern und den Orientalen lassen es die Lateiner an Menschenliebe, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit fehlen. Der stehende Vorwurf Roms gegen die Kriechen lautet aus Falschheit. Sehr mit Unrecht; denn die Kriechen können diese Anklage den Lateinern doppelt und drei fach heimgeben, indem sie sich auf unbestreitbare geschichtliche Tatsachen stützen. Die Verfolgungen der Griechen durcb die Pävfte waren lana und schrecklich Unerlräolich wirkten der Hochmut, die Herrschsucht und die Grausamkeit des Papstes Nikolaus I., die Bullen Leos IX. waren voll der hef tigsten und bittersten Schmähungen; mit gewalttätiger Roheit beraubte Innocenz III. die Griechen einfach ihrer Kirchen, setzte ihre Bischöfe und Erzbischöfe ab und riß ihre Kirchengüter an sich, um Kirchen, Güter und Benefizien den Lateinern zu schenken. Die Anzahl der Fälschungen zu Gunsten der Römi schen Kirche ist nicht gering. Aus dem Konzil von Florenz im 15. Jahrhundert wurden die Texte der Kirchenväter ge fälscht, und ebenso gefälscht die Beschlüsse der vorangegangenen Konzilien, nur zum Zweck, um die Ansprüche der Lateiner gegcn die Griechen zu stützen. Ebenso wurde dem Wortlaut zahlreicher Ansprüche und Zeugnisse Gewalt angetan, um die Lehre vom Fegfeurr, von der TranssubstanUation und anderer Glaubens artikel zu erweisen." Das alles sind in der Tat recht heftige Angriffe gegen die römisch-katholische Kirche. Wenn Prinz Max nachträg lich erklärt, er habe geglaubt, sich bei diesen Angriffen in vollem Einklang mit der Kirche zu befinden, so kann man darin nur den Ausdruck des Bestrebens sehen, jetzt wieder mit der Kirche ins reine zu kommen. Aus Dresden wird übrigens gemeldet, daß der König F r i e d r i ch A u g u st am Sonntag eine Unterredung mit Herrn Bischof I)r. Schäfer aus Bautzen Uber die An gelegenheit des Prinzen Max gehabt hat. Als Ergebnis sei festzustellen, daß weder der König und der sächsische Hof, noch die sächsische katholische Geistlichkeit etwas in der Sache unternehmen werden. Dagegen wird Bischof Schäfer den Vatikan daran erinnern, daß der päpstliche Kammerherr M atthies seine gegen den sächsischen König gerichteten Schmähungen anläßlich der Stellung des Königs zur Borromäus-Enzyklika immer noch nicht zurückgenom men hat. Die sächsische Staatsregierung und die Arbeitgeber- Schutzoerbände. Eine für das Innungswesen bedeut same Entscheidung hat die sächsische Negierung getroffen, indem sie die Frage: „Dürfen Innungen korporativ den Arbeitgeberverbänden beitreten?" verneint hat. Der Sächsische Jnnungsverband hatte einem Be schlusse des am 11. Juli in Meißen abgehaltenen Verbandstages gemäß die Regierung ersucht, einen Erlaß herbeizusühren, der den Innungen den Beitritt zu Arbeitgeber-Schutzverbänden ge stattet, nachdem der preußische Minister für Handel und Gewerbe am 27. Oktober 1000 genehmigt hatte, daß in Zukunft auch den Innungen der Beitritt zu den Arbeitgeber-Verbänden gestattet fei. Das Ministerium des Innern hat dem sächsischen Jnnungs- verbande folgenden ablehnenden Bescheid zukommen lassen: „Die Voraussetzungen, von denen der Innungsverband ausgeht, sind irrige. Allerdings ist für das Gebiet des Königreichs Preußen durch einen Erlaß des dortigen Ministers für Han del und Gewerbe vom 27. Oktober 1000 genehmigt worden, daß in Zukunft auch de» I»»u»gen der Beitritt z» den Arbeitgeber- Verbände» gestattet werde, u»d dadurch der entgegeustehende Er laß vom 20. Januar 1003 avgeändert worden. Allein eine dem letzteren entsprechende Anordnung ist für das Gebiet des König reichs Sachse» überhaupt n i e m a l s c r g a n g e n. Das Mi nisterium des Innern Hal lediglich in einer an die Gewsrbe- kammer Zittau nicht aber an die Innungsaufsichtsbehörden gerichteten Verordnung vom 24. Februar 1005 Anlaß gehabt, einige für die Entscheidung der Frage erhebliche Gesichtspunkte zu erörtern. Es hat zwar bei dieser Gelegenheit auf gewisse Be denke» hi»gewiesen, die im Hi»blick auf 8 81a Ziffer 2 der G.-O. gegen die unterschiedslose Zulassung des Beitritts von Innungen zu Arbeitgeber-Verbänden bestehen, namentlich dann, wenn sich deren Ausgabe wesentlich in der Zurückdrängung von Arbeiterforderungen durch unmittelbare Kampf maßregeln erschöpft, zugleich aber anerkannt, daß diese hin derliche Voraussetzung nicht schlechthin vorliege und im Vorder gründe stehe, und deshalb den Standpunkt vertreten, daß bei Erhebung von Anständen die Entscheidung den Innungsaufsichts behörden von Fall zu Fall vorbehalte» bleibe» müsse. Das letz tere Verfahren aber hat auch ohne besondere Anweisung ein zutreten. — Das Ministerium des Innern erkennt aber in Ueber einstimmung mit dem im Erlaß des preußischen Handelsmini steriums vom 27. Oktober 1909 vertretenen Standpunkt gern an, daß ein großer Teil der Arbeitgeber-Verbände mehr und mehr seine wesentliche Ausgabe darin erblickt, in gemeinschaftlicher Ar beit mit den Organisationen der Arbeitnehmer dazu beizutragen, daß ailf dauerhafter und gerechter Grundlage ein friedliches Zu sammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ermöglicht werde." Hiernach bleibt alles beim alten, d. h. gegen eine unterschiedslose Zulassung des Beitritts der Innungen zu den Arbeitgeber-Verbänden bestehen gewisse Bedenken und bei Erhebung von Anständen bleibt den Innungsaussichtsbehör den die Entscheidung von Fall zu Fall vorbehalten. Leipziger freie Studentenschaft nnd Kultusministerium. Die bekannten Vorgänge anläßlich des Vortrages des so zialdemokratischen Schriftstellers Bernstein in einer Versammlung der Leipziger freien Studentenschaft haben nunmehr durch den Bescheid des Kultusministeriums auf die Beschwerde des Or. Henrici ihre Erledigung gefunden. Außer vr. Henrici hatten sich 23 Leipziger Bürger in einer Immediateingabe an den König selbst ge wandt. Die Erledigung der Angelegenheit durch die zu ständigen Stellen dürfte jedenfalls bei der großen Mehrheit der Bevölkerung nur Befriedigung Hervorrufe» könne» Der König selbst hat die ganze Sache in richtiger Erkennt- nisnis ihrer „Wichtigkeit" dem Kultusministerium zur Er ledigung überwiesen. Dieses hat nun seine Entscheidung gefällt. Das Ministerium bedauert die Vorgänge und be tont, daß Redner einer Partei, die als vornehmstes Ziel die Vernichtung des monarchischen Staats und der bürger lichen Gesellschaft predige, nicht geeignet seien, deutsche