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--- Freiberger Anzeiger dw bis Nachmittags ; Uhr für die nächst. «scheinende Nummer angenommen. Tageblatt. Preis vierteljährlich 15 Ngr.' Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 5 > berechnet. Montag, den ». November. 261 1857. Tagesgeschichte. Dresden. Die Sächsische Constitutionclle Zeitung enthält felgende Zuschrift: „Herr Nedacteur! Sie haben sich der Re gierung gegen die Freimüthige Sachsen-Zeitung angenommen und cs gebilligt, daß man die Einführung der Barmherzigen Schwestern in Sachsen nicht gut heißt. Als ich vor vier Jahren auf dem Berliner Kirchentage war, sprach auch Pfarrer Meyer aus Lyon über sie. Er sagte: „Wir haben ein Spital in Lyon, in welchem 3000 Kranke verpflegt werden. Unter ihnen sind immer etwa 13—20 deutsche Protestanten. Es zerschneidet mir alle mal das Herz, wenn ich an sie denke, denn ihre Lage ist bejammernswerth, sie erfahren von den katholischen Geistlichen und Barmherzigen Schwestern nicht die beste Behandlung: jene wollen sic bekehre», diese sehen sie scheel an und setzen sie zurück. I Pastor Meyer hält es für seine Pflicht, die protestantischen Kranken zu besuchen; allein die Barmherzigen Schwestern führen ihn nicht zu denselben, er muß sie selbst aufsuchen und unter den 3000 erfragen. Kommt er, so heißt es: Da kommt der Ketzer! Und wenn er neue Testamente und Tractate unter die (protestantischen) Kranken vertheilt, folgen sie ihm nach und machen böse Mienen. Und wenn er fort ist, gehen sie zum Kranken und sprechen: Du bist ein Neformirter, wir können keine Ketzer im Saale dulden." Wollen Sie das Schwarz auf Weiß haben, fo steht Ihnen das Buch: „Verhandlungen des sechsten Deutschen evangelischen Kirchentags" zu Gebote, da steht es S. 175. Auch anderwärts klagt man über Vie Barmherzigen ' Schwestern den Protestanten gegenüber, sic können das Proselyten- I machen nicht lassen. Ehre darum dem Kirchenregiment, das sie abzuwehren sucht, es bewahrt Sachsen vor Unruhen und sich die Achtung. Ehre aber auch der Presse, die fretmiithig die Rechte des Landes vertheidigt, aber auch die Behörden schützt, die das Gute will und oft verkannt wird. O." In Leipzig hat am 4. Nov. Abends kurz nach 6 Uhr der Schuhmachergesclle Leps seine ihm vor Kurzem angetraute Frau, eine geborne Dörfel aus Eibenstock, mit einem Tischmesser er stochen und hierauf sich selbst mehrere Stichwunden in die Brust beigebracht. Eifersucht scheint der Grund dieser schrecklichen That i gewesen zu sein. Aus dem Plauenschen Grunde," 4. Nov. (Dr. I.) Gestern Abend gingen etwa 30 Familien mit der Eisenbahn nach Myslowitz in Schlesien ab, um dort als Bergleute ihren Erwerb zu finden. Sämmtliche Auswanderer waren zeither bei den Kohlenwerken im Plauenschen Grunde mit gutem Verdienste beschäftigt. Ueber die Jesuitenmisst'on in Grfurt wird berichtet, daß die abgehaltenen Predigten durch Bilderreichthum, populäre Dic- üon und feine Dialectik sich weit über das Niveau der gewöhn lichen protestantischen Homiletik erhöben. Wir können bei die ser Gelegenheit die Bemerkung nicht unterdrücke», daß Diejenigen, welche den kirchlichen Sinn wecken wollen, allerdings nichts Bes seres würden thun können, als wenn sie für bessere Kanzelrcd- ner sorgten, an denen es hier und da sehr entschieden fehlt. Dogmatische Raisonnements, Kirchenzucht und Tenselskram thun's nicht. London, 31. Octbr. Die für den indischen Fonds ein gegangenen Beiträge haben bereits die Höhe von mehr als 200,000 Pfd. St. erreicht. Konstantinopel, 24. October. Reschid Pascha ist nun zum sechstcnmale zum Posten des Großwesirs ernannt worden. Das „Journal de Constantinople" erklärt ihn für den größten Staatsmann der Türkei und meint deshalb, daß Niemanden so hohem Grade wie er geeignet sei, unter den jetzigen schwierigen Verhältnissen dem Vertrauen seines Souverains zu entsprechen. Sanguinischer sehen Andere die Sache an, die so weit gehen, zu behaupten, daß der Sultan dem neuen Großwesir völlig unbe schränkte Vollmacht gegeben habe, ganz nach seinem Ermessen die Interessen des Reichs wahrzunehmen, und daß man daher die großartigsten Maßregeln zu erwarten habe. Ostindien. In einem aus Agra vom 22. Aug. datirten und vom Evenung Star veröffentlichten Briefe wird geschrieben: „Unsere Leute haben sich wie Wilde, ohne Jemanden zu scho nen, und mit dem Rufe: „Denkt an die Frauen von Cawn- pore!" geschlagen. Sie tödteten Alles, was ihnen vorkam, mit der Kugel oder dem Bayonnet. Nachdem unsere Soldaten alle Männer, auf die sie stießen, niedergemacht, thaten sie — zu meinem Leidwesen muß ich es gestehen — Alles, waS sich nur zu oft Truppen in einer erstürmten Stadt erlauben. Die Frauen waren Opfer ihrer Mißhandlungen, und die Offiziere konnten die Soldaten nicht eher zügeln, als bis daS ganze Dorf in Flammen stand." Der Observer erzählt nach Privatbriefen auS Indien fol genden Fall als bezeichnend. Ein Hochländer, der Weib und Kind in der Revolution verloren hatte, wüthete auf dem Marsch durch Cawnpore mit dämonischer Erbitterung unter den Einge borenen, rechts und links erschlagend, waS ihm in den Weg kam. Er hatte eben eine Frau mit dem Bayonnet erstochen, als ein Offizier herankam und vorwurfsvoll ausrief: „Wie, ein britischer Soldat tödtet Weiber?" „Was britischer Soldat, was Weiber!" entgegnete der Rasende, den Leichnam mit dem Fuß bei Seite schiebend; „das sind die Elenden, welche die Höllenhunde gebären!" Die indischen Blätter veröffentlichen eine Proclamation des Generals Outram, in welcher er die von britischen Truppen zu Dinapore begangenen Gräuel rügt. Es heißt darin : „Mit Schauder und Entrüstung habe ich die von dem Untersuchungs richter constatirten Vorfälle vernommen. Es ist nur zu klar, daß europäische Soldaten ihre Hände mit dem Blute harmloser Menschen befleckt haben, die, den Befehlen der britischen Negie rung Folge leistend und auf das Wort dieser Negierung bauend, deren guter Ruf durch feigen Meuchelmord geutten hat, ihre Waffen niedergelegt hatten." Amerika. Die Negierung der Vereinigten Staaten hatte von Neugranada die Erlaubniß zur Unternehmung einer wissen schaftlichen Reise erhalten, um zu erforschen, ob wirklich der Durchstich der darischen Landenge möglich sei. Der Bericht ist, hierüber erstattet und lautet für dieses Project ganz günstig, es lasse sich nämlich leicht ein Canal von blos 25 Meilen Länge und ein Durchstich durch niedere Hügel graben, wodurch die größten Linienschiffe passiven könnten. Verantwort!. Redakteur: I. G. Wolf. Rirchtiche Rachrichlen. Vom 27. Vctobcr bis 3. November wurden «»gemeldet: Geborne: dem AmanuensiS Fischer 1 Sohn — dem Doppelhäuer Starke 1 Sohn — dem Doppelhäucr Edel 1 Tochter — dem Hausdiener Mattheß 1 Soh» — dem Hüttenarbeiter Hensel 1 Tochter — dem Berg ingenieur Alex in FreibergSdorf 1 Tochter. — Hierüber 1 unehel. Tochter. — Uebcrhaupt 7, als 3 Söhne und 4 Töchter. Getraute: der Obersteiger Wilhelm Friedrich Neuhäuser auf dem Treberhof'schcn Eisenwerke bei Plauen mit Jgfr. Marie Therese Kühn von Niederzug — der Hüttenarbeiter Carl August Kunze mit Frau Christiane Caroline geschied. Seiler geb. Meutzner — der Wirthschastsführcr Carl Gott lob Käppler in Naundorf mit Johanne Christiane Jentsch. — Uebcrhaupt 3 Paare. Gestorbene: des Doppelhäucr Starke Tochter, Mathilde Selma, 6 Jahr g< Mon. — des Schwadronsattler C. R. Dombois Sohn, Paul Richard, L Mon. — des Herrschaft!. Kutscher Berger Sohu, Mar Eduard, S Mon. — des Bergrcchnungserpedient Walther Sohn, Emil, 7 Mon. 2 Wochen 3 Tage — des Flcischhauermcister Illgen Tochter, Agnes Bertha, 5 Mon. 3 Wochen — des Doppelhäuer Hofmann Tochter, Emma Bertha, 1 Mon. — deö Kürschncrmeister Ziegner Sohn, Oswald Emil, 1 Jahr 1 Mon. 3 Wochen — deö Gänghäuer Schmieder hinter!. Sohn, August Richard, 1 Jahr 7 Mon. alt. — Hierüber 1 unehel. Tochter, 3 Jahr und ein vor der Taufe verst. unehel. Zwillingssohn 2 Tage alt. — Ucberhaupt 10 Kinder, als ü Söhne und 4 Töchter.