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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt, und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. D« Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich 46 Rps., bei Lieferung frei HauS R «ps. Postbezug monatlich 2VV RM. Im Falle höherer Gewalt oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung de» BezugSpretse«. — Preise und Nachlaßsätze bet Mederholungen nach Preisliste Nr. 8 — Für da« Erscheinen von Anzeigen in bestimmt« Nummern und an bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den ErscheinungStagen bis °°rm. 10 Uhr aufzugeben. - Verlag: Mohr K Hoffmann. Druck: Kar Hoffmann u. «'brüder Mohr. Hauptschriftletter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hosfm-mn, PulSuch. Verantwortlich sür den Hetmatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; für Politik, Bilderdienst und den übrigen Test Walter Mohr, Pulsnitz. D. A. Vl.: Geschäftsstellen: Albertstiaße 2 und Adolf-Hitler-Stiaße 4. Fernruf 518 und 560 Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft zu Kamenz, des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts ¬ gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz 88. Jahrgang Nr. 164 Donnerstag, den 16. Juli 1936 Für ehrliche Verständigung Lord Lothian vor der Anglo-German-Fellowfhip Die Anglo-German Fellowship veranstaltete zu Ehren des Herzogs und der Herzogin von Braunschweig ein Essen, an dem zahlreiche führende Persönlichkeiten der englischen Politik und Wirtschaft und ihre Damen teilnahmen. Der bekannte englische Politiker Lord Lothian hielt eine großangelegte Rede, die er mit der Feststellung eröfsnete, daß in den Beziehungen zwischen England und Deutschland ein Stadium erreicht sei, das gleichzeitig voller Hoffnungen und Befürchtungen sei, eine Gelegenheit, die, wenn man sie ergreife, der Wett den 25jährigen Frieden geben könne, von dem Adolf Hiller im vergangenen März gesprochen habe. Nehme man aber die Gelegenheit nicht wahr, so werde man viel leicht der Katastrophe entgegensteuern. Lord Lothian fragte, ob man die Streitigkeiten der letzten 30 Jahre fortlcben lassen wolle, oder ob man ge willt sei, einen neuen Zeitabschnitt für die Menschheit zu beginnen. Das sei die Kernfrage, der man heute gcgen- überstehc. Er glaube, daß die Stimmung auf beiden Seiten eine Rückkehr zur Zusammenarbeit verlange. Allerdings glaube er im Hinblick auf die Ereignisse des letzten oder der letzten beiden Jahre auch, daß der erste und entscheidende Schritt zur Ergreifung der jetzigen Ge legenheit nunmehr von England getan werden müsse. Die ser Schritt müsse darin bestehen ein für allemal auf das zu verzichten, was in Deutschland der Geist von Versailles genannt werde. Was die Kriegsschuldfrage angehe, so bestehe bereits Uebereinstimmung, nämlich darin, daß nicht eine Nation allein ausschließlich sür den Krieg verantwortlich gemacht Werden könne. Und dennoch gründet sich der Friede auf der Annahme der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands. Lord Lothian kam hierauf auf den Völkerbund zu sprechen, der niemals imstande gewesen sei, die Deutschland zu gefügten Ungerechtigkeiten gemäß den Absichten des Prä sidenten Wilson abzustellen. Wichtiger sei, daß der Völker bund überalterte Verträge rechtzeitig revidiere, als daß er die Macht habe, einen Angreifer in Schranken zu hatten. Wenn er die Kriegsursachen rechtzeitig beseitigen könne, werde die Angrifssfrage niemals entstehen. Die eigentliche Probe stehe der Genfer Einrichtung noch bevor, nämlich die Frage, ob der Völkerbund die Bertragsrevision auf friedlichem Wege zustande bringen könne, die Deutschland denjenigen Platz in der Welt geben werde, aus den es Anspruch habe. Hierdurch würde die Menschheit vor dem Unglück eines neuen Weltkrieges bewahrt werden. Deutschland habe heute sowohl die Gleichberechtigung als auch die Macht. Die Reparationen, Teil V des Ver sailler Vertrages, die Entmilitarisierung der Rheinlande seien verschwunden; und je eher die Wiedergewinnung dieses natürlichen deutschen Rechts auf Selbstverteidigung ohne weitere Aussprache angenommen werde, um so bes ser sei es. Deutschland sei wieder gerüstet. Für die britische Regierung bleibe lediglich zu tun übrig, ein für allemal auf das verhängnisvolle System zu verzichten, das darin bestehe, sich zuerst mit Englands Freunden zu besprechen und dann die Ergebnisse dieser Besprechungen als eine Art Ultimatum Deutschland vor zulegen. Ein Beispiel sür dieses System sei kürzlich der Fragebogen gewesen. An die Stelle dieses Systems müsse eine freie, gleiche und freimütige Beratung am runden Tisch treten. Der Redner empfahl England einen Ver zicht auf die beabsichtigte Brüsseler Locarnokonferenz und schlug statt dessen eine gemeinsame Aussprache vor, um festzustellen, ob die Probleme, die Deutschland und seine Nachbarn noch trennten, nicht auf der Grundlage der Gleichberechtigung gelöst werden könnten. In dem glei chen Maße, in dem eine Lösung der osteuropäischen Frage erreicht werde, müsse das Kolonial- und Wirtschafts- Problem naturnotwendig in den Vordergrund treten. Es sei eine Weltfrage. Persönlich glaube er nicht, daß das Problem durch die bloße Rückgabe der alten deutschen Kolonien an Deutschland gelöst werden könne. Das würde Deutschlands Bedürfnissen unter den veränderten Bedin gungen der heutigen Zeit nicht entsprechen. Die Frage müsse auf einer viel weiteren Grundlage erwogen werden. Alle Kolonialmächte müßten gewillt sein, ihren Beitrag zu einer Gebietsübertragung zu leisten. Es sei weit wichtiger, daß der Völkerbund, möglichst mit Deutschland als Mitglied, im kommenden September ernstlich an dieses riesige Problem herangche, als daß er versuche, wieder ein Sanktionssystcm herauszustellen, das lediglich dazu verwendet werden könne, einen überalter ten Status quo aufrechtzuerhaltcn. Die wichtigste Frage von allen sei schließlich die Ein stellung des gegenwärtigen Nüstungswettbewerbes. Er glaube, daß in der öffentlichen Meinung Englands ein überwältigender Wunsch bestehe, eine ernstliche Bemühung zu unternehmen, um mit Deutschland zu einer endgülti gen Regelung zu gelangen, ein Wunsch, der sich auf die Achtung stütze, die die englischen Soldaten während des Weltkrieges vor einem tapferen und standhaften Feinde gewonnen hätten. Der Herzog von Braunschweig begann seine Rede mit einigen persönlichen Erinnerungen an den verstorbenen König Georg V., der ihm 1922 ge schrieben habe, er hoffe, daß die Mißverständnisse, die zu der Tragödie von 1914 geführt haben, zwischen Deutsch land und England endgültig verschwinden würden. Unsere beiden Völker, betonte der Herzog weiter, können sich freuen, daß die gegenseitigen Besuche von Frontkämpfern sowohl von Ihrem als auch unserem Staatsoberhaupt so warm gefördert wurden. Es war Ihr König, der seinerzeit als Frontkämpfer die Anregung zu einem Besuch englischer Frontkämpfer in Dcutschlaiw gab, und unser Führer hat einmal die Ueberzcugung ausgesprochen, daß nur Männer, die wirk lich vier Jahre lang im Felde gestanden haben, in beson derem Matze zu Frieden und Verständigung beitragen kön nen, gerade weil sie die Schrecken des Krieges kennen. Daß deutsche Volk will ja Freundschaft mit England! Der Redner verwies weiter aus die sportliche Verbun- denbeit der beiden Völker und erinnerte an die herzliche Ausnahme des Reichssportführers und deutscher Sportler in England. „Wir in Deutschland", so fuhr er fort, „sehen den Olympischen Spielen entgegen, und freuen uns über die große Zahl von Engländern, die ihre Teilnahme zuge- sagi haben. Ich darf hier aussprechen, daß die Deutsch- Englische Gesellschaft sich auch ihrerseits für die Olympi schen Spiele rüstet und hofft, viele von Ihnen in ihren schönen Klubräunnen begrüßen zu können." Ein anderes Gebiet, aus dem g/richfalls durch das Medium beider Ge sellschaften der Ausbau gegenseitiger Beziehungen hoffent lich noch stärker gesördert werden könne, sei das der Kunst und Literatur, Wir sehen der Zukunft hoffnungsvoll entgegen und glauben unbeirrt daran, daß unsere beiden Völker immer näher zusammenkommen werden, zu ihrem eigenen Besten, zum Besten Europas und zum Besten der Welt. Hierauf ergriff Botschaftsrat Fürst Bismarck, ver deutsche Geschäftsträger, das Wort zu einer Rede. Er glaube sagen zu können, daß täglich die Erkenntnis an Boden gewinne, daß ein freundschaftliches Einvernehmen zwischen England und Deutschland einer der Ecksteine für die Erhaltung des Friedens in Europa sei. Zur Besei tigung noch vorhandener Mißverständnisse könne durch eine enge und persönliche Fühlungnahme viel beigelragen werden. Pans beharri auf Brüssel Französischer Schritt in London. Der französische Botschafter in London ist von seiner Regierung beauftragt worden, beim Foreign Offne vor stellig zu werden, um auf der Abhaltung der Brüsseler Konferenz auch ohne die Beteiligung Italiens zu bestehen. Die Pariser Presse weist zwar daraus hin, daß man in London wenig Neigung zeige, unter den gegenwärtigen Umständen nach Brügel zu gehen, hält es aber dennoch sür ziemlich wahrscheinlich, daß die britische Regierung schließlich nachgeben werde, zumal Belgien den franzö sischen Standpunkt teile. Hinsichtlich des Ausgangs der Dreierbesprechungen geben sich die Blätter allerdings kei nen allzu großen Hoffnungen hin. Eine Ansprache Mussolinis bei der Feier aus Anlatz der Aufhebung der Sanktionen Rom, 16. Juli. Aus Aulaß des Endes der wirtschaft lichen Belagerung Italiens durch die Sanktionsländer fand am Mittwoch abend auf der Piazza Venetia eine groß artige Kundgebung statt, bei der Mussolini an die den Platz füllende Volksmenge folgende Ansprache richtete: Heute ,am 15. Juli des Jahres 14, ist auf den Wällen des Weltsanktionismus die Weiße Fahne aufgezogen worden. Das ist nicht nur ein Zeichen der ttebergabe, sondern man möchte wünschen, daß es auch ein Sympton der Rückkehr zum gesunden Menschenverstand war. Das Verdienst an diesem großen Siege an der Wirtschafts front gebührt voll und ganz dem italienischen Volke. (Die Menge ruft: „Ihnen, Duce!") Es gebührt den Männern. Frauen und Kindern ganz Italiens. Niemand hat gezittert, niemand hat sich gebeugt, alle waren zu jedem Opfer bereit in der Lleberzeugung, daß schließlich die Zivilisation und die Gerechtigkeit den Triumph in Afrika und in Europa davontragen werde. So ist es gekommen, so wird es morgen und immer geschehen unter dem Zeichen des unbesiegbaren, Liktorenbündels. Langanhaltende begeisterte Kundgebungen folgten der Rede des Duces, der sich genötigt sah, immer wieder auf dem Balkon des Palazzo Venetia zu erscheinen. In ganz Italien fanden vaterländische Fei ern statt. Sämtliche Städte trugen Flaggenschmuck und überall beteiligten sich große Dolksmassen. Kabinettsrat in London Außenminister Eden ist nach einwöchigem Erholungs aufenthalt auf dem Lande nach London zurückgekehrt. Im Laufe des Vormittag nahm er an einer Kabinettssitzung teil, in der u. a. über die durch das deutsch-österreichi- s ch e Abkommen geschaffene Lage und über die geplante BrüsselerKonferenz gesprochen worden sein dürfte. Während der Kabinettssitzung sprach der französische Botschafter Corbin im Auswärtigen Amt vor, wo er eine längere Unterredung mit dem ständigen Unterstaatssekretär Vansittart führte. In englischen Kreisen wird die Richtigkeit der Meldungen nicht bestritten, wonach die französische Regierung beschlossen habe, auf eine Abhaltung derKonferenzder drei Locarnomächte Frankreich, Eng land und Belgien am 22. Juli zu dringen. Einigung über die Meerengev-VurAahrt In der Nachmittagssitzung der Meerengenkonferenz ist über die entscheidende Frage der Durchfahrt von Kriegs schiffen kriegführender Mächte eine Einigung zwischen Eng land und Rußland erzielt worden. , , Die Türkei erhält hiernach das Recht, in Kriegszeiten die Durchfahrt, und zwar in beiden Richtungen, den Schif fen derjenigen Kriegführenden zu gestatten, die auf Grund der Völkerbundssatzung eine Aktion unternehmen oder die einem Staat Hilfe leisten, mit dem die Türkei durch einen Pakt oder ein Unterstützungsabkommen verbunden ist. Auf die ausdrückliche Wahrung der Rechte der Kriegführenden in dem neuen Abkommen, die die letzte Schwierigkeit bildete, haben die englischen Vertreter verzichtet. Der neue Text behält von dem englischen Entwurf zu Artikel 16 nur den ersten Absatz bei, der folgendermaßen lautet: Wenn in Kriegszeiten die Türkei neutral ist, ge nießen die Kriegsschiffe und die Hilfsschiffe völlige Freiheit der Durchfahrt und des Verkehrs in den Meerengen unter den gleichen Bedingungen, die in Artikel 9 bis 15 (Regelung für Frjedenszeiten) festgesetzt sind. Hieran schließt sich'jedoch der russische Zusatzantrag, der folgende Form erhalten hat: Diss Durchfahrt durch die Meerengen ist aber den Kriegsschif fen, jedes kriegführenden Staates verboten, abgesehen von den Fällen des Artikels 23 (Völkerbundsverpflichtungen) und den Fällen der von der Türkei im Rahmen der Völkerbunds satzung abgeschlossenen Pakte und Abkommen.