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Dresdner Journal : 07.11.1863
- Erscheinungsdatum
- 1863-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186311075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18631107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18631107
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1863
-
Monat
1863-11
- Tag 1863-11-07
-
Monat
1863-11
-
Jahr
1863
- Titel
- Dresdner Journal : 07.11.1863
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258 Sonnabttid, dm 7 Romnbrr. Lbourment-preife: ILkrliob: a l'blr. — io »—i>—».1 Im L»^»La 1 „ 15 ,. ,,. .» ^itt ko»t ooL Üoootlici» io vr—Id Kgr. , l 8tewp,Iro- Lia»«io» 8oouo«ro! 1 1 «ebt»^ binru« »«ftralenprelse: Seo Loow «io«r -«Ipolt-oso 2«il«: 1 Kge. votor „t!iox«»»oät" Li« 2«i>«: L Kxr. «rschrtori: IL-Iisb, mit ^a,o«km« L«r 8oon- voL k',i«r1»x«, ^d,oL» 5iir L«o koIg«oL«a 1-»^. ... - Dns-nerÄomlE Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. n -n > i > .<-ö^-T^SiSSSSSiSSS ... !» !^^77 7 s 7 " «I,-H 1863. — »«seratnlannahmr au,»Sri«: ' l<«ipitss: t». iio^ooiiirr»», 6owmi»»loolle Lo« vrssäoer Lonrool«; «k«oL»».: Hüdiol.»», L. ll.i.o«i>i N«wd»rg» alt«»: t Vool.»«; L«rlio: Oxoeivi'iob« liuok- kooLI., Kmuitvi-»', Uur«»o; »r«w«o: L. 8voi.or,»; Lr«il»o: l.ovi» 8iLxoL„; kroollklirt «. U.: Luckk.; Löio! >iool.i'ittonix»; k»rt»:v. t-övrxxii., (28, ro« Ls boos eokxn,) , rr«z: t'o. Lo»l.ics'» Lu«KK.; Vi«o: Oowptoir L. II. IVieuvr 2vituox, 8tsk»o»pl. 8Ü7. Herausgeber: Liöoi^I. LrpsLitio» Ls» vrsiLosr ^oorooi«, vrsiLso, blarlsnitr»«,« Ko. 7. Nichtamtlicher Theil. Ueberficht. Teles raObiscbe Rackriebten. Tagetgeschichtr. Dresden: Von den Kammern. — Inhalt d«S neuesten Gesetzblattes. — Wien: Aus dem Abgeordnrtenhause. Die Leitung des Handelsmi nisteriums. Versammlung Industrieller in der Zoll frage. Entschließungen in der polnischen Frage. — Berlin: Landtagsangelegenheiten. Die Zollconferenz eröffnet. Versammlungszeit beschränkt. — Nord- hausen: Keine Vertretung im Herrenhause. — Nürnberg- Die Handelstagsangelegenheit. — Hannover: Bon der Vorsynode. — Kassel: Be richtigung bezüglich der Verabschiedung der Stände.— Nantes: Lrichenbegängniß Bedeau's.—Turin: Zei- tungsconfiScaticn. Marquis Pepoli. — Madrid: Die Eortrs eröffnet. — London: Vom Hofe. Samm lung für Ungarn. Kopenhagen: ReichSrathsverhandlungen über das Grundgesetz. Zur ErecutionSfrage. — St. Peters: bürg: Der Großfürft-Thronfolger zurück. Die Ope rationen im Kaukasus. — Athen: Ein Manifest deS neuen König-. — Konstantinopel: Rüstun gen. — New-Bork: Ergänzende Nachrichten vom Kriegsschauplätze. Der polnische Ausstand. (Das Attentat auf General Trepoff. Revision im Aollamte. Die Kleidertrauer. Kämpfe mit Insurgenten.) Dresdner Nachrichten. Provinzialvachrichtrn. (Leipzig. Meerane. Schneeberg. Nofsen.) LermischteS Singesaudtrs. Statistik u. Lolktwirthschaft. Keuilleton. Inserate. Dageskalender. Börsen nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Pari«, Donnerstag, S. Novbr., Nachmittags. Kolgrvde- ist der Wortlaut der Rede, mit welcher der Kaiser die Session diesen Mittag um 1 Uhr i« Louvre in der Salle des Etats eröffnet hat: Meine Herren Senatoren! Meine Herren Deputirten! Der jährliche Zusammentritt der großen Staatskörper ist stets eine glückliche Veranlassung, welche die dem Ge meinwohl Ergebenen einander nähert und uns gestattet, dem Lande die Wahrheit kund zu thun. Die Offenheit unsrer gegenseitigen Mitteilungen beruhigt die Besorg nisse und befestigt Meine Entschlüsse. Ich heiße Sie daher willkommen. Der gesetzgebende Körper ist zum dritten Male er neuert worden seit der Gründung des Kaiserreiches; und zum dritten Male habe Ich trotz einiger localen Meinungsverschiedenheiten Mir zu dem Ergebniß der Wahlen nur Glück zu wünschen. Sie haben Mir alle denselben Eid geleistet; er bürgt Mir für Ihre Mit wirkung. Unsre Pflicht ist, die Geschäfte des Landes schnell und gut zu besorgen, treu bleibend der Verfassung, welche uns elf Jahre des Gedeihen- gegeben hat und die auf recht zu erhalten Sie geschworen haben. Das Expose über die innere Lage des Landes wird Ihnen zeigen, daß trotz der Stockung, zu welcher die Arbeit in gewissen Zweigen gezwungen ist, der Fortschritt nicht nachgelassen hat. Unsre Industrie hat mit Vortheil gegen die aus wärtige Concurrenz gekämpft, und angesichts unverwerf licher Thatsachen sind die durch den Handelsvertrag mit England erregten Befürchtungen verschwunden. Unsre Ausfuhr in den ersten acht Monaten deS JahreS 1863, verglichen mit den entsprechenden Monaten deS Jahre» 1862, hat sich um 233 Millionen vermehrt. Während derselben Periode hat dir Bewegung der Seeschifffahrt die Ziffer der vorhergehenden Periode um 175,000 Ton nen, davon 136,000 unter französischer Flagge über stiegen. Die reichliche Ernte dieses Jahres ist ein Segen der Vorsehung, der den Unterhalt der Bevölkerung unter geringerm Aufwande sichern muß; sie beweist zugleich den gedeihlichen Zustand unsers Ackerbaues. Die öffentlichen Arbeiten sind mit Thätigkeit betrie ben worden. Ungefähr 1000 Kilometer neuer Eisen bahnen sind dem Verkehr übergeben. Unsre Häfen, Flüsse, Canäle und Straßen haben sich fortwährend ver bessert. Da die Session früher als gewöhnlich stattfindet, so ist der Bericht des Finanzministrrs noch nicht veröffent licht worden. Es wird nächstens geschehen. Sie wer den daraus ersehen, daß, wenn auch unsre Hoffnungen sich nicht ganz erfüllt haben, die Einkünfte sich doch in aufsteigender Richtung bewegt haben und wir ohne außer ordentliche Hilfsmittel die durch den Krieg in Merico und in Cochinchina veranlaßten Ausgaben bestritten haben. Ich habe Ihnen mehrere als zeitgemäß erachtete Re formen anzuzeigen, unter Anderm das Dekret über den freien Betrieb der Bäckerei; ein anderes, welches die Re- gistrirung der Recruten für den Seedienst den Küstenbe wohnern weniger drückend macht; die Entwürfe zu einer Aenderung des Gesetzes über die Coalitionen (der Ar beiter und der Gewerbtreibenden) und zur Aufhebung der ausschließlichen The<Aerprivilegien. Ich lasse ferner die Vorarbeiten zu einem Gesetze machen, welches die Befugnisse der Generalräthe und der Gemeinderäthe ver mehren und dem Uebermaß von Centralisation abhel fen soll. In der Thal, die Förmlichkeiten der Verwaltung vereinfachen, die Gesetzgebung, welche auf die unsrer gan zen Fürsorge würdigen Klassen Anwendung findet, mil dern — das wird ein Fortschritt sein, an dem Sie sich gern betheiligen werden. Sie werden sich ferner mit der Zuckerfrage zu be schäftigen haben, die endlich durch eine festere Gesetzge bung gelöst sein will. Der dem Staatsrath vorgelegte Entwurf hat die Tendenz, den einheimischen Erzeugnissen die Erleichterung der Ausfuhr zu gewahren, welch« der Zucker andern Ursprungs genießt. Ein Gesetz über die Eintragung von Rechtsgeschäften (onebgisli-emsat) wird den doppelten Dscime beseitigen und diese Zuschlags steuer durch eine gerechtere Vertheilung ersetzen. Ungeachtet der Anomalie, welche einen Theil ein und derselben Bevölkerung der Civil-, den andern der Mili tärgewalt unterwirft, haben in Algerien die Araber be griffen, wieviel die französische Herrschaft gut gemacht, wie sehr sie der Billigkeit entsprochen hat, ohne daß des halb die Europäer weniger Vertrauen in den Schutz der Regierung hätten. Unsre alten Colonien haben die ihren Verkehr hem menden Schlagbäume fallen sehen, aber die Umstände sind der Entwickelung ihres Handels nicht günstig ge wesen. Die neuerliche Gründung von Kreditinstituten wird hoffentlich ihr Schicksal verbessern. Inmitten dieser Sorge für das Materielle ist nichts von Dem, was die Religion, den Geist und die Sittlich keit angeht, vernachlässigt worden. Den religiösen Wohl- thätigkeitsanstalten, den Künsten, den Wissenschaften und dem öffentlichen Unterrichte sind zahlreiche Ermunterun gen zu Theil geworden. Seit dem Jahre 1848 hat sich die schulbesuchende Bevölkerung um ein Viertel vermehrt. Heute sind nahe an fünf Millionen Kinder, davon der dritte Theil unentgeltlich, in die Privatschulen ausgenom men; aber wir dürfen in unfern Anstrengungen nicht Nachlassen, da noch 600,000 des Unterrichts entbehren. Die höhern Studien haben sich in den Sekundärschulen wieder belebt, in denen der Fachunterricht (l'enssixnvment spseial) sich neugestaltet. DaS, meine Herren, ist eine Ueberficht Dessen, was wir schon gethan haben und Dessen, was wir noch thun »ollen. Gewiß würde da- Gedeihen unser- Landes einen schnrllrrn Aufschwung nehmen, wenn rS nicht von poli tischen Sorgen gestört würde; aber im Leben der Völker treten unvorhergesehene, unvermeidliche Ereignisse rin, denen die Völker ohne Furcht ins Gesicht sehen, die sie ohne Anwandlung von Schwäche ertragen müssen. Da hin gehören der Krieg in Amerika, die nothgedrungrne Besetzung Mexicos und Cochinchinas, der Ausstand (in- »oreootiun) in Polen. Die Expeditionen nach entlegenen Punkten, der Gegenstand so vieler Kritik, sind nicht die Ausführung eines überlegten Planes gewesen: die Ge walt der Verhältnisse hat sie herbeigeführt und gleichwohl sind sie nicht zu bedauern. Wie sollen wir in der Thal unsern auswärtigen Handel entwickeln, wenn wir auf der einen Seite allem Einfluß in Amerika entsagen, und wenn auf der andern Seite angesichts der gewaltigen Länderstrecken, welche von den Engländern, Spaniern und Holländern in Besitz genommen sind, Frankreich allein ohne Besitzungen in den astatischen Meeren bliebe? Sie haben in Cochinchina eine Position erobert, die, ohne uns' zu den Schwierigkeiten einer Localregierung zuipöthigen, uns erlaubt, die unermeßlichen Hilfsquellen jerM Gegenden nutzbar zu machen und die Länder selbst du-ch den Handel zu civilistren. «Nach einem unerwarteten Widerstande, welchen der Mvh unsrer Soldatqp und Seeleute überwunden hat, haßen wir in Mexico die Bevölkerungen uns als Be freier empfangen sehen. Unsre Anstrengungen sind nicht unfruchtbar gewesen, und wir werden für unsre Opfer reichlich entschädigt sein, wann die Geschicke dieses Lan de-, das uns seine Wiedergeburt verdanken wird, in die Hände eines Fürsten gelegt sein werden, den seine Er leuchtung und seine Eigenschaften einer so edeln Mission würdig machen. Lassen Sie uns also Zuversicht haben zu unsern überseeischen Unternehmungen; begonnen, um unsre Ehre zu rächen, werden sie mit dem Triumph unsrer Interes sen endigen, und wenn eingenommene Geister nicht ahnen, was die für die Zukunft gelegten Keime Fruchtbares ent halten, so lassen wir nicht den Ruhm schwärzen, der, so zu sagen, an den beiden entgegengesetzten Enden der Welt, in Peking wie in Merico gewonnen ist. Die polnische Frage erfordert eine ausführlichere Ent- wkttetnNF. > Als die Jnsurrection Polens ausbrach, standen die russische und die französische Regierung in dem besten Verhältnisse; seit dem Frieden hatten die großen euro päischen Fragen sie einverstanden gefunden und, ich nehme keinen Anstand es auszusprechen, während des italieni schen Krieges, wie bei der Annectirung der Grafschaft Nizza und Savoyens hat der Kaiser Alerander nur die aufrichtigste und herzlichste Unterstützung gewährt. Dieses gute Einverständniß erforderte Rücksichtnahme, und es gehörte meine Ucberzeugung von der großen Popularität der polnischen Sache in Frankreich dazu, um Mich ohne Zögern eine der ersten Allianzen des Festlandes auf das Spiel setzen und Meine Stimme zu Gunsten einer Na tion erheben zu lassen, die in den Augen Rußlands eine Rebellin, in den unsrigen die Erbin eines in der Ge schichte und in den Verträgen eingczeichneten Rechtes ist. Gleichwohl berührte diese Frage die gewichtigsten In teressen Europas; sie konnte nicht von Frankreich allein behandelt werden. Eine Beleidigung unsrer Ehre, oder ine Bedrohung unsrer Grenzen legen uns allein die Pflicht auf zu handeln, ohne vorgängige Verständigung mrt Andern. Es wurde daher nothwendig für Mich, wie zur Zeit der Ereignisse im Orient und in Syrien, Mich mit den Mächten zu benehmen, die ähnliche Gründe und Rechte wie wir hatten, sich auszusprechen. Die polnische Jnsurrection, welche ihre lange Dauer als eine nationale charakterisirte, rief überall Sympathien hervor, und der Zweck der Diplomatie war, für diese Sache so viel Beitritt als möglich zu gewinnen, um mit dem ganzen Gewicht der öffentlichen Meinung Europas auf Rußland zu wuchten. Eine solche fast einhellig Uebereinstimmung schien un- das geeignetste Mittel, um daS Cabinet von St. Petersburg zur Ucberzeugung zu bringen. Leider sind unsre uneigennützigen Rathschläge al- Einschüchterung gedeutet worden, und die Schritte Englands, Oesterreichs und Frankreichs haben den Kampf, anstatt ihm Einhalt zu thun, nur verbittert. Auf bei den Seiten werden Erceffe begangen, die man im Namen der Menschlichkeit gleichmäßig beklagen muß. Was bleibt also zu thun? Sind wir auf die einzige Alternative zurückgedrängt: entweder Krieg, oder Still schweigen? Nein! Ohne zu den Waffen zu greifen, ohne uns Schweigen aufzulegen, ist noch ein Mittel übrig, nämlich die polnische Sache einem europäischen Tribunale zu unterbreiten. Rußland hat es bereits erklärt, daß Conferenzcn, auf denen alle die andern Europa bewegen den Fragen zur Discussion kämen, seine Würde nicht be leidigen würden. Nehmen wir Act von dieser Erklärung. Möge sie uns dazu dienen, ein für allemal die GährungS- stoffe zu ersticken, welche überall in Unordnung auszu brechen drohen, und gerade aus dem unbehaglichen Ge fühle des von so vielen Elementen der Auflösung ge quälten Europas eine neue Aera der Ordnung und Be ruhigung hervorgehen zu lassen. Ist nicht der Augenblick gekommen, auf neuen Grund lagen das Gebäude wieder herzustellen, daS von der Zeit unterwühlt und von den Revolutionen Stück für Stück zerstört ist? Ist es nicht dringend, durch neue Vereinbarungen an zuerkennen, was unwiderruflich vollbracht ist, und in all gemeinem Einverständniß zu vollbringen, was der Friede der Welt erheischt? Die Verträge von 1815 sind fast überall außer Wirk samkeit. Sic sind gebrochen worden in Griechenland, in Belgien, in Frankreich, in Italien wie an der Donau. Deutschland ist in Bewegung, um sie zu ändern; Eng land hat sie hochherzig modificirt durch die Abtretung der jonischen Inseln und Rußland tritt sie in Warschau mit Füßen. Während so die europäischen Grundpacten nach und nach zerrissen werden, erhitzen sich die erregten Leidenschaf ten übermäßig, dringen im Süden wie im Norden mäch tige Interessen auf eine Lösung. Was also wäre legitimer und verständiger, als die unverträglichen Mächte vor ein höchstes Schiedsgericht zu laden? Was entspräche mehr den Zeitideen, den Wünschen der Mehrzahl, als sich an da? Gewissen, an die Ver nunft der Sraatsmänner aller Läuder zu wenden und ihnen zu sagen: haben die Vorurtheile, die heimlichen Feindschaften, welche Alles trennen, nicht lange genug gedauert? Soll die eifersüchtige Rivalität der Groß mächte unaufhörlich die Fortschritte der Civilisation hin dern? Werden wir stets gegenseitigen Argwohn nähren durch übermäßige Rüstungen? Sollen die kostbarsten Hilfsquellen sich ohne Ende erschöpfen in einer eiteln Schaustellung unsrer Kräfte? Werden wir ewig einen Zu stand erhalten, der weder Friede ist, mit dessen Sicher heit, noch Krieg, mit dessen glücklichen Chancen? Geben wir nicht länger dem Umsturzgeiste der crtremrn Par teien eine gemachte Wichtigkeit dadurch, daß wir uns mit kleinlicher Berechnung den legitimen Bestrebungen der Völker widersetzen. Haben wir den Muth, an Stelle eines krankhaften und precären Zustandes eine dauerhafte und regelrechte Situation zu setzen, sollte sie auch Opfer kosten. Treten wir zusammen, ohne vorgefaßtes System, ohne ausschließcnden Ehrgeiz, beseelt allein von dem Ge danken, eine Ordnung der Dinge aufzurichten, hinfort gegründet auf das richtig verstandene Interesse der Sou veräne und Völker. Einer solchen Berufung, ich gebe mich gern dem Glau ben hin, würden Alle Folge leisten. Eine Weigerung würde den Verdacht geheimer, lichtscheuer Pläne erregen; aber selbst wenn der Vorschlag nicht einstimmig gebilligt werden sollte, so würde er den unermeßlichen Vortheil haben, Europa deutlich gezeigt zu haben, wo die Gefahr ist, wo die Rettung. Zwei Wege stehen offen: der eine führt zum Fortschritt Dank der Civilisation und dem Feuilleton. K. Hoftheater. Donnerstag den 5. November wurde da- Schauspiel von Eduard Devrient „Treue Liebe" neu etnstudirt gegeben. Ein ausgesuchtes Rührstück und ein- der langweiligsten; falsche Empfindsamkeit, Un natur, eine sehr gewöhnliche, mit dramatischem Ungeschick erkünstelt» Bühnrnmache und ein ausfälliger Uebrrfluß von Mangel an ProductionSkraft vereinigen sich darin. Zwei einander treu Liebend«, durch Jrrthum und be fand«« Ereignisse getrennt, werden stet- dicht neben ein ander hergeführt, ohne sich zu finden, bis auf eine Scene, die eigentlich nur einen Schlagfluß für den Einen von ihnen zur Folge haben kann. Und Marie, die gequälte Waise, muß sich durch krankhafte GrfühlSschwLrmerei zu einer unnatürlichen Lüge gegen sich selbst und ihren Geliebten und zu sehr falschen Schlüffen verleiten lassen, damit der Verfasser einen armen, auf einer unglaublichen Räubergeschichte beruhenden Stoff zu fünf Acten auS- zerren, mit gesuchten gröblichen Theatereffecten, rohen, unvermittelten Contrasten und rührsamrn Empfindung-- au»brüchen au-statten konnte. Nur wie zur Erholung find auch einig« erheiternde Auftritte zugefügt; al» amü santeste und bestgemachte Scene erscheint die Polterabend scene, obwohl sie cariktrt, ungehörig lang und zur Ge- sammtsttmmung de- Schauspiel» wenig paffend ist. Die indramatischen Dehnungen und die unnatürliche und erkünstelt« Rühreffect - Mache d«S Stücke« wird um so fühlbarer durch dir gewöhnlich«, gedankenarme und ledig lich rrproducittr Behandlung des Dialog- und d«r Cha rakteristik. Die,,treue Liebe" bildet nur, namentlich in der Hauvtrolle, eine theatralische, effrctuirend« Schul übung str den sentimentalen und gemarterte» Gefühls« auSdruck, aber eine gefährliche, denn sie führt zur Un wahrheit in der Kunst. Die Darstellung war eine vortreffliche. Die in ihren schmerzvollen Klagen und in ihrer HerzenSqual so äußerst redselige Marie wurde von Fräulein Ulrich ganz vor züglich gegeben. Der Ton sentimentaler Weichheit, inniger Herzlichkeit und eines gepeinigten Eccleuzustandes wurde mit feiner Empfindung und mit Gefühlsausschwung in allen Echattirungen de- Affrcts durchgeführt; die zu vir tuoser Declamation unnatürlich verarbeitete Räuber geschichte ward höchst wirksam vorgrtragen. Fräulein Langenhaun gestaltete die weltlustige, aber edelsinnige Amalie sehr angenehm, jugendlich erregt und natürlich, und der durch die Eituationswendung leidenschaftlich be wegte Theil der Partie gelang ihr sehr lobcnSwerth. Die etwa- herbe, aristokratisch reservirte und weniger.edle Baronin-Mutter wurde von Frau Bayer fein und mit Wahrheit charakteristrt, und Fräulein Allram wußte der neugierigen, geschwätzigen Zofe Anerkennung zu ver schaffen. Herr Dettmer gab den schwermüthigen Grafen Ferdinand mit intelligenter Auffassung, in natürlich maßvoller und nobler Haltung; etwas mehr Kern und feste Männlichkeit de- Ausdruck» würde indessen die bessere Vollendung der Charakteristik »«sentlich fördern. Mit gefälliger Gewandtheit spielte Herr Jauner den braven Ringen. Sehr befriedigend wirkten Fräul. Löhn und Herr Kramer zum Gelingen der Vorstellung mit, d«r man nur durch schnelleres Redetempo — zur Aus gleichung für dir traurigen Monologe Mariens und d«r erkünstelten Tardation der Handlung — einen raschcrn Verlauf geben möge. C. Banck. Dat Märchen von der Hinrichtung de- Don Carlo- auf Befehl seine- Baker-, König Philipp - II. von Spanien. (Schluß au» Nr. 257.) Dies ist die kurze Darstellung der Schicksale dieses unglücklichen Prinzen, wie sie uns von den Geschicht schreibern seiner Zeit erzählt werden, allein es darf nicht übersehen werden, daß schon kurz nach seinem Tode viel fach gezweifelt worden ist, ob er wirklich so gestorben oder nicht vielleicht doch noch, wiewohl unter anderm Namen und Verhältnissen, fortlrbte. Namentlich ist in Frankreich sehr bald eine Art Volksbuch über ihn ver faßt worden, welches sonderbarerweise meines Wissens von keinem Geschichtschreiber erwähnt, geschweige denn benutzt worden ist, bis endlich in der Bibliothek deS Herrn Leber ein Exemplar auftauchte und ein Abdruck eines zweiten von Herrn Fournier, in seinen „Varises, littöeairo," (karis 1855) 1. II p. 27 »q., veranstaltet ward, der jedoch, wie eS scheint, in Deutschland völlig unbekannt geblieben ist, auch in den bibliographischen Urbersichten über Don Carlo- und seine Verhältnisse, welche Herr Oettinger, „kibliogr. llioxrspk." S. 88 und Herr vr. Wenzel, ,,AuS Weimar- goldnen Tagen" E 202 gegeben haben, nicht erwähnt wird. ES dürste deshalb nicht uninteressant sein, hier eine Uebersrtzung dieses Curiosums geben. DaS Schriftchen führt den Titel: l.« L» »IsLrigal «n llspaissne, «»time «»te« von 6»rlo» kil» La ro^ kbilipp«. Xkari, paar 1» Llano, ra« 8»iaot Vietor »» Solail L or 159«, in 8°, . und ist in dem zu jener Zeit in Frankreich üblichen breiten Style geschrieben, sowie mit der Orthographie jener Periode. Dasselbe lautet so: „Folgendes ist der genaue Bericht, der von ver schiedenen glaubwürdigen, aus Spanien kommenden Per sonen einem zu Bayonne wohnhaften vornehmen Herrn abgcstattet worden ist. Dor 18 Monaten kam ein sonst unbekannter Mann, der ungefähr 45 Jahr alt sein mochte und einen schwarzen, ins Graue spielenden Bart trug, in den Flecken Madrigal, der nicht weit von Medina-del-Campo, einer der berühmtesten und volk reichsten Städte Spaniens, gelegen ist, und schlug daselbst seinen Wohnsitz auf. Er fing hier an, durch zwei seiner Diener gewisse Backwaaren und ähnliche Delikatessen an fertigen zu lassen, die dann Jedermann zum Verkauf angrboten wurden, namentlich ließen sich die Nonnen eines zu Madrigal befindlichen Kloster- die Pasteten, welche in des fremden Mannes Hause gebacken wurden, sehr gut schmecken, und so kam es, daß, ob derselbe gleich eine ganz unbekannte Persönlichkeit war, er den noch binnen wenig Tagen mit Donna Anna von Oester reich, einer unehelichen Tochter Don Juan'S de Austria, des Bruders de- König- Philipp, welche in jenem Kloster den Schleier trug, sehr genau bekannt ward. Dieser Pastetrnbäcker nun fing an, sich offen um die Gunst der genannten Dame zu bemühen und ihr jeden Tag durch seine Diener Backwerk und andere ähnliche Leckereien zu schicken, und zwar mehrere Monate lang hinter einander. Seine Diener wunderten sich nicht wenig über di« Ver schwendung und den Ueberfluß, in welchem er lebte, so wie über dir Menge Geld, welche ihm die Anfertigung der genannte« Delikatessen kostete, und daß er auch nie Rechnung über da» Geld verlangte, welches er ihnen gab, so daß sie nach und nach auf ruriose Ideen über ihren Herrn kamen und nicht wußten, wa» sie au» ihm machen sollten. Eine» schönen Tage-, al» die gedachten zwei Diener, welch« di« Pastetrnbäckerri versorgtrn, und seine Magd beisammen roaren, beobachteten sie durch die
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