Volltext Seite (XML)
Zchönbnrger Tageblatt und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. «»scheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorrrt. Annahme von Inseraten für di- nLch ter- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Hf. Freitag, den 16. September 1881 214 "Waldenburg, 15. September 1881. Germania sei's Panier. Vor Kurzem kamen wir in einem Leitartikel auf die Bewegung unter den deutschen Studenten zu sprechen, und bezeichneten wir dieselbe als eine nationale. Neuerdings haben nun die deutschen Studenten in der „Kyffhäuser Ztg." unter der Ueber- schrift „Germnaia sei's Panier" eine Erklärung ver öffentlicht, aus welcher wir als Ergänzung unseres Leitartikels die folgenden Stellen herausheben: Wir deutschen Studenten haben uns die Be kämpfung der naturalistischen Geistesrichtung, die unter dem Schutz des sog. „Fortschritts" das deutsche Volksleben zersetzt und vergiftet hat, zur Aufgabe gestellt. Die politischen Vertreter des Naturalismus sind der Liberalismus, der Fortschritt, der Socialis- mus, der Nihilismus, der vor kurzem den russischen Kaiser hinmeuchelte. Wir treten daher in erster Linie für alle die Güter ein, welche der Menschheit im allgemeinen theuer und heilig sind. — Wir „d. Sl." wollen uns der herannahenden Revolution entgegenwerfen, dieselbe mit allen Mitteln bekämpfen. Unser Kampf gilt der rothen Republik; wir erstre ben Erhaltung der Fttrstenthrone, und nur wollen die fürstliche Macht befestigen helfen Wir „d. St." bekämpfen den Kosmopolitismus, wir erheben das Nationale auf den Schild. Wir wollen Stärkung des Deutschthums, Ausbildung des deutschen Nationalbewußtseins allen fremden Völkern gegenüber, Erhaltung der Siegesfrüchte von 1870/71. Wir treten allen antideutschen Elementen, die im Volke selbst ihr Wesen treiben, mit schneidiger Schärfe entgegen. Wir erklären auch das Juden thum, wie es zur Zeit auftritt, für eine große na tionale Gefahr. Auch die Fortschrittspartei steht unserm Volksthume heut mehr oder weniger fremd und feindlich gegenüber! Wir rufen hiermit der ganzen Nation zu, sich von dielen Elementen zu trennen, ihren Reden von Toleranz und Hu manität kein Ohr mehr zu leihen. Wir „deut schen Studenten" unterstützen jede patriotische Bestrebung, jede Politik, welche deutschen Einfluß befördert. Wir treten für Erhaltung unserer natio nalen Waffenmacht ein. Ein starkes Heer schützt den Staat. Wir wollen kein Milizsystem im Sinne der Fortschrittler und Socialisten. Das deutsche Militäswesen ist allein der Zeit, den Verhältnissen entsprechend. — Wir „d. St." wollen für unser heißgeliebtes deutsches Vaterland in den Tod gehen, wenn einst der Kaiser ruft. Aber nicht als stumme Pflichtmenschen ziehen wir zur Schlacht, sondern todesmuthig, eingedenk der zukünftigen Welt und des alten Römerspruches: „süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben." Die Begeisterung eines Theodor Körner lebt in uns. Wie halten es für die größte Auszeichnung, wenn unsere Namen gleich seinem dereinst in die ehernen Tafeln deutschen Ruhmes gegraben werden. Wir wollen Geist und Körper schulen, damit wir jene Schneidigkeit der alten Griechen und Römer erreichen, durch welche sie als Musterbilder eines vollkommenen Menschen allen Zeiten voranleuchten werden. Wir wollen uns auszeichnen von unsern Mitbürgern, wir wollen die Ersten der Gesellschaft werden! Unser Beruf ist unsere Ehre. Arbeits scheue, feige Lumpe ohne Ehrgeiz und Energie können wir nicht gebrauchen! Was wir öffentlich sagen, soll erst in der Stille in uns lebendig ge worden sein. Wie wollen keine Phrasenhelden, sondern Männer der Arbeit und That heranbildem Wir wollen dem in Stumpfsinn verkommenen, am liberalen Toleranzschwindel erkrankten deutschen Bür ger ein neues Leben einhauchen. Ein frischer Geistes morgen soll heraufgehen über unser Land und Volk! Wir deutschen Studenten" sind bestrebt, die weite Kluft zwischen Arm und Reich auszufüllen. Der Liberalismus hat den Socialismus geschaffen. Der Klaffenhaß ist zu einem furchtbaren Grad ge diehen. Wir weisen daher keinem Armen die Thür, sondern soweit es in unserer Macht liegt, werden wir ihm wieder zu einer sicheren Erwerbsquelle verhelfen. Wir unterstützen in diesem Sinne die christlich-socialen Bestrebungen des Hofpredigers Stöcker. Wir d. St." erklären, daß wir mit dem Vor kämpfer "der deutschen Sache, mit dem Fürsten Bis marck, durch Feuer und Wasser gehen. . . . Wir „deutschen Studenten" heften dar Zeichen des Kreuzes an unser schwarz-weiß-rothes Banner! In stoe 81^110 vilt668! Das Kreuz wollen wir „deutschen Studenten" hochhalten: es soll den Haß der gottfeindlichen Mächte gegen uns wachrufen. Es soll zum Kampfe kommen auf Leben und Tod. "Waldenburg, 15. September 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Ueber die Anwesenheit des Kaisers in Ham burg am 14. wird von dort geschrieben: Die ge- sammte Stimmung der Bevölkerung ist freudigst er regt. Die Stadt in allen ihren Theilen, sowie in den Vororten und Straßen, die der Kaiser passirte, ist aufs Herrlichste decorirt, der Hafenschmuck außer ordentlich überraschend, nirgends sind Kosten und Mühen gespart, um die Decoration überall gelungen zu machen. Unter Glockengeläuts und jubelnden Zurufen einer dicht gedrängten, überall nach Tausen den zählenden Volksmenge zog der Kaiser präcise 11 Uhr von Altona kommend und begleitet vom Kron prinzen, dem Prinzen Wilhelm, dem Großherzog v. Mecklenburg ein und begab sich zunächst über St. Pauli nach der neuen Seewarte, woselbst zuerst Prof. Neumayer, sodann der Senator Hertz Ansprache hiel ten, worauf der Kaiser in kurzer Reds antwortete. Nachdem sodann der Kaiser, der ein äußerst Wohles Aussehen hat, die Seewarte besichtigt, begaben sich die höchsten Herrschaften um 12 Uhr nach der Blumen-Ausstellung vor das Dammthor. Ihre Majestät die Kaiserin ist am 14. d. nach mittags 4 Uhr mittelst Extragzugs von Koblenz nach Baden-Baden abgereist. Einige interessante Einzelheiten von der Kaiser- parade in Hannover theilt I. v. Wickede in den „Hamb. Nachr." mit; er erzählt unter andern: „Daß an 5000 Männer aller Kriegervereine, zumtheil aus den entferntesten Theilen des Landes, herbei gekommen waren, um den Kaiser zu sehen und ihm ihre Ergebenheit zu bezeugen, soll den hohen Herrn ganz besonders gefreut haben. Zu einem 94jährigen Veteranen, einen pensionirten Wachmeister und späteren Chauffeegeldeinnehmer, der, schon 1812 in Dienst getreten, sich bei Waterloo einen Orden ver dient hatte und aus der Gegend von Hameln ge kommen war, hat der Kaiser bei der Parade gesagt, indem er ihm vom Pferde herab freundlich die Hand reichte: „Wir beide sind gewiß die ältesten Soldaten hier auf dem ganzen Platze. Nun, lange wird es wohl nicht mehr dauern, daß uns der oberste Herr aller Heerscharen zum letzten Appell zu sich ruft." Ferner hat auch der Kaiser geäußert: „Der Kampf gegen das tapfere hannoversche Herr im Jahre 1866 und die darauf folgende Thronentsetzung meines Vetters, des Königs Georg, hat meinem Herzen da mals ganz ungemein wehe gethan. Wiederholt und noch in der letzten Stunde habe ich dem König selbst geschrieben und ihn förmlich beschworen, sich nicht meinen Feinden anzuschließen, da ich nimmer mehr es zugeben dürfte und würde, daß zwischen meinem östlichen und westlichen Landestheile sich ein feindliches Königreich Hannover einschiebe. Es war aber ein Unglück, daß der König Georg blind war und die Landkarte nicht sehen konnte, sonst hätteein Blick darauf ihm zeigen müssen, daß meine Truppen vor allen Dingen zuerst sein Land besetzen mußten, und baß er sein Ohr den Einflüssen feindlicher Intrigan ten nicht verschließen wollte. So mußte es denn kommen, wie es jetzt gekommen ist, und ich begreife vollkommen, daß das Gefühl vieler ehrenvoller Han noveraner darüber tief betrübt wurde. Nun, mit der Zeit werden sie alle auch noch gute Preußen werden, davon bin ich überzeugt. Es ist doch ein mächtiger, geachteter Großsiaat, dem sie jetzt ange hören, und ohne das preußische Heer hätten wir niemals ein Deutsches Kaiserreich zu gründen vermocht." Die „Provinzial-Correspondenz" schreibt: „Die Danziger Kaiser-Zusammenkunft hat ihrer eigentlichen nächsten Bestimmung nach nur zwischen den beiven genannten Majestäten stattgefunden, aber im Geiste war mit Beiden der Kaiser von Oester reich vollkommen geeinigt. Das Einvernehmen der drei Kaiserreiche hat Europa seit 10 Jahren den Frieden erhalten. Dieses Einvernehmen wird sich auch in Zukunft bewähren und den Völkern diejenige Sicherheit und Beruhigung verschaffen, welche es ihnen ermöglicht, ihre ganze Kraft der friedlichen Arbeit und der gesunden Entwickelung der inneren staatlichen, wirthschaftlichen und gesellschaftlichen Ver hältnisse zu widmen." Unter Bennigsen's Leitung hat am 14. d. in Berlin eine Berathung hervorragender National liberaler stattgefunden. Aus der gleichzeitigen Anwesenheit Rickert's wird auf eine Wiederannäher ung der Secessionisten an die Nationalliberalen oder umgekehrt zur Begründung der „großen liberalen Partei" gefolgert. Die Deutschen Eisenbahnen vereinnahmten im Jahre 1879 für Personenbeförderung 211,209,075 Mark, die Oesterreichisch-Ungarischen Bahne» 85,689,492 Mark, die übrigen Vereins bahnen 33,575,665 Mark, zusammen 336,474,232 Mark. Die Einnahme pro Person und Kilometer betrug durchschnittlich bei den Deutschen Bahnen 3,537 Pfennige, bei den Oesterreichisch-Ungarischen Bahnen 4,467, bei den übrigen Bahnen 4,402 Pfennige. Auf jedes Kilometer Bahnlänge entfallen bei den Deutschen Bahnen 6795 Mark, bei den Oesterreichisch-Ungarischen Bahnen 4784 Mark, bei den übrigen Bahnen 8052 Mark aus dem Perso nenverkehr. Den Wagenclassen nach entfallen von der Einnahme pro Kilometer Bahnlänge bei den Deutschen Bahnen: 5,7 Proc. auf I., 30,3 Proc. auf II., 48,0 Proc. auf III., 13,1 Proc. auf IV. Classe, 2,9 Proc. auf Beförderung zu ermäßigten Fahrpreisen, bei den Oesterreichisch-Ungarischen Bahnen: 6,8 Proc. auf I., 27,5 Proc. auf II., 51,1 Proc. auf III., 9,6 Proc. auf IV. Classe, 5 Proc. auf ermäßigte Fahrpreise. Die Einnahmen aus dem Güterverkehr betrugen bei den Deutschen Bahnen 573,041,810 Mark, bei den Oesterreichisch- Ungarischen Bahnen 314,956,884 Mark, bei den übrigen Vereinsbahnen 54,198,748 Mark, zusammen 942,197,442 Mark, oder pro Kilonieter Betriebs länge: 17,554 Mark, 17,231 Mark, 12,723 Mark, 17,078 Mark. Die Einnahme pro Tonne und Kilometer bezifferte sich bei den Deutschen Bahnen auf 4,506 Pfennige, bei den Oesterreichisch-Ungari schen Bahnen auf 6,224, bei den übrigen Bahnen auf 4,786 Mk. Die Gesammteinnahmen betrugen bei den Deutschen Bahnen 814,815,320 Mark, bei den Oesterreichisch-Ungarischen Bahnen 407,292,621