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Dresdner Journal : 09.05.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187905099
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18790509
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18790509
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-05
- Tag 1879-05-09
-
Monat
1879-05
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 09.05.1879
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^§106. Freitag, den 9. Mai. 1879. 4bo»E»>tt»pr»l,r lw L»u1»«L« u»t«d»: iLbrlleb- . . IS K»rk 4 It»rk Ü0kk I0kk TO»THUl>v1»GQ Neied« tritt ko«t- u«t 3t«p»l»i»»«Sl48 UiQill. I»«r4t«Qprel»e r kür a«u k-uw. siu«r 8«p»It«oelr k«6t»«ilv LV kt Unter „kioLv«uiät" cll« Leits L0 kt. Lr,ek«l»«> r Ht^tist» mit Xiuukkm« ct«r 8ono- nnü ksisrts^s Xbeoü- für äso koluen<i«o 1^8- Dres-nerIom nal. Verantwortlicher Rcdacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. l»»er4t«iu»»»»Nme »„»Mirt,, l^tpriU: H Oommiioioakr «1« Orssäoer ^ouruat»; L»»t>orU->«rU» Vi«o >»,«!->r«»t»«-kr»»>lkll't M.j Laturnrt«'« kodier, S«rUQ Vi«» -U»mda«8- ^r»U-L«Ip»tL kr»kt«rt ». U. »üiieL«»: »/<>««: U«rU»:S.Lorntat, Z-vat,-t«,6a»L Ur,»,»: F Schott«, Ur,,l»»: L Sta«Ar«'« öürssu; k>. ko»At; rr»»4t»rr ». ».! L ^»«Ae^-elle u. v Z/rrrma»»- «et»s 8uckt>»vüluv8; ÜSrUt»: kr Lt«t/trr, 8»LLor»r! t? Lc^uitrr, k»ri, L»rU» rr»»4k»rr 4 » »t»a,»rr! Da^L« L Us., L»md«rU! Z' Lt«»«r. S«r»usuvd«r: Nüvisl. L»peü»6ov 6s» Urs»6n«r ^omiuU«, Drs«t«v, Lvivxerslrt»»« Xo LV. Amtlicher Theil. Dresden, 7. Mai. Se. Majestät der König hat dem DecorationSmaler Friedrich August Han- hier da» Albrechtskreuz zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Theil. U e d e r s 1 ch t. Telegraphische Nachrichten. ragetgeschichte. (Dresden. Berlin. München. Darm stadt. Buda-Pest. Brüssel. London. Ehristiania. St. Petersburg) Hur Orientfragr. Ernennungen, Lersrtzuagev rc. im Sffmtl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialvachrichtev. (Leipzig) Vermischtes. Statistik und Volktwirthschast. Feuilleton. Telegraphische Nachrichten. Berlin, Donnerstag, 8. Mai, Nachmittag». (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ja der hevtigev Sitzung det NeichStagS wnrde die Geueraldi-cusfiou der Zoll- und Steuervorlagen fortgesetzt. Der BundeScommissar Burghart wendet sich gegen einzelne Ausführungen d«S Abg. l)r. Delbrück, namentlich gegen die Bemängelungen einzelner Zoll sätze, und verwahrt die Tarifcommission gegen den Bor wurf, daß ihr die nöthige Sachkenntniß gefehlt habe. In Betreff des Durchfuhrverkehr» hätten die Erwä gungen der Regierungen dahin geführt, daß man über die bisherigen Bestimmungen in der Erleichterung de» Durchfuhrverkehrs nicht hinausgehen könne. Wien, Mitttooch, 7. Mai, AbeudS. (Corr.- Bur.) Gestern und heute tagte hier in mehrstün digen Sitzungen die von der Negierung eiaherufene Enquete zur Berathung und Feststellung der Grundsätze für die einheitliche Organifirvng des freiwilligen patriotischen Hilfsvereinsweseut im Frieden und im Kriege. Der Vorsitzende im Ministerrathe, I)r. v. Stre- mayr, begrüßte dir Enquete namens der Regierung und dankte verbindlichst für daS bereitwillige Eriche,neu der Damen und Herren aus allen Königreichen und Ländern der diesseitigen Reich-Hälfte. Die Enquete gelangte nach einer eingehenden Besprechung aller Grundsätze zu einem hoffentlich sehr gedeihlichen Abschlusse. Die Enquöte be schloß unter allgemeinem Beifall, an den Vorsitzenden das Ersuchen zu richten, die allerunterthänigste Bitte an Ihre Majestäten gelangen zu lassen, dieselben mögen das Protektorat über den Bund aller österreichischen patriotischen HilsSvereme übernehmen. Der Vorsitzende sprach unter größtem Jubel die Zuversicht au», daß daS Kaiserpaar dieser Bitte allergnädigst willfahren werde. Triest, Mittwoch, 7. Mai, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung de» Ttadtrathe» machte der Vertreter der Negierung die Mitthei- lung, daß der Kaiser die Wahl d'Anaelt'» zum Podesta nicht bestätigt habe; der Vorsitzende be raumte daher eine Neuwahl für die nächste Sitz ung an. Pari», Mittwoch, 7. Mai, Abend». (W. T. B) In einer heute stattgehabteu Versammlung der Bureaux der Linken de» Senat» wurde ein stimmig für die Rückkehr der Kammern nach Pari» gestimmt; gleichzeitig wurde ein Antrag angeuom- men, dahin gehend, daß die Kammern provisorisch ihre Sitzungen i» Tuileriensaale halten sollten. Madrid, Mittwoch, 7. Mai, Abend». (Con.- Bur.) Der österreichische Kronprinz Erzherzog Rudolf ist heute hier angekommen. Zu Ehren deS Kronprinzen findet ein großer Empfang Statt, zu welche« die Staat»würdenträger und Militär- autvritäteu geladen find. Der König lud den Kronprinzen zu einer großen Jagd eia. Gt. Peter»burg, Donnerstag, 8. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Gouverneur von Astra chan telegraphirt aus Astrachan vom gestrigen Lage, dap in Astrachan Fälle von Erkrankung am Ausschlaglvvdus erschienen find, wogegen ent sprechende Maßregeln getroffen wurden. Uebrigens ist der allgemeine Gesundheitszustand ein guter. Die Temperatur beträgt 21 Grad Wärme. Tagesgeschichte. Dresden, 8. Mai. Bon der KreiShauptmannschast Zwickau ist auf Grund von tz 1, Äbs. 2 und 8 6 des Reichsgesetzes vom 21. October 1878, der „Arbeiter fottbildungSverein* in Gelenau verboten worden. * Berlin, 7. Mai. Einer telegraphischen Meldung zufolge, welche heute Abend aus Wiesbaden hier ein langte, ist die Abreise Sr. Majestät des Kaisers nunmehr auf morgen (Donnerstag) Abend ^9 Uhr festgestellt worden. Heute nahm Sc. Majestät die Vorträge deS Hofmarschalls Grafen Perponcher und deS wirkt. Geh. Raths v. Wilmowski entgegen und empfing den russischen General Trepow. Zur Tafel hatten die Spitzen der Behörden von Frankfurt a. M, der Frhr. v. Rothschild, welcher vorher vom Kaiser in Audienz empfangen wurde, und verschiedene Wiesbadener Notabiutäten Einladungen erhalten. — Der hiesige Magistrat hat, wie die „K. Z." erfährt, einen Aus schuß von 5 seiner Mitglieder gewählt, die im Verein mit 10 noch zu wählenden Stadtverordneten eine Vor berathung über eine zur Feier der goldenen Hoch zeit des Kaiserpaares zu errichtende milde Stif tung pflegen sollen. Die Wahl der Stadtverordneten erfolgt morgen (Donnerstag). — Der Plan eines SperrgesetzeS für die Einsührung von Tabak, der anfänglich regierungsseitig nicht gerade Billigung fand, weil man darin eine Beeinträchtigung oder gar ein Aufgrbeu des Rachsteuergesetzes erblicken wollte, findet jetzt, wie da» genannte rheinische Blatt au» angeblich verlässiger Quelle hört, einen sehr günstigen Boden. Die Frage werde jetzt in eingehende Erwägung gezo gen, und eS sei mehr als wahrscheinlich, daß der Ent wurf eines SperrgesetzeS demnächst an den BundeS- rath kommt, das sich indessen nicht nur auf Tabak beschränken, sondern auch aus andere Artikel ausdehnen soll. Der „Wes.-Ztg. "telegraphirt man, daß der Bun- de»rath seine Ausschüsse mit der Berichterstattung über ein Tabaksperrgesetz beauftragt habe. — Sr. Majestät Schiff „Prinz Adalbert*, an Bord Se. königl. Hoheit Prinz Heinrich, ist, telegraphischer Nachricht zufolge, am 19. April d. I. in Honolulu glücklich einge troffen. München, 6. Mm. Wie nach dem „ Nürnb. Corr. * in militärischen Kreisen verlautet, ist eine Vermeh rung der bayrischen Artillerie um 2 Feldartillerie- regimenter beabsichtigt. Als Stamm soll jede- dieser Regimenter vom 1. bez. 4. Feldartillerieregiinentr (Dl- visionSartillerie) eine Abtheilung zu 4 Batterien er halten. Die dann noch fehlenden 4 Abtheilungen sollen neu gebildet werden. Darmstadt, 6. Mai. Auf die vom Abg. Schröder eingereichte Interpellation, betreffend die Verhandlungen über den Verkauf der hessischen LudwigSbahn, ist, wie wir dem „Fr. I." entnehmen, die folgende Ant wort ergangen: Der LerwaUungöralh der Gesellschaft hat unlerm I». Februar bezüglich der damals gestellten Anfragen erklärt, daß Feuilleton. Redigirt von ävtto Baue». K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 7.Mai: „Der Oheim* Lustspiel in 5 Acten vom Verfasser von „Lüge und Wahrheit*. Obgleich bei einem Lustspiel, dessen gewinnender, seit einer langen Reihe von Jahren nicht abgestumpfter Reiz im psychologischen Wcrthe deS Dialog» und in der Detailschilderung eine» sehr engen Kreise» handeln der Personen beruht, die weiten Räume eine» großen Hauses den intimen Eindruck behindern und vielerlei Feinheiten de» Effects verloren gehen lassen, so be hauptete doch die Aufführung de» „ Oheim» * eine frische, wie immer sehr unterhaltend« Wirkung. E» bleibt eine Theaterwirkung im besten Ginne: der Sieg de» Tüchtigen, Reinmenschlichen ist nicht mit trockener Schulmoral, sondern mit einer ganz zwanglosen Schil derung gesellschaftlicher Zustände, mit gesundem Humor, ja ost mit einer sehr scharfen Satire gegen beschränkte Boruriheile herbeigeführt und die überraschend zuge- spitzten Sccnen haben den in jetziger Zeit selten ge wordenen Vorzug, gar nicht theatralisch zu sein. Bon einer besondern Bühnenfprache ist hier mchi die Rede; man spricht wie im gebildeten Leben. Schlimm genug, daß un» diese Wahrheit der Sprache bei unserer ge- gegenwärtigen Bühnenkünstelei al» eine Au»nahme auffällt. E« sollte eine Regel sein. Die Schauspielkunst befindet sich bei dieser Ein fachheit der dramatischen Mittel, mit welchen eme reich haltige Erkennt»,ß de» Menschenherzen» dargelegt ist, ungemein wohl Die Stücke vom Verfasser von „Lüge und Wahr heit* wurden auf allen größern Bühnen nicht bloS sehr gern, sondern meisten» auch sehr gut gespielt. Auch unsere Darstellung von „Der Oheim* ist eine ganz vortreffliche, und zwar nicht nur in der Titel rolle, welcher Hr. Borth eine anmuthende, gewinnende Wirklichkeit giebt, sondern auch in den übrigen Par tien und im Ensemble. Frau Bayer hat mit ihrer Frau v. Stürmer das Publicum schon ost durch ihren lebendigen Humor und ihre erheiternde Ironie ergötzlich unterhalten. Sehr danken»werth wird besonder» von Frl. Guinand als Anna und von den Herren Rtchelsen und Kober stein (Julius und Riedler) diese Comödie unterstützt. O. B. Stille» Glück. Novelle von Adolf Stern. (Fortfetzung zn Nr 10b.) „E» ist ein Bote aus Maurach hier, Herr v. Warteag! Bor zwei Stunden hat ein großes Feuer zwei Güter und ein paar Häuslerwohnungen in Asche gelegt. Da» Feuer haben sie glücklich bewältigt, aber e» ist mehr al» ein Unglück dabei zu beklagen. Der Bote, den der Pfarrer schickt, meint, daß er die Frau Oberforstmeister selbst sprechen möchte.* „Da» wird denn wohl Deine Sache sein!* wandte sich der Obrrforftmeister zu Frau Agne» „Sie wer den Betten, Wäsche, Arzneimittel brauchen. Frage den Boten, ob man persönlich helfen kann, ich ließe Roland heute sehr ungern noch einmal satteln, aber wenn e» wegen Verlaus« seiner Linien Verhandlungen zwischen der könial. preußischen Regierung und dem BerwaltungSrath der hessischen Ludwigseisrnbahn nicht geführt worden sind und nicht geführt werden. Aus die jüngst gestellt« Anfrage hat der BerwaltungSrath unterm IS. vor. Ä erwidert, daß wegen Veräußerung einer oder mehrerer seiner Eisenbahnlinien an Bayern weder schriftliche, noch mündliche Verhandlungen seiner- feit» stattgesunden haben, noch auch dermalen gepflogen werden. Zwischen der grobherzoglichen und der königl bayerschen Re gierung sind weder früher, noch io muester Zeit Verhandlungen wegen An- resp. Verkauf« und Uebergabe eine» Theile« der der hessischen Ludwigseijenbahngrsellschast angehörigen Linien (Aschaffenburg-Darmftadt-Worms-Bobenheim) von Hessen an Bayern geführt worden. Buba-Pcst, 7. Mai. (Tel.) Da» Abgeord netenhaus beendigte heute die Specialdcbatte über den Sprachengesetzentwurf; sodann wurden mehrere kleinere Gesetzentwürfe erledigt. Der Ministerpräsident entwickelte das Arbeit»programm für die restliche Zeit dieser Session. Danach soll die Sejsionsperiode etwa bi» zum 10. Juni dauern. Die zu erledigenden Ge setzentwürfe wären und zwar unbedingt die auf Szege- din und die Theißgegend bezüglichen Gesetzentwürfe, ferner jene betreffs der Waagthal- und Kaschau-Oder berger Bahn. Betreffs der provisorischen Administra tion Bosnien» und der Herzegowina ist zwischen beiden Regierungen ein Uebereintommen zu Stande gekom men, doch wäre e» nicht zweckmäßig, die betreffende Vorlage jetzt zu verhandeln, da dieselbe in der andern Reich-Hälfte wegen der Neuwahlen ohnehin vor dem Herbste nicht zur Verhandlung gelangen wird. Schließ lich erklärt der Ministerpräsident, daß feiten der Re gierungen ohne vorherige Befragung der Legislativen keinerlei Investitionen vorgenommen werden sollen. Brüssel, 6. Mai. (Fr. I.) Der Deputirte Woeste von der Rechten sprach am Sonntag in Alost über die gegenwärtige Vorlage des Wahlgesetzes seiten der Regierung. Den Katholiken bleibe kein anderer Ausweg, als allgemeines Stimmrecht zu verlangen. London, 7. Mai. Man telegraphirt der „N. fr. Pr.*: Der Khedive hat das in der englisch-franzö fischen Nole enthaltene Ansuchen entschieden abgelehnt. — Die letzten Nachrichten aus Südafrika lauten ungünstig. Die „Daily News* melden: Chelmsford verlangt dringend noch eine ganze Jnfanterlebrigade als Verstärkung. Frere s Begegnung mit den Boers hatte einen sehr stürmischen Verlauf. Er klagte die selben deS HochvcrrathS und der Aufreizung des Fein de- an. Auf fein Anerbieten der Einführung von liberalen Maßregeln verlangten sie die Unabhängigkeit. In Prätoria herrscht große Aufregung, die Situation ist sehr gespannt. Mehrere Meeting» verliefen höchst stürmisch. Nach langen Conferenzen erklärten Krüger und die Führer der Boers, im Falle eme» Bruches gehörten ihre Sympathien den Insurgenten. Frere lehnte es ab, auf das Verlangen der Boers einzugehen. Ehristiania, 4. Mai. Ueber die neuesten Ver handlungen de» Storthings schreibt man den„H. N.*: Nach mehrtägigen Verhandlungen hat das Lagthing die Vorlage, betreffend die communalen Steuergesetze, wesentlich in Ueberemstimmung mit dem Beschlusse deS Odelsthings genehmigt. Auch in dieser Abtheilung des Storthings benutzte also die Landdisttictrepräsentation ihr großes numerisches Uebergewicht dazu, den Städten Steuern aufzuladen, mit denen die Landdistricte nichts zu thun haben. Prof. Aschehoug wies vergebens nach, wie die Vorlage auf einem ganz irrationellen System ruhe. Es sei nämlich, seiner Meinung nach, klar, daß man nicht eine gerechte Besteuerung erziele, wenn man dieselbe allein auf der Einnahme, dem Nettogewinn baue. Sein Vorschlag, die Sache der Regierung zu übersenden, wurde mit 19 Stimmen gegen 9 verwor fen. Daß diese Gesetzvorlage nicht die königl. Sanc- tion erlangen wird, unterliegt keinem Zweifel, denn ist jemals ein Grund vorhanden gewesen, das königl. Veto in Anwendung zu bringen, so ist eS gewiß hier, wo nothwendig wäre, würde ich doch nach dem Essen noch hinüberreiten. Bitte gieb das einstweilen dem Boten." Rudolf v. Wartegg entnahm ferner Börse ein Goldstück, die junge Frau gab dem Jägerburfchen einen Wink, den Boten herbeizurufen, und ging durch den Gartensaal nach ihrem Zimmer. Sie trug den schönen Kopf mit den breiten dunkeln Flechten, die in einem einfachen Knoten geschlungen waren, wieder hoch, ihre Augen, die sie von der Schwelle noch einmal nach dem Gatten hinwandte, schimmerten völlig klar. Ihr ganze» Gesicht drückte jetzt nichts Anderes aus, al» Theilnahme an dem Unglück des NachbardorfcS. Dem Oberforst meister war eS, als ob dir letzte halbe Stunde ein böser Traum gewesen sei. Eine Cigarre anzündend, schritt er auf der Terrasse auf und ab und badete in den kühleren Lustwellen, die vom Forst über die Wald wiesen heranfchwollen. Es war noch völlig hell, der Abendhimmel über den Wiesenbreiten und Waldrändern mit glühenden und rosig angehauchten Wolken prächtig bedeckt. Der Oberforstmelster blickte mit eigenthümlich erregter Empfindung auf da» tausend Mal geschaute einfache Bild. Die letzte Stunde hatte ihm die ganze Fülle seine» persönlichen Glücks zum Bewußtsein ge bracht und doch ein Gefühl in seiner Seele wachge rufen, daS er bl» heute kaum gekannt. Er theilte da» Bangen seiner Frau vor dem neuen unwillkommenen Nachbar nicht, er mußte jetzt selbst über dasselbe läcbeln; aber die Furcht vor den Wechse.fällen der Dasein» hatte ihn zum ersten Male mtt ihrer dunkeln Gewalt ersaßt! Sem Auge und seine Seele schienen demselben Zuge zu solaen. Ohne daß er eS wußte und wollte, waren seine Blicke an den fernsten Waldsaum gebannt, an dem weißliche phantastisch hin- und herwogende der eine Theil der Bevölkerung systematisch den andern zu unterdrücken sucht. Da» Odel»thing hat gegen 9 Stimmen das Comitvgutachten über den privaten Vor schlag, daß die Bürgerwehr der Städte aufgehoben werden soll, genehmigt, und da» Lagthing hat gestern dem Beschluß des Odelsthings beigestimmt. Die Sache ist jedoch von keiner größeren praktischen Bedeutung, indem die Anzahl der Mitglieder der Bürgerwehr in den 12 Städten, wo dieselbe noch in Wirksamkeit ist, im Jahre 1870 biS zu 1600 Mann herabgegangen war und später beständig im Sinken begriffen ge wesen ist. Tt. Petersburg, 1. Mai. Der hiesige Lorre- spondent der „Wien. Abdp." schreibt »ur Situation: Was die fremden Zeitungen über hiesige Zustände be richten, ist fast ausnahmslos au» der Lust gegriffen. Namentlich haben die Gerüchte, al» ob Rußland von den Nihilisten minirt sei und am Vorabende einer Revolution stände, keinerlei Begründung. Die endlich, wenn auch etwas spät, erlassenen energischen Maß regeln dienen dazu, da- Publicum zu beruhigen. Seit den vom General Gurko ergriffenen strengen Verord nungen haben keine Demonstrationen mehr stattgefun den. Höchst übertrieben ist es, wenn ein Pariser Blatt sich schreiben läßt, die Zahl der allein hier Verhafteten belaufe sich auf 4700, von denen man aus Mangel an Platz die meisten habe nach Kasan und Saratow schaffen müssen. Im Ganzen wurden etwa 2000 Per sonen gefänglich eingezogen. Von diesen wurden viele nach dem ersten Verhöre entlassen, einige Hundert wur den au» Mangel an Platz in der Nacht in die Case matten von Dünaburg geschickt. Unter den Hiergeblie- benen, welche sich auf die Gefängnisse der Gendarmerie, deS lithauischen Schlosse» und der Festung vertheilen, hofft man die meisten Führer der Nchlttsteubande arretirt zu haben. Die Erbitterung de» Volke» gegen die Verschwörer ist kaum zu beschreiben. Wehe dem Nihilisten, welcher unseren durch den scbweren Wach dienst erbitterten Dworniken (Hausknechten) in die Hände fallen sollte. — Der St. Petersburger Lorrefpondent der „Pr.* meldet: Wie mir von competentester Seite versichert wird, ist die Hinrichtung Dubowin's der Beginn einer ganzen Reche von Executionen. Da» GerichtSver fahren ist nach einer neuen Verordnung ein abgekürzte», auf ein Minimum von Zeit befchränkte». Zeugen, welche innerhalb 3 Tagen nicht zur Stelle sein können, werden gar nicht aufgerufen. Die Nichtigkeitsbeschwerde muh innerhalb 24 Stunden durch den Generalgouver neur erledigt werden, zu welchem Zweck er die Sache entweder dem HauptkriegSaericht, oder einer besonder- eingesetzten Behörde zur Prüfung vorlegt. Zur Orientsrage. * Darmstadt, 7. Mai. Wie die „Darmst. Ztg.* meldet, begiebt sich der Prinz Alexander v. Batten berg auf besonderen Wunsch de» Kaiser» von Ruß land morgen nach Livadia. In der Begleitung de» Prinzen befindet sich der Lieutenant Frhr. v. Riedesel. — Der „Köln. Ztg.* telegraphirt man von hier: Der Kaiser von Rußland hat den Wunsch ausgesprochen, den Prinzen Alexander v. Battenberg in Livadia zu sehen. Dieser reist daher morgen nach Livadia ab. Er hat die bulgarische Deputation angewiesen, ihre Abreise von Tirnova vorläufig zu verschieben, und wird dieselbe nicht vor der Rückkehr au» Livadia empfangen; wo, ist noch unsicher und wird der Deputation feiner Zeit mitgetheilt werden. Prinz Alexander hat die Krone noch nicht endgiltig angenommen, doch steht die Annahme in sicherer Aussicht, wird aber nur in der Voraussetzung erfolgen, daß der Berliner Vertrag al- die alleinige und loyale Grundlage der ferneren Ver hältnisse angenommen werde. Der Fürst hat noch Nebel aus den Wiesen aufquollen. Wie die Nebel zusammenflossen und sich lösten, drängten sich die Bilder in ihm und führten ihn wieder und wieder in die Tage zurück, wo er um Frau Agne» ge- worben! Rudolf v. Warteag war damals auf längere Zeit nach der Residenz gekommen, zu der es ihn nur selten aus den seiner Obhut anvertrauten Forsten lockte. Er hatte dort Agnes v. Birken, eine junge entfernte Ver wandte, von der er nur wußte, daß sie eiue freudlos bedrängte Jugend verlebt, al» ein voll erblühte» junge» Mädchen, eine viclgeselerte Schönheit feiner Lebentkreise und al- Braut des Assessor» Paul v. Jsserstädt, gleich falls eines entfernten Vetter», angetroffen. Und er war sich nach wenigen Tagen bewußt geworden, daß die klare, in jedem Zug edle Natur der jungen Verwandten, auf ihn einen liefern und stärker« Eindruck hervorbrachte als ihre frische Schönheit, von deren Zauber er gleich falls umwebt ward. Als tapferer und gereifter Mann, der sich so wenig über seine Empfindungen al» über seine Pflichten belog, hatte er bei der Entdeckung einer plötzlichen Leidenschaft für da- anmuthige Mädchen rasch nach dem kleinen fürstlichen Jagdschloß wieder aufbrechen wollen, da» ,hm al- amtlicher Wohnsitz an- gcwirfen war. Lachend und doch vom Gefühl herber Entsagung erfüllt, hatte er dem einzigen Freund, dem er sich vertraute, zugerusen, daß er ganz und gar kein Talent zum Werther besitze! Aber die Eröffnungen eben diese- Freunde» hatten ,hn zum Bleiben be stimmt. Er erfuhr, daß die Verlobung Jsserstädt » und Agne» Birken» nur aus «nrtthen und Wunsch der nächsten weiblichen Verwandten und de» Vormund» der jungen Dame zu Stande gekommen sei, Hatz
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