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Dienstag. Nr. 9. 1. Februar 1853. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch allePostanstal- ten. Preis pro Vuart.lONgr. Weißerih-Ieitung. Inserate «erden mit 8 Pf. für, di. Zeile berechnet und in allen Expeditionen angenommen Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Armenhäuser. ES tauchte vor einiger Zeit eine Idee auf, welche außerordentlich wohlthätig in der Ausführung werben könnte, nemlich Errichtung von Armenhäusern für ganze Districte. Insbesondere wurde diese Sache für die Herrschaft Lauenstein zur Sprache gebracht, indem die zur Herrschaft gehörigen Orte sich vereinigen wollten, um ein Haupt-Armenhaus zu gründen, und die hülfsbedürftigcn Leute jeder der betreffenden Ortschaften darin aufnehmen zu lassin. — Leider scheint diese Idee wieder, wie so manches Gute, schlafen zu gehen, da man von ihrer Verwirklichung weder etwas hören, noch viel weniger sehen kann. Wir müssen aber jene Idee als eine wahrhaft segensreiche in vieler Beziehung ehren, und'wünschen, daß sie be herzigt werde und zur Ausführung kommen möge! Dann werfen wir eine» Blick in die sogenannten Commun-Häuser, wie eS da oft aussieht und welche Leute sich darin befinden; blicken wir ferner in die Armencassen-Rechnungen, so muß man in der Thal ein bitteres Gefühl empfinden und in der traurigen Gestalt der ArmUth eine drückende Last für die Orts bewohner und Gemeinden und ein wiederwärtigeS, Ekel erregendes Wesen erblicken. — Durch Gründung solcher Anstalten, die wir Districtsarmen-Versor- aungS-Anstalt nennen wollen, wird im Laufe der Zeit reichlicher Segen gestiftet und des Elends immer weniger gemacht werden. Vornemlich haben die Communen eine große Last, und manche Gemeinde, die ohnehin schon arm ist, muß nicht unbedeutende Opfer bringen für ihre Armen, unter denen größtentheils junges untaugliches Volk sich befindet, die die Armut!) als ein Privilegium zu allerhand Ansprüchen an die Gemeinden benuyen, und wenn auch die Sorge auch dann nicht gänzlich aufhören würde, wenn die genannte Einrichtung ge troffen würde, so liegt auf der Hand, daß eS eine ganz andere und geringere Sorge sein würde. Doch auch dem Ortsbewohner würde jene Einrichtung höchst willkommen sein. Die Ortöarmcn sind meist solche herabgekommene Personen, die von Ortsbe wohnern abstammen, daher einheimisch und Allen bekannt sind. Aus diese Bekanntschaft bauend, gehen sie in die Familien ihres Gcburts- und Wohnorts und bitten sich milde Gaben aus; wer wollte sie von sich weisen? wer nicht Mitleid empfinden ? Die OrtS- armen haben immer Vorzug, weil sie alö Gemeinde glieder gelten und ihre Voreltern ebenfalls einhei misch, ja oft angesehen gewesen sind. Solche Bittgesuche werden aber oft lästig, zumal wenn außerdem Beiträge an die ArmeNcafse beansprucht werden, die manchem armen Familien- Vater schwer fallen, geschweige wenn die Almosen- percipienten noch selbst erscheinen und ansprechen, da ohnehin bas vettelwesen durch Handwerker und Herumstreicher jetzt sehr überhand genommen hat. Durch Armenhäuser sind die unglücklichen, herab gekommenen, schwachen oder kranken Armen keine solche Last für ihren Ort selbst, und Jeder würde bann mit größerer Bereitwilligkeit dazu beitragen. Der größte Segen aber erwächst daraus für die Armen selbst. Denken wir an den Zustand derer, die in Kränklichkeit., Alter und Schwachheit sich befinden, ohne sich irgend etwas verdienen zu können, und die Lage derselben in Armenhäusern, wie sie nicht selten ohne Abwartung und Pflege sich befinden und ihr kümmerliches Dasein fristen, oft von den Hausge nossen verachtet, ja sogar bevortheilt, so würde bei jener EinMtuna, wo für eine dauernde Pflege ge sorgt werden wurde, den Armen und Elenden ihre Lage bedeutend erleichtert werden, weil natürlich die Pflege solcher Personen ein Hauptgegenstand der ArmenversorgungSanstalt sein und werben müßte. — Bei allen diesen wohlthätigen Erfolgen würden der gleichen Anstalten auch noch in anderer Beziehung segensreich und heilsam sein, nemlich für die Sitt lichkeit. Armenhäuser sind nicht selten daS Asyl für un ordentliche Familien und lüderlicheS Gesindel, welche ibr Elend verschuldet haben, nicht arbeiten wollen und wegen ihres Auszugs und Wesens von keinem HauSwirth mehr geduldet und ausgenommen werden. Sink sie bann im Communhaus, so befinden sie sich wohl; niemand kann sie varaus vertreiben und mei nen, als Einwohner dieses Hauses, zur Bettelei, Faulheit berechtigt zu sein und während sie oft mit Brutalität von den Vertretern der Gemeinde ihr „Pflichrmäßiges" verlangen, halten sie sich von jeg licher Verpflichtung frei. DaS Benehmen solcher grenzt oft an Unverschämtheit und Rohheit. Die Auf sicht über sie wird verlacht und verhöhnt; immer tiefer sinken sie, bis sie sich dann völlig an ihr Wesen gewöhnt haben. Communhäuser sind auch nicht sel ten Stätten der Unsittlichkeit, indem beim besten Willen dem Unfug nicht gesteuert werden kann. — Wie heilsam genannte Anstalt sein würde, springt von selbst in die Augen, denn hier würde strenge Aufsicht über das Personal eine Hauptsache sein und Gelegenheit geben, sich etwas verdienen, und lüderlichen Personen würde cS zugleich eine Art Ar- beitS- oder Zuchtanstalt sein, was so sehr fehlt, und wenn dann bei anhaltender ZwangSarveit die Kräfte in Anspruch genommen würden, so würde doch in