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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.08.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-08-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120829024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912082902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912082902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-08
- Tag 1912-08-29
-
Monat
1912-08
-
Jahr
1912
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Sezuq-.Prei» M» k*tp»tß und vor»«, durch »nlrn IrSaer a»d S-edtteur« 2»ol tialtch tu» Hau, «ed«ch«: « Pf. mouatU. L7u Ml. »ierteljLhrl. vet »n,«ni ßtliale» ». vu. «ahmefteuen^^rhoU^?»^. «oaaU, D»vtz «, P»pr innerhald L«»Nch(and« and dei deutschen Kolonien »««rlruLhrl. 8.« «l.. monatl. ILV Ml. auilih^ Polldesrellgeld Ferner in Lelgte», Dänemark, den Dananftaaten, Italien, Luiemduia. Sktederlande, N»>» wegen. OeUerretch. Unaain, Siutzland, Schweden und Schwet«. In allen udrlaen Staaten nur direkt durch die «beschält», Kelle de» Blatte» erdältlich. La, L»tp,t,,r lagedlatt »rtchetn« 2«al täglich. Sonn- er. Felettag» nur morgens Ldonn«ment»-Lnnahnl« I,d»n»t»,,H« 8, dei unsere» Trägern. Filialen. Spediteuren >tvd LnnahmelteU«,», sowie Posränuer» »ad Brtektrdgern. ch»»,«l»er2«»r,»r,1, 10 vt. Abend Ausgabe. MiWgcrTllgMM l 14892 (NachtaalchUch) Lel.-ÄAschl.! 14 893 ^14 894 Handelszeitung. Lankkouto: allgemein» Deutlch« Tredid» «nslal» «rüdl 75/77 Deutlch» Lank. Filiale Leipzig Dep^Kall» Sri«». Stetawe, ch MLV Amtsklalt -es Rates ««- -es Volizeiamtes Ser Lta-t Leipzig. MMN Nr. 441 vonnerswg, Len 2S. klugukt ISIL Anzttgeu-PreiS Nr Inserat, an» Leip,la and Umgebung di« lloaltig« Petit,«tl« SPI di« Reklame teil« I Dtk. oon aa»«Srr»Zl) Ps. Reklame» LA Ml Inlrrat« von Behörden im amt» ltchen Teil di, P«ttt,«il, St) Pf. Selchäftoan,eigen mit Platzoorschrtfte» im Preis, erhöht. Rabatt na» Tart«. Betlogegedllhr Selamt- aullag» L Ml. o Tausend erkl. Pottgebützr. Tetldetlag, höher. Feftettetlt, Austräa« können nicht ,urü^ gelogen werden Für da» Erscheinen an ventmnuen Tagen und Plagen wird kein« Sarantle Übernommen. Lngetgen » »nnadm«: 2,de,„»galt« bi bet sämtlichen Filialen ». allen Annonce» Lrpeditionen de» In- and Lu»lande» D«K »n» Beet«, »»» Fisch« ch Mir sie« Iahader: Paul ttürtte». NedaMo» «»» »«schllktofteller Iohaant»gass« L Hanoi - Filiale Dee»»«»: EeeNiage < t (Telephon <821). -l'' , 106. Ishrgsng. Die große Dorade dei Zeithain. (Von unserm nach Zeithain entsandten militärischen Berichterstatter.) Zeithain, 29. August. Seit einigen Tagen steht Dresden im Mittel punkte der Ereignisse. Rascher und lebhafter pulsierte das Leben des Verkehrs und der Menschenstrom durch die Straßen der Stadt. Obwohl die Kunde vom Fernbleiben des Kaisers zunächst wohl nur vorüber- gebend als ein leichtes Hemmnis empfunden wurde und überall das lebhafteste Bedauern hervorrief, konnte man doch gewiß nicht behaupten, daß durch bas Fernbleiben des obersten Kriegsherrn die Fest freude viel herabgestimmt worden wäre. Erfreu licherweise ist ja auch die Erkrankung Les Kaisers keine ernste, und auch das Festprogramm blieb in der Hauptsache bestehen. Für die vielen Tausende von Fremden und Schaulustigen gab es ja auch fort während neue und glänzende Bilder zu sehen, für welche die große Parade in Zeithain einen gewissen Abschlug bildete. Auch auf den Verlauf des Hauptersignisses dieser Wochc^ auf die große Heer schau über die gesamten sächsischen Truppen, hatte das Nichterscheinen des obersten Kriegsherrn keinen äußerlich sich bemerkbar machenden Einfluß gehabt. Schon viele Tage vor der Parade hatte stch in der weiteren Peripherie von Dresden reges mili- tärisches Leben enthaltet und viele Tage, bevor di« beiden glänzenden Paradelinien sich dem Auge der schaulustigen Menge präsentieren konnten, wurden Märsche von dem fernen ostelbischen Gebiet bei Zittau dis hinunter an die böhmische Grenze, wo die vogt. ländischen Berge ragen ausgefübrt. Alle Garnisonen find entblößt von den Truppen, die bei Zeithain zu- »ammengezogen werben mußten. Was in Sachsen Waffen trägt, steht heute vor den mächtigen Zu- schaucrtribnnen, die von einer spannungsvoll harren den Menge besetzt sind, auf engstem Raum versam melt. Weit ragt der nördliche rechte Flügel des ersten Treffens über die Fluchtlinien der Tribünen hinaus. Beginnen wir von dort aus die Vorschau. Das XII. (1. Kgl. Sachs.) Armeekorps steht hier in Front. Zunächst etwas außerhalb derer, die schon zur Fahne geschworen, die Zukunft der Armee, das Kadettenkorps, dessen Zöglinge sich nicht am Vorbeimarsch beteiligen, sondern nebst den Unter- offizierjchülern während des folgenden Parade marsches vor den Tribünen Aufstellung nehmen. Es chließen sich nun an in derselben Reihenfolge, in der sie vor Sr. Majestät dem König, Sr. Kaiser!, und Kvnigl. Hohelt dem Kronprinzen des Deutsch» Reiches und von Preußen und den anderen fürstliä/en Gästen defilieren werden, die folgenden Regimenter der 23. Division unter Generalleutnant v. Ehren thal, Exzellenz: die Leiden Grenadier-Regimenter Nr. 100 und 101 und anschließend die Infanterie-Re gimenter Nr. 177 und Nr. 178. Sie bilden zusammen die 45. und 46. Brigade unter dem Kommando der Generalmajore Götz von Olenhusen und Hempel. Die Grenadier-Brigade hebt sich durch ihre wehenden Roßhaarschweife auf den Helmen weithin erkennbar ab. Hieran schließt sich die 32. Infanterie-Division unter Generalleutnant v. Larisch, Exzellenz, mit den Infanterie-Brigaden 63 (Gcneralmaior v. Suckow) und 64 (Generalmajor v. Watzdorf). Die erstere wird von den Infanterie-Regimentern 102 und 103 gebildet. Bunter gestaltet sich die anschließende Frontlinie der 64. Brigade, die von dem dunkel sich abhebenden Schützen-Regiment Nr. 108 unter seinem neuen Kommandeur Oberst Graf Vitzthum von Eck- städt eröffnet wird. Dann folgen die drei Jäger bataillone, und zwar das 12. unter Oberstleutnant Allmer, das 13. unter Oberstleutnant v. Hopffgarten und das Reserve-Jägerbataillon unter Major von Metzsch-Reichenbach. Dann folgen noch die Unter, offizierschule und das 1. Pionierbataillon Nr. 12. Damit ist die Front des LII. Armeekorps, der Kommandobereich Sr. Exzellenz des kommandieren den Generals General der Infanterie d'Elsa be endet. Es folgt das XIX. (2. Sachs.) Armeekorps. Zunächst stehen die 47. und 48. Brigade mit den Regimentern 139, 179, 106 und 107, weiter an schließend die 40. Division mit den Brigaden 88 und 89, gebildet aus den Regimentern 104, 181, 133, 134 und dem Pionierbataillon Nr. 22, das den äußersten linken Flügel des ersten Treffens bildet. Weiter rückwärts im zweiten Treffen ist das Bild gegenüber den etwas einförmig wirkenden Linien der Infanterie bedeutend bunter. Aus dem Lanzenwalde der Kavallerie wehen di« weißgrünen Fähnlein, dort blitzen die Geschützläuf« der Artillerie- Regimenter und hier und da schnauben di« Rosse der Reiterei. Ein bunteres Bild vermag kaum «in anderes deutsches Armeekorps zu bieten, als gerade die beiden sächsischen mit ihren eigenartig unifor mierten Kavallerie-Regimentern. Beginnen wir auch hier vom rechten Flügel aus die Vorschau. Zu nächst stehen die 23. und die 32. Kavallerie-Brigade unter dem Kommando des Generalmajors Freiherrn o- Lindeman und Oberst Graf Vitzthum von Eckstädt. Zuerst stehen die Gardereiter mit ihren leuchtenden Löwenhelmen und an zweiter Stelle die Lunten 17. Ulanen, erstere unter Major Freiherr o. Frleson, letzter« unter Oberst Frechen v. Doden hausen. Weiterhin steht man dl« lichtblauen Königshusaren aus Großenhain unter Oberst von der Decken und di« grauen Bautzner Husaren unter Major Edler v. d. Planitz. Dies« ungemein lebhaft wirkende Frontlinie wird fortgesetzt durch die vier Artillerie-Regimenter Nr. 12, 48, 28 und 64, an die sich das Trainbataillon Nr. 12 «»schließt. Ein ähn liches buntes Bild bietet die sich anschließende Front der berittenen Truppen des XIX. Korps. Hier stehen die 24. Brigade unter Oberst Graf v. d. Schulenburg und die 40. Brigade unter Oberst Freiherr v. Luttitz, gebildet aus dem 18. Ulanen- Regiment unter Major Graf v. Wuthenau und dem 19. Husaren-Regiment unter Major v. Bobsien, sowie aus dem dritten Ulanen-Regiment Nr. 21 unter Major Roßbach und dem Karabinier-Regiment unter Major Jahn. Bevor wieder die Front der Artillerie-Regimenter beginnt, steht die Maschinen, aewehrabteilung Nr. 19, an die sich die Feldartillerie- Regimenter Nr. 77, 78, 32 und 36 und auf dem äußer sten linken Flügel das Trainbataillon Nr. 19 an schließen. Die beiden Artillerie-Brigaden Nr. 21 und 40 stehen unter dem Kommando des General majors v. Watzdorf und des Obersten D « vrient, während die Artillerie-Regimenter von den Oberst leutnants Bolze und Garke, dem Major Vollert und dem Oberstleutnant Neubauer kommandiert werden. Die Maschinenbewehrabteilung untersteht dem Haupt- mann Auenmüller und das 19. Trainbataillon dem Oberstleutnant Freiherrn v. Lampe. Schon diese Auszählung, so sehr sie auch auf einen knappen Raum beschränkt worden ist, zeigt, wie enorm die Ausdehnung dieser Paradefronten ist. Den Zu- schauern von jenseits der Grenzen Sachsens fällt es auf, daß unsere Reiterregimenter keine Standarten sichren. Auf dem Paradefelde mag dies als ein Mangel angesehen werden, im Kriegsfälle muh man es als einen Segen preisen, da die Kavallerie-Regi menter mit diesen Wahrzeichen eigentlich nichts an- zufangen wissen. Die mächtigen Tribünen waren von rund 14 000 Menschen besetzt. Das weite Paradefeld lag im Glanze der Sonne und war vollkommen staubfrei. Die Parade kommandierte Exzellenz von Kirchbach, der Kommandierende General des 19. Armeekorps. Endlich rückte der große Moment heran. Gegen 11 Uhr verkünden brausend« Hurrarufe das Naben des Königs und der zahl- reichen Fürstlichkeiten, die gestern in Dres den eingetroffen sind. Ein glänzendes Bild leuch tender Uniformen, übersät mit funkelnden Ordens sternen, taucht auf dem Paradeselde auf: An der Spitz« reitet Se. Majestät der König mit dem Kronprinzen des Deutschen Reiches Der König trug Generalsunijorm mit den Abzeichen eines Generalobersten. Der deutsche Kronprinz in Erenadieruniform ritt sein Kommandeurpserd, emen herrlichen Schimmel. Es folgen die anderen fürst lichen Gäste und die glänzende Suite, die aus etwa 100 Reitern besteht. Die kommandierenden Gene rale geben mit gezogenem Degen das Zeichen, die Waffen blitzen auf, die Fronten präsentieren und drei mächtige Hurras schallen über den Platz, und die Musiker und Spielleute in tonieren di« Parademärsche ihrer Regimenter. Sofort beginnt das Abreiten der Fronten. Das erste Treffen wird vom rechten Flügel und das zweite Treffen vom linken Flügel aus von den Fürstlichkeiten passiert. Uoberall erwidern die Sol daten den Gruß Sr. Majestät laut und kräftig. In der «intretenden kurzen Pause verschieben sich die Fronten und die Truppen ordnen sich zum Parade marsch. Inzwischen begrüßen Se. Majestät der König und die Fürsten die Militärvereine und die Sanitätslolonnen. Ueberall ertönen Kommando rufe und mit der Präzision eines Uhrwerkes for mieren sich gegenüber den Tribünen die verschiedenen Kolonnenformationen. Dann folgt der Höhepunkt Les glänzenden militärischen Schauspiels, der Vor beimarsch. Die Reihenfolge ist gegeben in der Auf. zählung zu Anfang dieses Berichtes. Die Divisionen und Brigaden und in ihnen die einzelnen Regi menter defilieren in derselben Anordnung. Die Truppen zu Fuß marschieren in Regimentskolonne, die Kavallerie in Eskadronsfronten, die Artillerie in Abteilungsfronten und der Train in Kompanie fronten. Die berittenen Waffen des 12. Armee- korps kommen zunächst im Schritt, während sich die Reiterei des 19. Armeekorps im Trabe anschließt. Bei dem Vorbeimarsch, der in allen Einzel heiten vorzüglich klappte, führte der König den Fürstlichkeiten das 1. Leib-Erenadierregiment Nr. 100 Las Gardereiter-Regiment und das Feldartillerie- Regiment Nr. 12 vor. Der deutsche Kron» prinz setzte sich an die Spitze des 2. Grenadier-Re giments Nr. 101 (Kaiser Wilhelm, König von Preußen), während der Prinz Ludwig von Bayern Las Infanterieregiment Nr. 102 (Prinz Luitpold von Bayern) an den Fürstlichkeiten vorbei führte. Sowohl der König als auch der Kronprinz und Prinz Ludwig wurden bei dieser Gelegenheit von dem Tribünenpublikum mit brausenden Hoch- und Hurrarufen begrüßt. Geradezu glänzend vollzog sich der Vorbeimarsch der „Schwarzen Br: gad e", ebenso fiel die vor zügliche Haltung des Reserve-Jäger bataillons allgemein auf. Großes Interesse fand namentlich bei den fremden Offizieren, unter denen man besonders die Engländer und Russen jn ihren leuchtenden, eigenartigen Uniformen bemerkte, das neue graue Husarenregiment (Gar nison Bautzen). Erwähnt sei noch, daß vor den Tri bünen auch 125 Pfadfinder aus Dresden Aufstellung genommen hatten, die heute morgen unter Führung eines Oberfeldmeisters mit Auto mobilen nach Zeithain gefah.-en wr.ren. Glänzend im äußeren Anblick, sowie präzis in allen Teilen und Gliedern vollzieht sich das militärische Schauspiel, und Se. Majestät der König darf gewiß mit Stolz auf seine beiden Armeekorps blicken, die «r gern dem Kaiser vorgeführt hätte. Die Rogi- mentrr verließen sofort nach dem Vorbeimarsch das Paradefeld, um sich wieder in ihre Quartiere zu be- geben. Selbstverständlich ist es nicht möglich, im Rahmen eines knappen Zeitungsartikels auf alle Einzelheiten der Parade einzugehen. Jedenfalls aber hat das glänzende militärische Schauspiel in allen Einzel heiten vorzüglich geklappt. Nach Schluß des Vorbei marsches versammelten sich die Generale und Re- gimentSkommandeure um den König zur Kritik, woraus dieser mit seinen fürstlichen Gästen im Sonderzug wieder nach Dresden zurückkehrte. Das VekinLen ües Sailers unü die Schweizer Seile. Die Erkrankung des Kaisers darf jetzt als völlig behoben angesehen werden, so daß die Verlegung des Hoflagers von Wilhelmshöhe nach Potsdam be stimmt morgen (Freitag) erfolgen wird. Die Ab haltung der großen Parade über das Gardekorps und das 3. Korps auf dem Tempelhofer Felde wird, wie wir hören, durch den Kaiser erfolgen, wenn die Wit terung es zuläßt. Iffsus Iffeisegg. 2s Don Hedda o. Schmid. Herr Fröhlich war verlobt — das entkleidete den hübschen, schlanken Theologen in den Augen der beiden Baronessen jegliches Reizes. Die beiden langweilten sich tödlich. „Wenn wir wenigstens im Sommer reisen könn ten", klagte Editha. „Dazu reichen unsere Zinsen nicht, und Papa sagt, das Kapital angreifen, wäre eine Unvernunft." „Natürlich, ein Wahnsinn", pflichtete Erika ent sagungsvoll bei. So blieben als einzige wirkliche Zerstreuung nur die Jagden, welche zweimal jährlich auf Haus Heidegg stattfanden. Die harmlose Hasenjagd im Oktober, und die bei weitem interessantere Elchjagd im Januar, zu der alle Nimrode der Umgegend auf des Freiherrn Einladung hin eintrafen. Für die Töchter des Hauses war das Jagddiner immer die Hauptsache. Es gab nur leider meist Ver heiratet« unter den Jagdgästen, oder „Wickelkinder", wie'Editha verächtlich betonte. Der Sommer auf Haus Heidegg, für Frau Christa die köstlichste Zeit — denn dann hatte sie all« Söhne daheim — schlich den Baronessen in gleichförmiger Oede dahin. Ihnen bot die Natur keine Reize; das üppige Wachstum in Wald und Flur, der Sonnen glast des Hochsommers, der im Norden etwas Be rauschendes hat, ließen sie kalt. Weder Waldes weben, noch die fliehenden Nebel auf dem Torfmoor, weder das Murmeln der Quelle, an der Nachtschatten in üppiger Fülle wucherte, weder Tier noch Pflanz, weder Lollmondzauber noch flimmernde Sonnen- ftrablen erwärmten Edithas und Erikas Seelen. Sie lechzten nach Menschen, aber die einfachen Leute hier auf dem flachen Lande genügten ihnen nicht — sie wollten Großstadtluft atmen und träum ten von allerhand romantischen Erlebnissen. „Wie die tauben Nüsse sind sie", dachte der Frei herr bekümmert, wenn er von den Feldern heimkam, Erdgeruch an seinen Kleidern, und in der Halle wo das Frühstück bereit stand, seine Christa umfing und herzlich küßte. Die blonde Frau errötete jedesmal wie ein junges Mädchen, wenn ihr Matthias ihr in Gegenwart seiner Töchter «inen Kuß gab Ihr feiner Sinn empfand, daß Editha und Erika sicherlich weicher und liebenswürdiger sein würden, wenn nicht das Schreckgespenst, „verschmähte Mädchen zu wer den", ihnen immer vor Augen geschwebt hätte. * * * Der altertümliche Brunnen rm Schloßhof von Heidegg, den ein Ordensritter hatte erbauen lassen, war das Entzücken eines jeden, der für alte Kunst denkmäler Interesse besaß. Ein paar alte Linden spendeten dort Schatten, wenn die Sonne senkrecht über dem Schloßhof stand. Dort spielten die kleinen Heidegger am liebsten. Der Brunnen gab kein Wasser mehr, er war sorg sam mit einem Deckel verschlossen. Don ihrem Fenstersitz aus, auf dem noch der alte Flickkorb stand, konnte Frau Christa wachsame Blicke auf die Kinder werfen. Die sonst so rangenhasten Jungen trieben einen förmlichen Kult mit ihrer Mutter. „Mutter Christel!" nannten sie sie. Und die Eltern freuten sich über die Eefühlsausbrüche, von denen sich auch der wilde Diez nicht ausschloß. Mutter — war das wirklich etwas so Besonderes, etwas Großes? Editha erzitterte und errötete — wie kam sie nur immer wieder auf allerhand Ge danken, die ihr das Blut rascher durch die Adern jagten?! Sie wollte sich's gar nickt einaestehen, wie grenzenlos vereinsamt sie sich fühlte. Wenn sie das Bild ihrer toten Mutter betrachtete, empfand sie keine wärmere Regung, keine Sehnsucht nach der Verblichenen . . . Den Vater hatten ihr die blonde, frohherzige Frau und die lärmende Kinderschar ge nommen, Erika war doch nur ihr, Edithas, Echo. Sie würde von der Schwester mehr haben, wenn die selbständig dächte und handelte. Aber doch war wieder Erikas fast schrankenlose Verehrung das ein- zige. was ihr wirklich Wohltat. In ihrer mütterlichen Verwandtschaft gab es keine Jugend, nur einige Ehepaare und ein paar altjüngferliche Tanten, die sie und Erika dereinst beerben sollten. Bis auf weiteres erfreuten sich diese alten Damen jedoch einer vortrefflichen Gesundheit. Und keiner begehrte nach den farblosen Schwestern, di« auf Schloß Heidegg tatenlos und nutzlos ihre Tage verlebten Keiner kam und holte sie heim, gab ihnen Wärme, Licht und Freudigkeit. Sie hatten ja auch selber nichts zu vergeben, was vom H«rzen kam und Herzen gewinnen konnte. So, als wäre Erika wirklich da» zweite Ich ihrer Schwester und wüßte um alle ihre Gedanken, sprach sie: „Wenn wir bloß mehr Vermögen hätten — dann — dann —" Sie brach ab, aber Editha verstand, was sie hatte sagen wollen und sich doch geschämt hatte, unum wunden einzugestehen. „Dann würden wir heiraten", ergänzte sie schroff, „aber solch arme Freifräuleins wie wir —" Sie zuckte geringschätzig mit den Achseln, es be reitete ihr ein Vergnügen, sich selber zu verhöhnen. „Ja — wir haben viel zu wenig, und auf das, was wir bald erben müßten, ist auch kein sicherer Verlaß", seufzte Erika. „Tante Lisbeth ist wieder in Karlsbad gewesen, da lebt sie gewiß wieder ein paar Jahre länger." Editha und Erika wären sehr entrüstet gewesen, wenn jemand es gewagt hätte, sie als herzlos zu be zeichn«». Im Gegenteil, «s war eine Herzlosigkeit von Tante Lisbeth, noch immer da zu sein, anstatt als verstorbene Erbtante nur in der Erinnerung ihrer Nichten fortzubestehen. * * * Weihnachten auf Haus Heidegg! Um die Zeit vergaß d«r Freiherr Matthias sogar seine Sorgen, die di« schweren wirtschaftlichen Verhältnisse, ver stärkt durch Mißernte und widerspenstige Bauern, heraufbeschworen. Dann war er ganz Gatte und Vater und saß mit seinen Kindern um den runden Tisch in der Halle, erzählte alte Jagdgeschichten und half beim Vergolden der Nüsse uns der Vorbereitung des sonstigen Baumschmucks. Auf seinem Knie sag Isa; als Jüngste hatte sie das Recht dazu. Frau Christa schritt mit dem klirrenden Schlüssel bund hinter den beiden Hausmägden drein, die groß« Kuchenschüsseln in die Vorratskammer trugen, und in der Backstube hantierte di« Mamsell mit riesigen Massen Pfefferkuchcnteig — es war fast so, als sollte ein ganzes Regiment mit Pfefferkuck>en und Zucker- Plätzchen, mit Marzivan und dergleichen mehr für einen Feldzug ausgerüstet werden. Die Heideggschen Kinder aber verstanden es. während der Festzeit unter dem süßen Vorrat aufzuräumen. Diesmal kam Weihnachtsbesuch. Das war auf Haus H«id«gg «in Ereignis. Denn so liebenswür dig auch der Freiherr den selten vorsprechend«» Tagesgästen aegenüber zu sein pflegte —es war eine Eigentümlichkeit bei ihm, daß er keinen Logierbesuch mochte. Deshalb waren sogar Christas Verwandte nur selten auf Heidegg gewesen. Frau Christas Elternhaus war seit ein paar Jah ren nicht mehr. Die beiden Alten waren tot, die Schwestern hatten geheiratet, zwei Brüder waren nach Deutschland übergesiedelt, nur der jüngste, Regi nald, stand als Einjähriger in einem Kavallerie regiment an der ostpreußischen Grenze in einem elen den russisch-polnischen Nest. Der wurde nun zur Festzeit in Heidegg erwartet. Der Freiherr selber hatte ihn in einem lakoni- scheu Schreiben eingeladen. Es sollte anfangs eine Ueberraschung für Frau Christa sein, aber dann gönnte er ihr doch die Vorfreude. Sechs Jahre hatte sie ihren Bruder Regi nicht aesehen, der „Kleine" war immer ihr Liebling gewesen. Man saß gerad« in der Halle bei den behaglichen Weihnachtsvorbereitungen, als Onkel Regi, de.r von den Heideggschen Kindern mit fieberhafter Ungeduld und Neugierde erwartet wurde, eintraf. Es war ein starker Schneefall, und als der schlanke Reitersmann eintrat, mußte er sich erst die dicke, weiße Schneekruste von seinem grauen Soldatenmantel klopfen lassen. Reginald Steenhusen hatte dieselben braunen Augen wie seine Schwester Christa — aber in ihnen lag eine gewisse Träumerei, die trotz aufblitzenden llebermutes den Idealisten verriet. „Also so siehst du aus —" sagte -er Freiherr, hob Isa von seinem Knie auf den Arm, ging dem jungen Schwager entgegen und küßte ihn. Klein-Isa wurde mit in die Umarmung gezogen. „Das Nesthäkchen", rief Rogi freundlich aus. „Ich bin auch eins, und nun — wo seid ihr andern?" Er kannte die älteren Jahrgänge aus Haus Hei degg nur flüchtig. Aber nun kam Frau Christa her- bei, in einer großen Wirtschaftsschürze — und da ge- hätte der Bruder für ein« Zeitlang nur ihr. Dann rief sie ihre Kinder herbei, stellt« jedes einzeln vor, und Regi gab sich gleich wie der älteste Bruder. „Könntest auch beinahe mein Sohn s«in", lachte Frau Christa und umhalste ihren Matthias. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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