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Nr. L. »rich^nl tSaltch nach«, mit «u»nahmc der Sonn- und Festtage. ^ aSHrrr-, «tertelj. 1 ^ S» -i (ohne Bestellgeld), sür Oester- iSSSt,. Beia. " Lttijetuuinmer 10 Pf ÄZMSMI Unabhüagigts Tageblatt für Wahrheit, Reiht ».Freiheit ^^llen unseren freunden, Abonnenten und Mit arbeitern wünschen wir aus richtigen Herzens ein glückliches Neues Jahr Die Redaktion u. Geschäftsstelle der „Sachs. Vslkszeitung". bat die Gewißheit in sich, daß alles, Sonnenschein und Wet- tcrschlag, zu seinem Glücke anssällt und in diesem Sinne rufen wir allen Abonnenten und Lesern zu: Glückliches Neues Jahr! Politische Nundschon Dresden« dm 3i. D^mner ISO«,. — Zur Beendigung des Aufstandes in Südwcstasrika schreibt das „Berl. Tagebl." folgende sehr zutreffende Zei len: „Die Regierung muhte bei der Beratung des Nach tragskredits im Reichstage bereits etrvas davon läuten ge hört haben, daß eine günstige Wendung in Südlvestafrika bevorstehe. Denn von heute auf morgen haben die Bondels ihren Unterwerfungsentschluß nicht gefaßt, und eS ist völlig ausgeschlossen, daß das Oberkommando in Südwestafrika nicht schon seit längerer Zeit über die Stimmungen und Ab sichten der Bondels unterrichtet >var. Das Zentrum wird mit Recht sagen, daß die Regierung, wenn sie über die Lage der Dinge orientiert war, sich die Auslösung des Reichstages hätte sparen können und sparen müssen. In der Tat lag für die Regierung, wenn sie die Sachlage kannte, keine Ver anlassung vor, aus dem Zentrnmsantrag einen onmm belli zu mackfen. Tie Parteien, die gegen den Zentrnmsantrag stimmteil, taten das in dem guteil Glauben, daß an eine friedlich Beilegung des Feldzuges vorderhand nicht zu Neujahr! Noch glaubt man das Glockengeläute in jener bedeu trmgsvollen Nacht zu hören, da wir in ein neues Jahr ...a,c , - ---- - - : hundert eintraten und schon sind wieder lechs Jahre von ^ sei; nach Pflicht und Gewissen erklärten sie sich des- ! am Regierungstlsche bei dem Bekenntnisse zu dieser diesem verstrichen und das siebente klopft eben an, um Ein- > ^ckli gegen den Antrag, der nach ihrer Ueberzeugung unsere laß zu begehren. Niemand kann ihm den Eintritt ver- > militärischen Operationen im Schutzgebiete lahmlegen orientiert war, nicht vor. Und da man jetzt annehmcn muß, daß die Negierung darüber orientiert tvar — sie selbst sagt, die letzten günstigen Nachrichten hätten sic „kei neswegs überrascht" — so nxir der Tadel ivegcn der Aus lösung durchaus geboten. Mit dieser Auflösung einver standen kann ein Liberaler nur dann sein, wenn er sich überzeugen kann, daß der Zentrumsantrag nur ein Vor- iixiud für die Regierung stwr, die Sache -um Klappen zu bringen, wenn er sich überzeugen kann, daß die Auflösung des Reichstages in Wirklichkeit eine allgemeine Kriegserklä rung gegen das Zentrum als dominierende Partei, gegen seine nachgerade unerträglich gewordene Kommandogctvalt im Reiche sein sollte. Ist dem aber so. dann soll die Re gierung Farbe bekennen und offen sagen, daß sie es bei der Reichstagsauslösung auf eine Abichüttelung des Zentrums- joches abgesehen lzatte. Dann wird die liberale Wähler- sclxift im Wahlkampfe mit ihr genau so entsäpeden an einem Strange ziehen können, wie es die liberalen Abgeordneten im Reichstage bei der Beratung des Zentrumsantrages getan haben. Also heraus mit der Sprache! Weg mit den im Wahlkampf ziemlich unfruchtbaren Klagen über die „Kleinlichkeit der Zentrumspolitik", ivenn sie auch eine Tat sache ist. Statt dessen die einzige Wahlparole, mit der die Negierung estvas ansrichten kann: Los vom Zentrum! Die Parole will freilich offen ausgesprixl>eu werden: da Hilst kein Mundspitzen, es muß gepfiffen uvrden! Und man wehren; tver es wollte, müßte noch im ablaufenden Jahre die Schwelle des Todes überschreiten, — denn dort gibt es keine Zeit inehr. Wie rasch flogen diese seckzs Jahre an uns vorüber! Wie schnell reihten sich im Jahre 1900 Tage an Tage, Wochen an Wochen, bis wieder der Ring eines Jahres abgeschlossen ist! Wer oft zur Feder greift, der hat sich kaum recht daran gewöhnt, 1906 gut und rasch schreiben zu lernen und scl>on muß er einer neuen Zahl sich zuwenden. Ja, als wir noch jung waren, so zwischen 20 und 26 Jahren, da sehnte man sich gar sehr danach, endlich einmal die 30 erreicht zu haben und so recht als ein Mann, als eine Frau zu gelten. Aber daS schöne Jahr 30 mit seiner Null hielt nicht stand: cs folgte ein Jahr dem anderen: gar schnell ist die 40 erreicht! Da möchte man wieder die entfliehende Zeit mit Gewalt sestl-alten! Es ist vergebens! Zu keiner Zeit tritt so die Flüchtigkeit der Zeit und ihr hoher Wert uns besser vor Augen als am Silvesterabend, eindringlicher als am Jah reswechsel. Alles kann der Mensch wiedergewinnen: Ehre, Reichtum, Ansehen, nur die vertrödelte Zeit ist unrettbar dahin, für „Zeit und Ewigkeit"! Und wie leichtfertig geht man mit diesem Gute um! Wenn man den Menschen zu sieht, so möchte man glauben, ihnen stehen Jahrhunderte zur Verfügung. Wie reiche Prasser werfen sie die Zeit fort. Wenn diese dann zur Neige geht, der Abend des Lebens hereinbricht, dann möchte man gern den Verlust beweinen, aber er ist unersetzlich. Blicken wir wieder rückwärts und fragen wir uns: Was haben wir mit den 365, Tagen des Jahres 1906 angefan- geu? Wie viele Guthaben haben wir? Wie viel Schulden lmuften wir auf uns? .Haben wir ein Plus in der Bilanz oder ein Minus? Am lu'utigen Tage bietet sich die Ge legenheit, durch ernst" Mißstimmung die Schuld von uns zu wälzen und mit einer glatten Bilanz das Jahr abzuschlie- ßeu. Was jeder Geschäftsmann in zeitlichen Dingen tun würde, das wollen wir in ewigen Dingen nicht unterlassen, too unsere ganze Zukunst nach dem Tode davon abhängt. Im Geiste der Buße mit dem Vorsatze, Genugtuung für alle Verfehlungen zu leisten nnd unser Leben zu bessern, wollen wir die Schwelle von 1906 zu 1907 überschr-iten! Ter Welt erscheint zstvir die Auffassung zur Selbsterkenntnis und Besserung am Silvesterabend lächerlich, wo man sich zu gern d"'n Jubilieren und der Ausgelassenheit statt der ernsten Stimmung hingibt, aber gar mancher tanzt noch, während bereits der Sensenmann sich zum Mähen bereit in acht I Und dann Dankbarkeit! Ja, das ist ein Pslanz- ilein, das in der Oessentlichkeit kaum ivächst, für daS man sehr tvenig Verständnis hat. Dankbarkeit aber ist Pflicht! Wer hat nicht Wohltaten aller Art im Jahre 1906 ge nossen? Wer das zu behaupten tvagt, stehe auf und zeige sich! Er wäre ein neues Weltwunder! Aber es gibt keinen einzigen unter 1000 Millionen Köpfen. Gesundheit, Leben. Arbeit, Verdienst, Freude, Genuß, Fortschritt — alles sind große Wohltaten des Vaters, der über den Sternen wohnt! Und sollte auch 1906 ein Jahr der Krankheit und Prü fung gewesen sein, mit Jammer und Klage. Sorge und Kummer zn Gaste, cs war auch reich an Wohltaten! Wer das bestreitet, der stehe auf und zeige sich, denn es lzätte ihm noch schlechter gehen können. Wer weiß, ob nicht die Prü- fung sein höchstes Glück ist. Wessen kurzer Verstand durch- dringt die Ost'heimnisse des Sckwpfers? Die Dankbarkeit ist die beste Grundlage sür ein glück liches neues Jahr. Wer auf diesem Fundamente baut, der geht sicher, auch wenn Mißgeschick über ihn kommt. Unsere Leser sind Christen und kennen das Gebot der Dankbarkeit gegen Gott. Wohl ihnen, sie bauen auf Felsengrund. Ta haben wir nicht mehr nötig, ihnen das übliche Gute neue Jahr zu wünschen. Wer so erntritt in daS Jahr 1907, der mußte. Für die Regierung aber kamen so wird wenig stens das Zentrum argumentieren — diese Erwägungen nickst in Frage. Sie durfte daher die Forderung des Zen trums nicht u limine ablehnen .... So viel ist nun ge wiß, der Ausfall der Wahlen ist sür das Regime Bii- low jetzt unter allen Umständen eine Lebensfrage geworden. An eine zweite Reickstags- anflösung ist, wenn anders sie sür einen der Negierung un günstigen Wahlausfall in Aussicht genommen war, jetzt unter keinen Umständen zu denken. Und auch das ist gewiß, daß sich die Position der Negierung im Wahlkampfe durch die Unterwerfung der Bondelzlvarts erheblick verschlechtert hat. Tenn mit der Wahlparole „Für Misere Kämpfer in Südwestasrita" ist es rinn nichts mehr. Und wo findet die Regierung eine zugkräftige Wahllosung?" -- Das steht in Zeitungen, die noch vor drei Tagen das Zentrum ganz ver nichten wollten! Die Regierung ist in heilloser Verlegen heit, sie hat nun gar nichts mehr in Händen-, die besten Aussichten hat das Weihuachtssest vernichtet. Für das deutsche Volt bat es eine große Freude gebrackst. für die Ne gierung umr es ein Uuglückstag. Aber selten folgt ein Un glück allein: Z»r Verteidigung der unlxiltbaren Stellung der Regierung läßt nämlick diese in der „Nordd. Altgem. Zeitg." schreiben, daß es sich bei der Abstimmung um ein.' „parlamentarische Machtprobe" gebandelt habe. Aba! Wenn also der Reichstag auf dem Budgetreckt belmrrt, io ist dies eine „Parlamentarische Machtprobe"! Wenn der Reichstag die Verfassung hochhält, so vollzieht er eine Machtprobe! Was- sagen dein, hierzu unsere Liberalen und Freisinnigen? Sie stehen also bei einer Frage, wo eS sich um die Hebung nnd daS Ansehen des Parlamentes handelt, im Lager der Gegner des Parlaments! Sie stehen bei der Regierung! Wie lange noch? Im Freisinn gälirt es schon! Wenn er nur noch könnte, würde er sofort zur Opposition ab- sckwenken. Aber er lxst alle Brücken abgebrochen, die Oppo sition will solche Leute nickst inehr. Tie veränderte Situa tion muß dem Zentrum mehrere Mandate bringen. Nun erst reckst gegen den Liberalismus, der keine Verantwortung übernehmen will; nun erst recht gegen die Parteien, die heute schon als betrübte Lohgerber bastelten, am 23. Januar sollen sie eS in vollster Wahrheit sein! War die Auslösung nur ein Vorwand? Die Osn- ziösen sind sehr verärgert, daß bereits freisinnige Blätter gegen die Negierung sich aussprecken und meinten, daß eigentlich die ganze Auslösung nur sür die Katz sei! In der „Nordd. Allgem. Zeitg." schreibt der erste Redakteur — aber nicht der beste und geschickteste - - im Reicks, Fürst Bülow: „Nach alter Gewohnheit benutzen einige liberale Blätter die erfreuliche Nachricht von der Unterwerfung der Bondelznxirts als Anlaß, der Reichsregierung in den Rücken zn fallen. In einer dieser Preßäußerungen wird eine Recht fertigung des Zentrums wegen seiner Haltung am 13. De zember unternommen, wie sie kein Zentrumsmann besser zu stände gebracht hätte. Die Tatsackx'. daß sämtliche libe ralen Abgeordneten in den cntsckreidenden Abstimmungen fest zur Negierung gestanden haben, wird mit der Ausrede zu beseitige,, versucht, daß sie von der Regierung über die Sachlage in Südwestasrika in, Unklaren geteilten worden seien. In Wirklichkeit hat die Regierung die Situation aus dem Kriegsschauplatz nicht verschleiert, sic hat die Mög lichkeit eines schnellen Endes des Ausstandes durckraus in ihre Berechnung gezogen und stwr daher auch durch die letz ten günstigen Nachrichten keinesux-gs überrascht." Mit Recht meint nun das so gerüffelte liberale Blatt: „Die deut schen Liberalen stehen eben äuf dem Standpunkte, daß eine Negierung zu der ultima rntia der Auflösung der Volks- Vertretung nur schreiten darf, wenn eine wirklich zwingende Veranlassung dazu vorliegt. Eine solche lag am 13. Dezem ber, wenn die Negierung über die Lage in Südwestafrika Wegen de- Neujahr-tage- erscheint die nächste Nummer erst Mittwoch den L. Javi'ir nachmittags. Losung nickst allein stehen bleiben, sondern man muß auch dafür sorgen, daß zwischen allen poliliickx'i, Parteien, die unter Losung fechten wollen, in, Wahlkampfe Sonne und ' Wind gleichmäßig verteilt werden. Geschieht eS nicht, io besorgt die Regierung am letzten Ende' nur die Geschäfte- des Zentrums, das sie doch schiväckren wollen muß. wenn die ganze AuslösungSat'tion irgend einen Zweck lwben soll." Bravo! Bravissimo! Ausgezeichnet! Wir stimmen dem liberalen Blatt ganz bei. Die Regierung muß nun reden! Tie erste Wahlrede des Fürsten Bülow ist von den Hotten totten in tausend Fetzen gerissen worden: sie flattert nun lustig im Winde! Also eine ziveite Wahlrede her! Viel leicht hält sie der Reichskanzler im preußischen Abgeord netenhaus bei der Mratuiig des Etats! Aber das ganze deutsche Volk lwt jetzt ein Anreckst daraus, zu wissen, wes- > halb überhaupt die Auslösung erfolgte. Wir sagten es ja von Anfang an, daß ganz andere Dinge in, Hintergründe stehen. ES mackst sich vorzüglich, daß nun die Regierung von ihren eigenen Freunden genötigt wird, eine offene Sprache z» führen! Tann aber ist die Minderheit in sechs Lager gespalten und der ganze Wahlfeldzug schon Verl wen. > Vielleicht schweigt deshalb die Negierung, wenn sie auch noch io sehr von ihren Freunden genötigt wird. Drr nciie Bischof von Fulda, Dr. Schmitt, ist zu Marbach «Kreis Fulda) am 22. April 165,6 geboren. Nach glänzend bestandener Reifeprüfung am Gymnasium zu Fulda bezog er die Universität Würzbnrg und das deutsche Kolleg zu Rom, wo er sich die theologisckx' und philosophische ! Doktorwürde erwarb. Am 26. Oktober 1662 wurde er zum Priester geweckt. Nack verschiedenen Stellungen in der Seelsorge berief ibn Bischof Joseph Weyland 1669 an die philosophisch theologische Lehranstalt zu Fulda. 1695, wurde er zum RegenS des bischöflichen Priesterseminars ernannt und 1669 in das Domkapitel berufen. Als Gelehrter stellte Dr. Schmitt seine Arbeitskraft auch noch in die Dienste der Görresgesellschast, und viele Jahre tvar er neben den, ge feierten Gelehrten, Prälaten Dr. Gutberlet, Mitheraus geber des philosophischen Jahrbuckx's. Seine ganz beson dere Sorge und Obhut galt aber der Erziehung des Klerus. ^ Auch die weltliche Behörde erkannte diese sür den Staat gleichbedeutenden Dienste an. Der Kaiser verlieh ihn, 1905, den roten Adlerorden vierter Klasse. i — Gin angeblicher „katholischer Geistlicher" wendet sich an die kulturkämpferische „Natl.-Ztg." und jammer dort über den „llltramoutanismus"; cs wird selbstver ständlich ein altkatholischer Geistlicher sein: da der Name ! nicht genannt ist. bat die ganze Sache mit samt dem schönen Gedicht auf den „deutschen Christen" keinen Wert! — In dem Dernburg-xenini-Britrag (Nr. 291 vom 29. Dezember) Zeile 6 von unten soll es heißen statt „nationalistisch" „rationalistisch". Wir stellen dieses hierdurch fest, damit unsere lieben Freunde des Negicruugs- blocks, Evangelischer Bund usw. diesen, freilich für jeden Unvoreingenommenen, sachlich Urteilenden sich nur als Satzfehler darstellenden Lapsus nicht wieder zu der alten, immer wieder ausgewärmteu Lüge von der uuuatioualen Gesinnung des Zentrums benutzen könnten. — In das preußische Herrenhaus wurden berufen: Der erste Bürgermeister der Stadt Potsdam, Votzberg, und der Landgraf Chlodwig von Hesseu-Philippsthal-Barchfeld. als Haupt der jüngeren Philippsthaler Linie des hessischen Fürstenhauses. — Vorstand und Ausschuß der freisinnigen Volks« Partei im Königreich Sachsen haben zur Frage der Stich« Wahlen folgende Resolution angenommen: „Es sind von bürgerlichen Kandidaten nur solche in der Stichwahl zu unterstützen, welche sich ausdrücklich verpflichten, an dem allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht ohne jeden Vorbehalt unbedingt festzuhalten, die jeder weiteren Beeinträchtigung der Lebenshaltung der breiten Schichten der Bevölkerung entgegentreten und ihre Mit-