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'H Nr. 2 51. Jchrgang, und es ist nur noch eine*Frage der Zeit, bis das nordische Riesenreich mit seinen Grenzen an den Thoren Indiens angelangt sein wird. Ein Gesammtüberblick über die politische Lage Europas am Jahreswechsel ergiebt nun, daß, menschlichem Ermessen nach, der europäische Friede auch im neuen Jahre gesichert ist. Zwar sind die miteinander kollidirenden Interessen verschiedener Mächte noch nicht überall ausgeglichen, aber es ist gegründete Aussicht vorhanden, daß in allen diesen Fällen eine friedliche Verständigung erfol gen wird, so daß die Befürchtung, es könnte eine der noch ungelösten Fragen der internationalen Politik einen Weltbrand entzünden, nahezu ausgeschloffen erscheint und somit tritt denn Europa hoffnungsvoll in das Jahr 1885 ein. Die tvropüischt Politik im Fahre 1884. Das Jahr 1884 hat uns in der europäischen Po litik vor Allem zwei neue Konstellationen gebracht, die eine derselben liegt ln der entschiedenen Wieder annäherung und Anlehnung Rußlands an das deutsch- österreichtsche Bündniß, welche sich durch die Kaiser- begegnunH von Skierniewice dokumentirte, die andere KonWanon liegt in der offenbaren Fühlung, welche die .deutsche und französische Politik mit einander haben und welche namentlich in der Uebereinstimmung Deutsch lands und Frankreichs auf der Londoner Konferenz und in der komplizirten westafrikanischen Frage her- vortrat. Man hat versucht, die Entrevue von Skier niewice wie die deutsch-französische Entente als gegen England gerichtet, hinzustellen, aber es braucht kaum erst einer besonderen Bestätigung, daß der Haupt zweck der denkwürdigen Kaisertage von Skierniewice die Erhaltung und weitere Befestigung des europäischen Friedens war und daß die Zusammenkunft der drei Kaiser und ihrer ersten Rathgeber überhaupt keine, gegen irgendwelche Macht gerichtete „Spitze" hatte. Ebenso ist das Einvernehmen Deutschlands mit°Frank- reich in verschiedenen Fragen keineswegs als eine Drohung gegen England aufzufaffen, sondern -»ls ein Beweis dafür, wie sehr dem deutschen Reichskanzler daran gelegen ist, mit Frankreich in ein wirklich freund schaftliches BerMtniß zu treten^und wenigstens der jetzigen französischen Regierung gegenüber ist dieser Zweck erreicht. — Einen gemeinsamen Gesichtspunkt der Politik der europäischen Mächte, abgesehen vom deutschen Reiche, bildete im vergangenen Jahre die Abwehr der anarchistischen Bestrebungen. Mit beson derer Krastentfaltung trat der Anarchismus in Oester reich auf; verwandte Bestrebungen äußerten sich jedoch auch in Frankreich, England, Rußland, ja selbst auch auf der pyrenäischen Halbinsel. In Oesterreich charakte risiere sich die anarchistische Bewegung durch die in Wien und Umgebung erfolgten Ermordungen von Polizeibeamten, welche in Verbindung mit den Frevel- thaten der Kammerer und Stellmacher die noch gel lenden Ausnahmemaßrrgeln für Wien und Umgegend zur Folge hatten. Ln Paris versammelten sich die Vertreter der internationalen Anarchistenpropaganda zu verschiedenen Malen, um die Organisation deS Proletariats und die Vernichtung der Bourgoisie zu betreiben; im Czarenreiche wurden neue nihilistische Mordthaten verübt an dem Obersten Sudeikin und mehreren Polizeiagenten ; England endlich war wie derum der Schauplatz mehrerer Dynamitattentate der fenischen Verschwörer, glücklicherweise,waren bei den selben Menschenleben nicht zu beklagen. Leider ist es bis jetzt noch nicht gelungen, das anarchistische Uebel an der Wurzel zu fassen und ob dies einem gemein schaftlichen Vorgehen der europäischen Regierungen gelingen wird, muß dahin gestellt bleiben. Die Kolo nialpolitik hat im vergangenen Jahre fast bei allen größeren Staaten Europas einen mächtigen Aufschwung genommen. Den Anstoß hierzu gaben die deutschen Erwerbungen in Westafrika und seitdem ist der „dunkle Kontinent" plötzlich zu einem begehrenswerthen Objekt für die europäischen Staaten geworden. England, Frankreich, Italien-und Spanien hissten ebenfalls ihre Flaggen an verschiedenen noch herrenlosen Punkten Afrikas auf, und am Kongo trat mit einem Male eine solche Verschiedenartigkeit der europäischen Interessen auf, daß zu ihrer Lösung eine Konferenz nach Berlin einberufen wurde. Daneben ist abqr Frankreich noch stark in Ostasien, sowie auf Madagaskar enaagirt, und England desgleichen in Egypten und dem Sudan und «S läßt sich über den ÄuSgang der betreffenden fran zösischen und englischen Unternehmungen zur Zeit noch nicht da» Geringste sage«. Rußland endlich benutzt die egyptischen Verlegenheiten England-, um durch die Annexion der Oase von Merw eine» neuen strate gischen Punkt auf dem Wege nach Indien zu gewinnen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Dezember v. I. 5A Einzahlungen im Betrage von 36970 M. 44 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 427 Rückzahlungen im Betrage von 37I68M. 20 Pf. Ueberhaupl sind im vorigen Iah« 559598 M. ,76 Pk'4n 7154 Posten eingelegt und 628097 M. 75 Pf.^n 511V Posten zurückgezahlt wökden. Spar marken, L 5 Pf., sind im vorigen Jahre 6550 Stück verkauft worden; 2475 HWk waren ult. DezenWr 1883 in den Händen'der Sparer vetUixben, .in Summq 9025 Stück. Davön stttd 7V5Y Stück ar, die Kaffe zurückgegeben worden, während 1975 Stück in den Händen der Sparer, verblieben sind. — Wie der „B. v.G." meldet, hat sich am30.Dzbr. Herr Oberförster Klette in Bärenfels bei einer Jagd in Böhmen, während er mit dem Büchsenlauf Schnee vom Stiefel putzen wollte, die eine kleine Zehe vom Fuße geschossen, so daß noch am selben Tage ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. — IM selben Orte ist einem Manne kürzlich beim Essen ein Stück Fleisch in der Kehle stecken geblieben, so daß der Arzt dasselbe mit dem Schlunostößer entfernen mußte.-; — Morgen Sonntag, Nachts '/«I2 Uhr, verkehrt der Extrazug auf unserer Linie von Hainsberg nach Kipsdorf, worauf wir nochmals hiyweisen wollen. — In den im Bezirke der k. k. Bezirkshauptmann schaft zu Außig in Böhmen gelegenen Ortschaften Mariaschein und Hohenstein ist unter dem Rind vieh die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Rabenau. (Kirchennachrichten.) Im Jahre 1884 wurden geboren 139, darunter 5 Todtgeborene und 7 Uneheliche; in Rabenau 114, in Obernaundorf 17 und in Kleinölsa 8. 1684 wurden 9 und 1784 19 ge boren. — Getraut wurden 1884 21 Paare, 1684 3 und 1784 5 Paare. Gestorben sind 1884 93, darunter 5 Todtgeborene und 3 Selbstmörder, nämlich 12 männ liche und 18 weibliche Erwachsene und 63 Kinder und zwar in Rabenau 75, in Obernaundorf 11 und in Klein ölsa 5. 1684 starben 10 und 1784 14. Kommuni- Hanten waren 1199, darunter 52 Konfirmanden. Dresden. Bei den sächsische» Sparkassen ist nach dem Durchschnittsergebnisse der Jahre 1872—77 auf jedes Sparkassenbuch ein jährlicher Verwaltungs aufwand von etwa 74 Pfg. zu rechnen. Kleine Ein lagen decken also die Kosten nicht. Hu diesem Auf wande kommen überdies, wenn der Einleger z. B. wöchentlkch' 10 Pfg.'spart und diese zum Ankauf von Sparmarke» verwendet, in einem Jahr« die Posten von 50 Svarmarken und den dazu gehörigen Karten, also etwa 5'/, bis 21 Pfg. Hinz». Bei 4 Proc. Ein legezinsen und 20 Mark Einlegeguthaben würde die Sparkasse, welche thatsächlich 80 Pfg. Zinsen gewährt, im günstigsten Falle nur 80 weniger 7S>/,, also nur '/» Pfg- gewähren können, im ungünstigsten Faste aber 15 Pfg. Verlust bei diesem Konto haben. — Bekanntlich werden mit Strafen belegt die jenigen gelernten Schlosser, welche für unbekannte «al: Dienitag, Don»««, tag und Sonnabends — Preis »ierteljährlich 1 M. SS Pfg-, zweimonatlich 8« Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Mnzelne Nummern 10 Pfg. - Me Postan- ^ statten, Posttoten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. für die Königliche Kmishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königliche« Amtsgerichte und die Aadkathe zu Dippoldiswalde und Irauenstein . Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithnr in DippoldiSwÄde. ' ' —- ' . «d- Sonnabend, den 3. Januar 1885. Blatte«» ein« schr «trt- , ' fame Verbreituntzfinden, «erden tnit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder der« Roum berechnet. — La- . »«ilarische und complicirt» H Inserat» mit entsprech«. dem Ausschlag. — Singe- stzndt, im redaktionellen »heile, die EpaltenM» SO Pf«. chmtz -Mus Amtsblatt oder zu» Erwerbe derselben nachweislich nicht berech tigte Personell Schlüssel, Dietriche rc. verfertigen oder dieselben ihnen verkaufen. Diese Bestimmung ist jm allgimeinen Interesse durchaus nothwendig und war seitens der Mitglieder des Schloffergewerves nie ein Gegenstand der Beschwerde. Nachdem indeß der Zweck der Maßregel dadurch nahezu illusorisch geworden ist, daß Schlüssel rc. in der Neuzeit auch fabrikmäßig her gestellt unn in offenen Geschäften an Jedermann ohne weitere Vorsichtsmaßregeln und ohne daß der Ver- käufkc der für gelernte Schlosser geltenden gesetzlichen Bestimmung unterworfen ist, verkauft «erden können, hat sich die Schlosserinnung in^Chemnitz und, irren wir »licht, Huch anderwärts dazu entschlossen, eine P e- tition an dey Reichstag zu erlassen des Inhalts, daß entweder die obenerwähnte Strafandrohung auch auf die Händler mit Schlüsseln rc. mit erstreckt oder den selben der Verkauf dieser Artikel fernerhin überhaupt nicht oder D»ch nicht in dem jetzigen Umfange ge stattet werde" Stadt Wehlen. Besin Schlachten einer erkrankten Kuh hatte sich der Fleischer Pietschmann in Naundorf kwi Wehlen, ohne sich dabei verwundet zu haben, doch ein- WMvergiftung zikgezogen. Der energischen ärzt- licheu Behandlung ist es zu danken, daß die Ansteckung keine c-nsten Folgest hatte. Döbeln. Die Teilstrecke Mügeln - Oschatz der schmalspurigen Sekundarbahn Döbely-Oschatz soll siche rem Vernehmen nach am 7. Januar dem Betriebe übergehest werben. ' Frankenberg. Am vergangenen Montag Abend ist die ledige 26 Jahre alte K. von ihrem Verlobten, dem Schlosser F., durch einen Revolverschuß in mör derischer Absicht an der linken Seite des HalseS schwer verwundet worden, worauf der Mörder die Flucht ergriffen hat. Das Motiv der That ist jedenfalls Rache und Eifersucht, da die Verletzte die Verlobung am ge nannten Tage aufgehoben hat. Nach einer weitern Mittheilung ist der Mörder ebenfalls erschossen aufge funden worden und hat sich dadurch der irdischen Strafe entzogen. Tagesgeschichte. Berlin. Das große Krönungs- und OrdenS- fest wird am 18. Januar von Kaiser Wilhelm abge halten werden. — Die Kaufkontrakte über die Santa-Lucia- B a i und das umliegende Gebiet sind, vom November datirt, bei Herrn Lüderitz in Bremen eingetroffen. Zu dieser Angelegenheit wird dem „Hamburger Correspon- denten" geschrieben: „Die Aufhiffung der britischen Flagge in Santa Lucia dürfte Anlaß zu ernsteren Verwickelungen geben, falls es sich bestätigen sollte, daß die englischen Kolonialbehörden dadurch hoffen, den berechtigten Ansprüchen deutscher Ansiedler die Spitze abzubrechen. Da die betreffende Bucht - mit dahinter liegendem Gebiete rechtmäßig von den Agenten deS Herrn Lüderitz erworben sein soll, wird man diesseits nicht geneigt sein, einer Scheindemonstration, welcher es an der gebührenden Machtentfaltung fehlt, große Bedeutung beizumeffen. Zur Würdigung der Situation an der Küste deS Zululandes muß man sich erinnern, daß vr. Einwald, der Beauftragte deS Herrn Lüderitz, seine Operation im Zululande zu einer Zeit begonnen hat, al» eine von Lüderitz ausgerüstete Spedition sich von Angra Pequena auS östlich ins Innere Afrika begeben hat. Sie ist inzwischen aus dem Namaqua- lande nach der Küste zurückgekehrt, ohne alle Absichten erreicht zu haben. Die Lucia-Bai liegt ziemlich in einer Höhe an der Ostküste, wie Angra Pequena an der Westküste. . Eine gerade Linie, zwischen beiden Punkten gezogen, berührt die Wüste Kalahiri, Stella land, Oranze-Freistaat und Zululand... Es darf al» sicher a«lten, daß wegen der Lucia-Bai schon seit einiger Zett Verhandlungen zwischen Deutschland und