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7L. Johrga»,. ^ « Aben--Avsgabe Donnerstags 9. Februar 1928 S»M»r«l>«-Sa»««l»m»»»«, SV S^I R« tLr NacktaeivrScke, 20 Oll Gegründet 185« B-zug-.D-b«hr 10 «vkennt, « An,-tarn werben ' »L Mg, " Anzeigenpreise: .., aukerkalb r5n nach V« Pfg.. tür auswört, «o ^ iS Pia., aukerlialb rs 1a. Osterlenaebü! ... . oftiaitellllnaeaebübr. eania dmark berechnet: die «mlvaltia« R> mm breite !ia. flamiltenanielaen und Stellrnaeluche ebne tig.. die so mm breite Reklamezelle 2tx> Pia.. >r inPia. Au»w. Auilräae argen Vorausbezablg. SchrMeituno und AamtlgrsLäst-llelltr Warienttraße SS 4S Druck u. Derlaa von Vievich ck iNetrdardt in Dresden Postscheck-Konto 1OSS Drrode» Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe «.Dresdner Nackr.'t ,»lästig. Unveilangt» Schriitstücke werden nick' auibewadrt. Sie SchMise wird akut. -orsanty beklagt den polnischen Wahtterror. - Der Beginn des Steglitzer Schülerprozesser. Jenlrumsmanöver gegen -ie Deutschnaiionalen? <Drahtm«ldo«a unsrer Berliner Schrtstleitung.I Bertt«, S. Febr. Während bis gestern abend die politi sche» Kreise der Rechte« in bezug ans eine aknte «abinetts- kris« «it ihre» Aeusternngen noch sehr zurückhaltend waren, hat «an hente den Eindruck, als ob auch aus der Rechten mit et»e« Bruch« deS Reichskabinetts Marx—Kendell nun ernst- hast gerechnet wird. Die „Germania" hat sehr scharf in Sachen des Schul- grsetzes Stellung genommen, was an sich schon einen Bruch in bedrohliche Nähe rückt. Es wird davon abhängen, wie sich heute nachmittag die Zentrumsfraktion im ganzen zu der Schulgesetzfrage stellen wird. Bet der Aeußcrung der „Germania" ist bemerkenswert, daß diese von „beiden Rechtsparteien" spricht; der Gegensatz in der Schulgcseh- frage besteht aber doch nur zwischen dem Zentrum und der Deutschen Volkspartei, während das Zentrum und die Deutsch- nattvnalrn bis ins kleinste bezüglich des Schulgesetzes einig gehen. Go entsteht, wie in parlamentarischen «reisen ver lautet; der Eindruck daß die neu« Aktion des Zentrums eine A« von Partcimanitver ist, »m die Dentlchuattonalen a«S der Regierung a»Sz«schissen, und »m den linke« Flügel des AeatrnmS, die Herren Jmbnsch «ud Dr. Wirth, »« beruhige«. Fest schein t allerdings z» stehe«, daß eine ReichStagS- «»slSsnng nicht die «nmittelbare Folge der gegenwärtige« Krise sein könnte; Senn -aS Zentrum würbe doch kaum eine geeignete Mahl- Parole finden, wenn es sich mitschuldig gemacht hätte, das doch gerade von ihm so erwünschte Schulgesetz zu Fall zu bringen. Außerdem hängt cs vom Reichspräsidenten v. Hinden- burg ab, ob der Reichstag aufgelöst wird. Die deutschnattonale Pressestelle teilt zu diesen Fragen offiziell mit: „Die Dcutschnationale Volkspartei hält nach wie vor die Erledigung des Reichsschulgesetzes nicht nur für politsich notwendig, sondern auch die Beseitigung der Disserenzpnnkte für dnrchans möglich. Einem Aufschub ber Entscheidung werden die Deutschuationaleu nicht zustimmeu. Graf Westarp wirb noch in dieser Woche eine« intcrsraktionellen Ausschuß einberuse», um die endgültige Klärung herbeizusühren." Aus diesem ommuniquS geht also hervor, daß nunmehr auch die Teutschnationalen baldige Klärung der Sach lage fordern. Wie man die in dem Kommuniquö zum Aus druck gebrachte Meinung, daß die Beseitigung der Tiffcrenz- pnnkte in der Schulgesehfrage noch möglich sei, beurteilen will, muh zunächst dahingestellt bleiben. Vielleicht hat der Reichsitincnmilttster v. Kcndcll die Hoffnung, dah es zu einer Verständigung kommt, doch noch nicht ganz nufgcgeben. Wie dem auch sein mag, nv chdiese Woche wird die Entscheidung darüber bringen, ob nicht.nur das Schulgesetz noch durch gebracht werden kann, sondern auch ob die Koalition längeren Bestand haben wird. Stresemarm in Menkone. (Durch Funkspruch.j Paris, 8. Febr. Reichsminister des Auswärtigen Dr Strescmann erklärte gestern bei setncr Ankunft in Mentone französischen Journalisten: Ich will mich erholen und einmal einige Zeit den Pflichten meines Amtes ent fliehen. Ich liebe die «Sto ckä-mr« und hoffe, bah sie mir schnell die Gesundheit wtebergeben wird. In einigen Tagen wird meine Familie Nachkommen. (WTB.j Reichswehrdebatte im Haushattausschub. Ein Schwall sozialistischer Ansrageu. Berlin, p. Febr. Der Ha u s h a l t a u s s ch u ß des Reichstages beschäftigte sich heute zunächst mit den zurück- gestellten Positionen beim Etat des Reichsministerinms für Ernährung «ud Landwirtschaft, die verschiedene Fischerei- angelegenheiten betreffen. Ncichsministcr Schiele kündigt möglichst baldige Ausarbeitung cineü einheitlichen Planes für die HertngSstscheret an. Die Anträge des Unterausschusses werden genehmigt, damit ist tiefer Etat erledigt. Der Haushaltausschuh tritt sodann ln die Beratung des HeeresetatS ein. An Stelle des erkrankten Berichterstatters Stückle» gibt Adg. Hünlich jSoz.) eine Uebersicht über die finanzielle Ausgestaltung des Etats seit dem Vorjahre und die Hauptgründe, die eine Erhöhung der Auslagen veranlaßt haben. Ein Teil der Summen, die die Folge der neuen Be- soldungSordnung seien, würde im Nachtragsetat ausgewiesen werden. Um Ersparungen zu erzielen, mühten Zwerg garnisonen -rrsammengelegt werden. Das Heeres- ergänzungsgesetz berge Mihstände, die das Vertrauen erschütterten. Es scheine aber alles beim alten zu bleiben, denn als die eigentlichen Werbestellen blieben die Kompagnien und ihre Chefs. Der Redner erbittet statistische Angaben über die Zahl der Unteroffiziere, die zu Offizieren aufrückten. Wie stehe es mit den Selbstmorden? In der Reichswehr seien end lich die schwarz-rot-goldenen Farben fast unbekannt. Gehlers Flaggenerlaß sei so geformt, dah einzelne Stellen sich darum drücken könnten, wie cs z. B. in München geschehen sei. Wie stehe es mit den Kieler Waffen- un Mnnltionsschiebungen. Die Dementis der Reichswehr überzeugten ih» nicht. Er habe Material, aus dem Hervorzugehe» scheine, dah vertragliche Ab machungen zwischen den in den Skandal verwickelten Firmen und dem Rcichswehrministerilim tatsächlich bestanden hätten. Eine dieser Firmen scheine sogar a»S den bestehenden Ver- trägen noch klagbare Rechte gegen das Ncichsministerlum her zuleiten. Abg. Srfing (Z.s legt dar. am meisten umstritten seien der Etat des Arbeitsmintstertmns und ber Etat des Wehr- mtntstertums. Zu prüfen sei deshalb, ob wir nach der sach lichen un- finanziellen Sette auf dem rechten Wege seien. Bedauerlich sei auch hier die Beobachtung, dah die Personal- ausgabcn stiegen und die SachauSgaben zurückgingen, statt dah e» umgekehrt wäre Woher komme eS. daß die Personal« aaSgaöen bet der Reichswehr durchschnittlich »m K Prozent weniger gestiegen seien als bei den anderen Ressorts. Die Reichswehrangehörigen dürften ans keinen Fall schlechter ge stellt «erde» als die anderen Beamten, di« freilich mit De putationen den Reichstag bestürmt hätten t« Gegensatz zur Reichswehr. Der Redner besprach bann die sachlichen AnSgahen des Wehrmtnistcriums. Bet dem Pferdeersatz habe.das Wchrmintsterium keine Landwirtschaftspolitik zu tre«cn, sondern lediglich die Interessen der Reichswehr zu bcobaM». Durch weitere Motorisierung der Kavallerie könnten weitere Pferde erspart werben. (Zuruf: Die Zahl der Kraftwage» ist uns vorgcschrteben.f Wir müssen gleichwohl auf einen Rückgang ber Pferdehaltung in der Reichswehr sehen. Der Redner regt planmäßige Anstellung der Lehrer an, die die Zivilausbilöung bei den Wchrangehörtgen über nehmen. Durch solche gute Ausbildung werde man den Pensionsetat entlasten können. Die Unterbringung der Mannschaften und der bauliche Zustand der Kasernen seien vielfach außerordentlich rückständig und besserungsbeditrstig. Hier mühten größere Mittel verfügbar gemacht werden. Auf dem Gebiete des Krastfahrwesens seien wir noch autzer- ordentlich rückständig. Die körperliche Eignung müsse bei der Rekrutierung für die Reichswehr den Ausschlag geben, nicht die Parteizugehörigkeit oder soziale Herkunft. In der lkcbcrsichtltchkett, schloß der Redner seine Ausführungen, könne der Retchsetat jeden Vergleich mit den Länderetats, aber auch mit den Städteetats ausnehmen. — Die Wciter- beratung wurde dann auf Freitag vertagt. Keine Kriegsgefangenen mehr in Rußland! Noch einmal die Aussagen Bruno Stapels. Berlin, 8. Febr. Im Neichstagsausschuh für die Kriegs beschädigtenfragen stand der Entwurf eines vierten Gesetzes zur Aenderuiig des Gesetzes über das Verfahren in Ber- sorgungSsachcn zur Beratung. Der Ausschuß beschloß zu nächst, morgen die Vertreter der Organisationen zu hören. Der Vorsitzende des Ausschusses, Abg. Kröger. Rostock (Soz.j, verlas daraus ein Schreiben des Auswärtigen Amts zu der von dem Ausschuß eingebrachten Entschließung bezüg lich der Rückkchrmöglichkeiten der »och in der Sowjet-Union befindlichen früheren deutschen Kriegsgefangenen. Das Aus wärtige Amt teilte hierzu mit, daß der vor kurzem aus der Sowjet-Union znrttckgekchrte Ärnno Stapel am S. dieses Monats im Auswärtigen Am« eingehend vernommen worden sei. Er habe eidesstattlich erklärt, daß er den Pressevertretern, die ihn ausgesucht haben, gegenüber nur davon gesprochen habe, daß er die Zahl der Deutschen, die er aus seinen Fahrten nnd Wanderungen in Sowjetrnßland getroffen habe, ans etwa 15 ü schätze. Bon znriickgehaltenen Gefangenen sei iibcrhanpt nicht die Rede gewesen; davon habe er auch nicht sprechen können, «eil er schon in Rußland gewnßt habe, daß Elefangenenlagcr seit langer Zeit nicht mehr existieren. Außerdem hat er in eine« von ihm am 81. Januar in Potsdam gehaltenen Bortragc ausdrücklich be tont. daß in keinem Einzelsalle bisher eine zwangsweise Zu rückhaltung eines frühere» deutschen Soldaten durch Militär- ober Zivilbehörbcn der Sowjet-Union fcftgeftellt werden konnte. Im übrigen verweist daS Auswärtige Amt auf die Veröffentlichung der Tclegraphen-Agcntur der Sowset-Union, wonach es weder in Sibirien, noch überhaupt in der Sowjet union noch deutsche KricgMefangcne gibt. Dieses Dementi wird durch die amtliche BWchtcrstattnng der dentschcn Ver tretungen in der Sowjet-Union bestätigt. Ai» Schluß seines Schreibens betonte das Auswärtige Amt, daß jeder freiwillig zurückgebliebene ehemalige deutsche Kriegsgefangene, sobald er de» Wunsch hat, I» die Heimat zurückzukehren, mit seiner Familie -nrch die zn- ftändtge deutsche Vertretung ans RctchSkostcn heimbefördcrt wird. Hierauf vertagte sich der Anöschuß. 10 Jahre Brest-Likowsk. (Drahtmeldung unserer Berliner SchrtstleitnNg-i Berlin, 8. Febr. Der 9. Februar 1828 ist ein Erinnerungs tag von besonderer Bedeutung. Bor zehn Jahre» gingen i« Litauisch-Brest die Verhandlungen zu Ende, die die Grund lage» eines wirkliche» Friedens zwischen Dcu1schl»ud und dem großrussisclsen Nachbarn hätten schassen sollen. Dieser Versuch, de» Frieden im Osten wieverlierzustcUcn. hat aber keinen dauerhaften Erfolg gehabt. Unsere Pvlenpolitik hatte die Voraussetzung einer klaren Lösung der Ostsragen zerstört Die Bolschewisten erstarkten und nahmen uns die Ukraine wieder aus der Hand. Aber die Probleme, dte bet den Ver handlungen in Brest gelöst werden sollten, sind noch für dt« europäische Ostpolitik aktuell. Das historisch interessanteste Ereignis der Brest-Litowske« Zeit ist das plötzliche Austauchen der ukrainischenMacht. Unter großen Schwierigkeiten begann sich gleich nach der russischen Revolution in Kiew ein ukrainischer Staat z» organisieren. Daß der ukrainischen Regierung trotz aller Schwierigkeiten die Ausrichtung einer Autorität im Lande gelang, daß sie ernsthafte Anstrengungen zur Schaffung einer nationalen Armee machte und schließlich die Brvtversorgung der Mittelmächte organisierte, muß als Beweis der staats- politischen Fähigkeiten dieses emporstrebenden Volkes ans«, sehen werden. Der ulratuische Staat, der durch de» Lbichüch des Friedens von Breft-Litowsk zum ersteumat tuteruattuWö» Anerkennung erlangte, ist tu ber allgemetnen Gärung t« Wl- europa nach heftigen Kämpfen mit bolfchewkfttschen und weiß» gardistjschen Russen, mit Polen und den Ententemächten zu grunde gegangen, nachdem Deutschland und Oesterreich-Ungar« zusammengebrocheii waren. Es mißlang den Ukrainern auch der Versuch der Schaffung einer besonderen westukrainische« Republik, die ihren Anschluß an die Grohukraine proklamierte. Der Wille zur Staatlichkeit ist seitdem in dem 40-Mil- ltonen-Volke nicht erloschen. Auch in der Sowjetukraine hat sich reges geistiges Leben entfaltet. Schule. Verwaltung und Heerwesen werden in steigendem Matze zikrainisiert. Je mehr dte S o w j e t u k r a i n e nationalen Charakter annimmt desto mehr erstarkt auch ihr politisches Selbstbemußtsein gegen über Moskau. Auch im Charkower Kommunismus ist diese Entwicklung deutlich zu verfolgen. Wenn heute der pol - nische Staat seine 7 Millionen Ukrainer ebenso rückhalt, los unterdrückt, wie die Deutschen, die ihm ausgeliefert sind so richten sich die ukrainischen Hoffnungen wieder auf die Grohukraine. die in den vergangenen 10 Jahren eine un erhört starke Entfaltung des inneren Lebens gezeigt haL ISl8 bewegten sich West- und Ostukraine unter dem Einfluß der polnischen Politik aufeinander zu. Diese Tendenz hat sich dank dem polnische» Verhalten bis heute fortgesetzt. Dte heutige Erinnerung an die erste ukrainische Staatlich keit hat auch für uns nicht bloß historischen Wert. Abgesehen von der Bedeutung, dte der Ukraine als zukünftigem Faktor in Osteuropa immer zukommen mag und abgesehen von der unmittelbaren Kampfgemeinschaft, dte beide Völker Heus« tki der polnischen Frage verbindet, weist der Friede von Brsst- Litowsk auf die mitteleuropäische Lage der Ukraine hin. Wenn wir glauben, daß wir als Deutsche im Osten noch eine Zu kunft begründen können, dann müssen wir geistig tiefer in ihm verwurzeln und von den in ihm lebenden Kräften eine bessere Vorstellung als bisher zu gewinnen suchen. Erst dann wird sich dieser Raum auch uns wieder öffnen, denn Brest-Litowsk war nur ein Anfang. Frankreichs Sozialisten vn- -ie Räumung. Eine bcntsch-sranzöstschc Sozialiftenkonfereuz geplant. Paris, 8. Febr. Der Vorsitzende der Deutschen Sozial demokratischen Partei. Abgeordneter WelS. hat anläßlich der Erklärung B o n c o n r s über die Frage der Nheinland- räumnug auf dem letzte» sozialtsttschen Kongreß und anläßlich der von Boncour tm „Paris-Midi" veröffentlichten Iseuße- rnngen über diese Frage sich an die französischen Sozialisten gewandt und um ihre Ansicht in der Frage der Rheinlanb- räumung ersucht. Der Vorstand hat gestern aus Vorschlag eines mit der Bearbeitung dieser Angelegenheiten betrauten Unterausschusses beschlossen. 1. der Deutschen Sozialdemokratischen Partei den Teil -es Parteiprogramms zu übermitteln, der von der Rhetnlanb- räumung bandelt und diese von keiner Vorbedingung ab hängig macht und 2. eine Konferenz von Delegierten der französischen uns der deutschen Sozialisten einzuberusen un- aus ihr di« Rhein- landfragc zu behandeln. Boncour soll von dem Inhalt deS Schreibens in Kenntnis gesetzt werden. Film-Sorgen -er Rheinlandkommisston. Koblenz, 9. Februar. Wie der Reichskommissar für die besetzen Gebiete mtttcilt, hat die Interalliierte Nhcinlanb- kvmmtssion den Ftlm „Deutsche Frauen, deutsche Treue" für daS besetzte Gebiet verboten. Die Interalliierte Rheinland- kommissio» erklärte ferner, dah sic gegen die Vorführung ber Filme „Katzensteg" und „Ei» Tag der Rosen Im August, da hat die Garde sortgcmuht". die vor einiger Zeit von örtltcku'i Besatziingsstclle» verboten worden waren, im besetzten Gebt., keinen Einspruch erhebe. Sie hat ferner das Verbot des Filmes „U 8. Kapitän Weddigen" aufgehoben.