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Amts Blatt des Königs Amtsgerichts und des Stadtrathes Wulsnih Erscheint: Mvtwoch und Sonnabend. puSzeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Keschäfisstetr-n: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureauö vonHaasen- stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mofse und. G. L. Daube L Comp Als Beiblätter: l . Jllustrirtes Sonntagsblatt (Wöchentlich); 2 Landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Preis Vierteljahr!. 1 M. 25 Ps. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. chs Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend. Z„r«rcrt- sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- Druck und Verlag von E. L. Förster's Erben in Pulsnitz. MchtrwdVieirzigKer Jahrgang. Verantwortlicher Reda^Gustav Häberlein Sonnabend. Nr. 92. 14. November 1886. Auf Folium 76 des Handelsregisters für den Beziik des unterzeichneten Amtsgerichts ist heute eingetragen worden, daß die Firma R. E. Garte« in Pulsnitz, Meißner Seits erlösche« ist. Pulsnitz, am 9. November 1896. Königliches Amtsgericht. Weise. Die Abwesenheits-Vormundschaft über den Schneider Gustav Adolf Philipp aus Obersteina, hat sich erledigt. Pulsnitz, am 9. November 1896. X Königliches Amtsgericht. Meise. Fortsetzung des Reichstages. Die parlamentslose Zeit ist vorbei — Dienstag Mittag versamm'lten sich die hoffentlich zu neuer Arbeit durch eine lange Ferienzeit gekräftigten Vertreter des deut schen Volkes zur ersten Sitzung nach dem Sommer. Als Herr v. Buot um '/«3 Uhr die Glocke schwang, um die Sitzung zu eröffnen, waren die langen Reihen der Hellen Klappsessel vcrhältnißmäßig gut besetzt, die meisten der ersten und der minderen Größen des Reichsparlaments waren da und schüttelten sich erfreut über das Wiedersehen nach langer Trennung die biedere Rechte. Herr v. Boetti- cher, der Unermüdliche, der gegen alle Ministeriellen Stürme gefeit zu sein scheint, war als einer der eisten im Saale zu sehen, er schritt hinunter zu den Bänken der Abgeord neten und tauschte mit manchem von ihnen vertraute Hände drücke. Auch das frische, gesunde Gesicht des Justizmini- sters Schönstedt war am Bundesraihstische zu sehen. Levetzow und Kropalschek, Lieber und Bachem, Rick rt und Richter, Bebel und Liebknecht — alle waren sie er schienen und gaben dem Reichstag seine gewohnte und allbekannte Signatur. Von „neuen Männern" e> dickte man die Freisinnigen Lessing und Kopsch und den Sozial demokraten Kunert, der den originellen Alexander Meyer aus Halle verdrängt hat. Nach einer Reihe geschäftlicher Mütheilungen fing die Berathung der Novelle zum Genchtsverfaffungsgesetz und zur Strafprozeßordnung an. Gleich denn Beginn bekam man einen wenig erfreulich n Vorgeschmack von den künf tigen Verhandlungen zurJustiznovelle. Siewerdenwohl unter dem Zeichen des Herrn Stadthagen stehen. Er wird vielleicht die Debatte mit stundenlangen Reden mit Beschlag belegen und nur hier und da Herrn Lenzmann oder Herrn Gröber oder einem anderen scharfen Juristen das Feld überlassen Dienstag öffnete Herr Stadthagen die Schleusen seiner Be- redsamkeil zunächst beim Kapitel der Unabhängigkeit der Richter, die er gemäß einem sozialdemokratischen Anträge noch schärfer als früher ausgeprägt wissen will. Der Justizminister Schönstedt, der nach Stadthagen das Wort zur Verlheidigung der Richter nahm, sprach sich wie ein Staatsanwalt, der sein Plaidoyer gegenüber gewiegten Anwälten hält. Er sprach öfter vom'„Rechts anwall" Lenzma. n und dem „Rechtsanwalt" Stadt hagen, was um so mehr zur Heiterkeit reizte, als der letztere bekanntlich längst aus dem Anwaltsstande entfernt Worden ist Die Unabhängigkeit deS Richtcrstandes, so führte der Minister aus, sei gewährleistet, den sozialdemo kratischen Anträgen fehle daher jede Grundlage. Sie wurden dann auch abgelehnt. Die weiteren Verhandlungs gegenstände waren detaillirt juristischer Art und für die größere Oeffentlichkeit von geringem Interesse. Nach länger denn viermonatlicher Pause trat der Reichstag von Neuem zusammen, um die am 2. Juli abgebrochene Session fortzusetzen. Die vorige Tagung endete unter allgemeiner Ermüdung; eine ungewöhnlich lange und mit vielfachen Anstrengungen verbundene Par lamentarische Arbeit von sieben Monaten lag hinter der Volksvertretung. Um nicht die Früchte der Commissions- beraihung über das nur in erster Lesung behandelte Gesetz, betreffend die Abänderung der Strafprozeßordnung und der Gerichtsverfassung, zu verlieren, wurde die Vertagung anstatt der Schließung der Session verfügt. Die neue parlamentarische Periode verspricht nicht minder angreifend und arbeitsreich zu werden als die vorige. Im Gegentheil 'st die Reihe der parlamentarischen Aufgaben diesmal von größerer Mannigfaltigkeit als sonst und für positives Schaffen demgemäß ein weites und dankbares Feld ge- boten. Möge über den Verhandlungen fülder ein besserer ^efft walten, als er leider in den bisherigen Sessionen dieses von fraktionellen Interessen so tief zerklüfteten Reichstages sich geltend machte, möge aber vor Allem den behufs Erreichung ersprießlicher Ergebnisse auf ein gemein sames Zusammenarbeiten angewiesenen Gruppen der natio nalen und staatserhaltenden Richtung das Bewußtsein der Pflicht immer gegenwärtig sein, die Fractionsinteressen zu Gunsten der Eintracht zurücktreten zn lassen! Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Am Mittwoch Abend hatten wir durch die gütige Vermittelung unserer verehrten Patronatsherrschast die Freude, den gefeierten Kanzelredner Herrn Oberkonsisto- rialrath Superintendent Or. Dibelius aus Dresden in einem Vortrag, den er zum Besten des hiesigen Frauenvereins der Gustav - Adolf - Stiftung im Schützenhaus hielt, zu hören. Der hochwürdige Redner ging aus von sächsischen Ortsnamen, die Schreckerregendes bedeuten, wie Wustenbrand, Teufels stein, oder einen freundlichen Klang und tiefe Bedeutung haben, wie Gottgetreu, Gottesberg, Seeligstadt. Pulsnitz ge höre weder zu den ersteren, noch zu den letzteren, es habe seinen Namen von dem Flüßchen Pulsnitz, eigentlich: dem träge dahinfließenden Wasser. Aus der Geschichte der Stadt, ihren großen Männern, Ziegenbalg und Rietschel, deren Leistungen und Schöpfungen (Heidenmission, Lutherdenkmal in Worms) kam er zu dem Schluß, daß die Bewohner von Pulsnitz ein großes und weites Herz haben müßten, das für alles Edle, Hohe, Große begeistert schlüge, und richtete in immer neuen, geistsprühenden und überraschenden Wen dungen einen Apell an das weite Herz. Solch' ein Herz sei das Gustav-Adolfs gewesen, habe der nach ihm benannte Gustav-Adolf-Verein, brauche die Arbeit dieses Vereins, auch die Arbeit der Gustav-Adolf-Frauen-Vereine. Im Folgenden zeigte der hochverehrte Redner, wie die Frauen-Vereine der Gustav-Adolf-Stiftung, der Eigenart und Aufgabe der Frau entsprechend, für die Ausschmückung der Kirchen, für die Schulen, Waisenhäuser und Konfirmandenanstalten in der Diaspora durch die Arbeit ihrer fleißigen Hände, wie durch Geldspenden Sorge trügen, und sich besonders nothleidender Pfarrer, Lehrer, ihrer Wittwen und Waisen in liebevoller Weise annähmen und so schon viele tausend Thränen ge trocknet hätten. Der Vortrag gipfelte in einer ergreifenden Schilderung der schreienden Nothstände unserer evangelischen Brüder und Schwestern in dem ganzen weiten Gebiet der evangelischen Diaspora. — Dem Dank des Frauen-Vereins, wie der ganzen zahlreichen Versammlung für diesen, das evangelische Bewußtsein wahrhaft stärkenden, Geist und Herz gleich hinreißenden und entzündenden Vortrag gab Herr Oberpfarrer Prof. Kanig geeigneten Ausdruck. Wie sehr es dem hochwürdigen Redner gelungen war, die Herzen weit zu machen und für die große Sache des Gustav-Adolf- Vereins zu erwärmen, erhellt auch daraus, daß die am Schluß des Vortrags veranstaltete Sammlung für die Zwecke des hiesigen Frauen-Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung den ansehnlichen Betrag von 150 Mark ergeben hat. Pulsnitz. Der Auftrieb an dem vorige Mittwoch stattgefundenen Viehmarkt bestand in 115 Kühen, 75 Ochsen, 200 Schweinen. Im Voraus waren 70 Rinder in Ställen zum Verkauf gestellt. — Der Wirthschaftsbesitzer August Ziegenbalg in Niedersteina verunglückte vorige Woche am Freitag Nachmittag dadurch, daß die vor den Wagen gespannten Kühe scheu wurden und durchgingen. Hierbei wurde Ziegen balg, welcher auf dem Wagen saß, heruntergeschleudert und kam unter den Wagen zu liegen, sodaß ihm die Räder über die Beine gingen und er einen Beinbruch davontrug. (K.W.) — Der 64 Jahre alte Bahnarbeiter Friedel von Kö nigsbrück wurde am 5. ds. Mts. in dem Pulsnitz-Flusse todt aufgefunden. Derselbe ist, vom Hebeschmaus aus der Söhnelmühle heimkehrend, vermuthlich vom Wege abgekom men und in den Bach gefallen. — Zur Beachtung für Arbeitgeber bezüglich Mel dungen zur Krankenkasse möge der folgende Fall dienen. Vor kurzen, verstarb ein Handlungscommis und die Orts krankenkasse zahlte den Hinterbliebenen das Sterbegeld mit 100 Mk. anstandslos aus. Hierbei stellte es sich jedoch heraus, daß der Prinzipal den Verstorbenen wohl s. Z. zur Krankenkasse angemeldet hatte, allein dieser war damals noch Lehrling und hätte als solcher bei den niedrigen Bei trägen nur 32 Mark Sterbegeld zu erhalten. Die erfolgte Beförderung zum Commis hatte der Prinzipal anzuzeigen unterlassen, worauf er auf Zahlung der Differenz von 68 Mark von der Ortskrankenkasse verklagt und auch in allen Instanzen verurtheilt wurde. Das hier Gesagte gilt selbstredend auch bei jedem anderen Lehrling, Gesellen oder Arbeiter rc, wenn derselbe in eine höhere Lohnstufe tritt, denn er hat dann höhere Beiträge zu zahlen und erhält dann mehr Kranken- resp. Sterbegeld. Gerade diese Mel dungen werden ober am häufigsten vergessen. — Oft genug nehmen Beschuldigte es sehr leicht, Zeu gen in ihrem Prozesse zu günstigen Aussagen zu veranlassen; vielleicht dient aber der Fall zur Warnung, daß in Leipzig eine Wäscherin, die eine Fabrikarbeiterin zu einer ihr günsti gen Aussage zu bereden versuchte, wegen Verleitung zum Meineid mit 2 Jahren 5 Monaten Zuchthaus bestraft wurde. — Weihnachts - Packetsendungen nach Nordamerika, welche mit der deutschen Packetpost den Adressaten recht zeitig zum Feste zugehen sollen, sind vor Ablauf des Monats November zur Post zu liefern. — Mit Rücksicht auf die Lage der Landwirthschaft bewilligte das Preuß. StaatSministerium die bis 1. März 1897 gewählte zwanzigprocentige Tarifermäßigung für Düngemittel auf weitere 5 Jahre. Bautzen. Bei ihren Nachforschungen nach dem Gattenmörder Hoche hat die hiesige Polizei mit großem Erfolg den Hund des Mörders in ihren Dienst gestellt. Das Thier hatte sich während der That verkrochen, kam aber wieder zum Vorschein als die Polizei das HauS be trat. Diese nahm, als der Mörder nicht aufzufinden war, den Hund an eine Leine und das Thier führte hierauf die Polizei durch mehrere Straßen nach dem Spreeufer und von dort, immer mit der Nase auf der Fährte, nach dem Restaurant der „Güldenen Aue", wo der Mörder ergriffen wurde. — Die 19 jährige Tochter eines Gutsbesitzers in Gräfenhain blies, um beim Zubettgehen die Lampe auszulöschen, in den Cylinder. Durch die nach unten schlagende Flamme explodirte der Ballon und der brennende Inhalt ergoß sich über die Unglückliche. Auf ihr Hilfege schrei eilten zwar die Eltern sofort herbei, deren Bemühen es auch gelang, die Flammen zu ersticken. Leider hatte aber das bedauernSwerthe Mädchen so bedeutende Brand wunden erlitten, daß sie unter unsäglichen Schmerzen ihren Geist aufgab. — Se. Kgl. Hoheit Prinz Friedrich August durch schritt am 11. Novbr. Nachmittag, gefolgt von den beiden kleinen Prinzen Georg und Friedrich Christian, mehrere Straßen der Stadt. Groß und Klein bereiteten die fürstlichen Fußgänger sichtliche Freude und die liebe Schul jugend ließ es sich nicht nehmen, in dichten Schaaren den Prinzen zu folgen. Dresden. Wegen einer unerhörten Nahrungs mittelverfälschung erschien dieser Tage der Fleischermeister Karl August Paul Bähr vor dem Landgerichte. Bähr ge noß in Dresden viel Ansehen und war auch Lieferant feiner Restaurants. Am Vormittag des 1. August kamen in die Werkstelle des Angeklagten auf Anzeige eines Gesellen drei höhere Wohlfahrtspolizeibeamte. Pestialischer Gestank hat die Beamlen ihrer Angabe nach zurückgeworfen. Mit großer Ueberwindung und mit Ekel ist eS ihnen möglich gewesen, das zum Wurstmachen bestimmte Material zu beschlagnahmen,