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Wchentz -Ikitmz Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichnc in Dippoldiswalde, Sonnabend, den 15. Dezember 1883. 48. Jahrgang. Nr. 147. Amtsblatt für die Königliche AmtshaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Berbreitunei finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complictrte Inserate mit entsprechen den, Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theil«, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Die „Weißeritz. Zeltung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. zb Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. In diesen Tagen wird der deutsche Kronprinz das gastliche Spanien wieder ver lassen und von Barcelona aus die Heimreise antreten. Dieselbe führt ihn aber nicht direkt nach Berlin zurück, sondern er wird von Genua aus, wie schon bekannt, noch einen Abstecher nach Nom machen, wo der hohe Herr am 17. oder 18. Dezember einzutreffen gedenkt. Diese ziemlich unvermittelt an die Oeffentlichkeit ge tretene Abänderung im Reiseprogramm des Kronprinzen hat begreiflicherweise zu mancherlei Kombinationen Anlaß gegeben, unter denen namentlich diejenigen hervortreten, welche den Besuch des Kronprinzen in Nom mit der Kirchenpolitik in Verbindung bringen. Diese Auffassung schien auch nach den ersten Mel dungen hierüber ihre Richtigkeit zu haben'; nun aber bringt die offiziöse „Nordd. Allg. Ztg." in ihrer Abendausgabe vom 11. Dezember in sehr bestimmter Form die Mittheilung, daß der römischen Reise unseres Kronprinzen besondere politische Motive fern lägen und daß solche in der Situation des Tages auch durchaus nicht begründet seien. Das Blatt betont, daß dieser Besuch zunächst dem Könige von Italien gelte, denn ganz abgesehen von den freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Höfen von Berlin und Nom, erfordere es schon die internationale Höflichkeit, daß der Kronprinz dem Souverain jenes Landes, das er zweimal so kurz hinter einander durchreise, einen Besuch abstatte. Eine ebenso natürliche Konsequenz der zwischen allen Höfen bestehenden Höflichkeitsregeln sei es aber, daß der Kronprinz auch den zweiten in Rom residirenden Souverain, den Papst, besuche; wäre letzteres nicht geschehen, so hätte man hieraus auf eine Verstimmung zwischen dem deutschen Kaiser hause und dem Papste schließen können, welche doch nicht bestehe. Aus dieser offiziösen Darstellung würde allerdings erhellen, daß der Besuch des deutschen Kronprinzen beim Oberhaupte der katholischen Christen heit mit den kirchenpolitischen Angelegenheiten nichts zu thun hat und diese Auffassung wird noch durch das energische Dementi verstärkt, welches man jetzt offiziöserseits der Nachricht, der preußische Unterrichts minister, Herr v. Goßler, würde sich nach Genua be geben, um den Kronprinzen nach Nom zu geleiten, zu Theil werden läßt. Oesterreich-Ungarn. Der ncuernannte Statthalter oder Banus von Kroatien, Graf Khuen-Hedervary, hat in dieser Woche seine amtlichen Funktionen aus genommen, was den Wiedereintritt normaler Verhält nisse in Kroatien bedeutet. Auch die Einberufung des kroatischen Landtages auf den 17. Dezember ist ein weiteres Zeichen dafür, daß in diesem Lande wieder gesetzmäßige Zustände Platz gegriffen haben und somit dürfte einstweilen die kroatisch-ungarische Streitfrage von der politischen Bildfläche verschwunden sein. — Das ungarische Oberhaus lehnte am Dienstag den Gesetzentwurf über die Ehe zwischen Christen und Juden, durch welchen die verschiedenen Schwierigkeiten, welche in Ungarn der Eheschließung zwischen Christen und Juden noch entgegenstehen, beseitigt werden solle», mit 109 gegen 103 Stimmen ab. Frankreich. Nach dreitägigen lebhaften Ver handlungen hat die französische Deputirtenkammer den für Tonkin verlangten Kredit von 9 Millionen ge nehmigt. Dem Kabinet Fern) ist somit bezüglich seiner ostasiatischen Politik von der Mehrheit des Parlamentes ein glänzendes Vertrauensvotum zu Theil geworden und wird das französische Ministerium nunmehr ohne Zweifel das Tonkin-Unternehmen mir verdoppelter Energie durchführen. Zu wünschen wäre es jedoch, daß baldigst die Nachricht von der Besetzung Bacninh's und Sontay's durch die Franzosen ein träfe, beim das unerklärliche Stillschweigen über den Fortgang der militätischen Operationen in Tonkin fängt bereits in Frankreich an, Unruhe zu verbreiten. Dieselben würden durch die Einnahme der genannten Punkte ihren vorläufigen Abschluß erhalten, wie wenigstens Herr Ferry in der Deputirtenkammer ver sichert hat; das Weitere hängt von den Entschließungen Chinas ab. Spanien. Die andalusische Reise des deutschen Kronprinzen hat mit seinem Besuche in Granada, der einst sck glänzenden Hauptstadt der maurischen Könige, ihr Ende erreicht. Am Montag Abend traf der hohe Reisende, von Sevilla, der Hauptstadt Andalusiens kommend, in Granada ein und besuchte sofort die altberühmte Alhambra, das ehemalige Herrscherschloß der maurischen Könige, welches mit seinen 30 Thürmen, seinen weiten Höfen und prächtigen Palästen, seinen Moscheen, Springbrunnen, Säulen u. s. w. das herrlichste Denkmal arabischer Baukunst in Europa bildet. Am Dienstag besichtigte der Kronprinz die übrigen Sehenswürdigkeiten Granada's und setzte am folgenden Tag per Bahn die Reise direkt nach Barce lona fort, wo die Ankunft am Freitag den 14. d. M. erfolgen soll. Hier liegen bereits der „Prinz Adalbert" und die „Sophie" vor Anker, um den Kronprinzen wieder nach Genua zu geleiten. Serbien. Das standgerichtliche Verfahren gegen die verhafteten Rädelsführer der letzten serbischen Em pörung ist nunmehr zum Abschluß gebracht worden. In zwei Fällen erkannte das Gericht auf Todesstrafe, in zwei anderen Fällen auf mehrjährige Haft; doch wandelte König Milan die Todesstrafe für die Be treffenden in zehnjährige Haft um. Die übrigen An geklagten wurden sämmtlich freigesprochen und darf man wohl annehmen, daß diese mit Strenge gepaarte Milde der serbischen Negierung gegen die Urheber des Aufstandes ihres günstigen Eindruckes im Lande nicht verfehlen wird. Gegen die geflüchteten Insurgenten führer wird io oontuMaoiam verhandelt werden und soll nach Beendigung dieser letzten gerichtlichen Pro cedur die theilweise Demobilifirung der serbischen Truppen erfolgen. Ost-Asien. Die in Aussicht genommene gemein same Flottendemonstration der Mächte in den chinesischen Gewässern, zum Schutze der europäischen Interessen in China im Falle eines französisch-chinesischen Krieges, ist noch immer nicht aus dem Rahmen eines bloßen Projektes herausgetreten. Nur soviel soll gewiß sein, daß England an Deutschland, Italien und Nord- Amerika einen hierauf bezüglichen Vorschlag gemacht hat und daß Deutschland und Italien dem englischen Vorschlag, der im Wesentlichen auf die Stationirung einer europäischen Flotille von Kanonenbooten bei Kanton hinausläuft, bereits zugestimmt haben. Eine gleiche Einladung wird jedenfalls auch an die übrigen Mächte gerichtet werden und ist hierbei nur zu wünschen, daß dir nolhmendigen Maßregeln getroffen werden, ehe bereits der bekannte Fanatismus des chinesischen Pöbels größeres Unheil angestiftet hat.. Egypten. Egypten wird durch den Aufstand des Mahdi immer mehr in innere Schwierigkeiten verstrickt. Die jüngste Niederlage, welche die egyptischen Truppen in der Nähe von Suakim durch die aufständischen Beduinen erlitten haben und wobei ein egyptisches Bataillon beinahe gänzlich aufgerieben wurde, kann nur dazu dienen, die Zuversicht Achmed Mohammets, des „falschen Propheten", auf den endlichen Sieg seiner Sache zu stärken und ihm neue Schaaren fanatischer Anhänger zuzuführen. Daneben droht auch die Cholera wieder ihren unheimlichen Umzug durch das Pharaonenland zu halten, denn in Alexandrien, Siut und andern Orten Egyptens sind wiederum Cholera-Erkrankungen vorgekommen. Zur Ncifc des -eutschcn KronprinM nach Nom. Daß die Nachricht von der Reise des Kronprinzen, der nun seit vierzehn Tagen unter den erfreulichsten Umständen in Spanien weilt, von dort nach Nom mit einer gewissen Ueberraschung ausgenommen wurde und sich in Hinblick auf die eigenthümliche Lage des Kir chenstreites sogar Gerüchte von einer Mission des Kron prinzen beim Papste knüpften, durste in mancher Be ziehung natürlich erscheinen. Freilich ist nun aber gerade dasjenige nicht wahr, was man an eine an gebliche kirchenpolitische Mission des Kronprinzen in Nom knüpft. Der Besuch des Erben der deutschen Kaiser- und preußischen Königskrone in der Hauptstadt Italiens gilt in erster Linie seinem königlichen Freunde und dem in politischer und persönlicher Freundschaft auch dein Kaiser Wilhelm verbundenen König Humbert von Italien und dessen erlauchter Familie und wenn man will, auch dein italienischen Volke, welches bereits neulich in Genua für den deutschen Kronprinzen so herzliche Sympathien an den Tage legte. Daß der kronprinzliche Besuch in erster Linie diesen Zweck hat, geht schon daraus hervor, daß für den Kronprinzen im Quirinal, im königlichen Residenzpalaste in Rom, mehrere Besuchszimmer eingerichtet werden und der königliche Hof in Italien auch bereits darüber unterrichtet ist, daß der deutsche Kronprinz am 17. oder 18. Dezember in Nom eintreffen wird. Der Aufent halt des hohen Herrn in der ewigen Stadt dauert auch nur zwei oder drei Tage, da der Kronprinz zu Weih nachten wieder in der Heimath und im Kreise seiner Familie zu sein wünscht. So darf man getrost die Reise des Kronprinzen nach Rom auf einen Akt persönlicher Freundschaft und Courtoisie zurückführen, wobei es allerdings selbstver ständlich ist, daß der Kronprinz auch im Namen seines hochbetagten und an weiten Reisen verhinderten kaiser lichen Vaters in Nom erscheinen und entsprechende Worte im Namen von Deutschlands Kaisers und Reich an Italiens Souverain, der sich als ein aufrichtiger Bundesgenosse im Friedensbunde gezeigt hat, richten wird. Möglich ist es aber auch, daß der deutsche Kron prinz während seiner Anwesenheit in Rom dem Ober haupte der katholischen Kirche einen Besuch abstatten wird, denn Kronprinz Friedrich Wilhelm wird dereinst auch Millionen Katholiken zu seinen Unterthanen zählen und es liegt deshalb für den künftigen Kaiser von Deutschland sehr nahe, mit dem Oberhaupte der katho lischen Kirche, das soviel über die Katholiken vermag, eine Begegnung zu haben. Sollten bei derselben auch einige Worte über den derzeitigen Stand der Kirchen frage in Preußen und Deutschland fallen, so werden sie seitens des Kronprinzen gewiß sehr friedlich lauten aber auch die Grenzen betonen, die Staat und Kirche in Preußen und Deutschland sich gönnen müssen. Der Besuch des Kronprinzen im Vatikan gründet sich in dessen vorläufig nur auf Möglichkeiten und es ist da her besser, diesen Besuch nicht eher wieder zu diskutiren, als bis er eine Thatsache geworden ist. Im Vorder gründe der Mission des Kronprinzen in Nom kann nur sicher der Freundschastsaustausch mit der italieni schen Königsfamilie stehen, wie wir bereits vorstehend erwähnten. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 13. Dezember. Am 10. d. M. weihte Herr Restaurateur Heinold die in seinem Saale „Zur Reichskrone" neugebaute Orchestermuschel durch ein von dem königl. Musikdirektor Herrrn A. Trenkler mit seinem Chor gegebenes Concert würdig ein. Die Leistungen der wohl renommirlen Militärkapelle sind aus früherer Zeit auch hier wohl bekannt und durfte man daher wohl auf einen zahlreichen Besuch hoffen, wie man sich denn auch nicht getäuscht hatte, denn über 500 Zuhörer waren erschienen, um sich an der exakten und wohl uüancirten Ausführung des trefflich gewählten Programms zu erfreuen. Die Festouverture von Scharwenka erwies sich als vor treffliches Einleitungsstttck des aus älteren und neueren