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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.11.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18981123012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898112301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898112301
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-11
- Tag 1898-11-23
-
Monat
1898-11
-
Jahr
1898
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib. Tabellarischer und Zissernja» «ach höherem Tarif. Sxtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbrförderung 70.—. Annahmeschluß sur Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4UHL Lei den Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an dk Expedition zu richten. —> Druck und Verlag von E. Polz ta Lelpzl« 533. Mittwoch den 23. November 1898. 92. Englands und Deutschlands Colonialpolitik. SS Seitdem es bekannt geworden war, 'daß zwischen Deutsch land uwd England ein Abkommen über coloniale Fragen getroffen worden sei, schlug in England der deutschfeindliche Ton, in dem man sich seit Jahren gefallen hatte, in Wohlwollen um. Jetzt hat sogar der Minister Chamberlain, der zur Zeit der berüchtigten Transvaal-Asfairr in wenig geschmackvollen Ausfällen gegen Deutschland excellirte, sich freundlich über das Verhältniß beider Staaten zu einander ausgesprochen, und die mit diesem englischen Staatsmann be sonders sympathisirende „Times" stellt sich auf den selben Standpunkt des Zusammengehens beider Staaten, insbesondere in colonialen Fragen, indem sie anerkennt, daß auf diesem Gebiete England sich Nicht über eine Politik der Nadelstiche Deutschlands beklagen könne. Diese Anerkennung ist sehr freundlich, aber von deutscher Seite kann das Lob nicht erwidert werden. Deutschland hat sich vom Beginne seiner colonialen Politik ab einer Politik der Nadelstiche durch England zu erfreuen gehabt. Sowohl in Süd west-Afrika wie in Südost-Afrika wurde di« Entwickelung durch englische Jntriguen gehemmt; die Bedeutung der südost afrikanischen Colonir für Deutschland wurde durch jenen Ver trag, in dem England sich 'das werthvollste Land Ostafrikas, Uganda, und den Punct, an dem der ganze ostafritanische Handel sich concentrirt, Zanzibar, einsteckte, beträchtlich herabgemindert; die Absicht Englands, von dem Congostaate einen längs der Westgrenze Deutsch-Ostafrikas sich hinziehenden Streifen zu pachten und dadurch Deutsch-Ostafrika vollständig zu um klammern, konnte nur durch einen energischen Protest der deutschen Regierung Hintertrieben werden; als sich endlich vor Jahresfrist Deutschland in China eine Einflußsphäre sicherte, wurde von englischer Seite am meisten Lärm erhoben. Es läßt sich nicht bestreiten, daß die englische Gegnerschaft der colonialen Entwickelung Deutschlands Abbruch gethan hat, irm so mehr, als diese Gegnerschaft den Gegnern der Colonial politik in Deutschland selbst zu statten kam. Deutschland hat darum wenig Grund, der Haltung Englands gegenüber den deutschen colonialen Bestrebungen in den letzten anderthalb Jahr zehnten sich mit Dank zu erinnern. Es sind dadurch mancherlei Nachtheile entstanden, die nicht mehr gut zu machen sind. Trotzdem wird cs zweifellos von Werth sein, wenn in Zu kunft die englisch: Colonialpolitik der deutschen Politik wohl wollender entgegrnkommt. Es wird ihr nicht an Möglichkeiten fehlen, dieses Wohlwollen zu bethätigen. In Afrika wird früher oder später der portugiesische Besitz frei werden müssen, denn ein zerfallender Staat wie Portugal kann ebenso wenig, wie Spanien es konnte, seinen Colonialbesih behaupten. Es wird, was noch viel bedeutungsvoller ist, aller Voraussicht nach einmal der Congostaat in Trümmer gehen, weil er an seinem Riesenumfange leidet. Ein so ungeheures Gebiet kann sich nur erhalten, wenn es in einem mächtigen europäischen Staate einen Rückhalt hat, nicht aber, wenn es sich nur auf den per sönlichen Ehrgeiz des Herrschers eines Kleinstaates stützen kann. In beiden Fällen wird sich zu zeigen haben, ob England auf einer gerechten Basis sich mit Deutschland in die freiwerdenden Einflußsphären zu theilen geneigt ist. Des Weiteren wird früher oder später das deutsch-rnglisch-rrmerikanische Condo- minium auf den Samoa-Inseln ein Ende nehmen müssen, weil cs ein Unding ist. Die Jns«ln leiden darunter, und keiner der drei Staaten hat einen rechten Vortheil. Das englische Inter esse an den Samoa-Inseln ist das geringste; es handelt sich vorwiegend um Deutschland und die Vereinigten Staaten, von welchen beiden Mächten wiederum Deutschland das größere Interesse und den begründeteren Anspruch besitzt. Es wird sich gegebenen Falles also zu zeigen haben, ob England bereit ist, dem deutschen Ansprüche zu seinem Rechte zu verhelfen. Schließlich ist es möglich, daß die chinesischen Angelegenheiten sich so entwickeln, daß die Vergrößerung der Einflußsphäre der in China interessirten europäischen Staaten «durchführbar ist. England ist schon jetzt gut daran, denn, wie erst jüngst der englische Kriegsministcr anerkannt hat, der reichste Theil des chinesischen Reiches befindet sich bereits innerhalb der englischen Einflußsphäre. England würde also eine Erweiterung des deutschen Besitzstandes in China sehr wohl vertragen können. Es wird sich nun zu zeigen haben, ob England hier neidlos Deutschland Borthcile erringen lassen will. Das bisherige Verhalten Englands in colonialen Fragen nicht nur Deutschland, sondern allen Mächten gegenüber, läßt die Hoffnung, daß England sich zu einem Förderer deutscher Colonialbestrebungen umwandeln wird, nicht allzu groß er scheinen. Die Engländer haben bisher dir Gepflogenheit gehabt, sich nicht damit zu begnügen, sich selbst zu sättigen, sondern es auch Anderen zu mißgönnen, wenn sie sich sättigen wollten. Bis also die englische Freundschaft die Probe besteht, wird man die wohlwollenden Aeußerungen Chamberlain's und der englischen Presse eben nur als Worte ansehen können. Es ist zu hoffen und zu erwarten, daß die deutsche Regierung vorsichtig genug sein wird, nicht baare Münze gegenüber unsicheren Zukunfts wechseln hinzugeben, sondern daß sie die englische Freundschaft nur Zug um Zug und bei praktischer B«thätigung er widern wird. Di ¬ moralische Berechtigung der Ausweisungen. Obwohl das Centrum und der rechte Flügel der Freisinnigen nicht mehr in jener unbedingten Opposition zur Regierung stehen, wie in früheren Jahrzehnten, und obwohl dadurch dir Homo genität der früheren Anticartellparteirn gelockert ist, so ist es doch bcachtenswerth, daß in manchen Fragen noch jener Zusammen hang herrscht, der rn der Reichstagssession von 1885—86 zu der leidenschaftlichen Verurtheilung der Bismarck'schen Aus weisungspolitik führte. Von der „Köln. Volksztg." über die „Voss. Ztg." und die „Freis. Zig." hinweg bis zum „Vorwärts" werden di« von der preußischen Regierung letzthin veranlaßten Ausweisungsmaßregeln auf das Schärfste getadelt. Man kann es den Anticartrllparteien nicht verwehren, in dieser Frage ge schlossen aufzutreten, aber man ist genöthigt, Einspruch zu er heben, wenn sie vor dem Auslände und im Inland« den Eindruck zu erwecken suchen, als ob sie im Namen des gesummten deutschen Volkes und der gesummten deutschen Presse sprächen. So schreibt 'die „Voss. Ztg.", indem sie die Ausweisungen als eine Be leidigung der Staaten, deren Angehörige davon getroffen werden, bezeichnet: „An dieser Beleidigung wünscht das deutsche Volk keinen Antheil zu haben. In diesem Sinn« hat sich die Presse ausgesprochen." — Es ist dies die alte Fiction der Oppositions parteien, als ob das Volk nur aus Anhängern der Opposition und die Presse nur aus Organen der Opposition bestünde. In weiten Kreisen «des Volkes und in einem erheblichen Theile der Presse ist man vielmehr der Ansicht, daß die Ausweisungs maßregeln keineswegs Acte der Willkür seien. Gewiß sind die einzelnen ausgewiesenen dänischen oder polnischen Arbeiter nicht als Agitatoren thätig und dadurch lästig, aber sie sind durch ihre Mass« und dadurch gefährlich, daß ein großer Theil der Be wohner der Gegenden, in denen sie sich niederlassen, des gleichen Volksstammes und der gleichen Gesinnung sind, wie sie selbst. Wenn sich russische oder österreichische polnische Arbeiter in Schleswig-Holstein und dänische Arbeiter in Posen oder Ober schlesien niederließen, so würde die preußische Regierung an Ausweisungen wohl nicht denken. Da sich aber die D ä n e n in Nord-Schleswig und die Polen in Posen oder Schlesien niederlassen, so liegt die Sache anders. Sie ver stärken hier Sympathien und Anschauungen, die der Existenz des preußischen Staates und eventl. auch Deutschlands gefährlich werden können. Jeder andere Staat würde zweifellos in gleicher Weise vorgehen. Wenn unter der Bevölkerung Jütlands Sympathien für den Anschluß an Deutschland oder in der Bevölkerung Französisch-Lothringens Neigung zur LoSreißung von Frankreich bestünden, so würden die Anticartrllparteien sicher rin sehr gutes Verständniß dafür haben, wenn die französische oder die dänische Re gierung den Zuzug von Reichsdeutschen nach diesen Gegenden zu verhindern suchten. Es ist aus politischen und militairischen Gründen keineswegs gleichgiltig, wie die Bevölkerung Nord- Schleswigs zusammengesetzt ist. Man geht wohl in der Annahme nicht fehl, daß weder die „Köln. Volksztg." noch die „Voss. Ztg." bindende Zusagen der dänischen Regierung erhalten Haden, daß sie im Falle eines Krieges Deutschlands mit Frankreich stricte Neutralität wahren werde. Tritt Rußland noch auf Frankreichs Seite, so ist die Neutralität Dänemarks sogar unwahrscheinlich. Zum Mindesten aber würde Deutsch land beim Beginn eines Krieges Truppen an der deutsch dänischen Grenze aufstellen müssen. Je weniger sicher man nun der Bevölkerung des Grcnzstriches sein kann, desto stärker wird die zum Schutze der Grenze aufgeboten« Truppenmasse sein müssen, denn sie wird dann nicht nur di« Aufgabe haben, den etwaigen dänischen Feind im Schach zu halten, sondern auch die mit dem Feinde sympathisirende Grenzbevölkerung zu zügeln. Je geringer also dir Zahl der dänischen und dänisch gesinnten Bevölkerung Nord-Schleswigs ist, desto bescheidener wird der militairischr Grenzschutz sein können. Das ist denn doch nicht gleichgiltig, denn der Erfolg eines nächsten Krieges kann davon abhängen, wie starke Truppenmassen sofort an die Ostgrenze und an die Westgrenze geworfen werden können. Diese Truppen können natürlich um so stärker sein, je weniger Truppen zu anderen Zwecken festgehalten werden. In diesem Sinne kann man di« Ausweisung von Dänen als eine militairischpolitisch« Maßregel ansehen, und gegen diese Maßregel, die den Staat nichts kostet, sollten sich eigentlich am wenigsten Diejenigen wenden, die bei jeder Verstärkung der Wehrkraft darüber jammern, wie viel sie kostet. Es zeigt sich aber wieder einmal, daß diese Parteien, wie so oft, den alten Grundsatz, dem Menschen sei das Hemd näher als der Rock, für die Politik nicht anerkennen wollen. Es ist ihnen viel wichtiger, daß gegen Dänen und Polen, also gegen Angehörige fremder Staaten, die größte Rück sicht geübt wird, als daß der Staat auf seine eigenen Interessen Rücksicht nimmt. Es ist zu erwarten, daß die preußische Re gierung sich durch die Mahnungen dieser Presse ebensowenig abschrecken lassen wird, wie durch die Drohung, daß der Reichstag ein gewichtiges Wort sprechen werde. Die An gelegenheit ist in erster Reihe eine preußische, und bei den Mehrheitsverhältnissen des preußischen Abgeordnetenhauses kann die Regierung der Zustimmung der Mehrheit der Ab geordneten sich versichert halten. Deutsches Reich. U Berlin, 22. November. Zur Durchführung zweier Abschnitte des Bürgerlichen Gesetz buches hat jüngst der Bundesrath Bestimmungen über das Vereinsregister und das Güterrechts register erlassen. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erlangen bekanntlich Vereine, deren Zweck nicht auf einen wirth- schastlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen Amtsgerichts Rechtsfähigkeit. Die §8 55—59 des Bürgerlichen Gesetzbuches setzen die Be dingungen fest, die vor der Eintragung von dem Verein erfüllt sein müssen. Die neuen Bestimmungen des Bundesrathes be treffen lediglich die formalen Einrichtungen, die zwecks Erfüllung der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches von den Ge richten getroffen werden sollen, so die Anlage besonderer Acten für jeden eingetragenen Verein, die Führung eines alphabetischen Verzeichnisses der Vereine u. A. m. Die Güter rechts- register sollen umfassen: Angaben über die Beschränkung oder Ausschließung des der Frau nach ß 1357 des Bürgerlichen Gesetzbuches zustehenden Rechts, sowie die Aufhebung einer solchen Beschränkung oder Ausschließung, die Ausschließung oder Aenderung der Verwaltung UNS Nutznießung des Mannes, sowie die Aufhebung oder Aenderung einer in dem Güterrechtsregister eingetragenen Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse und der Einspruch des Mannes gegen den selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes der Frau oder der Widerruf seiner Ein willigung, sowie die Zurücknahme des Einspruchs oder des Widerrufs. Bei der Eintragung von Vorbehaltsgut kann zur näheren Bezeichnung der einzelnen dazu gehörenden Gegenstände auf ein bei den Registcracten befindliches Verzeichnis! Bezug genommen werden. * Brrlin, 22. November. Bei den jüngsten Beratbungen über Postreformen soll auch über die schon mehrfach erörterte Herabsetzung der Gebühr für Postanweisungen über kleine Beträge verbandelt worden sein. In einem sachkundigen Artikel der „Nation" werden die bezüglichen Einrichtungen anderer Länder dargelegt. ES ist daraus zu entnehmen: In vielen anderen Ländern bestehen billige Postanweisungen für kleine Beträge, sog. Postbons, längst. Der Werthbelrag ist auf diesen meist bereits fest eingestemvelt, und Tbeilbelräge in Scheide- münze können vielfach durch Auskleben von Freimarken übermittelt werden. So bat man z. B. in Frankreich Postbons zu 1, 2 und b Francs: Gebühr 5 Centimes (--- 4 /H); zu 10 Frcs.: Gebühr 10 CtS. (8 ^); zu 20 Frcs.: Gebühr 20 Cts. (16 ^). Und in England zu 1 und 1'/, Shilling: Gebühr Penny (gleich 4'/« -H); »u 2 bis 10'/, Shilling: Gebühr 1 Penny (— 8'/, In Belgien bis 10 Frcs.: Gebühr 5 Centimes; 11 bis 20 Frcs.: 10 Cts. Achnliche Sätze für Postbvns bestehen in Holland, Luxemburg und in den australischen Staaten. In den Vereinigten Staaten von Amerika sind 3 Cents (12 für Beträge bis zu 4 Doll. 99 Cents angesetzt. Auch wird hier der Betrag erst beim Absenden fixirt. Diese Postbons lauten auf den Namen des Empfängers, und in den meisten Ländern werden sie nicht gesondert und offen versendet, sondern der Absender hat sie, wie auch Postanweisungen, mittelst eines Brieses selbst zu befördern. Dadurch kommt natürlich noch Las Briefporto hinzu und die Gebühr wird in Folge dessen erheblich vcrlheucrt. Auch wird in der Regel daS Geld vom Empfänger selbst gegen Vor weisung des qniltirten Bons auf der Post abgeholt. Nur ein Land bat eine geradezu musterhafte Art von Postbons. Das ist Italien. Seit dem 1. October 1890 bestehen hier die sogenannten Lktikoline-VsA'iL, zu deutsch Werthpostkarten oder Geld post- karten. Die Gebühr beträgt für die festcingestempelten Werthe von 1, 2, 3, 4 oder 5 Lire: 10 Centesimi (8 -A; kür 10 Lire: 15 Cent. (12 ^); 1b Lire: 20 Cent. (16 ^L); 20 Lire: 25 Cent. Feirilletsn. Plaudereien über deutsche Thiernamen. Bon Karl von Stein. Nachdruck »erdotea. III. Der Uebergang von den Schafen zum Rindvieh liegt nahe. Da hätten wir es denn mit OchS, Kuh und Kalb zu thun, an denen „Alles werthvoll ist". Rind bedeutet ursprünglich ganz allgemein die Gattung d«S bekannten, seiner Verwendbarkeit zum Ziehen, seiner Milch und seines Fleisches wegen nützlichsten Hausthieres der Germanen. Es bezeichnet eine Unterfamilie der Hornthiere, die außer dem Hausrinde noch verschiedene andere wilde Rinderarten umfaßt. Der geringe Schaden, den letztere anrichten, verschwindet gegen den Nutzen, den die zahmen, heimischen Rinder leisten, fast gänzlich. Unter Rind kann jedes Stück Rindvieh, daS nicht mehr Kalb ist, verstanden werden; selbst der Zuchtstier wird in manchen Gegenden „Gemeinderind" genannt, weil er der ganzen Gemeinde gehört. Wahrscheinlich hat diese allgemeine Zugehörigkeit dem Bannstier auch den Namen „Bürgermeister" verschafft. Nach einer anderen Erklärung habe das Halten de» Bullen (oder Bollen, welche Form in manchen Gegenden für hochdeutsch gilt) unter den Bauern gewechselt und der jedesmalige Pfleger des wichtigen Hauptthieres sei „Bürgermeister" — der auf dem Lande früher ja nicht vertreten war — genannt worden; später sei die Bezeichnung vom Menschen auf den Vater der Gemeindeheerd« übertragen worden. Der Grundbegriff de» Worte» Bulle ist vielleicht auf di« Wurzel dell in bellen zurückzuführen. Wir be gegnen demselben Ausdruck in „Bullenbeißer", dem Hund, der auf einen Stier abgerichtet ist, sowie auch in John Bull, wie seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts die Engländer genannt werden. Es empfiehlt sich nicht, über sein eigenes Vaterland Witze zu reihen. In diesem Falle trägt John Arbuthnot, ein Freund Swift'S und Pope'», der Leibarzt der Königin Anna, nach deren Tode 1714 er in Schwermuth fiel, die Schuld. In seinem satirischen Werke Histnrzi ok Dnrop», das 1812 in Leipzig unter dem Titel „Swift'S und Arbuthnot's auserlesene Werke" als Uebersetzung erschien, ließ er den Deutschen unter dem Namen Nikola» Frosch, den Franzosen unter «dem Namen Louis Pavian und den Engländer unter dem Namen Johann Bulloch» auftreten Miosiolas Pros. I-evi« Ladocm, äotur Lull). — Der Zuchtsiier wird auch Brüll-, Brumm-, Fasel- Ochs, Reitochse u. s. w. genannt. Ochs« und Stier sind beide gemeinindogermanisch« Bezeichnungen mit dem Grundbegriff dessen, was sie sind: Beschützer und Mehrer der Heerde. Daß mit großer körperlicher Kraft häufig Dummheit verbunden ist, be wahrheitet sich beim Rindvieh sowohl als auch unter den Men schen. Der von Luther in seiner Bibelübersetzung mehrfach ge braucht« und in der Kautzsch'schen Uebersetzung meist beibehaltene Ausdruck Farr, Farr« für einen jungen Stier, der ins zweite Jahr geht, wird außer in Zusammensetzungen jetzt nur selten gefunden, dagegen lebt die zugehörige Form für das weibliche Thier: Färse „junge Kuh, die noch nicht gekalbt hat", weit verbreitet in Rede und Schrift. — Gemeinindogermanisch ist das uralte Wort: Kuh, das in gleicher Weise wie Ochs, Schaf und Hund beweist, daß die Jndogermanen bereits vor der Trennung in die späteren Stämme sich Hausthiere nützlich gemacht hatten. Kuh ist ein kurzes, aber inhaltsschweres Wort — Milch! Butter!! Käse!!! —; es klang voller im urheimathlichen Osten (im Sanskrit heißt es xNus) und hat sich in gleichsam verdünnter Form bei uns eingebürgert. Der wirthschaftliche Werth des Thieres steigt zusehends durch Kunst und Genossenschaft. Dabei welch' Prachtanblick gewährt eine Heerde schöner Kühe auf röthlich blühender Kleetrift einem ge sund fühlenden Menschen! Die Begriffsentwickelung von Wonne „Wiese" zu Wonne „Freude" soll nicht haltbar vom wissenschaft lichen Standpunkt aus erscheinen, aber verführirisch einleuchtend war sie. Weitet sich Einem bei solch' grüner Weide doch förmlich daS Herz, so daß man für Karl Julius Weber Verständniß ge winnt, der in den „Briefen eines in Deutschland reistrOxn Deut schen" bei Gelegenheit deS ostfriesischen Reiderlandes zu dem Ausruf sich versteigt: „Wenn ich ein Vieh wäre, möcht« ich ewig bei Jemgum grasen!" — Mäus heißt die Kuh nach dem gleich lautenden Schmeichelworte, mit dem man sie ruft in der Provinz Hessen-Nassau und am Südabhange deS Thüringer WaldeS. In ähnlicher Weise wird in dem Winkel des Rheins, zwischen dem Frickthal und ehemaligen Sundgau und weiterhin in mancherlei Abwandlungen bis an die Vogesen und Alpen und über den Schwarzwald hin in einem großen Theil von Schwaben die Kuh „Mummest" genannt und gerufen. Das Junge der Kuh, „das Kalb", ist nicht zu verwechseln mit „di« Kalb«" (in Oesterreich: dl« Kälm), worunter ein erwachsenes weibliches Kalb, das aber noch kein Junges gehabt hat, verstanden wird. Dieselbe Bedeutung hat da» neuhochdeutsch«, au» dem Niederdeutschen übernommene Wort die Stärke oder Stark«. Die» ist die weibliche Form des Hildtiheimischrn Ausdrucke» Sterk, „junger Zuchtstier , der sich auch al» der StSrcht in der Schwei- findet. In norddeutschen Zeitungen liest man Anzeigen von „Quenenfleisch". Quene oder Quine ist ein niederdeutsches Wort für junge Kuh, die noch nicht „gekalbt" hat, auch nennt man die „Galtkuh", d. h. die Kuh, die aus bestimmtem Grunde (Unfruchtbarkeit, Krankheit) keine Milch giebt, Quene. Ob das Wort mit dem englischen gussn, „Königin", verwandt ist, steht dahin; der Grundbegriff des Wortes ist: Weib lichkeit, — Reich ist die deutsche Sprache an Ausdrücken, Verbindungen, Redensarten und Sprichwörtern, die mit dem Rindvieh, insbeson dere mit den Bezeichnungen Ochs, Kuh und Kalb Zusammen hängen. Zunächst liefert di« Bibel „das golden« Kalb". Heut zutage versteht man unter Anbetern des goldenen Kalbes vorzugs weise alle die Thalermillionaire, die nicht von dem Bewußtsein ihrer Pflichten gegen die Allgemeinheit durchdrungen sind und sich einbilden, das Recht zu haben, mit ihren Schätzen zu machen, was ihnen belieb«. „Kalb Mosis" ist in manchen Ge genden ein beliebtes Schimpfwort. Eigentlich ist es ein Fluch d«r schlimmsten Art, indem es den Wunsch ausspricht, es möge dem Andern so ergehen, wie es nach 5. Mos., 9,21 dem Kalbe Aaron's durch Moses ergangen isi. — Mit „fremdem Kalbe pflügen", mit fremder Hilfe ein« Aufgabe lösen, etwas Schwieriges ausführen. Simson's Fwu verrieth die Auflösung des Räthsels „Speise ging aus vom Fresser und Süßigkeit ging auS von dem Starken" ihren Volksgenossen, so daß sie Simson anreden konnte: „Was ist süßer als Honig? Und was ist stärker als der Löwe?" Er erwiderte ihnen: „Hättet Ihr nicht mit meinem Kalbe gepflügt, so hättet Ihr m«in Räthsel nicht errathen." Daß Simson s«ine Frau nur mit der Bezeichnung „Kalb" beehrte, war milde ge- urtheilt (er versuchte ja auch bald nachher, ihr wieder einen Be such abzustatten, was aber sein Herr Schwiegervater vereitelte), denn unter Kalb ward und wird nur ein unbeholfenes, muth- williges, unbesonnenes Geschöpf verstanden, Simson's Frau hatte sich aber hinterlistig und treulos gegen ihren Herrn und Gemahl benommen. — In dem Sinn« „Wie gewonnen, so zerronnen" ge brauchen Deutsche, Holländer und Engländer diese Redensart. „Was hilft's, wenn die Kuh viel Milch giebt, wenn sie den Eimer wieder umstößt." — Wenn Einer sehen läßt, was er hat, oder was er kann, so sagt man wohl: „Wem di« Kuh gehört, der faßt sie bei den Hörnern." — Aus der Kuhwirthschaft stammt auch: „Man soll melken, wenn's Zeit ist", wofür der Friese sagt: „Trinke Dein Bier, eh' es schal wird", und wofür Deutsch« und Kroaten sich in dem unanfechtbaren Ausrufe vereinigen: „Alles hat sein« Zeit." — Auch deS BlindekuhspielS sei erwähnt, wenn eigentlich auch in abwinkendrm Sinne. Im Grunde hat eine Kuh mit dem Spiel« nicht» zu schaffen. SS wird mit verbun denen Augen ein Schlag ausgeführt. Ein Schlag heißt auf französisch: un eoup (ku). Durch Umdeutschung ist vielleicht (ähnlich wie Schanze in der Redensart: „sein Glück in die Schanze schlagen", d. h. aufs Spiel setzen, aus dem französischen offanos „Wurf im Spiel" entstanden ist) aus dem emip eines Blinden „der Blindekuh" geworden, wie das Spiel in früheren Zeiten auch hieß. In dieser Weis« lautet die Erklärung in Schrader's „Bil derschmuck der deutschen Sprache". Ihr sei entgegnet: „Im Englischen heißt das Spiel LlinckmLn's dnkk „Des Blinden Stoß". Dies würd« eine Analogie für den Schrader'schen ooup (ku) bieten. In Sllddeutschland heißt aber das Blindekuhspiel „blind« Mäuse spielen". Hierdurch steigen die Aussichten (Chan een) für das Thier (Kuh) wieder. Vielleicht hat die Erziehung: künde hierbei eine Rolle gespielt. Handelt es sich beim Blindekuh - spielen doch zunächst darum, einem Mitspielenden ein Tuch der artig vor die Augen zu binden, daß er, wie ein Blinder, nichts sihen kann. Dagegen aber, daß Kinder das schwere Unglück dcr Blindheit im Spiele darstellen und sich an der Unbeholfenhcit des Blinden höchlich ergötzen, sind seinerzeit vielleicht pädagogische Bedenken wacbaerufen. Diese haben dann bewirkt, daß die Kin der, um das Spiel harmloser zu machen und zur Erhöhung der Belustigung sich einbilden sollen, der oder die Blinde im Spiele sei ja keine menschliche Persönlichkeit, sondern eine kleine Kuh oder ein Mäuschen. „Für den Verständigen genug!" — 5. Mos., 25,4 findet sich das bekannte: „Du sollst einem Ochsen beim Dreschen keinen Maulkorb anlegen." Hierin liegt eine gewaltige Mahnung an alle Arbeitgeber, menschlich zu sein, die Arbeiter nicht auszu beuten und ihnen das Aufathmen, die erforderliche Erfrischung und „die Hilfe" nicht zu versagen. — Der Ochse gilt als Sinn bild unbändiger Kraft und Stärke. Auch Götz von Berlicbingen ruft den Bürgern im Heilbronner Rathhause, die ihn ergreifen sollen, zu: „Wer kein Ungrisch«r Ochs ist, kommt mir nicht zu nah!" — Jeder deutsche Student versteht, was „ochsen" bedeutet, und durch ihn weiß es die ganze Welt. Außerdem ist er aber auch ochsig (Umstandswort der Verstärkung) fidel, daß er nicht immer zu „büffeln" braucht, sondern bisweilen auch „in der Grimmai- schen" lustwandeln („schwimmen") kann. — Zum Schlulle sei eS vergönnt, die Aufmerksamkeit des Lesers noch auf das Schwein zu lenken. Hier sind zunächst das Haus thier von den „Schwarzkitteln" zu trennen. — Im Altgermanischen ist Schwein Verkleinerungswort zu Sau. Man ist geneigt, die Thatsach«, daß dieses eigentliche Di minutiv mit d«r Zeit die Bezeichnung für die ganze Gattung ge worden ist, auf die außerordentlich« Fruchtbarkeit deS Thieres zurückzuführin. E» spielt da» Junge der Sau dadurch förmlich
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