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Unterhaltung und Geschäftsverkehr. M M Montag, den SS. Juni. 1857 Erscheint tägl. Morg. 7 Uhr. Inserate die Spaltzcile zu b Pf. werden bis Abends 7 Uhr (Sonntags von 11—2 Uhr) angenommen. 1. Abon nement ä Vierteljahr 1 Thlr.. (60 Zeilen unentgeldl. Inserate); 2. Abonnement s Vierteljahr 15 Ngr. bei unentgeldl. Lieferung in's Hau« Für auswärts durch die Post s Vierteljahr 19 Ngr—Einzelne Nummern 1 Ngr. Expedition: Johannes-Allee 6 u. Waisenbausstraße k pt. Local- rinh Provinnal-Nachrichten. Dresden, den 29 Juni. — Der Stadtrath und die Stadtverordneten geden ken zur Erinnerung an die vor 25 Jahren in Dresden eingeführte allgemeine Städteordnung Sonnabend den 4. Juli d. I. im Saale der Harmoniegesellschaft ein Fest mahl zu veranstalten. — (Fortsetzung der vorgestrigen Gerichtsverhandlung.) Die Ermordete wurde nun abgewaschen, wozu Zeische auf Veranlassung der Büttner warmes Wasser holte und bei dieser Gelegenheit seinen Pelz anzog —, die Wäsche habe er den Tag nicht gewechselt. Er behauptet, hierbei immer noch nicht die Wunden gesehen zu haben. Der Präsident erklärt diese Aussage für eine starke Zumuthung, die der Ang. dabei an den Glauben der Richter stelle. Auch sei es auffällig, daß der Ang. die kleinern Blutflecken ausge waschen habe, während er die großen Blutflecken unberührt gelassen. Der Polizeibeamte, Hr. Jnsp. Forkhardt, ist so dann gekommen. Dieser habe »hm bemerke, daß die Sache nachtherlig für ihn sei. Ob er die Aeußerung darauf ge- than: „die Leute würden sagen, er habe es gethan, aber er sei vor Gott unschuldig" wisse er nicht mehr. Der Prä sident zeigt dem Ang. darauf einen Beutel mit Geld (40 Thlr), der bei dem Ang. in einem Sitzkasten unter altem Leder aufgefunden sei. Der Ang. sagte: er habe den Beu tel, als er und Searle (der Stiefsohn der Ermordeten) an den Geldtisch gegangen, hcrausgenommen, auf den Tisch gelegt und später, unbemerkt von Anderen, in seine Tasche gesteckt. Anfangs hat der Ang in der Voruntersuchung ganz andere Aussagen über diesen Geldbeutel gemacht und nament lich auch „mit ruhigem Lächeln" angegeben: „es sei ein von ihm gesparter Nothpfennig, von dem 10 Thlr. der Käthe gehörten". Den Grund dieses Wechsels in der Aussage motivirt der Ang. damit, daß er mit Searle habe erst auseinanderkommen wollen, dann würde er vielleicht auch das Geld wieder hergegeben haben. Auch ein Kleid will der Ang., als er später zur Nachsuchung veranlaßt sei, um Spuren zu Entdeckung des Vekbrechens zu entdecken, aus dem offenen Kleiderschranke seiner Frau vermißt ha ben. Er versichert schließlich noch einmal „vor Gott" seine Unschuld. Das Sektions-Protocoll, welches verlesen wurde, führt an, daß an Gesicht, Kopf, Armen und Händen 18 offene Wunden sich befanden. Der Tod sei in Folge der Kopfwunden unmittelbar erfolgt. Wie viel Schläge er folgt seien, sei nicht festzustellen, die Wunden aber seien mit einem stumpfen, kantigen Instrumente mit großer Kraft bewirkt worden. Med -Rath Siebenhaar bestätigt dieses Protokoll und fügt hinzu, daß er den Ang. am Körper untersucht habe, ob er Spuren irgend einer Art von Kampf an sich trüge, den er etwa mit seiner Ehefrau zu bestehen gehabt habe; er habe aber nichts der Art entdecken können. Cs folgte die Befragung der geladenen 24 Zeugen. Die ersten derselben sagen: die Zeische habe sich gegen sie so ausgesprochen, als fürchte sie sich vor ihrem Manne; so habe sie geäußert: „es wird mir mit dem Kerl nichts paffiren." Zwei Lage vor ihrer Ermordung hat sie zu einer andern Zeugin geäußert: „er würde sie einmal ermurksen." Die Verhandlung gedieh noch nicht zu Ende und werden wir über den wäteren Verlauf im nächsten Blatte berichten. — Als wir in unserer Sonnabend-Nummer den fre quenten Sodawafferverkauf im Drogueriegeschäft des Hm. Westmann erwähnten, vermutheten wir nicht, daß derselbe am nämlichen Tage unsere Anerkennung schon nicht mehr nöthig hatte. Freirag Nachmittag war der thätige und beliebte Mann auf dem Boden beschäftigt und kurz darauf im Keller, in Folge dessen ihn ein tödtlicher Herzschlag traf. Heute früh wurde sein Irdisches dem Grabe übergeben. — Gestern Nachmittag in der sechsten Stunde brach plötzlich in dem niedern Gehölz bei der Prießnitzschänke Feuer aus, dessen Entstehungsursache bis jetzt noch nicht ermittelt ist, hauptsächtlich aber wohl durch die große Trok- kenheit herbeigeführt wurde. Rasch griffen die Flammen um sich, und nur der großen Thätigkeit der Herbeicilenden und der Umsicht des Försters Nitzsche ist es zu danken, daß das Feuer nicht zu weit um sich griff und nach einer halben Stunde gänzlich gelöscht war. — Briefe aus Wien und Hamburg, die »vir soeben erhalten, klagen über gänzlichen Mangel an Regen und fürchten Theueruna, wenn nicht sehr bald Regen kommt. — In Hamburg ward der Kaiser von Rußland erwartet, das Hotel de I'Europe ist gänzlich für ihn in Beschlag ge nommen. Es warten viele in Hamburg erbaute Kutschen auf ihn, die bestellt waren. „Die Stockdänen", schreibt man uns, „spotten über Deutschland, es ist haarsträubend."