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Sonntag i the und junge Bäume i (Ein Märchensür alte undjunge Leute-) E Alte Bäume und alte Menschen, junge Bäume und junge Menschen psle t man miteinander zu vergleichen; sie ähneln sich in ihrem inneren i Weich, Vielleicht auch manchmal in dem äußeren. « Namentlich wenn I solch alte und junge Bäume in Betracht kommen, die aus steiler Hohe, . znichen traftlosem Sandgeröll, der Sonnengluth und der bittersten i Kägebausgesetzh zu Grunde gehen, ohne des Daseins Freuden genossen . zu o en. . . » . Aber davon will ich eigentlich nicht reden, ich will ern Marchen erzählen, und weil mir das gerade so im Sinn liegt, beginne ich das « Märchen mit den bekannten Worten: Es war einmal! . « Also - es war einmal ein Baum. Lange schon, itber achtng Jahre, hatte er unsern einem Dorftirchlein u nicht weit von der Doiffchänle am Wege gestanden, hatte alle Unbilden des Wetters durch gelostet, hatte sich mit sichtbarem Behagen von der Sonne schön thun lassen, hatte von den Menschen, die in die Kirche wanderten, und dir-s Desnöm die in die Schänle schlüpsten, viel Gutes und Böses gehört u gee en. Allmälig - auch die Bäume lieben Abwechselung ward ihm Schnee und Eis und Sonnenschein, ward ihm das ehrbare Gesicht der Klkchektgänger und das verschmihte Schmunzeln der Schäntenbesucher Akslchåiltig er sehnte sich nach etwas Anderem. · »m liebsten wäre es ihm gewesen, wenn schnell ein paar Bäume gegenuberloder dicht neben ihm aus der Erde geschoszt wären und er Gkktgkzlheit gehabt hätte, die Erlebnisse plaudernd auszutauschen; denn die Baume weiter unten im Dorfe und die Bäume im Walde wußten» gtwisz manch interessantes Geschichtckåeöi zu erzählen. ; « Da der Himmel sedoch auch die iinsche der Bäume nicht immers nn vollen Um ang erfüllt, wuch en weder gegenüber, noch in der Nähe; des Baumes Kameraden empor. Darüber unzufrieden, begann deri Baum der Frühlin slu t sein Leid zu klagen. Die meinte, der Sachei i« schnell abzuhelfsm ie brauche dem Stamm des Baumes nur eins ng neue Jugend uzufiiåreem gleich würden ihm die schönsten Aestes Und Zweige entsprieizem it denen könne er dann nach her enslust schWAW ohne sich den gerin gen Zwang anzulegen, sie seien ja keine Fremdlinge, sondern seine näå en ngehörigem seine Kinder. Noch. ehe der Baum die Folgen edachte, ging die Frühlingslust mit dem ihr eigenen Leichtsinn an die Arbeit und flößte dem Baum iksmm Jugend und Jugendlrast ein. Als der Baum eines Morgens NEUGE- entdeckte er rechts und links ·ugendliche Genossen. Bescheiden Uslgktnupee sich vor ihm und baten, slein Gäste sein und bleiben, von itth arte und Safte mit zehren zu dürfen. Der Baum war überglücklich, er wußte gar nicht, wie er seine Glückseligkeit ausdrücken, was er den beiden Kindern versprechen sollte. Jkdmiulls gerieth er in das falsche Geleis, das so viele Eltern be treten. er gab den Schöszlingen das Beste, das er besaß, ohne aus sich Wst Pilck icht zu nehmen, er nährte und tränlte sie mit seinem Marte, W feinem Herzblute, während er darbie. Utppig entkalteten sich die jungen Bäume, der alte bågann zu er liaiienz ohllk da er sich iiber das Warum tlar ward. Die iderstandss zshkgktid die er dem Wetter, der Kälte und der Hitze bisher gezeigt W- schivand zusehends. v ZU der körperlichen Schwäche gesellten sich die ersten schiimmen . eigaben des Alters: Mißtrauen, üble Laune, die Sucht, immer mäteln, mater nach der eigenen Erfahrung und Anschauung belehren, immer ichlllmtistern zu wollen. Togen des Sonntags die Leute in Schaaren W Schonu, so gebot er en Bäumen, sich von den Schwelgern ab- HWVUL a nich etwa auf ihre gottlosen Redensarten Machtm. Vor 111-Climen- warnte er aber auch und schalt sie. id sollte ihre Haus und Herd. Reduktion von Silvia Bräuti, Dres d e n. -Miene seelische Armuth, bald Heuchelei bekunden. Kurz, der alte Baum hatte an Allen etwas auszusetzem er nörgelte ohne Unterlaß, e r w ar nicht mehr kräftig genug, die Welt und die Dinge zu nehmen, wie sie sind. Anfangs liörten die Jun en auf die Lehren des Alten, schließlich knickesten lgie die elben überdrüsFig das tägliche Einerlei gefiel ihnen m me r. Eines Nachts, indeß der alte Baum schlief, besprachen sie sich leise und kamen zu dem Resultat, dem Alten nicht mehr unbedingt ge gorchen zu wollen, sondern nach eigenem Gutdünlen zu leben, mit enjenigen, die in die Schänke eilen, ebenso Freundschaft Fu schließen, ebenso zu liebäugeln alg mit Denen, die zur Kirche schreiten. Der nächste Tag war gerade ein hoher Festtag und gan dazu geeignet, den Vorsatz der jungen Bäume zu unterstützen Von Früh bis spät tummelten sich die Menschen vor der Kirche und vor der Schänle, das Scherzen und Lachen nahm tein Ende. . Mürrischer denn je schaute der alte Baum darein, strenger als sonst untersagte er den jungen Schößlingen auf das Treiben zu achten, allein all’ seine Warnungen und Gebote bezweckten nur das Gegentheil, die Bäume zur Rechten und Linken streckten und reckten sich nach allen Seiten und gtitzerten mit den saftigen Blättern im Sonnenschein nnd gären Männer, Frauen und Kinder durch einen gar würzigen em an. »Hier dusiet es nach Pfingsten«, riefen die Leute, blieben stehen und streiche ten liebtosend die jungen Zweige. Andere meinten- I »Die beiden kleinen Narren, die dem alten Baum entwachsen sind, » sollten verpflanzt werden. Hier kommen sie nicht zur Geltung. Warum ; man den alten Stamm da in der Mitte nur nicht rechtzeitig entfernt jhatl Um den wäre es wahrlich nicht schade. Staat macht er nicht Mhs der stört sogar. Am besten würde er noch als Feuerholz am a e ein. s Wieder Andere äußerten nichts über die jungen Bäume, nichts über den alten Stamm, aber sie führten Gespräche, die wie Gift wirkten. Der alte Baum war ganz außer sich vor Schmerz, so also urtheilte man über ihn. Hatte er nicht auch genützt? Nützte er nicht noch? Wie oft hatte er dem müden Wanderer ein gastliches Dach, dem Landmann, der vom Regen überrascht wurde. Schutz geboten. Was thaten denn die jungen eitlen Laffen rechts und linlsf Sie prahlten und proßten mit der Jugend, sie imponirten durch die Kraft, die sie ihm dankten, die er ihnen opfer reudig abtrat, zu einer selbst ständigen Leistung waren sie nicht fähig. Während der alte Baum nach diesen leidvollen Betrachtungen in dumpfes Schweigen verfiel, glaubten die jungen Bäume, er sei ein eschlafen und begannen mit einander über die Erlebnisse des ver kläessenen Tages und über die Aussprüche der Pfingstgäste zu flüstern. ach ihrem Dafürhalten hatten dieselben völlig recht, der alte Baum war nicht allein entbehrlich, er stand sogar überflüssig, nutzlos, eine Un zierde, ein Aergerniß, da. Wie schön, wie herrlich würden sie sich ohne ihn entfalten, welch lustiges Dasein würden sie ohne den grämlichen Alten, den ewig fchulmeisternden Sittenprediger genießen können. Wenn cr nur fortzöge oder stürbe. a, wenn er stürbe, das wäre das Richtigste Zch habe lereits gesagt, daß der alte Baum nicht schlief, folglich. mußte er die undankbaren Kinder Sprechen hören. Gleich Dolchspißen dran en die Worte in sein armes erk. Ein Weh, das nicht zu be schreåsen ist, erfaßte den Greis, so met war es getommen, die jungen Schößlinge wünschten ihm den Tod. Gut, gut, daß er das nun wußte; gut, daß er wußte, sie brauchten ihn nicht mehr. Bisher hatte er immer geglaubt, sie seien nicht fähig, sich sekdst su erhalten und fortzufindem er hatte geglaubt, sie her Gefahren, 20. August. oor Feinden behilten zu mtifsen welch thörichter Wahn, sie waren to weltklug, so selbstsüchtig, so schonuiigs os, wie man sein muß, um es zu etwas zu bringen, er durfte ohne Sorge von ihnen scheiden. Jn dein Augenblicke, da der alte Baum das dachte, fuhr der Sturm auf schnaubenden Rossen vorüber-. »Haltl« rief der Baum, ~nimm mich mit, guter Freund, hast in gilheren Tagen oft in meinem Gaststüblein unter der dunkelgrünen lätterirone übernachtet, jeFt tannst Du mir’s vergelten, indem Du mich weit fort trägst. Deine P erde spüren die Last kaum, ich bin morsch, ausgetroanet.« Der Sturm lachte »Haha, Altercheii, so dumm sind wir nicht. Wenn ich Bäume entwurzelte und mit mir schleppe, so sind’s andere Kerlchen, wie Dii bist; bei Dir verrichtet es eine scharfgeschliffene Axt. Ade, aus Wieder sehen im Kamin.« Um eine neue Enttäuschung reicher, seufzte der Baum tief auf. Neu ierig eilte ein Fuchs herbei und forschte, was dem Alten fehle. Der berichtete sein Leid und schloß mit der Bitte, Gevatter Fuchs möge deii Stamm doch durchnagen, damit er stürbe. Auch der Fuchs lachte ob dieser Forderung hell aus. ein, danle für die Aufgabe; von Deiner Rinde habe ich woh! manchmal genascht, wenn der Hunger groß und weit und breit kein Hühnerstall offen war. Zu Pfingsten bin ich llZeiioch in meinem Bau so prachtvoll versorgt, ich kam le iglich aus eiigier, nicht, weil ich elfen wollte. Gegen solch alten halbtodten Greis, wie Du einer bist, kann man aufrichtig sein, der kann einem nichts mehr schaden-. Empfehle mich.« Traurig schaute der alte Baum dem Fuchse nach und weinte. Da erschien plötzlich in rosenrothem Schlafrocke und goldenen Pantöffelchen Frau Sonne. »Ei , schmeichelte sie, »was ist denn Dir geschehen, mein Altercheni Hast Du einen Zahn eingebüßt, will Deine Periiicke nicht mehr recht sitzen? Vielleicht ist die Schminke alle, und Du kannst Deine Runzeln nicht mehr verbergent Warte, ich schicke gleich zu einein Berjiingungs tinstler!« Schnell, wie sie gekommen, wollte die Sonne weghuscheii, der Alte indeß erfaßte eine Falte des Schlafrockes und lehie: »Ich will sterben, Frau Sonne. Versenge mich mtt Deiner Glut ,Du vermagst es. Als ich noch jung war, hast Du mich so gern geküßt, so gluhend geküßt, tiisse mich, dafz ich vergehe!« » . Nicht so höhnisch, wie der Sturm, nicht so listig wie»der Fuchs, sondern koteti liebenswürdig lachte Frau Sonne dein Alten ins Gesicht. »Meine Küsse, und zwar die heißesten, gebilhren der Jugend, nicht ;dem Alter; das Alter wärnie ich, der Jugend bringe ich Gluth. Durch meinen Kuß stirbt eine Rose, le n alter Baumstamm. Aber warte,»inir fällt etwas ein. Heut’ am Spätnachmittaz wollen die beiden Bruder Blitz und Donner die Gegend berühren, s ist nothwendig» daß die Lust nach dem Trubel sder Festtage gesaubert werde. «Wenn ich· es im Drange dcr Wirthschasisgeschäste nicht vergesse, will ich den Blitz fund den Donner ganz besonders auf Dich und Deinen Wunsch hinweisen. Inzwischen gräme Dich nicht allzusehr. Last meinen Schlafrock los, el; wo l!« Dan alten Baum war zu Muthe, als ob er umfinieii müsse. Von der Sonne hatte er Erbarmen, Mitgefiihl erwartet und sie speiste ihn so kalt, so bagatellmäßig ab. Er wankte auch wirklich ein paar Mal hin und her, so daß die jungen Bäume vergniigt einander zunickten und sich einbildeten, sie könnten bald die lachendeii Erben spielen· . Am Nachmittage-, genau, wie die Sonne gesagt hatte, stellten sich Blitz und Donner ein. Erst gingen sie artig um die Kirche herum, rann wetterten sie erbost aus die Schänie zu. Auf dem Wege dahin be rüßten sie den alten Baum. Nicht höhnisch, nicht listig, nicht latett lieseiiswiirdig sondern tiefe-Ist- outtesvfddLiszT Kaki-XII HEXEN-es YOTIUEIJ qui Flli 111-Eli "Lst"er""1"ß"—"1"8,