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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag-. AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich l Mark so Ps pr»»»m«r»n<tn. Inserate werden bi« spätesten- Mittags des vorhergehenden Tage- des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit i» Pf-, unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Dienstag, den 7. August 1883. 8. Jahra. Sächsische Nachrichten. — Jüngst machte eine Notiz des „Dresdner Gewerbevereins- blüttes" die Runde durch die Blätter, durch welche die abgeschriebeneu Stahlfedern als Sammelobject für wohlthätige Zwecke empfohlen wurden und darauf hingewiesen wurde, welch bedeutender Werth in diesem bis jetzt als nutzlos bei Seite gelegten Artikel stecken sollte. Dies war jedoch eine durchaus falsche Voraussetzung: höchstens als altes Eisen, das Pfund zu 2—3 Pf., sind diese Stahlfedern zu ver wenden, und da dürfte doch schon ein ganz besonderer Sammeleifer dazu gehören, um einen nennenswerthen Ertrag zu erzielen. Von sachverständiger Seite wird hierüber geschrieben: Man vergesse hierbei nicht, daß der Stahl, je besser er ist, desto mehr Kohlenstoff enthält, welcher beiin Einschmelzen direct verbrennt. Die Manipulation, die einzelnen alten Stahlfedern zu einem Ganzen zu verwandeln, geschieht nicht durch ein vollständiges Einschmelzen in einem Schlackenbade: dies würde bei der hohen Temparatur, die nöthig wäre (1500 bis 2000 Grad Wärme), die Stahlfeder einfach verbrennen, oder wenig stens das Ausbringen nach einem solchen Proceß ein sehr geringer sein, so daß sich die ganze Arbeit nicht erst lohnen würde. Die Wiedergewinnung der alten Stahlfedern könnte daher nur durch den Schweißungsproceß geschehen, und zwar so, daß die alten Stahl federn höchstens als Zusatz bei de» zu schweißenden Products» Ver wendung fänden. Seit vielen Jahren, seitdeni das Handelseisen einen so niedrigen Preis hat, wird das alte Eisen, d. h. Abfälle jeglicher Art, von den Hütten zusammengekauft und in Packele ge bunden, so daß die größeren Stücke nach außen zu liegen kommen, die kleineren nach innen, damit dem Packele ein besserer Hält gegeben ist. Diese Packete werden dann in einein Flammen- bezw. Schweiß- ofen gewärmt (geschweißt) und dann in den Walzen zu irgend einer beliebigen Fayon Walzeisen ausgemalzt. Hierbei nur könnten diese alten Federn wieder Verwendung finden, indem sie mit anderem alten Eisen wieder geschweißt zum Auswalzen gelangen. Ob nun der Verbrauch an Stahlfedern, bez. die Zurückgewinnung der alten so bedeutend sein würde, um damit rechnen zu können, d. h. ob — nach KZ ausgedrückt — die Wiedergewinnung bei unserer jetzigen so großen Eisen- und Stahlproduktion, wo nur Tausende von Centnern sprechen können und müssen, in Betracht kommen könnte, ist sehr fraglich. Hiermit ist leider der schöne Traum, den Cigarren spitzensammlern neue Erwerbsquellen zu eröffnen, zerstört. — Auf, der Wanderschaft nach Helmstädt ist, einer amtlichen Benachrichtigung zufolge, in der Nacht zum 31. v. M. in einer Kiefernwaldung bei Behnsdorf der Sattlergeselle August Kuhn von seinem Mitreisenden, dem Schneidergesellen Fürchtegott Franz aus Sachsen (Ergebirge) im Schlafe überfallen, lebensgefährlich mit einem eisenbeschlagenen Stocke verletzt und seiner Baarschaft von 8 Mark beraubt worden. Der flüchtige Franz ist noch nicht erlangt. — In der Nacht vom 1. zum 2. August in der 4. Stunde wie man vermllthet, ist in dem Geschäftslocal der Firma Krieger und Abt in Buchholz ein Einbruchsdiebstahl verübt morden. Die Diebe sind durch Aufsprengen der Hinteren Thür zn dem Comptoir gelangt; dort haben sie einen eisernen Geldschrank mittels Nachschlüssel geöffnet und aus demselben eine beträchtliche Summe — man spricht von 800 Mark in Gold — entwendet. Auch mehrere Schlüssel werden vermißt. Einige Pulte wurden im Comptoir aufgesprengt vorgefunden. — St. Egidien, 3. August. Am Sonnabend, den 28. Juli, suchte die Ehefrau des Malers Fritzsche hier, während ihr Ehemann abwesend war, sich und ihre vier Kinder in, Alter von 1—7 Jahren dadurch zu vergiften, daß sie eine große Quantität Streichholzköpfchen in Milch abkochte und diese Suppe sowohl sich selbst, als auch ihren Kindern als Speise vorsetzte. Ein Jedes mochte auch seinen Theil hiervon genoffen haben, denn alsbald stellten sich bei Allen die Symptome von Vergiftung ein, jedoch nicht so schnell, als die Ver gifterin gedacht haben mag. In ihrem Schmerze gestand sie auch sofort nach der Heimkehr ihres Ehemannes die That ein und lief sodann, von Furcht ryid Schmerz gequält, nach Lichtenstein, um den Arzt zur Hilfe zu holen. Unterwegs ist die Frau aber zusammen gebrochen und im Rümpfwald liegen geblieben, von wo sie sich aber später wieder aufgerafft und ihre Wohnung aufgesucht hat. Die Mutter und 3 Kinder sind wieder genesen, wohingegen ein 4jährige s Mädchen, ein munteres, hübsches Kind, in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag gestorben ist. Sonntag fand die Section der Leiche statt und wurde Vergiftung constatirt. Die Quantität der Phos- phorkoppen war eine derartige, daß sicherlich der Tod bei Allen ein getreten wäre, wenn die Koppen nicht in Milch, die doch bekanntlich als Heilmittel wirkt, gekocht worden wären. Als Motiv zu diesem traurigen und allgemein bedauerten Schritt wird ehelicher Zwist und Zerwürfniß bezeichnet. — Bad Elster, 3. August. Gestern Mittag traf Se. Exc. Staatssecretär Dr. Stephan aus Berlin zum Besuche seiner die Cur gebrauchenden Familie hier ein und wird voraussichtlich mehrere Tage hier verweilen. Heute Morgen wurde Sr. Exc. von der hiesigen Badecapelle vor seiner Wohnung „zu den vier Jahreszeiten" ein Ständchen gebracht, wodurch ein zahlreiches Publikum auf die Anwesenheit des hohen Gastes aufmerksam gemacht wurde. — Plauen. In vergangener Woche ist hier der gewiß seltene Fall vorgekommen, daß ein Zwillingsschwesternpaar im Alter von beinahe 74 Jahren fast zu gleicher Stunde wieder aus der Welt geschieden ist. Beide waren Wittwen und es hat die eine Schwester die andere um kaum 24 Stunden überlebt. — Eine raffinirte Betrügerei ist von dem Commis Fuchs zu Plauen i. V. verübt morden. Der Genannte fälschte die Rech nungen der auswärtigen Factore der Firma, sandte dann die erhöhte Summe au den Betreffenden ab und erbat sich in einem nachträglichen Briefe de» zuviel gesandten Betrag unter dem Vorgeben, er habe das Manko aus seiner Tasche bezahlen müssen; zugleich ersuchte er, das Ueberschüssige in seine Wohnung zu senden, damit dem Chef der Jrrthum nicht bekannt werde. Da er dieses Manöver nie bei ein und demselben versuchte, so war der Ertrag kein geringer. End lich kam die Sache aus eine recht drastische Weise an's Tageslicht. Einer der Factore brachte das Geld dem Chef selbst mit dem Be merken, er wolle den „Ueberschuß" dem Chef selbst geben, dieser möge es dem Commis übermitteln. Die Verhaftung des Burschen war die Folge dieser Eröffnung. — Freiberg. In diesen Tagen weilt ein seit 23 Jahren in Amsterdam wohnender Freiberger, Ferdinand Streubel, in hiesiger Stadt. Derselbe, als Lehrer dort thätig, ist der Vater des deutschen Turnwesens in Holland und geht noch jetzt, als angehender Fünf ziger, dem jüngeren Turngeschlechte mit gutem Beispiel voran. Als ein Beweis seiner Rüstigkeit und der Anforderungen, die er an sich selbst stellt, kann wohl seine jetzige Fußreise von Amsterdam nach Eisenach gelten, eine Strecke von ca. 600 Irin, welche er in ununter brochener Folge in der Zeit von 11 Tagen, wobei auch 2 Regen tage, zurücklegte. Sein Nachtquartier schlug er während dieser Reise auf in Amersfort in Holland, dann in Rees, Sterkrade, Iserlohn, Meschede, Korbach, Bad Wildungen, einem kleinen Dorfe und Eisenach. Ebenso ist Streubel im Jahre 1880 zum großen Frankfurter "Turn feste in 12 Tagen gewandert, wie er denn überhaupt aus eigener Erfahrung längere Fußreisen als ein ausgezeichnetes Kräftigungs mittel empfiehlt. — Dresden, 2. August. Beim Beerensuchen in einem zur benachbarten Flur Loschwitz gehörigen Wäldchen hat gestern ein armer Knabe eine große Nolle mit Goldstücken gefunden. Der ehr liche Knabe lieferte seinen reichen Fund im Gemeindeamte zu Losch- witz ab. Der unbekannte Verlustträger wird dort gegen Erlegung des gesetzlichen Finderlohns sein Eigenthum zurückerhalten. — Löbau. Großes Aufsehen macht augenblicklich die auf Antrag der Gothaer Lebensversicherungsbank für Deutschland in einem benachbarten Dorfe am letzten Freitag erfolgte Exhumirung einer Leiche, durch welche der Beweis eines nicht natürlich erfolgten Todes geliefert werden soll. Der vor ca. 6 Wochen Verstorbene war bei genannter Gesellschaft mit 3000 Mark versichert und bean standet die Gesellschaft jetzt die Auszahlung der vollen Versicherungs summe. Das Gutachten über die Todesursache des Verstorbenen, von dessen ansgegrabener Leiche die inneren Bestandtheile an die Anatomie zu Leipzig übersandt worden sind, ist noch nicht bekannt. Das Vorgehen der genannten Gesellschaft wird im Publikum natür lich verschiedenartig discutirt. — Die in den letzten Tagen zu Leipzig abgehaltene dritte allgemeine Schuhmacher - Fachconferenz brachte eine Reihe von