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Deutsche Ncuillllldzwanzigster Jahrgang. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter. Wöchentlich ein Bogen Herausgegeben von Otto Dammer Uebcr die Anwendung des Eisens zum Hochbau. Nach einem Vortrag des Civilingenieurs M. Schimmelbusch im österr. Jngenieurvereine. Die Verwendung des Eisens zum Hochbau hat sich mit dem Be ginn der Wiener Neubauten zu entwickeln begonnen, jedoch noch nicht die Ausdehnung erreicht, wie sie für das Baugewerbe selbst, sowie für die Eisenindustrie wünschenswerth erscheint und wie wir sie in Paris, Marseille, Berlin rc. sehen Namentlich ist die Anwendung dcS Gußeisens eine sehr beschränkte; seiner bedeutenden rückwirkenden Festigkeit halber eignet sich dasselbe besonders zu Säulen, zu deren Verwendung statt Ziegel- und Steinpfeilern in Wien bis jetzt nur ein geringes Bedürfniß obwaltet. In Paris sieht man in vielen Straßen die Fayademauern großer Häuser auf gußeisernen Säulen und schmiedeeisernen Bauträgern anfgelagert, man findet dort sogar häufig sämmtliche innere Scheidemauern erst oberhalb des Erdgeschosses be ginnen. Eine so ausgedehnte Verwendung der Eiscnsäulen hat den Vortheil, daß man die innere Eintheilung des Erdgeschosses dem je weiligen Bedürfnisse entsprechend beliebig umgestalten kann und daß man den Raum gewinnt, welchen bei der in Wien üblichen Con- struction die vielen massiven Zwischenmauern cinnehmen Ebenso ist die Verwendung von gußeisernen Balcons- und Erkerconsolen, von Fenstereinsätzeu, Thürsüllungen, Rcgenwasserröhren, Ornamenten rc eine sehr geringe Die hauptsächlichste Verwendung des Schmiedeeisens zum Hoch baue ist diejenige zu Gewölben, Decken und Mauerträgern oder Bau trägern, wie man sie in Wicn nennt, und welche hier wie anderwärts in der Kasten- und Zellensorm angewcndet werden. Außer diesen For men kommen in Frankreich und Belgien seit zwei Jahren noch die so genannten Zorcs-Eisen vielfach als Deckenträger zur Verwendung- Die einfache 's-Form eignet sich weniger für Schmiedeeisen als für Gußeisen; derartige schmiedeeiserne Träger werden daher auch nur in kleinen Dimensionen ausgewalzt und nur für geringe Spannweiten und geringe Belastungen angewcndet. Fast alle in Wien zur Verwendung kommenden Bauträger haben die I-Form und sind entweder aus Blechen und Winkclciscn zusam mengesetzt oder ausgewalzt. Mehrere österreichische Walzwerke haben sich auf die Erzeugung der gewalzten I-Träger eingerichtet und stel len dieselben bis zu 12 Zoll Höhe dar Die bei den Wiener Neu bauten zur Verwendung gelangten, genieteten I-Träger haben in der Regel nur 9 Zoll, selten 10 Zoll oder 12 Zoll Höbe, und ihr Preis ist bedeutend höher als der der gewalzten. Da aber gegen die letzteren im Allgemeinen ein ungünstiges Vorurtheil herrscht, so werden die ersteren fast ausschließlich verwendet, weshalb ein Vergleich zwischen beiden I-Trägern geeignet erscheint. Die gewalzten Träger haben in der Regel eine bessere Masscver- theilung als die genieteten, da dieselbe bei den ersteren den Resul taten des Calcüls entsprechend angrwendet werden kann; bei zweck mäßiger Construction ihres Profils erreicht daher deren Tragmoment oder Tragvermögen die für eine bestimmte Querschnittfläche mögliche Maximalgrcnze. Eine ebenso zweckmäßige Maffevertheilung läßt sich bei den genieteten I-Trägern nicht erzielen, wenn ihre Höhe nur 9 bis 12 Zoll beträgt. Auch haben die gewalzten Träger eine durchaus gleichartige Eisen qualität, während die zur Anfertigung der genieteten I-Träger erfor derlichen Bleche und Winkeleisen häufig von verschiedenen Hütten werken bezogen werden und alSdann von ungleicher Qualität sind, wodurch ihr Tragvermögen ungünstig beeinflußt wird. Ebenso wird letzteres durch das Ausstauzen der Nietlöcher und durch die größere oder geringere Unvollkommenheit der Arbeit beinträchtigt. Zur Feststellung deS vergleichsweiscn Tragvermögens beider Träger sorten stellte der Vortragende vor einigen Monaten darüber Versuche aus der Saarbrücker Eisenhütte an. Die dazu verwendeten genieteten und gewalzten I-Träger waren aus demselben Lnppcneisen dargestcllt, also von gleicher Eisenqualität, und wurden successive bis zur Er reichung ihrer Elasticitätsgrenze belastet. Eine genaue Berechnung ihres Trägbeits- und Tragmomentes ergab das interessante Resultat, daß die genieteten I-Träger die Elasticitätsgrenze erreichten, sobald die von der neutralen Axe am entferntesten liegenden Fasern mit 246 ! bis 270 Wiener Ctr. per Quadratzoll sPressung oder Zug) in An spruch genommen wurde», während die gewalzten I-Träger einein gleicher Weise ermittelte Inanspruchnahme von 304 bis 324 Wiener i Ctr. per Quadratzoll erforderten, um die Elasticitätsgrenze zu er reichen. Da die absolute wie rückwirkende Festigtet des Bleches 10 bis 11 Proc. geringer ist als die des Stabcisens, so zeigen die ange gebenen Versuchsresultate, daß die durch daSNusstanzen der Nietlöcher . und durch die nicht zu vermeidende Unvollkommenheit der Arbeit be dingte Verringerung des Tragvermögcns der genieteten Träger im Vergleiche zu den gewalzten ca. 8 Proc. beträgt. Berücksichtigt man, daß das Trägbeits- und Tragmoment der ge nieteten Träger (von 9 bis 12 Zoll Höbe» ihrer relativ zu breiten Köpfe und Füße halber dem dcS gewalzten I-Trägers bedeutend nach-