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Dresdner Journal : 18.09.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186009183
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18600918
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18600918
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-09
- Tag 1860-09-18
-
Monat
1860-09
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 18.09.1860
- Autor
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Ihre Kaiserlich Königliche Hoheit di« verwittwete Frau Großherzogin von To»» «ana und Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Ludwig und Leopold von Bayern, sind heute früh 1 Uhr von München hier eingetroffen und im König lichen Schlöffe abgetreten. Nichtamtlicher Theil. ttedersicdt. Telegraphische Nachrichten. ZeijUNgsschuu. (Deulsche Allgemeine Zeitung. — Con stitutionelle Zeitung. — Patrie. — Constitutionnel. — Morning-Post. — Heratd.) Tagetgeschichte. Dresden: Ministerreisen. Nachrich ten von der preußischen Erpedition in dir ostastatischen Gewässer. — Wien: Keine Absonderung auf Len Militärfriedhöfcn. ReichSrathSverhandlungen. Die be vorstehende Reise des Kaiser- nach Warschau. Ta gesbericht. — Reichenberg: Eine neue Zeitung. — Fünfkirchen: Zrinyi Fest. — Neusatz: Evan gelischer Convent. — Venedig: Aenderung in der Stimmung. Eisenbahneröffnung verschoben. — Berlin: Die bevorstehend« Landtagsscsston. Getreide- erport. Vom Hofe. Eine Circulardrpcsche des Herrn v. Schleinitz. -Au-Creußen: Erlaß de» Ober- kirchenralhS über Kirchenzucht. — Geestemünde: Er öffnung des Elbe-Weser-CanalS. — Karlsruhe: Eisenbahnanlehen. — Paris: Das Kaiserpaar nach Algerien abgereist. — Turin: Nachrichten auS dem Römischen. Vorschreite» der sardinischen Erpedition. Die Abberufung drS französischen Gesandten. Verur- theilung. MilitL'ischeS. — Mailand: Rüstungen. — Neapel: Protest de» Königs. Romano'S Ad. esse an Garibaldi. Rüstungen. Prodictaiorat. Die Abreise des König- noch nicht bestätigt. — Madrid: Gene rale gestorben. Reise der Königin. — London: Die Cana'fiolte ausgelaufen. LandeSveitheidigungsmeeting. — Von der russischen Grenze: Noch d»ei Ar- meeco ps. in Kriegeberritschast gesetzt. — Bukarest: Em Schreiben V ctor Emanuel'-. Dresdner Nachrichten. Provinz alnachrichten. (Leipzig. Freiberg. Löbau. Ocl-Nitz.) Kenilletvn. Tagrskalendrr. Inserate. Börsen nachrichten. Telegraphische Nachrichten. Mailand, Sonntag 16. September. Die „Perseveranza" meldet au» Turin vom gestrigen Tage: In einem hente unter dem Borfitze des König» abgehaltenen Ministerrathe ist die Ein- beru'ung de» Parlament» zum 2 October be- schloffen worden. Der Graf della Minerva ist mit der abschlägigen Antwort de» Cardinal» Anto nelli heute elngetroffen. General Schmid wird au» Perugia al» Kriegsgefangener hierher gebracht werden. Dresden, 17. September. Der Artikel, welchen unlängst das „Dresdner Jour nal" über den Nationalverein enthielt und in dem namentlich die rechtliche Zulässigkeit desselben an der Hand der Bundesgesetzgebung einer eingehenden Kritik unter zogen wurde, hat natürlich den Blättern von der Partei des Nationalvereins nicht gefallen. Der größere Theil derselben glaubt, wie gewöhnlich, eine sachgemäße recht liche Gegrnrrörterung durch einige Phrasen über die „Wirkungslosigkeit polizeilicher Hilssmittel" gegen den „Drang des deutschen nationalen Bewußtseins" ersparen l > > zu können. Es lohnt kaum der Mühe, auch gegen solche Phrasen noch Etwas beizubringen. Wer den National verein, seine Agitationen und seine Beschlüsse irgend näher kennt, wird wissen, was es mit dem angeblick von ihm repräsentieren „BolkSbewußtsein" auf sich hat. Die Wahrheit ist die, daß kein Gedanke dem deutschen poli tischen Volksleben ferner liegt, aH die Parteitendenz, deren Agitation der Nationalverein vorzugsweise betreiben möchte, nämlich die Cenlralisation Deutschlands mit Aus schluß Oesterreichs unter einem Fürsten. Bewiesen wird diese Wahrheit durch die Thatsache, daß der National verein, trotz so manches aus der hessischen VrrsassungS- angelegenhcit und der angeblichen „RhembundS"-Gefahr genommenen liberalen und patriotischen Aushängeschildes, kaum über die engste Grenze der von früherhcr noch be stehenden golhaischen Partei hinauSgekommen ist ; sowie durch den Umstand, daß bei jeder Programmberathung, welche innerhalb de- Nationalvereins in Eisenach, Frank furt und Koburg ftattgrfunden hat, die norddeutsche centialistische Partei mit den, die Zusammengehörigkeit des ganzen Deutschlands vertretenden Politikern in einen Streit gerieth, der nur durch Aufstellung von nichts sagenden Sätzen zur Ruhe gebracht weiden konnte. Und Nichts kann belehrender sein über die Schwierigkeiten einer Umgestaltung der deutschen Verfassung, al» diese Erfahrung, daß selbst eine kleine, in der liberalen Theorie völlig unter sich geeinte Partei eS zu keinem einzigen klaren und praktischen politischen Ausspruche über die Zukunft der deutschen Verfassung bringen kann. Man möge daraus erkennen, wie schwierig eS erst dann sein muß, wenn man, den Standpunkt einer Partei ver lassend, solche Ideen über die Vervollkommnung der Ber fassung zu versolgen sucht, die allen berechtigten Inter essen und Gefühlen entsprechen. Wenn da» Experiment eine» Parlaments nicht mit mannichsachen andern Be denken verbunden wäre, so könnte es wahrlich nur im Interesse der Regierungen liegen, es anzuwenden, da vvrauosichtlich da- Resultat desselben den Tendenzen dr- NatwnalvereinS entschieden ungünstig und im Allge meinen ganz geeignet sein möchte, die Ueberzeugung zu befestigen, daß di« deutschen Regierungen selbst viel leichter sich verständigen können, als die Parteien eines deutschen Parlaments. Doch dies nur beiläufig gegen die Phrasen wegen deS angeblich vom Naiioualverein repräsentirten „VolkS- bewußlsemS". Wir beabsichtigen heute, unsre Ausmrrksam- keit auf einen Artikel der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" zu richten, in dem «ine längere und mehr den Anschein einer sachlichen Erörterung annehm.-ndr Ent» gegnung den Ausführungen de- „Dresdner Journal-" über die rechtliche Unzulässigkeit deS NationalvereinS ge- . genüber gestellt wird. Wir greisen zunächst den Satz heraus, in welchem dem „Dresdner Journal" nachgesagt wird, „eS habe die preußische Regierung durch die Be hauptung eines angeblich ringctretenen Umschwunges bei „der liberalen Partei zu verdächtigen gesucht". Wenn die preußische Regierung durch das, was wir ge sagt haben, nämlich „daß die osficiösen Preßorgane der selben jetzt die Solidarität dec deutschen Interessen von der Adria bis zur Nordsee bewiesen", sowie daß „durch die »»gebahnte, ausrichtige, bundcsgenoffenschaftlicke Ei nigung der deutschen Regierungen sich eine Beruhigung der Gemüther und eine gedeihliche Fortentwickelung im BunbeSwesen verbreite" —wenn, sagen wir, die preußi sche Regierung hierdurch wirklich bei der liberalen Par tei „verdächtigt" werden könnte, so müßte dadurch nur rin schlechtes Licht auf die Tendenzen dieser Partei fallen, da ja alsdann bewiesen sein würde, daß die liberale Par tei etwas Anderes, als das eben Gesagte, will, also wohl Opferung deutscher Interessen, Zwiespalt der Regierun gen, Beunruhigung der Gemüther und Nichtentwickclung des BundeswescnS. Wir überlassen eS der „D. A. Z.", hierin ihren Standpunkt zu wählen. Jedenfalls aber würde zu einer wirklich begangenen „Verdächtigung" ge hören, daß sich die preußische Regierung durch das, was das „Dresdner Journal" gesagt, auch verdächtigt fühlte, und in dieser Beziehung glauben wir vollkommen be- ruhigt sein und erwarten ^u können, ob deren Organe sich in gleicher Weise aussprechen werden. Dir „Deutsche Allgemeine Zeitung" will nun unsrer Ausführung, wonach ber Nationalverein rechtlich.unzu lässig sei, weil seine Tendenzen dem in der Bundcsacle deutlich ausgesprochenen Grundcharakter deS Bunde- offen widersprechen, mit dem Hinweis auf die Dreikönigsverfas sung vom Jahre 1849 begegnen, in welcher dem ReichS- vorstande ebensoviel Macht über die übrigen deutschen Staaten mit Ausschluß Oesterreichs aus dem enger» Bunde gegeben sei, als sie jetzt der Nationalverein für die preußische Hegemonie in Deutschland anstrcbe. Ent gegnungen dieser Act zur Verthcibigung der gvthaischcn Politik sind nicht neu. Um so lieber sagen wir einmal ein offene- Wort darüber. Das Dreikönigsbündniß ging aus einer Lage der Verhältnisse in Deutschland hervor, in der eS zweifelhaft erschien, ob sich die Dinge je wie der bis zur Wiedergewinnung der Bundesverfassung hin entwickeln könnten. Seit Jahresfrist war der Bund sus- pendirt, alle Rechte und Pflichten desselben waren außer Achtung und Geltung, das mächtigste Mitglied deS Bundes, Oesterreich, lag in den schwersten innern Käm pfe«, deren Ausgang nicht vorauszusehen war, die in nwhrern deutschen Staaten ausgebr scheue republikanische Revolution war kaum niedergcwoisen, und cs herrschte «ine Unruhe der Geister, eine Gährung der Parteien, ein Gefühl allgemeiner Unsicherheit, wobei die Regierungs gewalten sich noch nicht so weit erholen konnten, um sich ganz frei in ihren Bewegungen zu fühlen. Unter solchen Umständen entstand das Dreikönigsbündniß. Wir wollen hier nicht näher untersuchen, inwieweit die Bestimmun gen jenes Verfassunqsentwurfs bezüglich der Attribute de- ReichsvorstandeS übereinstimmend find mit dem, was heute der Nationalverein in seinem Programm als At- tiibut der picußischen Hegemonie fordert. Die Unter schiede, welche sofort die Sache entscheiden, liegen darin, daß jener Verfassungsentwurf entstand, als die VundeS- versaffung tatsächlich außer U-bung war und den Re gierungen nicht die Macht beiwohnte, auf sie als Aus gangspunkt der Neugestaltung zuückzuqrcrfen, während heule daS Bundesrecht allgemein anerkannt ist und die Regierungen sämmrlich in der Lage sind, frei sich zu ent schließen, zugleich aber alle Ursache haben, sich eben nicht wieder gemütlich in j-nenZustand der UnfreiwiUrgkcit ver setzen zu lassen. Gegenüber einem Pi ogramme des National verein-, in welchem für Jeden, der lesen kann, offen genug geschrieben steht, daß wenn eine Regrcrung sich auf seine tzelte stellen wollte, dann da- deutsche Volk sofort zur ^Entfaltung der Fahne der Frankfurter Parlament- Reich-« Verfassung aufgcsordert werden sollte, um, wie dir» schon einmal versucht, die Regierungen zur Annahme zu zwin gen, ist auch der Unterschied im Vergleich mit der Drri- königsversassung vorhanden, daß die freie Zustimmung der Regierungen zur letztern Vorbehalten war. Und end lich ist gerade Denen, die heute ihre Agitation durch Be rufung auf die Uirionsverfassung rechtfertigen wollen, mit der Erfahrung zu begegnen. Der Fort- und AuSgang der Union zeigt, daß, je mehr die Parteien sie zu ihrem Werkzeuge machten und solche Tendenzen hineinlegtcn, wie sie heute wieder im Nationalverein Ausdruck finden, desto mehr die Möglichkeit ihrer Ausführung schwand und desto gefährlicher die Lage der Dinge in Deutschland sich ge staltete. Da man gerade Sachsens Bethciligung bei jenem Büudniß so gern hervor hebt, so möge mau auch daran erinnert sein, daß im damaligen Vcrwaltungsrath der Bevollmächtigte SachsenS eben so eifrig als vergeblich sich bemühte, durch geeignete Modifikationen des Verfassungs werkes demselben einige Aussicht aus Lebensfähigkeit zu verschaffen, daß aber seine Vorschläge gleich denen, welche der baycrschc Minister Herr v. d. Pforten nach Berlin überbrachte, von der am Ruder befindlichen Partei mit jener Starrsinnigkeit zurückgcwiesen wurden, die ein na türlicher und bleibender Ausfluß politischer Einseitigkeit ist. So wurde denn auch damals die Erfahrung ge macht, daß Deutschland an die Schwelle deS Bruder krieges gelangte und dem Auslande gegenüber, welches damals Gott Lob keinen Nutzen daraus zog, völlig gc schwächt dastand. Und diese Erfahrung berechtigt heute, wo die Wiederholung solcher innern Zustände Deutsch land sicher den größten äußern Gefahren Prei- gäbe, wahr lick' nicht zu Berufungen auf die Rechtlichkeit de» »«glück lichen Unionsvcrsuchs von 1849, sondern vielmehr zur Aufmerksamkeit darüber, daß wir nicht wieder in solche Wege gerissen werden. Vom rein rechtlichen Standpunkte ist außerdem gegenüber allen Berufungen in dieser Sache auf die Geschchcnissc von 1848 und 1849 zu bemer ken, daß das Bundcsvcreinsgcsetz, welches auf den Na» tionalvercin zur Anwendung kommen möchte, erst vom Jahre 1854 herrührt. Endlich meint die „Deutsche Allgemeine Zeitung" noch: sie sehe keinen Nutzen von dem Artikel de- „Dr. Journ.", da doch das Bekenntniß darin liege, daß Sach sen bislang vergeblich für seine Ueberzeugung von der rechtlichen Unzulässigkeit dcö Nationalverein» sich bemüht habe. Sie frägt deshalb: „ob die sächsische Regierung glaube, noch für ihre Ziele die Macht der öffentlichen Meinung in Anspruch nehmen zu können?" Wir ant worten einfach: Sachsen» Regierung speculirt nicht aus die öffentliche Meinung, aber im Bewußtsein, Rechte- zu wollen und Rechte- zu thun, hat sie dieselbe auch nicht zu fürchten. Der Grund, weshalb da-'„Dr. Journ." die rechtliche Unzulässigkeit de» Nationalvereins erörtert hat, war einfach der, daß die sächsische Regierung i« Geiste ihre- Systems handelte, indem sie nicht etwa heim lich gegen den Nationalverein wirken wollte, sondern offen ihre Rechtsüberzeugung in dieser Sache aussprach. Wir wußten zum Voraus, daß Parteiangriffe dagegen erfolge« würden; wir wußten, daß im Allgemeinen keine Popula rität mit einer Ausführung zu erringen ist, welch« in Bezug aus Ucbung de» Verein-rechte» ein Einschreiten der Regierungen forderte; aber wir sind auch der Ueber zeugung, daß das Gefühl für Rechtssinn im Publicum zu überwiegend ist, als daß die öffentliche Meinung der säch» fische» Regierung die Anerkennung versagen sollte, welche der rechtliche Sinn einer Regierung in jedem Falle bean spruchen kann. Vorstehende Bemerkungen mögen zugleich al- Ent gegnung auf die „Entrüstung" dienen, welche infolge jenes Artikels der,,D. A. Z." nachträglich in der „Con stitutionellen Zeitung" au-gebrochen ist. Dieser letzter« Ausfall ist sehr lcscnswerlh und wir hätten keinen bessern B.leg für die Richtigkeit unsrer Auffassungen bei bringen können. Wir haben uns wiederholt dahin ge äußert, daß der Nationalverein die Regierungen nicht umweifen, wohl aber, wenn ihm nicht Einhalt geschieht, viel« Täuschungen veranlassen und damit viel Unglück be reiten wü'de. Auslassungen, wie sie die „Const. Ztg." bringt, beweisen, daß gewisse unpraktische Ideen sich in den Köpfen wiederum so festgesetzt haben, daß diese be reit« keinen Widerspruch mehr vertragen und dadurch zu heftiger Erbitterung gereizt werden. Wir werden unS indeß durch solche Leidenschaftlichkeiten nicht stören lassen und fortfahren, zu sagen, was die „Const. Ztg." „Un wahrheiten und Verdächtigungen" nennt und wa» für un befangene Leute, deren cs glücklicherweise noch eine gut« Anzahl giebt, gleichbedeutend ist mit: unliebsame Wahr heilen. Die osficiöse „Patrie" vom 13. September ergreift noch einmal das Wort, um die französische Politik von der picmontcsischen getrennt erscheinen zu lassen. Sir sagt: „Die „Jndöpcndance beige" giebt in einer Pariser Korrespondenz zu verstehen, daß der Angriff Pie monts auf die päpstlichen Staaten von der fran zösischen Negierung im Geheimen ermuntert wurde. Die ses Journal geht so weit, der Unterredung von Eham- bery eine „große ertradiplomatrschc Tragweite" zuzuschret- ben, und cs meldet, daß, wenn der Kaiser „einen Angriff nickt crmuthigte, seine Sprache ihn wenigsten- nicht untersagte." Wir sind überzeugt, der öffentlichen Stim mung zu entsprechen, wenn wir die Oberflächlichkeit be klagen, mit welcher man die Absichten der französischen Regierung so gänzlich entstellt. Wir beklagen insbeson dere die Keckheit, womit man dem Kaiser eine Haltung Feuilleton. K. Hoftheater. Sonntag, 16. September. Die gestrige Wiederaufführung von Mozart'- Oper „Figaro'- Hochzeit" gab Gelegenheit, Fräulein Bald amu - vom k. Hoslheatcr zu Berlin kennen zu lernen, welche als Gast in der Rolle der Gräfin austrat. Diese Partie erfordert zu vollkommener Gestaltung eine künstlerische Kraft ersten Range», ebensosehr hinsichtlich der Gesangs leistung, al- betreff» der Darstellung. Letztere bietet doppelte Schwierigkeiten durch die, der edeln, in Liebes- noth befangenen gräflichen Gattin zurrthcilte über wiegende Passivität des Charakters, und es gehört schon ein hoher Grad beherrschender schauspielerischer Gewandt heit dazu, um diese zarte, sein empfindende weibliche Figur zu den andern, äußerlich günstig bedachten Haupt personen der Handlung in das gehörige dramatische Gleichgewicht zu sehen. Solches berücksichtigt, kann man Fräulein Baldamus, die vor noch «ichr langer Zeit erst dir Bühne betreten hat, aufmunterndc Anerkennung nicht versagen, zumal sie bei ansprechender äußerer Erscheinung eine beachtcnSwcrthe Begabung erkennen ließ. Einige- gelang in musikalischer und darstellender Beziehung recht Wohl, Anderes dagegen entsprach, auch durch sichtliche Befangenheit beeinträchtigt, nicht den zu stellenden An forderungen. Fräulein Baldamus hat eine wohlklingende, auSgiebige Mezzosopranstimme, der indeß ein etwas matte-, kühle» und monotone» Gepräge eigen ist. Ziemlich weit vorgeschritten, jedoch nicht durchweg gleichmäßig durch gebildet, wie z. B. beim Triller, zeigt sich die ÄesangS- technik. Dem Organe ist sonsthin offene, freie Ton erzeugung nachzurühmen, bis auf die höhern Chorden der Kopfstimme, die bei dem Mangel an elastischer Kraft und Energie eine gewisse Beklommenheit haben. Die Intonation ist im Allgemeinen, eine gelegentliche Nei gung zum Distoniren abgerechnet, löblich ; doch würde die Sängerin ein nicht eben seltenes Heraufziehen des Tones von der untern Stimmlage auS beim Beginne einer Gesangsphrase zu vermeiden haben. Der großen- thrils wohlgebildeten Aussprache bleibt schärfer accentuirtc, wechselreichere Deklamation und vor Allem mehr drama tische Belebung zu wünschen übrig. Am meisten be friedigte Fräulein Baldamus in der ersten Ariettc und in den Ensemblesähen, während sür die große s'-«luc Arie „lwvo sono" ihre Kräfte sich nicht als ausreichend erwiesen. — Der anderwcite Theil der Aufführung ist früher schon genügend besprochen worden. —k— Alejo der Bergbewohner. Aus dem Spanischen des Victor Balaguer.*) Sprich leise, mein Leden. (Schluß au« Rr 2l7.) Als daS Heer Philipp'- sich dem Wohnorte der beiden Liebenden näherte, flohen alle seine Bewohner nach Bar celona. Rosa konnte nicht fliehen wie die Uebrigen. Ihre Mutter war krank, sterbend, sie vermochte nicht, dieselbe auf ihrer Flucht mit sich zu nehmen, und sie blieb. Auch Alejo blieb zurück. Nur auf einige Stunden entfernte er sich, um seine eigne Familie nach der Hauptstadt zu bringen. Trotz aller Eile ward eS Mittag, al- er seine Be hausung verließ, und eS wurde Nacht, al» er zurück kehrt«. Er beschleunigte seinen Schritt, da er fürchtete, daß daS feindliche Heer während der Zeit seiner Ab wesenheit in das Städtchen eingerückt sein möchte, wäh rend er nicht zugegen, um Rosa zu schützen. *) Aus drffen Werk: „Monserrat", überseht von D. A Rosen «Hal. Regrnlburg, Verlag von S. I. Manz. Einen Hohlweg verfolgend war er dem Städtchen schon ziemlich nahe, da, zufällig ausblickcnd, schien es ihm, als ob der Himmel rin lebhafteres Licht wider strahle, und der Wind, der den Hohlweg durchdrang, rhm undeutliche und verwirrte Geräusche zuführe. Er fühlte eine Todcskälte in seinem Herzen und stürzte noch eiliger vorwärts; er ging nicht mehr, er flog. Je näher er kam und je mehr die Nacht den Hori zont beherrschte, um so klarer wurde die Färbung des Himmels, um so deutlicher die Geräusche. Endlich ge langte er zu einem Hügel, hinter welchem die Ortschaft lag. Vollen Laufes bestieg er ihn, mit beiden Händen sein Herz zusammendrückend, das mit gewaltigen Schlägen die gebrechliche Hülle, die eS umschloß, zersprengen zu wollen schien. Er kam hinauf und . . . Ewigkeit GotteS! die Flam men schlugen zum Himmel und bei ihrem blutigen Glanze zah man zwischen den Häusern Men schen hindurchcilcn, das Schwert in der einen, die Mord- brcnnrrfackcl in der andern Hand, Männer der Zer störung und der Rache. Eins der Häuser, in welchem die Flammen die größ ten Verheerungen anrichtetcn, war daS Rosa'S. Alejo konnte es deutlich unterscheiden, weil eS etwas von den übrigen entfernt war. Es kam ihm vor, als ob sein Name wie ein Windshauch an seine Ohsen schlüge. Er stieg nicht wieder vom Hügel, er rollte herab wie eine Lawine, die der Sturm vom Gipfel eines Berges herabstürzt. Abermals vernahm er eine Stimme, die ihn zu rufen schien, eine hilferusende, ersterbende Stimme. Endlich kam er bei dem Hause seiner Geliebten an und außer sich stürzte er hinein. Ein Weib, die Haare gelöst, das Gesicht todtenblrich, die Züge entstellt, stieß mit entsetzlichem Geschrei seinen Namen auS, indem es sich den Händen eines Offiziers zu entreißen bemühte, der vergebens versuchte, e- mit den Armen zu umfassen und aus dem Hause zu ent fernen, dessen alte Wände, von den ungestümen Flam men auscinandcrgensskn, in schaudcrvollcr Zerstörung einzustürzen drohten. Das Weib war Rosa, der Offizier Emil de la Guiöre. Alejo that nur einen Sprung, den Sprung de- Tigers. Bevor der Franzose den Kopf wenden konnte, um ihn zu sehen, hatte ihn der Bergbewohner ergriffen und mit seinen kräftigen Armen, die ihn wie zwei Zangen umklammerten, erwürgt. Der Bergbewohner öffnete seine Arme und eine reglos« Masse fiel auf den Boden. ES war daS Werk eines Augenblicks. „Und Deine Mutter, Rosa?" rief Alejo, die Leiche des Obersten mit dem Fuße wegstoßend, um sich Platz zu machen. Rosa blickte Alejo an, aber sie erkannte ihn weder, noch verstand sie ihn. Alejo stürzte in den kleinen Saal, wo die gute Alte in ihrem Lehnsessel zu sitzen Pflegte. Da saß sie in der That, ebendaselbst in ihrem weiten, bequemen Sessel, neben dem Fenster, an welchem sie die einst» ömendr Lust deS Feldes rinzualhmen gewöhnt war, aber sie saß da unbeweglich, da- Haupt herabgesenkt, di« Hände schlaff, bleich und mit Blut bedeckt. Ein fran zösischer Soldat hatte sie barbarisch ermordet. Von einem Schreckensschauder ergriffen, wich der junge Jäger zurück. Rosa trat langsam ein und fiel neben ihrer Mutter auf die Knie, aber ohne zu beten, maschinenmäßig, mit der Unempfindlichkeit einer Bildsäule. In diesem Augenblicke hörte Alejo da» Rachegeschrci eine» Soldaten, welcher der mit der Schnelligkeit de»
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