Volltext Seite (XML)
MsdmfferTageblati Kenrjyrecher Wilsdruff Nr. 0 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 264V InserN»n«preI« M. ft«r die « gelten« K»rpo«,»«e »de» deren rionm, ReNamen, »I, r sPeMge K»rp»«,eII» ML Sei Wiederholung und Zahreeanftra, entsprechender preldnachiai- Letanntmachunpen im amMchen Teil (nur »»n Se-rrd-n) die 2 gespalten, «o^uezrii« MI. Aachweisungd^Sedühr » pfg. »n,«Is^>nmchm« 10 ilhr. Für di, Richtl«relt der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen »ir tri« Garantie. Feder Rn»«» -nfpruch erlischt, wenn der Setrag durch «lag» eingezog-n werd« muß »der »er Austra««»», I» R»nl°r« »er». dem Jahre 424^1 Dieses Blatt enthüll die amtlichen Bekarmtmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts -ä Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und de» Finanzamts Noffem B»rl«,«r m»» U»1tz«« Afch««»e i« WUsdruff. Verm»tw»rtlicher Schriftleiter: Her«««« LLfsl», für de« Inserate««eil: Ar1h«r Afch««»e, dew« v» MU«dr«A Nr. 47 Freitag den 24. Februar 1S22. 81. Jahrgang Kleine Zeitung für eilige Leser. * Auf Einladung maßgebender englischer Kreise sind deutsche Vertreter zu den Beratungen des Finanzkonsortiums für Ruß land nach London gefahren. * Der Reichskanzler erklärte im Reichstage, daß demnächst Vorbesprechungen mit den Parteiführern über die Frage der Neuwahl des Reichspräsidenten staitsinden sollen. * Lloyd George wird sich am Sonnabend zu einer Be sprechung mit PoincarS nach Paris begeben. * Die Konferenz in Genua wird nach neueren Anweisungen der italienischen Regierung wahrscheinlich am 23. März be ginnen. * Bei der Explosion des amerikanischen Militärluft- schiffes .Roma" sind 35 Personen umS Leben gekommen. Gang nach Canossa? Wenn der Berg nicht zu Mohammed kommt, komm! Mohammed zum Berge. Lloyd George, der den Übergang der Regierungsgewalt von seinem Freund« Briand aus Herrn Poincars gewiß nicht gern gesehen hat, mußte, als er nach dem vorzeitigen Abbruch der Canner Konferenz Paris passierte, dort dem neuen Chef der französischen Regierung wohl oder übel seine Aufwartung machen. Daß ihre Unterhaltung aber damals von besonderer Herzlich keit gewesen wäre, wagte niemand zu behaupten. Lloyd George zog sich danach ganz und gar auf seine irischen, indischen und ägyptischen Sorgen zurück und fand nur ab und zu einmal ein Wort für die großen europäischen Probleme, die, wie er Wohl sehen mußte, von Frankreich in sehr robuste Bearbeitung genommen wurden. Wenn er sich nun plötzlich für nächsten Sonnabend in Paris zu Besuch anmeldet, so weiß man nicht recht, ob er mürbe geworden ist, oder ob er es endlich für nötig hält, den französischen Stier bei den Hörnern zu packen. Poin- carb hat sein Verlangen nach Vertagung der Kon ferenz von Genua in einer ausführlichen Note be gründet, auf die er von London her keiner schriftlichen Antwort gewürdigt wurde. Seine Vorliebe für diploma tischen Notenwechsel wird von Lloyd George ganz be stimmt nicht geteilt, doch scheint dieser eine Verständigung mit Frankreich über die alle Welt bewegenden Fragen der internationalen Politik doch wohl nach wie vor in hohem Grade erstrebenswert zu finden. So will er durch münd liche Verhandlungen vielleicht in beschleunigtem Verfahren zu erreichen suchen, worüber man sonst noch monatelang hin und her hätte schreiben müssen. Der englisch» Premierminister dürste auch nicht ohne gewichtige Hilss truppen in Paris eintreffen. Vor allen Dingen soll sein Finanzminister ihn begleiten, um mit französischen Finanzkreisen auch die Reparationsfrag» wieder einmal durchzusprechen. Dem Anschein nach geht es also gemäß den Wünschen Poincarös, der seine Beteiligung an der Konferenz von Genua von einer vorherigen Verstän digung mit England über die hauptsächlichsten Pro grammpunkte abhängig gemacht hat. Wenn es dabei bleibt, daß in Genua nicht über die Reparationsfrage ver handelt werden darf, und wenn die politischen Differen- zen, die den englischen und französischen Staatsmännern in letzter Zeit so viel Kopfzerbrechen verursachten, vorher auch noch unter ihnen sozusagen endgültig beglichen wür den, so könnte auch Lloyd George, entgegen seinem bisheri gen Verhalten, in eine beliebige Vertagung der Konferenz seelenruhig einwilligen, denn was sie dann noch den ge plagten Völkern Europas für einen wesentlichen Vorteil bringen könnte, ist schwer einzufehen. Einstweilen wird immer deutlicher, daß Poincars es verstanden hat, die Abstimmungsverhältnisse auf der Konferenz seinen politischen Bedürfnissen mehr und mehr anzupass m. Im Verein mit Belgien kann er mit Sicherheit auf die Stimmen der zur Kleinen Entente gehörigen Staaten und wohl auch der russischen Randstaaten rechnen. Mittel amerika, Südamerika segeln auch jetzt noch überwiegend im Kielwasser der französischen Politik, und Japan und China werden alles andere eher als zuverlässige Verbün dete der Angelsachsen sein wollen. Das sind reale Tat sachen, die Poincarö zu schaffen verstanden hat, und auf die gestützt er den weiteren diplomatischen Kampf mit Lloyd George immerhin schon mit ziemlichem Selbstbe wußtsein ausnehmen kann. Dazu kommt, daß die i n n e r p o li t i sch e Stel lung des britischen Premierministers nach und nach morsch zu werden beginnt, während sein Gegenspieler in Paris erst vor wenigen Tagen noch ein einstimmiges Vertrauensvotum der Volksvertretung einheimsen konnte. In der Tat lehrt ja jeder Tag aufs neue, daß die franzö sische Kammer für einen irgendwie gearteten Versöh- nungs- oder Verständigungsgedanken noch gänzlich unzu gänglich ist. Jetzt ist diesen Herren, wie bei der fortge setzten Budgetdebatte zu vernehmen war, selbst Dr. Wirth, der Erfüllungskanzler, schon nicht viel mehr als ein „Boche", der sich den deutschen Zahlungsverpflichtnugen auf äußerst verschmitzte Weise zu entziehen trachtet. Mit scheinheiligem Pathos wird versichert, daß Deutschland kein anderes Ziel habe, als die wirtschaftlich« Wiederher stellung Frankreichs zu verhindern, und ein um das andere Mal wird erklärt, daß es keine andere Politik gegen Deutschland gebe als den Zwang. Und immer wieder taucht der Gedanke einer Loslösung des Rheinlandes vom Deutschen Reich in diesen Gehirnen auf; man vermag in Paris auch jetzt noch das Bedauern darüber nicht zu unterdrücken, daß dieser Zugriff unmittelbar nach dem Waffenstillstand versäumt wurde. Natürlich wird das Wort „Annexion" dabei zurückgewiesen. Man sagt viel- mehr, es handele sich in Wahrheit nur um „Reparationen". Die Bewohner des Rheinlandes seien preußenfeindlich, daraus müsse man für Frankreich Nutzen ziehen. Also- immer wieder der gleiche Rückfall in den äußersten Chau vinismus, der Herrn Poincarö, er mag innerlich über ihn denken wie er will, für seine internationalen Verhandlun gen gewiß äußerst willkommen ist. Alles in allem genommen: Lloyd George geht wieder einmal einen schweren Gang. Auch für uns Deutsche ist es eine Frage von schicksalsschwerer Bedeutung, ob dieser Weg nach Paris für ihn ein Gang nach Canossa wird. Deutsche Sachverständige in London. Ein Wiederaufbau-Syndikatfür Rußland. Auf Grund der Verabredungen in Cannes ist in Lon don nunmehr eine Vorbesprechung zur Bildung deS inter nationalen Wiederaufbausyndikats für Rußland einge- leitet worden. Dieses Syndikat geht auf einen englischen Plan zurück und sieht die Bildung einer Gesellschaft mit einem Kapital von zwanzig Millionen Pfund Sterling vor. Es soll aus den fünf Mächten England, Frankreich, Deutschland, Italien und Japan bestehen. Von deut- scher Seite ist besonders außer dem StinneS-Konzern auch die A. E. G. und die Firma Krupp lebhaft beteiligt. Nur»' mehr haben maßgebende englische Kreise die ReichSregie- rung davon in Kenntnis gesetzt, daß sie die Anwesenheit deutscher Vertreter gern sehen würden. Auf die Einladung hin haben sich sofort deutsch« Vertreter nach der englischen Hauptstadt begeben. Unter ihnen befinden sich Staatssekretär Bergmann und Geheim rat Kempner. Zu beachten ist, daß daS Konsortium kein Regierungskomitee, sondern ein privatwtrtschaft- liches Unternehmen ist, daß also auch die deutschen Ver treter nur als private Geschäftsleute in London weilen. — In rechtsstehenden parlamentarischen Kreisen befürch tet mau, das ganze Projekt könnte unter Umständen der artig abgeändert werden, daß es für Deutschland eine Gefahr bedeuten könnte, nämlich dann, wenn Deutsch land weiter nichts mehr sein würde als der Arbeiter der Entente für Rußland, und wenn wir durch den Plan in wirtschaftliche Abhängig keit besonders von England gebracht würden. Sollten di« Deutschen aber tatsächlich zu aktiver und positiver Mit arbeit herangezogen werden, dann dürfte es nicht ausge schlossen sein, daß unter Umständen Rathenau persön lich sich an den Besprechungen deS Syndikats beteiligt. In wirtschaftlichen Kreisen ist man der Ansicht, daß trotz man cherlei Bedenken die deutsche Negierung Wohl kaum gut daran tun würde, wenn sie die Mitarbeit in dem geplan- ten weltwirtschaftlichen Syndikat ablehnen wollte. Deutsch land muß jede Möglichkeit weltwirtschaftlicher Betätigung, die ihm geboten wird, ausnutzen, und deshalb kann eS, wenn einmal der Syndikatsgedanke reif zur Ausführung ist, auch in diesem Nahmen seine Mitwirkung nicht ver weigern. Diplomatischer Irrgarten. Amerikanische Flottenstützpunkte i« Frankreich. Einen recht interessanten Blick in die Irrwege der hohen Politik eröffnet eine Erklärung, die der bekannt« rechtsradikale französische Abgeordnete Tardieu aus Anlaß der Rückkehr der französischen Delegation aus Washington in der Presse verbreitet. Der wichtigste Satz daraus lautet: „Was hat denn Briand verpflichtet, da rr verhörte Angebot zu machen, französische Häfen als amerikanische Seebasis anzubieten gegw einen Gegner, den er, Tardieu, nicht nennen wolle?* Tardieu fährt fort: Das waren unsere Fehler auf diese» Konferenz, zu der Briand „in der albernen Pose des Ver- Mittlers" abreiste. Dieser ungenannte Gegner ist natürlich niemand anderes als England, und der Gedankengang Briands war also der, daß er aus der bekannten englisch-amerika nischen Konferenzstimmung für Frankreich Nutzen ziehen wollte, indem er den Amerikanern anbot, sich französischer Häfen^zu bedienen, dafür aber Frankreichs Standpunkt in europäischen Fragen gegen die in vielen Fragen abwei chende Meinung Englands zu unterstützen. Er scheute da bei anscheinend nicht davor zurück, den Amerikanern gegen den eigenen allerengsten Bundesgenossen England militä rische Hilfsmittel zu versprechen. Mit Recht bezeichnet Tardieu solche diplomatischen Irrwege als unerhört. Die ser Plan ist aber offensichtlich total fehlgeschlagen, und zwar ist er an der englisch-amerikanischen Interessenge meinschaft gescheitert, die zurzeit eben doch erheblich stärker ist als die trennenden Momente zwischen den beiden angelsächsischen Großmächten. Frankreich wird damit rech nen müssen, daß es nur auf Grund einer vernünftigen Abriistungs« und Reparationspolitik, nicht aber mir Quer- rrewereten gegen Englattd Vas Wohlwollen Amerikas fin den kann, das ihm wegen seiner großen Schultze» Amerika so wertvoll und notwendig wär«. Änderungen an den Vermögenssteuern. Beschlüsse des SteuerausschusseS. Der Steuerausschuß des Reichstages beendi-te die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über die Ver mögenssteuer. Die Wertermittelungsvorschriften des 8 1k wurden nach den Beschlüssen der ersten Lesung angenom men; nur die auf die verpachteten Grundstück» bezüglich» Bestimmung wurde gestrichen. Der Taris der Vermögenssteuer wurde nach einem Kompromißantrage der Deutsche« Volkspartei, der Demokraten, des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei folgendtrmaßen festgesetzt: Die Vermögenssteuer beträgt jährlich für di« natürlichen Per sonen: 1 Million Mar» BetrLg« g 4 S « 7 8 S io » 2 » 8 » « . » . ro d!« weiter«» von den angesangeuen oder vollen M)«X> M»rk de« stcur». Pflichtigen Vermögen» 1 vom Tausend, für bi« nächsten angefang. oder voü«n 250 000 Ich vom Tausend , weitere 250 000 Mark 2 ,, 250 000 - - 10 , , Weiteren Beträge , Bei der Berechnung der Steuer bleibt «in VermögenSzu- wachs, der langer al- zwölf Jahre zurückliegt, außer Ansatz. Die übrigen Bestimmungen dieses Entwurfs wurden nach den Beschlüssen der ersten Lesung angenommen und damit das ganze Gesetz. KOO 000 , 8 «00 000 , 4 1000 000 , 5 roooooo , e goooooo , 7 »000 000 , 8 1000 000 , s Der Zuschlag zur Vermögtnrsteu«» betragt nach den Ausschußbeschlüssen von dem ersten angefangenen oder vollen 250 000 Mark de» steuerpflichtigen Vermögens 100; für die nächsten angefangenen oder vollen 250 000 15L und für die weiteren Betrag« 200 Prozent der Vermögen-- steuer Der Entwurf des Gesetzes über di« Abgabe von Vermögenszuwachs aus der N a chk ri »g S z< i t wurde vom Ausschüsse entsprechend dem Steuerkompromisse, ab- g «l« hnt. — Der Steuerausschuß beschloß ferner folgend» Staffelung der Vermögenszuwachssteuer für die ersten empfangenen oder voll«« 200 000 Mark Les steuerpflichtigen Vermögen-Zuschlag«» 1 Px-- sür die nächste«, 200 000 Mark 2 , politische Rundschau. Deutsches Reich. Verhandlungen über das Arbeitszeitgesetz. In der kommenden Woche werden die durch den Et- fenbahnerstreik unterbrochenen Verhandlungen über das Arbeitszeitgesetz im Reichsverkehrsministerium mit de» Epitzenorganisatiouen der Eiseubahnbeamten und der Ge werkschaften wieder ausgenommen werden. Inzwischen haben die einzelnen Verbände Stellung genommen und ein« Reihe Voit Abänderungsanträgen fertiggestellt, die neue Verhandlungen nötig machen werden. Ersparnisse bei»» Wicderausbauministerium. Ähnlich wie beim Schatzministerium und beim Er- nährungsministerium hat der Hauptausschuß auch beim Etat des Wiederaufbauministeriums eine Anzahl Abstriche vorgenommen. Wenn auch ein sozialdemokratischer An trag, Wonach 173 Stellen vom 31. Dezember 1922 ab in Fortfall kommen sollten, nicht angenommen wurde, so wurden doch vom Ministerium sieben, von der Kolonial« zentralverwaltung vier, von Nachgeordneten Behörden sechsundsechzig, vom Reichsausschuß für den Wiederauf, bau der Handelsflott« zehn, insgesamt 87 Stellen ge strichen. — Auf die Anfrage eines deutschnationalen Ab geordneten, waS denn nun eigentlich tatsächlich an Auf bauarbeiten für die zerstörten Gebiete geleistet sei oder ge leistet werden sollte, wurde von Regierungsseite erklärt, eS seien bisher von Deutschland angeboten für 18 Milliar den Papiermark, angefordert sei darauf von der Gegen seite für drei Milliarden, geliefert dann für eine halbe Milliarde Papiermark, für 2N Milliarde Lieferungen seien noch in Erledigung begriffen. Kein neuer Eisenbahnerstreik geplant. Die Leitung der Neichsgewerkschaft deutscher Eisen- bahnbeamter und -anwärter, die den kürzlichen Streik an ordnete, hat sich mit der jüngster: Erklärung des NeichSver- kehrsministers Groener gegen einen eventuellen neuen Streik beschäftigt und einen Beschluß gefaßt, in dem es heißt: „Für die Neichsgewerkschaft bleiben die für den