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Dresdner Journal : 18.03.1875
- Erscheinungsdatum
- 1875-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187503185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18750318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18750318
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1875
-
Monat
1875-03
- Tag 1875-03-18
-
Monat
1875-03
-
Jahr
1875
- Titel
- Dresdner Journal : 18.03.1875
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W 63. Donnerstag, Den 18. März 1875. nt >t r, NN nd ni-, tcr er ind ut Ne M !Nt 18 I. t. M. l» AM«, »««»—ü«, ! 4 »0 kl. «n»i IS kl. S«— L«ob« tritt k«^ «ts 8towp»I«»«U«U UM». l^«r»1sapr«l»»» Vir 4» N»a» ato« k«Üt»«ü«i HS kA. v»t« ^wHEvät« ä« 2«ü», « kL Lrsskst»«»« lK-Uod »it F»«ullu», «irr 8oo>- ooä k«i«4«U«, für ä« P»M. DreMerItMlMl. Verantwortlicher Redacteur: Commissionsrckh I. G. Hartmann in Dresden. Lstptt«: k>. O» K ^oariull»; »K«o6»« : , »»»doiF-lOrU» MiO-LttPttU. ».» ! //«««»«I«»-«» ko-i«r, >«rlt» Vt«o S»»»iu'U-rr»U-l.,tpitU-^r«Lkt«r» ».M.- »L-cd«: L««t. Llo«r, >«rllL: <8. /nrat»«1e»- L »rinsu: L ^c^ott«, >r»,l»»: F Sta^A«,'« Nürv»Uj cdiviLir,: korot. rnmktv« » N.: L o. F. C. -oos Kuodü., Da»b«F6o., aSrUtt: /»v-O, S»LLü-„! t). Lc^rrter, kitt: I/aex», Ixr^tte, <t 60., «»ttxort! I-«--« «0 0», SL-rdar»! /tt-Mi-r«, Vt«! Oppotrtk. S»r»u,,«S«r» LSw-r LrpvUitäoo ä« t-n-äa« Ür«ä«o, !1»r^»rsU»»»»tr»— K«. ». Cagtogelchichte. * Berlin, 16. März. Ueber das Befinden Sr. Ma jestät des Kaisers bringt der neueste „St.-A." keine Amtlicher Weil. Dresden, 1b. März. Sr. Königliche Majestät haben dem pensionirten Beschälwärter am Landaestut zu Mo ritzburg, Michael Wagner, die zum Verdienstorden gehörige silberne Medaille allergnädigst zu verleihen gemht. NWmnNicher Neil, lledersicdt. Telegraphische Nachrichten. Laaesgeschichte. (Berlin. Breslau. Ems. München. Malchin. Wien. Prag. Parts. Bern. Rom. London. Konstantinopel.) Dresdner Nachrichten. Provinzial - Nachrichten. (Chemnitz. Bautzen. Flöha. Tharand. Frankenberg.) Vermischtes. Statistik «nd LolkSwirthschast. Einaesandtes. Ftullletsn. Lagetkaleuder. Inserate. Beilage. Börseunachrichtev. Telegraphische WitterungSberichte. Inserate. und begann darauf die Diskussion über die an eine Anzahl von Beamten des Kaiserreichs ge zahlten Pensionen. Morgen wird sich die Ber- sammlunal mit demselben Gegenstände beschäftigen. Die Majorität der Commission, welcher der Antrag deS Marquis de Ploeuc, betreffend die Mitgliedschaft von Ausländern bei den Vermal- tungSräthenvonEisenbahnaesellschaften, überwiesen wurde, hat sich gegen die Annahme dieses Antrags ausgesprochen. Die Commission, welche sich mit dem Anträge wegen der Ferien der Nationalversammlung be schäftigte. schlägt die^Kerien für die Zeit vom 2V. d. Mts. viü zum 3. Mai vor. Paris, DienStaa, 10 März, Abends. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Depeschen auS Carlistischer Quelle melden, da- die Carlisten die Höhen von San Christobal und den Monte ESquinza ge nommen haben. Haag, Dienstag, 16. März, Nachmittags (W. T. B.) Die Zweite Kammer hat heute die Gesetz- Vorlage, die sich auf Amortifirung von 10 Millio nen der Staatsschuld bezieht, mit 47 gegen 15 Stimmen angenommen. London, Dienstag, 16. März, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses beantwortete DiSraeli eine Interpellation von Mail in Betreff der Entschließungen, welche die Regierung angesichts des auf die englische Expe dition in Birma ausgeführtcn Angriffs getroffen habe. Der Premier erklärte, der englische Ge sandte in Peking, Mr Wade, fei angewiesen wor den, von der chinesischen Regierung eine strenge Untersuchung deS Vorfalls zu verlangen, und würde vor weiteren Schritten der Bericht des Gesandten abzuwarten sein. Cochrane kündigte darauf an, er werde am 16. k. M. eine Resolution einbringen, welche auS- Hreche, daß infolge der Brüsseler völkerrechtlichen Conferenz und ihrer beabsichtigten Fortsetzung in St. Petersburg für England eine Veranlassung gegeben sei, sich von der Pariser Seerechtsdecla- ration von 1856 loSzusagen und dadurch diejeni gen seerechtlicheu Grundsätze wieder zur Geltung zu bringen, welche für die Macht, d»e Integrität und die Unabhängigkeit Englands von so wesent licher Bedeutung seien. St. Petersburg, Dienstag, 16. März, AbendS. (Tel. d Dresdn. JournJ Die Mittheilung, daß die zweite internaticnale Conferenz über das Kriegsvölkcrecht im Mai zusammcntrcten werde, wird von gut unterrichteter Seite als unbegrün det, jedenfalls als sehr verfrüht bezeichnet. Die Zeitung ,,Ruski mir" ist wegen eineö Ar tikels über die Verwaltung Turkestans auf 3 Mo nate suspendirt w rden. Washington, Dienstag, 16. März (W. T. B.) Die diplomatische Correspondenz über die , LirginiuS'-Angelegenheit ist dem Senate vorge legt worden. Nach derselben ist der Vertrag, wo nach Spanien behufs Beilraung der noch obwal- tenden Differenzen sich zur Zahlung einer Summe von 80,000 Dollars an die Vereinigten Staaten verpflichtet, am S d von den Vertretern der bei derseitigen Regierungen unterzeichnet und unter dem 11. ratificirt worden. — Gleichzeitig ist die Anerkennung deS Königs Alfonso durch die Ver einigten Staaten erfolgt. fftlrstr.iMlchc Nachrichten. Berlin, Mittwoch, 17. März, Nachmittags. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Erzbischof von Köln hat unter« 10. d. im Namen seiner AmtSbrüder und in seinem eigenen Namen einen Protest an daS Abgeordnetenhaus gegen das Gesetz über die Verwaltung deS katholischen Gemeinde- und Air- chenvermögens mit dem Anträge auf Ablehnung dieses Gesetzes gerichtet Wien, Dienstag, 16. März, Abends. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus hat heute in der Generaldebatte den Gesetzentwurf über die Rege lung der Verhältnisse der Altkatholiken erledigt. Wien, Mittwoch, 17. Mürz. (Tel. d.Dresdn. Journ^) Die „Presse" schreibt: Gestern meldete daS „Vaterland", daß Stiftspropst v Döllinger in München auS der altkatholischen Kirchengemeinde auogeschirden sei, waS in der gestrigen Debatte deS Abgeordnetenhauses über das Altkatholikenaesetz vom Abg. Dechant Pflügl verwerthet wurde, lieber eine diesbezügliche telegraphische Anfrage au Döllinger erwidert dieser umgehend Folgendes: „Mein angeblicher Urvertritt zur vaticanischen Kirche ist eme Lüge, zu der ich keine Veranlassung gab." Prag, Mittwoch, 17. März, Vormittags. (Pri- vat-Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Kaiser Ferdinand ist vorgestern mit den Sterbesacramentcn versehen worden, doch hat sich sein Zustand heute etwas ge bessert. (Vgl. unsere Prager Correspondenz unter „Tagesgeschichte".) Versailles, Dienstag, 16. März, Abends. (W.T. B.) In der heutigen Sitzung der National versammlung sprach der Herzog v. Audiffret-Pas- quier dem Hause seinen Dank für die auf ihn ge fallene Wahl zum Präsidenten aus. Redner gedachte dabei der großen Vorthcile des parlamentarischen Rrgierungssystcms, welches so viel zu der Wohlfahrt und dem Ruhme Frankreichs beigetragen und die Ucberwinduug der dem Lande in den letzten Jahren auferlegten Prüfungen erleichtert habe. Es werde stets der gegenwärtigen Nationalversammlung zur Ehre gereichen, daß sic es gewesen, welche dem Lande seine verfassungsmäßigen Freiheiten wiedrrgegeben und denselben Achtung verschafft habe. Die Rede wurde von der Linken und den Cen- tren mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Im weiteren Fortgange der Sitzung wählte die Versammlung Duclerc (Linke) zum Bicepräfidenten Mtt»cilung, doch berichten die anderen heutigen?lbrnd- blätter, daß dasselbe, wenn auch der Schlaf in der ver- gangtuen Nacht iveniger gut war, zufriedenstellend ist und -er Katarrh sich seinem Ende nähert. — Bei dem gestr»cn parlamentarischen Diner des Fürsten Bis- ma« sind etwa 20 Mitglieder des Abgeordnetenhauses, darlmter Graf Arco, v. Kardorff, vr. Lucius, v. Wcdell- Maahow anwesend gewesen. Die meisten der Gäste ge- hörtchl der freiconservativen Fraction an; von der Fort- schriLspartei waren die Abgg. L utteroth und Alin och, von pen Ministern war Graf Eulenburg und außer dem Unterstaatssecretär Ur. Friedberg zugegen. Man war jhis gegen 8 Uhr in zwangloser Geselligkeit bei- samchen. Von Politik war, nach der „N. Pr. Z." so gut wie gar nicht, vielleicht absichtlich nicht, die Rede und Fürst Bismarck in besonders guter Stimmung. — In pezug auf den Stand der Arbeiten des Land- tagffs wird mitgetheilt, daß der Seniorenconvent des Abgeordnetenhauses beschlossen hat, dem Präsidium die Vertagung des Hauses für den nächsten Sonnabend in VorKhlag zu bringen; die Osterferien sollen bis zum 5. April dauern. Das Herrenhaus, dessen Budgetcommis- sion!in ihren Berathungen den Verhandlungen und Beschlüssen des Abgeordnetenhauses andauernd gefolgt ist, wird vielleicht an: nächsten Freitage den Staatshaus halt verathen, so daß das Budget noch vor Ostern er ledigt werden würde. Der heute zur ersten Lesung im Abgsordnetenhause anstehende Gesetzentwurf wegen Ein stellung der Staatslcistungen für die römisch-katholische Kirche wird dagegen vor dem Beginn der Ferien noch nicht alle Stadien der Berathungen durchlaufen können. Von den dem Abgeordnetenhaus! vorliegenden Verwal- tungsreformgesetzen wird, wie man annimmt, ein Ent wurf nämlich der über die Provinz Berlin, jedenfalls nicht in dieser Sitzungsperiode zu Stande kommen. Die Abgeordneten Biesenbach und Genossen haben, wie die ,,N. Pr. Z." hört, von der gesummten Ccntrums- fracston unterstützt, beim Präsidium des Abgeordneten hauses einen Antrag überreicht, wonach sämmtliche seit dem Jahre 1873 ergangene kirchenpolitische Ge- setze wieder aufgehoben werden sollen. Als selbstver ständlich wird angesehen, daß die übrigen Fractioncn des Hauses diesen Antrag mit dem Ucbergange zur ein fachen Tagesordnung beantworten werden. — Der „K. Z." wird von hier geschrieben: Die mehrfach verbreitete Nachricht, daß die Reichsjustizcommission erst nach Pfingsten zusammentreten würde, bestätigt sich nicht. Der Vorsitzende, Abg. Miquöl, wird die Commission in Gemäßheit ihres eigenen Beschlusses in der ersten April- wvche berufen; es steht dann dahin, ob die Commission selbst eine weitere Vertagung beschließen wird. ^.Berlin, 16. März. Im Abgeordnetenhause hat heute die erste Berathung des Gesetzentwurfs, die Einstellung der Staatsleistungen für die römisch-katho lischen Bisthümcr und Geistlichen betreffend, stattgefun- den, und hat das Haus nach einer langen, lebhaften Debatte, an welcher auch der im Laufe der Sitzung erschienene Reichskanzler Fürst Bismarck sich betheiligte (s. unten), beschlossen, die Vorlage nicht erst an eine Commission zu verweisen, sondern deren zweite Be- rathung in: Plenum stattfinden zu lassen. Der Be rathung dieses Gegenstandes ging die erste Berathung über das Kostenwesen in Auscinandersetzungssachen vor aus. Das Haus beschloß nach einer kurzen Debatte, an welcher sich die Abgg. Kiepert, Vogeley, Mühlenbeck, Schcllwitz und Prinz zu Hohenlohe betheiligten, diese Vorlage, die bereits in der vorigen Session dem Hause vorgelegen hat und commissarisch berathen worden ist, im Plenum weiter zu berathen. Zu der nun folgenden Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Staats leistungen an die römisch-katholischen Bisthümcr und Geistlichen haben sich 27 Redner, und zwar 15 gegen, 12 für die Vorlage, gemeldet. Die Debatte eröffnet Abg. Reichensperger: Seitdem der Minister Falk erklärt, die Leitung der Cultusangelegcnheiten als Jurist füh ren zu »vollen, sei er auf Alles geiaht vr. Falk trage tat sächlich für den jetzigen Kamps die Verantwortung. Den Katholiken sei eben nur noch übrig geblieben, jedwede Unbill und Vergewaltigung ertragen zu müssen, die Verfassung-Ke- stimmungen hätten sich für dieselben als werthlos erwleseu- Sie hätten sich neben der Verfassung auf allgemeine Rechts- grundsätz« berufen, die bestimmend da« Vorhandensein gewisser Gebiete anerkennen, auf denen der Staatsgewalt eine Berech tigung zum Eingreifen fehle Daraus sei ihnen mit der Staats raison geantwortet worden, und beriefen sie sich aus die Lan- deSgesctze, so stelle ihnen die Regierung ein beredtes Schweigen entgegen Die Regierung laste sich bei ihrem Vorgehen durch den Gedanken leiten, daß sie die Majorität hinter sich habe. Wenn im Hause Männer der Fortschrittspartei erklärten, daß sie zwar die Grundsätze der StaatSregierung nicht billigen, trotzdem aber für die Regierung stimmen würden, so erüinere ihn da» an die ost getadelte Laudrathskammer, die sich von dem Programm „Wenn aber, dennoch" leiten ließ. Die Regierung mäge doch bedenken, daß zwischen der augenblicklichen Majorität der Lan- desvertretung und der dauernden Mehrheit im Lande ein großer Unterschied sei; die letztere allein habe festen Bestand. Fürst Bismarck habe selbst anderswo erklärt, daß die gegenwärtige Majorität auf seinen Namen gewählt sei, dies werfe doch ein eigenthümlicheS Licht auf deren Tendenz. Den kirchlichen Obern mache man den Vorwurf revolutionärer Tendenzen, und sie hätten doch nicht anders gehandelt, als eS ihnen das Landrecht zur Pflicht gemacht Heule betrete man nun da» Gebiet der Vermögensrechte, das sei der neue von der Regie rung eingenommene Standpunkt Darauf, daß man es hier mit Rechtsverpflichtungen des StaatS zu thun habe, nehme man keine Rücksicht, vielmehr sage man, diPe RechtSverpfiich- tungen müßten der Majestät deS Gesetzes weichen. Er glaube aber bereit« nachgewltscu zu Haden, daß die Gesetze selbst nicht verletzt werden- Große Schwierigkeiten hätten sich der Ausführung des Gesetzes sicher entgegenstellen müssen. Seiner Ansicht nach sei die Regierung noch nicht so weit, jede Action in den inneren Angclegenheüen der Kirche vornehmen zu Lü sen , z. B. ein neues Glaubensgesetz geben zu dürfen, welche» obligat« risch für die gcsammte Ztirche gelten solle, denn durch ein dergleichen Vorgehen derselben würden die obersten Grund sätze der preußischen Verfassung und des preußischen Land rechts geradezu aus den Kops gestellt (Der Rcdner^itirl hier die betreffenden Stellen der Versüssung und des Landrecht», durch welche Niemand seines Glauben« wegen verfolgt werden darf, sondern Jeder volle Glaubensfreiheit genießen soll.) Da» Haus möge sich doch einmal die Maigesetze ansehen und sich dann fragen, ob der Widerstand gegen dieselben wohl unge rechtfertigt fei. Er würde die Einstellungen dieser Slaats- lcistnngen für gerechtfertigt hallen, wenn es sich dabei um freie Gaben handelte Doch in Bezug auf diese Dotation sei die Verpflichtung des Staates anerkannt, sie habe einen civil- rechtlichen Charakter. Redner tadelt nunmehr, auf die Mo tive der Vorlage näher eingehend, namentlich, daß von der Regierung die Einbringung dieses Gesetzes mit den verletzteu Majestätsrechten des König« begründe! worden. So könne man jedes Vertrags-, jedes Schuldverhältniß beseitigen. Es scheine aber durch die Vorlage endlich das Programm eines früheren, verstorbenen Mitgliedes dieses Hauses verwirklicht werden zu sollen: Den Bilchöfen und Priestern brauche man nur den Brodkorb höher zu hangen, dann werde sich schon Alles machen lassen. (Sehr richtig! im Centrum.) Es sei dies nach seiner Ueberzeugung kein Wohlfahrtsgesetz, sondern rin Gesetz der Rache, welches mit Vorsatz Unrecht thun wolle. (Lärm.) Präsident v. Bennigsen: Er bedauere sehr, gegen ein solch alte» Mitglied des Hauses den Ordnungsruf ergehen lassen zu müssen, aber den von dem Herrn Redner soeben gebrauchten Ausdruck könne er nicht ungrrügt lasten, und rufe deshalb den Redner zur Ordnung. Abg Reichensperger (fährt fort): Er wolle dem Herrn Präsidenten hierauf nichts erwidern, in Erfüllung seiner parlamentarischen Pflicht «erde er seinen Standpunkt immer zu wahren und zur Geltung zu bringen suchen. Er erkläre, dieses Gesetz würde Unrecht zusügen, ohne etwa« für den so genannten StaatSzwcck zu erreichen, auch hier möge man sich die abschüssige Bahn, auf welche die Kirchcngesetzgebung führen müsse, vergegenwärtigen. Die Regierung unb namentlich daS Haus möge bedenken, daß ein geistiger Kampf nicht mit ma teriellen Mitteln zu Ende zu führen sei. Deshalb möge man in einer Commission insbesondere die rechtliche Seite der Vor lage einer eingehenden Prüfung unterwerfen im Hinblick auf den alten Spruch: justiri» suailamslitum r«>gn»ruw. (Bravol im Centrum.) Kultusminister l>r. Falk: Nach dem vorliegenden Gesetz entwurf solle der katholische Clerus so lange nicht mehr die Mittel von Seiten des Staates erhalten, als bis er die Ge setze des Staates anerkenne. Der Vorredner habe freilich auS- gesührt, daß ein Ungehorsam gegen dieselben gar nicht vorhan den sei. daß Bischöfe und Clerus ganz nach den SlaatSgesetzen handelten, und er sei dabei zu dem wunderbaren Schluß ge kommen, daß Jeder nach seiner Religion thun könne, was ihm beliebe. Er glaube, dav, wenn er ähnliche logische Sprünge machen wolle, seine Logik den Hals brechen würbe Einzelne obere Häupter dc« Clerus möchten wohl Neigung haben, mit ihrer Person in einer Weise hinauszutreten, die aus ein Nach lasten der directen Gesetzesverletzungen deute, so z. B- träten auch lange nicht mehr so viele widergesetzliche Anstellungen ein, als früher, daraus sei aber lange no h nicht auf ein Nach- lasten des Widerstandes zu schließen- Nur eine andere Taktik Feuilleton. Redigirt von Otto Banck. K. Hostheater. — Altstadt. — Dm 16. d. gab in Brcthoven's Oper „Fidelio" Fräul. Hofmeister als letzte Gastrolle die Leonore, und die Ausführung dieser Partie ergab ein bestimmteres und berichtigendes Ur- theil über ihre Leistungsfähigkeit. Der Wunsch ihres Engagements kann danach nicht festgehalten werden; denn so nothwcndig unsrer Oper auch ein hoher Sopran ist, in der Aufgabe erster dramatischer Partien würde Fräul. Hofmeister nicht genügen können. Wohl war ihre Gesangsausführung der Leonore lobenswerth, warm empfunden im Vortrag, sehr gelingend in manchen Auedrucksaccenten, aber die Gesammtleistung erschien noch unfertig und unreif und ohne sicheres Können und künstlerische Beherrschung für die Gestaltung an sich richtiger und talentvoller Intentionen. Ihrer Wieder gabe dieser hochherzigen, von innigster Gattenliebc be geisterten Frauengrstalt fehlte zu sehr Größe und Ver tiefung der Auffassung, entschiedene Steigerung und Energie des Gefühlsausdruckes; ihre musikalische Be handlung läßt dramatisch bewegte Accrntuation und Bestimmtheit der Gestaltung vermissen. Dieser Leonore würde ihr kühnes, edles Unternehmen nicht grlingm. Sehr hinderlich und beschränkend ist allerdings für Frl. Hofmeister die zu geringe Ausgiebigkeit ihrer Stimme, namentlich in der Mittellage, deren Klang im Ensemble gedeckt wird. Doch kann geschickte Verwendung hierfür sehr ausgletchend wirken. Die Leonorerolle gehört zu jenen, welche weniger schematisch festgestrllt und repro- ducirt werden könnm, welche immer wieder von innm heraus individuell und lebenswahr gestaltet werden müssen und daher eine strenge Prüfung abgrben. Fräul. Hof meister hat auch noch für das Rccitativ eine freiere Be handlung zu gewinnen und wird in der Höhe durch bessere Vocalisation wahrscheinlich noch vollcrn Klang erzielen können. Vorzüglich und schwungvoll sang sie das Schlußductt mit Florestan; verständig und mit Wärme war ihre Ausführung des Dialogs. Mit der dramatisch vollcndctcrn gesanglichen Gestaltung der Par ste wird sich auch eine bestimmtere und fertigere Aus bildung des Spiels verbinden, und Frl. Hofmeister wird sich denn auch z. B. nicht das stumme Spiel Leonore's entgehen lassen, wenn diese (1. Act) unter den Ge fangenen in tiefster Erregung, sehnsüchtig und getäuscht ihren Gatten sucht. Diese Scene wenigstens, sowie die der Rettung Florestan's, gehört zu denen, die von srührrn genialen Darstellerinnen der Leonore festgestcllt sind. Die Leistungen der übrigen Mitwirkenden in dieser Oper sind bekannt; ganz besonders zeichneten sich die der Herren Köhler (Pizarro), Decarli (Rocco), v. Witt (der für Hrn. Riese als Florcstan eiugetretrn war), auch der Fräul. Pichler (Marcellinc) aus. C. Banck. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 16. März: „Die Diplomaten", Lustspiel in fünf Acten von Rudolph Gottschall (zum ersten Male). Dieses Lustspiel, das bereits vor einiger Zeit in Hannover aufgeführt wurde, ist für Dresden eine Novi tät; nicht für den Dichter, welcher cs seinen drama tischen Schriften bereits eingefügt und in vorliegender Gestalt neu bearbeitet hat. Es sei zunächst bemerkt, daß die hiesige Jnscenirung (durch Herrn Regisseur Meister) eine recht sorgsame und der Theaterbesuch ein überaus zahlreicher war. Mit dem Zeitvrrbrauch wird man bei einer Repetition ökonomischer umgehen; die Vorstellung dauerte diesmal eine halbe Stunde zu lauge, was sonst der vorzüglichen Präcision unseres, seine Scenen auf die Minute berech nenden Hoftheaters ganz fern liegt. Vielleicht trug auch dieser Ausnahmcfall das Seine zu einer nicht er freulichen Ermüdung der Stimmung bei, die sich bei schwächeren Stücken oft genug sehr gut aufgelegt fühlt, geschmacklose Nichtigkeiten mit Liebe zu genießen. Hier jedoch liegen dir Behinderungen des Genusses noch anderswo. Rudolph Gottschall, der sich durch seine unge wöhnliche, von trefflichen Kenntnissen unterstützte Kraft des Talentes in der modernen Literaturgeschichte viel seitig ausaebreitet und sich auf verschiedenen Gebieten mit derselben verflochten hat, bekundete dem deutschen Publicum in scinem Gesammtwirken so viel geistreiche Frische, so viel geschickte Auffassung und brillante Ausdrucksfähigkeit, daß alle Leser seiner verbreiteten Schriften mit Recht erhöhte Anforderungen an seine Bühnenproducston richten. Es ist nicht nur ein billiger Wunsch für das Publicum, es ist auch ein ehrenvoller für den Autor, wenn man von einem so begabten Geist im vollsten Sinne des Wortes Originalschöpfungen ver langt, und zwar sowohl in der heitern wie in der ernsten dramatischen Literatur. Solche von Natur und Cultur bevorzugte Männer sollen sich als Förderer und Bildner jener Literatur stark und treu bewähren, und zwar durch Originaldichtungen, die diesen Namen nicht nur in der Composition, in der dramatischen Methode, in der ästhetischen Auffassung der Bühuenaufgabe, sondern auch in der psychologischen Gestaltung der Charaktere, in der Selbstständigkeit des Dialogs und seiner starken und feinen Jdernproducston verdienen. Diesen deutschen selbst- eigcnen Weg haben im Großen und Ganzen Gutzkow und sogar Laube, von manchen andern Dichtern der neuen Zeit nicht zu reden, mit gutem Glück und Tact eingeschlagen, und wem: sie sich auch in der Conception manchen fremden Vorbildern anlehnten, so blieben sie doch eigenartig in der Specialaussührnng. Deswegen sehen wir auch „Ein weißes Blatt", „Werner", „Zopf und Schwert", „Das Urbild des Tartüffe", „Gottsched uud Gellert" immer noch gern und mit unbewußter heimathlicher Anmuthung. Bühnenstücke aber, die in reifen Jahren von reifen Köpfen dennoch nur in fremder Manier geschrieben sind, haben ein kurzes, wesenloses Dasein, weil sie ganz des nöthigen Eigenlebens ent behren. „Die Diplomaten" bieten einen solchen Fall, wo ausländischer Wein in importirte Schläuche gefüllt ist. Nach der Vorlage und dem lockenden Beispiel franzö sischer Comödieleistungen, wie solche durch „Ein Glas Wasser", „Damcnkricg", „Die Erzählungen der Königin von Navarra" mittclpunktlich bezeichnet werden, haben sich deutsche Reproductionen dieses specifischen Jntriguen- stückes gebildet, welche in der „Marquise von Villette", oder in den „Musketieren der Königin", endlich, um nur bei zwei Verfassern zu bleiben, in Gottschall's „Pitt und Fox" eine sehr geschickte bühnentüchtige Imi tation und Vertretung fanden. Wir befinden uns in dieser französischen Dramen schule ganz auf dem Felde der Jntrigue mit gelegentli cher Situationskomik; Znngrnkampf, Verstellung, Ver leumdung, Verheimlichung, Behorchung, Nebenthüren, Hinterthüren, Fallthüreu umgeben uns; jeder Mensch, vom Herzog und Premier bis zum Kammerlakaicn und aben teuerlichen Strolch ist auch ohne Maske maSkirt, Jeder hat das wahre Gesicht seiner Jugend vergessen, und Weiberlist und Männerspeculation, lüsterne Leidenschaft und Ehrsucht laufen sich mit Affront den Rang ab. Solche Stücke wirken um so besser, je weniger jener Ap parat als ein solcher hervortritt und je mehr rin spirt-
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