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TEXT1L-TECHH1SCHER TEIL Fasergewinnung und ^Untersuchung, Roh= und Hilfsstoffe Über die Wärmedurchlässigkeit der Textilien mit besonderer Berücksichtigung der aus Luftseide hergestellten Gewebe. Von Dipl.-Ing. Erich Wagner, Assistent an der Technischen Hochschule zu Dresden. Mit der Frage der thermischen Eigenschaften von Geweben haben sich seit Rumford 1 ), Peelet 2 3 * ) usw. verschiedene For scher befaßt, ohne jedoch zu wirklich praktisch verwertbaren Ergebnissen zu gelangen. Da der Wärmeaustausch auf den drei physikalischen Ersehei nungen beruht, nämlich der Wärmestrahlung, der Wärmeleitung und der Wärmeübertragung durch Konvektion oder Fortführung, so müssen bei der Bestimmung' des Gesamtwärmeverlustes in systematischer Weise diese einzelnen Faktoren in ihren absoluten Größen ermittelt und dann addiert werden. Rubner’) hat für die Wärmestrahlung von Beklei dungsstoffen nachgewiesen, daß die Extreme im Ausstrahlungs wert um 31,8% schwanken. Während ein glänzender Seidenstoff 3,46 Kal. abgibt, strahlt ein wollener Trikot 4,58 Kal. an Wärme aus. Er wies ferner nach, daß Seide und Wolle an sich keinen Unterschied in der Wärmestrahlung haben und die verschiedenen Resultate nur auf die verschiedene Webart zurückzuführen sind. Er fand, daß die rauhe Seite eines Gewebes ein erheblich größeres Strahlungsvermögen hat als die glatte Seite. Von großem Einfluß ist die Dicke der Schicht auf die Strahlung; bei zunehmender Dicke nimmt die Wärmestrahlung sehr langsam ab. Über den Ein fluß der Farbe auf den Strahlungswert hat Krieger’) gefunden, daß sich ein weißer und ein dunkelgrün gefärbter Stoff ungefähr wie 1 :1.6 verhalten. Ferner stellte R u b n e r fest, daß die Strah lung nasser und trockener Gewebe gleich ist. Nach dem S t e f a n - B o 11 z m a n n s c h e n Strahlungsgesetz ist das Emissionsvermögen des absolut schwarzen und des grauen Körpers der 4. Potenz der abs. Temperatur proportional: /TV E = C-( 1 kcal/m-h llof)) 1 Für den absolut schwarzen Körper ist die Strahlungskon stante C s = 4,96 kcal/m 2 h( c abs)’; für den grauen Körper ist C = «-C s j wobei das Absorptionsverhältnis « angibt, welcher Bruchteil der auftreffenden Strahlung absorbiert wird. Bei neueren Versuchen 5 * ) wurden für « folgende Werte gefunden: für Baumwollzeug : «= 0,77 ,, Seidenstoff :« = 0,78 „ Wollstoff :r — 0,78 Ein Unterschied in der Wärmestrahlung ist also nicht fest zustellen, womit auch Rubners Feststellungen aus den .Jahren 1892 bis 1898 Bestätigung finden. Was die W ä r m e 1 e i t f ä h i g k e i t anlangt, so sind zunächst die Untersuchungen von S c h u h m e i s t e r •) von Bedeutung ge- ’) Rumford, Mein. sur la chaleur, Paris, 1804. 2 ) E Peelet, Tratte de la chaleur, Paris, Masson 1856, 3. edit., Bd. 1, S. 407 und 1860, Bd. 1, S. 363 ff. 3 ) M. Hühner, Archiv für Hygiene, 1892—1898. ’) Krieger, Zeitsehr. f. Biologie. Bd. 5, 1869. 5 ) vergl. Hütte, 25. Aufl. Bd. 1. S. 463. •) Schuhmeister, Berichte d. Wiener Akad. d. Wissensch. 1877, Bd. 76. (Eingog-angon am 19. Februar 1929. Die Schriftleitung.) I worden, der als erster den Beweis erbrachte, daß Baumwolle, Schafwolle und Seide die Wärme besser als Luft leiten. R u b n e r stellte bereits wesentliche Leitungsunterschiede zwischen den ein zelnen textilen Grundstoffen fest. Das geringste Wärmeleitungs vermögen besitzt Wolle, das größte die Pflanzenfasern, dazwischen liegt der Wert für Seide. Das Wärmeleitungsvermögen hängt jedoch außer von dem verwendeten Material von dem Mengenver hältnis zwischen Luft und Material, von dem verschiedenen Po ren v o 1 u m e n ab. Ein dichteres Gewebe leitet die Wärme besser als ein lockeres. Die Dicke der Stoffe kann jedoch die bestehen den Differenzen im Leitungsvermögen der Materialien überkom pensieren. In der nachfolgenden vergleichenden Zahlentafel 7 ) sind einige Werte für die Wärmeleitzahl in kcal/m • h • °C angegeben, die für eine Temperatur von 100° C gelten: Stoffe Peelet Lees Lees & Chorlton Lamb & Wilson Nus selt Grö ber 8 ) nach Nusselt Luft = 1 gesetzt Luft 0,0263 1,0 Wolle 0,044 0,083 0,043 0,044 0,042 0,042 1,6 bis 0,052 Seide 0,079 0,034 0,045 0,047 1,8 Baumw. 0,040 0,198 0,072 0,055 0,054 0,055 2,0 Man ersieht aus dieser Tabelle, daß die Werte von Lamb & Wilson, Nuss eit und Gröber mit großer Genauigkeit übereinstimmen, während die Werte von Peelet, Lees, Lees & Chorlton teilweise um ein Vielfaches voneinander abweichen. Handelt es sich darum, die einzelnen Teile einer Gesamt bekleidung zu untersuchen, so muß man unbedingt Strahlung und Leitung gesondert bestimmen. Wo es sich jedoch um die Auf stellung relativer Werte handelt, die der Praxis meist genügen werden, ist die Trennung des Gesamtwärmeverlustes in Leitung und Strahlung nach absolutem Maße ganz überflüssig. In dieser Hinsicht erweist sich die Bestimmung der Wärmedurchlässigkeit mittels des vor Jahren von E. Müller konstruierten Apparates bei genauer Einhaltung konstanter Versuchsbedingungen als sehr zweckmäßig. Bekanntlich gründet sich der Müllersche Apparat auf das Prinzip, die Abkühlung eines Körpers, der mit verschiede nen Geweben umkleidet ist, zu vergleichen. Dazu dient ein Mes singzylinder, der mit erwärmtem Wasser gefüllt ist. Es empfiehlt sich, die Versuche für ein Temperaturintervall von 40—36° C durchzuführen, was der fieberhaften und normalen Körpertempe ratur des Menschen entspricht. Ohne an dieser Stelle näher auf die Theorie des Versuches ein- 7 ) vergl. W. Nusselt, Diss. München, 1908, S. 74. 8 ) Gröber, Forschungsarbeiten, Heft 104.