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Großenhainer Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. Insertionsbeträge von auswärts sind in Post- marken beizufügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. AS. Sonnabend, den 4. April L8S4. Bekanntmachung. Das zum Nachlaß Carl GottlobPottig's gehörige Schankgrundstück, bestehend aus Wohngebäude, Scheunengebäude, überbauter Kegelbahn nebst Feld- und Garten grundstück, Fol. 32 des Grund- und Hypothekenbuchs, Nr. 18 des Brand - Catasters für Altleis, welches von den Ortsgerichten zu Altleis auf 3481 Thlr. gewürdert worden ist, soll vom unterzeichneten Gerichtsamte aus Antrag der Erben erbtheilungshalber den 9. April a. e. im Grundstück zu Altleis unter den dem Anschlag in der Schänke zu Altleis und im Amtsgebäude allhier angefügten Bedingungen freiwillig versteigert werden. Es werden daher Erstehungslustige andurch vorgeladeu, sich am gedachten Tage des Vormittags ^12 Uhr im erwähnten Grundstücke einzufinden und des Weiteren gewärtig zu sein. Desgleichen sollen an demselben Tage des Nachmittags Uhr die zu demselben Nachlaß gehörigen übrigen Gegenstände, bestehend aus einer Kuh, zwei Schweinen, mehreren Wirthschaftswagen und sonstigen Wirthschafts- und Ackergeräthen, landwirthschaftlichen wie schankwirthschaftlichen Vorräthen, Schankutensilien, Möbeln und Kleidern, von den Orts gerichten zu Altleis meistbietend versteigert werden. Großenhain, den 20. März 1874. Das Königliche Gerichtsamt. —— Pechmann. v. L. Bekanntmachung. Nachdem die städtische Abschätzung beendet worden, bringen wir Solches mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntniß, daß das Cataster vom 2. bis mit 18. April zur Ein sichtnahme an Stadtcassenstelle ausliegt, sowie daß Reklamationen gegen die erfolgte Einschätzung bei deren Verlust bis zum 18. April ebensalls an Rathsstelle schriftlich an zubringen sind. Großenhain, den 1. April 1874. Der Rath. Ludwig-Wolf, Brgrmstr. Bekanntmachung. Die Pferde-, Vieh- und Schweine-Märkte, welche an den hiesigen beiden Jahr märkten im Frühjahr und Herbst bisher am Montag stattfanden, werden höherer Anordnung zufolge künftig stets am Dienstag, in diesem Frühjahr mithin am 14. April er. abgehalten werden, was hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Cottbus, den 24. März 1874. Der Magistrat. Bekanntmachung. Die am 1. April 1874 fälligen Brandversicherungsbeitrage sind nach zwei Pfennigen von jeder Beitragseinheit längstens bis zum 17. April L87L an die Stadthauptcasse zu bezahlen. Großenhain, am 30. März 1874. Der Stadtrat h. Ludwig-Wolf. Bekanntmachung. Das neue Schuljahr für hiesige Bürgerschulen beginnt Donnerstag den 9. April. Denselben Tag, Vormittags 10 Uhr, sind auch die diese Ostern schulpflichtigen Kinder der Schule zuzuführen. Die für die 1. Knaben- und Mädchenschule augemeldeten Kinder sind in das Schulgebäude au der Promenade, die für die II. und III. Knabenschule bestimmten in das Gebäude in der Schulgafse, die für die II. Mädchenschule bestimmten in das alte Schulgebäude hinter der Kirche, und die für die III. Mädchenschule an gemeldeten in das Gebäude in der Friedrichsgafse zu bringen. Großenhain, den 30. März 1874. Die Schuldirection. Mushacke. Auetion Von dem unterzeichneten Gerichtsamte sollen folgende zum Nachlasse weil, des Strumpfstuhlnadelfabrikanten Carl August Zickmann allhier gehörige, zur Zeit noch in der ehemals Zeißler'schen jetzt May und Stahlknecht'schen Fabrik befindliche Maschinen, als: eine 2L er Spinnmaschine, 3 Stück schmale Schafwoll-Neißkrempeln, eine schmale Schaswoll - Spinnkrempel und ein Reißwolf mit Zubehör am L8. «R. «Us., Vormittags 10 Uhr in der obgenannten Fabrik gegen sofortige Bezahlung in gangbaren Münzsorten meistbietend versteigert werden, was hierdurch bekannt gemacht wird. Stollberg, am 31. März 1874. Königliches Gerichtsamt. Kunze. Simon. Dstern. Abermals öffnen sich die Pforten des heiligen Osterfestes! Erinnerte nicht die Kirche daran, so käme uns doch die göttliche Offenbarung, wenn verjüngte Triebkraft die Natur erfüllt und frische Lebens lüft Flur und Wald durchströmt; wenn der mit Blüthen geschmückte Frühling wie ein Priester am ewigen Altar der Schöpfung niederkniet und für uns Alle betet. Wo wäre der arme Mensch, dem seine Sprache nicht die Seele rührte, dem nicht das Herz in der Brust höher schlüge, wenn ihn die ersten Blümchen grüßen, die froh und keck dem strahlenden Floraheere vorangeeilt, um zu erzählen, wie drinnen im Mutterschoße der Erde sich Alles zur fröhlichen Auferstehung rüstet! Durch die Geister zieht die Ahnung vom Hereinbrechen einer schöneren Zeit. Lauschend am Grabe der Vergangen heit, vernimmt heute unser Ohr den beseligenden Ruf: das Vaterland ist auferstanden! Wohl mußten Tausende geopfert werden, um die Gedenktafeln der Geschichte mit neuen Zeichen und Wundern zu füllen; aber schon Christus sagte, indem er die Religion der Liebe verkündigte, er bringe das Schwert. So hat auch unsere Zeit durch blutige Saat den Boden vorbereitet zur lichtvollen Erkenntniß der höchsten Zwecke für Staat und Menschheit. Freilich gilt es noch immer den Kampf um die Wahrheit! Aber uns ist nicht bange, denn schon senkte sich die Morgemöthe eines geistigen Ostertages auf Deutschland nieder. Wie es stark und mächtig aus dem Kampfe gegen fränkisch - corsischen Ueber- mnth hervorgegangen, wird es auch diejenigen Nebel zu verscheuchen wissen, welche noch immer die Bahn der Geistesfreiheit belagern. Der Kampf gegen römische Ver dummungssucht, den die Reichsregierung so energisch aus genommen, läßt bereits auf der ganzen Linie das siegreiche Vordringen derselben erkennen. Die Herrschaft der Nacht liegt Gott sei Dank hinter uns; sorgen wir aber auch, daß es Tag bleibe und immer mehr Tag werde. Dazu mahnt kein Fest so eindringlich, wie gerade Ostern. Die Menschen erwarten, daß sie Gott erlösen werde, und doch ist es ihre Aufgabe, den Gott, der in ihnen wohnt, und in den Banden des Egoismus, des Wahnes und des leidigen Interesses gefangen liegt, aus seiner Erniedrigung zu befreien. Wahrlich, kein Wesen geräth so oft in Ge fangenschaft, als eben dasjenige, welches seiner Natur nach das Freieste und Erhabenste ist. Das Allerheiligste, am empfindlichsten gegen Entweihung, wird am leichtesten da von ergriffen. Je feiner der Spiegel geschliffen, desto gewisser trübt ihn der leiseste Hauch; das uutadelhafte weiße Kleid wird von jedem Stäubchen befleckt. Fragt man daher, ob es ein Gefängniß gebe, stark genug, um einen Gott im Gewahrsam zu halten, so müssen wir mit Bedauern antworten: für Niemand sind so viele Kerker in Bereitschaft, als für den Gott, der in dem Menschen wohnt. Da ist die Gewohnheit, der Zusammenhang mit der Vergangenheit, da sind liebgewordene Traditionen, Neigungen zum Gebeimnißvollen, der Hang zur Schwärmerei, die Macht der Trägheit — lauter schauerliche Kerker, welche Deinen Gott in Dir, Menschenkind, gefangen halten. Selbst jene beseligenden Ahnungen, die weit über das ir dische Dasein hinausreichen und den Menschen zum Men schen machen, ja die dazu bestimmt sind, die Gottheit in uns zu nähren und groß zu ziehen, werden sehr oft zu schmählichen Kerkern derselben.' Das Fest der Auferstehung, das heilige Osterfest, mag darum Jedem eine Mahnung sein, die Kerkerwände seines eigenen Innern zu zerbrechen, damit die Gottheit in ihm auferstehe und zur Herrschaft gelange. Dann wird es Tag bleiben und immer mehr Tag werden. Feiern wir Ostern in diesem Sinn und Geiste, dann wird das Fest befruchtend auf unsere Seele wirken und sie für alles Gute, Edle, und Schöne immer empfänglicher machen. Darum: Ostcrscgen senke Dich in Herz und Sinn, Unsre Seelen lenke Aus das Ew'ge bin. Wie des Frühlings Lieder Klingen durch die Flur Und zur Lebensfreude Wecken die Natur, Gieße deine Fülle Aus nun allerwärts. Neues Leben bringe Jedem Menschenherz. Tagesnachrichten. Großenhain, den 2. April. Nachdem bereits gestern an der in der Nähe der Stadt im Bau begriffenen Berlin-Dresdner Eisenbahn zwischen Arbeitern und einem Schachtmeister Differenzen dadurch entstanden, daß die Ar beiter verdienten Lohn ausgezahlt verlangten und der Schachtmeister außer Stande war, diesem Verlangen ent sprechen zu können, war für heute die Lohnzahlung den Arbei tern versprochen worden, konnte aber nicht erfolgen. Hier durch aufgeregt, haben sich die Arbeiter an dem Schachtmeister thätlich vergriffen und als dieser einen Augenblick der Frei heit benützt, um zu entfliehen, wird derselbe von den Ar beitern verfolgt. Drei Schüsse aus einem Revolver, welche, glücklicher Weise nicht verwundeten, giebt der Fliehende auf seine Verfolger, wird aber bald ergriffen und noch in den Vormittagsstunden lieferten die Arbeiter ihren Schachtmeister als Gefangenen im hiesigen Königl. Gerichtsamte ab. Heute gegen Mittag verbreitete sich Plötzlich in der Stadt das Gerücht, der Fleischermeister R. habe erst feine Frau und dann sich erschossen. Erst ungläubig ausgenommen, bewahrheitet sich doch dieses Gerücht in nachfolgenden schauderhaften Einzelheiten. Der hiesige Fleischer Karl R., äußerst jähzornigen Temperaments, lebte schon längere Zeit mit seiner Ehefrau in Zwistigkeiten. Vor einiger Zeit hatte endlich letztere denselben ganz verlassen und war zu ihrer auswärts wohnen den Mutter zurückgekehrt. Seit wenigen Tagen hielt sich aber Frau R. mit ihrer Mutter wieder hier in Großenhain bei einer ihrer verheiratheten Schwestern auf, um ihre An gelegenheiten zu regeln und ihre Sachen, welche noch beim Manne waren, abzuholen. Am Gründonnerstag Vormittag sucht nun der Fleischer R. seine Frau in der.Wohnung deren Schwester auf, um angeblich die gegenseitigen Ver hältnisse zu regeln, und schon länger als eine Stunde ist das Gespräch geführt worden, als endlich gegen Vz 10 Uhr die Frau R. die Wohnstube verläßt und in die nebenan liegende Schlafstube tritt. Sofort geht R. seiner Frau nach, verschließt die Thüre und, nachdem er einige Worte auf dieselbe gesprochen, sieht sie, wie R. einen Revolver aus der Tasche bringt und nach ihrer Brust richtet. Ein Schlag der Frau nach dem Revolver giebt der Kugel eine andere Richtung und die Frau erhält von diesem Schüsse nur eine tiefe Fleischwunde. In demselben Moment erhält die Frau aber den zweiten Schuß in die unteren Brusttheile und bricht zusammen. R. wendet hierauf den Revolver auf sich, giebt sich ebenfalls zwei Schüsse in die Brust und sinkt auch hin. Bald rafft sich jedoch die Frau auf, schließt die Thüre auf und entkommt in die Wohnstube. R., welcher seine Frau fliehen sieht, reißt die Schlafstubenthür auf, feuert, ohne zu treffen, zwei Schüsse in die Wohnstube nach seiner Frau und deren Mutter, verschließt sich dann wieder in die Schlafstube und bald darauf fallen in derselben noch zwei Schüsse. Die an die Stelle der That geholte Polizei ist unn bestrebt, den in der Schlafstube eingeschlossenen R., welcher theils stöhnt, theils schreit, festzunehmen, und wird daher im Namen des Gesetzes die Aufforderung an ihn ge richtet, zu öffneu. N. fragt zurück, was seine Frau mache; auf die Antwort: dieselbe lebe noch, erklärt er, Jeden, welcher sich ihm nahe, niederzuschießen. Bekannte und Freunde des R., welche geholt werden und ihn durch gütliches Zureden znm Oeffnen der Thür bewegen wollen, erhalten gleichfalls die Antwort, zurückzuweichen, sonst würde ge schossen. Nunmehr versucht man, in die in der Etage gelegene zweifenstrige Schlafstube durch die Fenster zu kommen.