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77. Weißerih-Ieitung Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. 30. September 1864. Preis pro Quartal 1V Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Psg. Amts- Md Anzeige- Matt der Königlichen Gerichts-Aemter and Stadträthe M Dippoldiswalde, Mnenstein nnd Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Eine andere Ansicht über den Untergang des Golberodaer Kohlenwerks. So vollkommen berechtigt wir den Gefühlsausbruch in Nr. 72 d. Bl. über das Ende des Golberodaer Kohenwerks finden, so nöthigt uns doch die Reflexion, diesem Sturze eine andere Ansicht abzugewinnen. Wir Deutschen reflectiren ja so gern über Alles, am liebsten über unser Unglück. So fiel mir denn auch hier, 'wie bei manchem anderem Peche des Lebens, der goldene Trostspruch Shakesspeare's ein: „Es ist ein Geist des Guten in dem Uebel, Zog ihn der Mensch nur achtsam da heraus." Ich ging an die Arbeit, den Geist des Guten herauszu ziehen, und ein Blick auf die Lage so vieler andere Kohlen werke ließ mich nicht lange suchen. Es ist Thatsache, daß die Kohlenindustrie durch die beispiellose Concurrenz außerordentlich gedrückt ist, und daß Werke, die mit großem Anlagen- und Betriebskapitals arbeiten, und theure Frachten zahlen müssen, was namentlich auch das Golberodaer Werk dei einem An schlüsse an die Albertsbahn betroffen hätte, nicht mehr mit Vortheil produciren können. Daher werden auch, so lange diese auf das äußerste Maaß reducirten Kohlenpreise andauern, neue Kohlenfelver nicht mehr ausgesucht werden, und wir zweifeln, daß es den Golberodaer Grundbesitzern gelingen wird, selbst ihr nachgewiesenes Kohlenlager jetzt wieder an den Mann zu bringen. Diese unbestrittene Sachlage hätte für die Actionäre des Golberodaer Werkes die nothwendige Consequenz gehabt, daß sie bis zu einer wahrscheinlich nicht sobald zu erwartenden namhaften Steigerung der Kohlenpreise, von Dividende keine Spur gesehen, wohl aber noch ganz bedeutende Opfer zur Erhaltung des Werkes hätten bringen müssen: noch dazu aus die Gefahr hin, trotz alledem das Unternehmen nicht halten zu können. Der erste Verdruß war daher auch hier bester, wie der letzte, und bei Lichte besehen, müssen die Actionäre dem zerstörenden Elemente noch dankbar sein dafür, daß es sie vor weiteren Verlusten bewahrt hat. Ein Gewinn für die Kohlen werke ist nur noch möglich bei billigen Frachtsätzen. Bekanntlich haben eine große Anzahl Eisenbahnverwaltungen den Pfennig tarif zugestanden, wonach die Kohlenwerfe pro Centner und Meile einen Pfennig Fracht zahlen. Dadurch ist es möglich geworden, daß in Dresden die Zwickauer und Westphälische Kohle mit der aus dem Plauenschen Grunde concurriren kann. Die Albertsbahn kann nach ihrer Lage dergl. billige Frachtsätze, namentlich für die kostspielige Bergbahn nicht zugestehen. Für Golberada würde sich daher dieser Frachtsatz ziemlich hoch ge stellt haben, und da ferner Vie, vis zur Sistirung des Werkes aufgeschlossene Kohle, zum großen Theil wenigstens, auch die qualitative Concurrenz mit der Kohle des Plauenschen Grundes nicht aushalten konnte, so läßt sich mit großer Sicherheit annehmen, daß selbst im günstigsten Falle der Reingewinn des Werks ein nur unerheblicher geblieben wäre, so lange wenigstens, wie gesagt, nicht eine Preissteigerung der Kohle eingetreten wäre. Demnächst — und dies ist eine zweite gute Sache — hat es uns gestellt, daß der Schacht mit Maschine rc. von dem Hänichener Kohlenwerke erstanden worden ist; denn so findet das, auf das Werk verwendete große Capital doch noch, wenn auch zu Anderer Gunsten, seine wirthschaftliche Verwerthungs während es außerdem in der Hauptsache voraussichtlich ver nichtet worden wäre. Tagesgesehichte. Dresden. Einen recht interessanten Geschäftsbe richt hat kürzlich der Verwaltungsrath des Zoologi schen Gartens veröffentlicht. Wir entnehmen ihm folgende Thatsache». Das Areal ist um 2 Schffl. 53 Quadratruthen erweitert worden. Sämmtliche Bau lichkeiten haben bis Ende März d. IS. einen Gesammt- aufwand von 92,749 Thlrn. erfordert. Der Thierbe- stanb war zu dieser Zeit 400 Säugcthiere, 1148 Vögel, 86 Amphibien. Die Betriebsausgaben betrugen in dem abgelaufenen Geschäftsjahr 16787 Thlr., darunter 7139 Thlr. Fütterungskosten; die Einnahmen aber 29,989 Thlr., darunter 23,703 Thlr. Eintrittsgelder. Da das Ergebniß nur einen Bestand von noch nicht 2000 Thlrn. nuchlpeist, dies aber eine Dividende von nur 1 i/r Proc. geben wird, so räth der BerwaltungsauSschuß an, diese Summe auf das Anschaffungsconlo zu überweisen und von einer Dividende für diesmal abzusehen, was wohl auch die allgemeine Zustimmung finden dürste, zumal die ganze Sache ebenso gut steht als trefflich verwaltet wird. — Am 28. September Abends fand in „Braun's Hotel" eine Volksversammlung für Schleswig- Holstein statt. Der Besuch war ein sehr zahlreicher. Herr Professor vr. Wigard hielt einen länger« Vortrag über den gegenwärtigen Stand der schleswig-holsteini schen Angelegenheit. Am Schluffe seiner Rebe sagte er, die deutschen Großmächte hätten im deutsch-dänischen Streite nicht wie BundcSglieder, sondern vielmehr als Eroberer gehandelt, das Selbstbestimmungsrecht der Herzogthümer müsse anerkannt, und das StaatSgrund- gesetz derselben unverkümmert erhalten werden. So glorreich die alliirte Armee gefochten, die BundeStrup- pen, die sächsische, wie die hannöver sche Armee, würden ohne Zweifel nicht minder tapfer gekämpft haben. Als dann verlas er eine Resolution, welche nach einigen Worten eine« zur Zeit hier lebenden Schleswigers durch die, von Anfang bis zum Schluffe die würdigste Hal tung bewahrende Versammlung angenommen wurde. — Das Ministerium des Innern hat i« Verfolg ständischen Antrags mit 1. October den Wegfall der bisherigen Meldegebühren für zugereiste Fremde (2V» Ngr.) angeordnet.