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B autzener D Nachnchten. Verordnungsblatt der Kreisha«pt»an«schast Bautzen als Konfistorialbehörde der Oberlaufitz. Amtsblatt der Amtshauptniannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Hermhut und Bernstadt, des Hauptzollamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Orga« der Handels- ««d Gewerbekammer zu Zittau. Erscheinungsweiser Täglich abmd» mit Ausnahme der Sonn, und Feiertage. «chriftleitung und Geschäftsstelle r Bautzen. Innere Lauenstraße 4. Fernsprecher: Nr. K1. — Drahtnachricht: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis t Monatlich 1 Mar!. Einzelpreis: 10 Pfennige. Anzeigenpreis: Die 6acspaltene Petitzeile oder deren Raum 15 Psennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer. Reklamen: Die Zgespaltene Petitzelle KO Psennige. Rr. 2OL. Montag, deu 5. September 1Slv, abends. 129. Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage. " Der Marschall und zukünftige Präsident von Bra silien Hermes da Fonseca ist gestern Sonntag vorm. 7 Uhr 15 Min. von Dresden nach Bern abgereist. * Das Reichsgericht in Leipzig hat den Antrag der in Borkum wegen Spionageverdachts ver hafteten Engländer French und Brandon auf Haft entlassung abgelehnt, da die Prüfung der Akten über die vom Amtsgericht Borkum erhobene Unterluchung genügende Verdachtsmomente ergeben hat, die eine Anklage rechtfertigen. * Der Landesparteitag der sächsisch. Sozial demokratie ist am Sonnabend in Leipzig zusam mengetreten. * Feldmarschall Lord Roberts ist gestern Sonn tag früh an der Spitze einer englischen Sondergesandtschaft in Berlin eingetroffen und mittags Uhr vom Kaiser behufs Entgegennahme der Notifizierung der Thronbestei gung König Georgs in feierlicher Audienz empfangen worden. * In Saragossa wird heute Montag die Arbeit wieder ausgenommen, während ein neuer General streik in Barcelona für heute angekündigt wurde. * Griechenland hat der Pforte ernste Zusiche rungen in der Kretafrage gegeben, sodatz vorläufig die Gefahr des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen be seitigt ist. Der Kaiser von Abessynien, Menelik, hat am 3. wieder einen Schlaganfall erlitten. Sein Zu stand ist sehr ernst. * Im Unionsstaate Massachusetts mutzten 46 Baumwollspinnereien infolge der Krisis in der Baumwollindustrie geschlossen werden. * Die Meisterschaft von Europa über 100 Kilometer gewann in Dresden Theile-Berlin. * Wetteraussicht für Dienstag: Wechselnde Bewölkung, kühl, noch zeitweise erhebliche Niederschläge. * Ausführliches siehe an anderer Stelle. Deutsche Arbeit in den Kolonien. Im letzten Vierteljahrhundert ist das Deutsche Reich mit seinen 65 Millionen Einwohnern im Wege natürlicher Entwicklung in die Reihe der Weltmächte eingetreten und mit seinen wirtschaftlichen Beziehungen in das Getriebe des Welthandels immer enger verflochten worden. Solche wirtschaftliche Wechselbeziehungen bringen gewisse Ab hängigkeiten mit sich, wie sie durch die natürlichen Pco- duktionsbedingungen der verschiedenen Länder gegenseitig bedingt sind, insbesondere hinsichtlich des Bezugs ausländi scher Rohstoffe für die heimische Industrie gegen ent sprechende Ausfuhr fertiger Fabrikate oder des wechselseiti gen Austausches von landwirtschaftlichen gegen gewe'b- liche Erzeugnisse und umgekehrt, je nachdem die einzelnen Länder ihrer geographischen Lage und kulturellen Entwicke lung nach mehr den Charakter von Agrar- oder Industrie staaten haben. Am wenigsten fühlbar wird die Abhängig keit vom Auslande für solche Staaten, deren nationale Volkswirtschaft in ausgedehntem Kolonialbesitz des Mutterlandes die notwendige Ergänzung findet, weil dann die nationale Wirtschaftssphäre ihre größtmögliche Aus dehnung erlangen kann. Von unserem Eesamtaußenhandel mit 15 Millionen Mark ist ein volles Drittel der kolonialen Interessensphäre zuzurechnen, da wir über 216 Milliarden Mark überseeischer Rohstoffe jährlich einfllhren und dieser Einfuhr die entsprechende Ausfuhr an Fabrikaten gegen übersteht. Die Statistik ergibt, datz unser Kolonialbesitz, obwohl fünfmal so grotz wie das Mutterland, an dessen Ueberseehandel zwar zur Zeit erst mit einem sehr beschei denen Bruchteil beteiligt ist, datz aber hier Entwicklungs möglichkeiten vorliegcn, welche zu der Hoffnung berech tigen, in absehbarer Zeit norwendigc und wertvolle Stütz punkte für unsere nationale Volkswirtschaft zu gewinnen und jene Abhängigkeit vom Auslande erheblich abzu schwächen. Allerdings gibt es auch noch heute Ansichten, unsere Kolonien wären wertlos und die für sie aufgewandten Mittel lediglich fortgeworfen, weil wir bei Aufteilung der Welt als die zuletzt Gekommenen nur das erhalten hätten, was andere übrig gelassen haben. Ihnen ist entgegen zu halten, datz unsere Kolonien trotz anfänglicher Mißgriffe und mehrfacher Aufstände zum Teil eine raschere Entwick lung zeigen als heute blühende Nachbargebiete älterer Kolonialmächte. Sind wir aber bei Aufteilung der Ko lonialgebiete die letzten gewesen, so war dies unsere eigene Schuld, da die früheren Pläne „Königlicher Kaufleute" und vorausschauender Staatsmänner in der Nation kei nerlei Widerhall fanden. Ist neuerdings hierin ein er freulicher Wechsel eingetreten, so gilt es um so mehr jetzt, das früher Versäumte mit verdoppelter Energie nachzu holen und soweit uns wirklich schwierigere Gebiete zuge fallen sind, der Außenwelt zu zeigen, daß deutsche Eigen art auch solche Schwierigkeiten zu überwinden vermag. Haben deutsche Wissenschaft und Technik sich einen Weltruf erworben, so finden sie gerade hier ein weites Feld prakti scher Betätigung zum Nutzen und Frommen der ganzen Nation. Bieten Eigenart und Kulturfeindlichkeit tropi scher Kolonien ihrer Erschließung und Angliederung an die Kultur des Mutterlandes außerordentliche Schwierig keiten, so liegt darin ein um so größerer Anreiz, mit Hilfe einer überlegenen Kultur dieser Schwierigkeiten Herr zu werden. Hier zeigen sich Aufgaben nicht bloß materieller, sondern auch ideeller Art, an deren Lösung mitzuwirken alle Kräfte der Nation berufen sind, mögen sie als Vertreter von Handel, Industrie und Landwirtschaft oder als solcye der Beamtenschaft, Wissenschaft und Kunst tätig werden. Sie alle mögen in vereinter Arbeit zeigen, daß deutsche Beharrlichkeit, Gründlichkeit und Arbeitslust auch etwaige Mängel, die unsere Kolonien anderen gegenüber haben mögen, leicht ausgleichen können. Schon nach wenigen Lehrjahren haben wir bereits ge lernt, die Schwierigkeiten tropischer Eisenbahnbauten, un wegsamer Sümpfe, Urwälder und Wüstengürtel zu über winden. Meisterwerke deutscher Ingenieurkunst, wie sie das „Neichsarbeitsblatt" aufzählt, sind bereits geleistet, mächtige Zedern und Hochwaldstände der Verwertung erschloßen worden. Ein anderes Beispiel ist die zähe Durchführung der Baumwollkulturversuche des Kolonial wirtschaftlichen Komitees und die Großzügigkeit, mit der deutsche Textilindustrielle angesichts des immer schwieri geren Bezugs von Rohbaumwolle deren Erzeugung durch Belegung weiter Ländereien in den Kolonien in eigene Regie übernommen haben, um so die Existenz nicht nur des schwer bedrohten Gewerbszweiges, sondern auch der darin beschäftigten Arbeitermassen für die Zukunft zu sichern. Auch die saubere und hygienisch einwandfreie Ge staltung unserer Kolonialstädte, sowie die bequemen und schnellen Dampferverbindungen haben bereits allseitige Anerkennung gefunden. Andere Probleme, die schon mehr auf ideelles Gebiet hinüberführen, bietet die kulturelle Erziehung der Ein geborenen sowohl in körperlicher wie in geistiger Be ziehung, wobei der Arzt ein ebenso wichtiger Mitarbeiter ist, wie der Missionar, Beamte und Offizier; ferner für alle solche, die hinausgehen, die eigene Anpassung an die veränderte Lebensweise in den Tropen, die eine besondere Stählung des Körpers, wie des Charakters erfordert, um dort allen Anforderungen gerecht zu werden; des weiteren die wissenschaftliche Erforschung der weiten, noch unbekann ten Gebiete, nicht bloß für die unmittelbar praktischen Zwecke der wirtschaftlichen Erschließung, sondern auch zur Bereicherung unserer wissenschaftlichen Erkenntnis. Des gleichen erschließen auch unsere Kolonien dem Künstler ein ebenso eigenartiges wie dankbares Feld des Schaffens. Endlich bieten die Kolonien zahlreichen tüchtigen Kräften, denen die Heimat bei der Ueberfüllung vieler Berufsarten die volle Entfaltung ihrer Leistungsfähigkeit versagt, ein weites Feld zur Betätigung, ohne daß sie, wie in früheren Zeiten, deshalb dem Vaterlande verloren gehen. Im Gegenteil werden solche Ueberseebeziehungen auch denen, die daheim bleiben, den Blick weiten, das Interesse für die Kolonien verallgemeinern, das nationale Zusammengehö rigkeitsgefühl vertiefen und so den Grund zu einem sich eins fühlenden größeren Deutschland erlegen. So werden unsere Kolonien der Prüfstein dafür sein, ob unser Volk sich all den Aufgaben gewachsen zeigen wird, deren Lösung ihm noch bevorsteht. Gelingt es ihm, diesen Befähigungs nachweis zu erbringen, so werden auch diejenigen, die heute noch über unseren Kolonialerwerb spötteln, ihn nicht nur als einen wirtschaftlichen, sondern auch als einen ethischen Gewinn für die gesamte Nation bezeichnen müssen. Die Lage der deutsche» Kaufmannschaft in Marokko. (Von einem marokkanischen Korrespondenten.) Tanger, 1. September. Die politischen Fortschritte Frankreichs in Marokko spiegeln sich in dem Verhalten der deutschen Kaufmann schaft hier zu Lande deutlich wider. Die Gruppe derer, die da glauben, datz sie sich und ihrem Vaterlande am besten dienen, wenn sie mit den Franzosen gehen, ist in steter Zunahme begriffen, während diejenigen, die auf eigene Faust oder gar in Opposition gegen die Franzosen operieren, weniger in Betracht kommen. druck, datz wir hier politisch immer mehr an die Wand ge drückt werden und auch wirtschaftlich über kurz oder lang ganz kalt gestellt sein werden, bricht sich sehr stark die An schauung Bahn, datz Vorsicht die Mutter der Weisheit ist. Man meint, es sei gut, im gegenwärtigen Augenblick zu nehmen, was man kann, sodatz, wenn der Auszug kommt, das Portefeuille nicht allzu leer ist. So unter der Hand vernimmt man allerlei von der Absicht auch nichtdeutscher Kaufleute, hier ihre Geschäfte zu liquidieren und anders wo etwas anzufangen. Fortgegangen ist bisher allerdings noch niemand, aber es gehört auch Zeit dazu, grotze Ge schäfte aufzulösen oder einen zahlungsfähigen Käufer zu finden Die Tangerer deutschen Firmen, die fast nur Ge schäfte mit der marokkanischen Regierung machen, wobei sie von unserer Gesandtschaft in weitestem Matze unterstützt werden, stehen sich verhältnismäßig am besten. Unter den Küstenkaufleuten aber von Larrasch bis Mogador, denen bisher niemand geholfen hat und auch jetzt niemand beim Geschäftemachen hilft, ist das Bedauern über die politischen Ereignisse, die es Frankreich ermöglichen, fast ohne Wider stand die politische Herrschaft in Marokko zu gewinnen, un vermindert. Sie erblicken nach wie vor in einer starken deutschen Marokkopolitik das einzige Mittel, um das deutsche Marokkogeschäft für alle Zeit sicher zu stellen. Aendert sich die politische Konstellation nicht, dann wird auch den Küstenkaufleuten nichts anderes übrig bleiben, als Fühlung mit französischen Kreisen zu suchen, und da durch das Geschäft wenigstens für die nächste Zeit aufrecht zu erhalten. Den offenen Widerstand gegen die Franzosen haben sie schon lange aufgeben müßen, weil sie sich sonst zu vielen Schikanen aussetzten. Frankreich ist nun einmal Trumpf in Marokko. Wie sehr der deutsche Einfluß Deutschlands in Marokko zurückgegangen ist, ersieht man am deutlichsten daraus, daß unser deutscher Konsul in Fez nicht mehr zu Mulay Hafid gerufen wird. Als der Sultan im letzten Frühjahr, als die Mannesmansche Minenangelegenheit alle Welt be schäftigte und das politische Schicksal Marokkos zur letzten Entscheidung stand, den deutschen Konsul häufiger zu sich kommen ließ, machten ihm die Franzosen Vorstellungen deswegen. Da hat er es denn aufgegeben, den Konsul zu sich kommen zu lassen. Was hatte es auch noch für einen Zweck, mit den Deutschen zu verhandeln? Der Sultan spürte auf allen Gebieten, daß die deutschen Behörden und die deutschen Geschäftsleute nicht mehr selbständig mit ihm verhandelten, sondern überall sich mit den Franzosen ins Benehmen setzen mußten. Da zog er es denn vor, direkt mit den Franzosen Fühlung zu nehmen. Es ist, wie uns unser Mitarbeiter weiter schreibt, ein Jammer, in Tanger an Ort und Stelle mit ansehen zu müßen, wie Frankreich sich immer fester ins Land hineinsetzt, wie es seinen politischen Einfluß Schritt für Schritt erweitert und ein Gebiet nach dem anderen mili tärisch besetzt, ohne besondere Opfer an Geld und Menschen leben zu bringen. Wer hätte früher gedacht, daß die Arbeit so leicht sein würde, daß Frankreich einen so bedeutenden Machtzuwachs, eine nachhaltige militärische Stärkung er langen würde, ohne auf energischen Widerstand zu stoßen! Ein vorläufiger Trost ist, daß der wirtschaftliche Auf schwung Frankreichs in Marokko mit dem Wachsen seiner politischen und militärischen Macht nicht Schritt hält. Doch sind auch auf wirtschaftlichem Gebiet Bestrebungen im Gange, um Frankreichs Vorherrschaft zu sichern, und der Erfolg kann angesichts seiner durchschlagenden politischen Erfolge auf die Dauer nicht ausbleiben. Die neuen Ver handlungen mit El Mokri und die Notwendigkeit, eine weitere Anleihe aufzunchmen, für deren Hergabe die Fran zosen wiederum sehr kluge Bedingungen stellen werden, geben in dieser Hinsicht deutliche Fingerzeige. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Zu Ehren des zukünftigen Präsidenten von Brasilien, Marschall da Fonseca, fand am Sonnabend beim Staatsminister Grafen v. Vitzthum ein Frühstück statt. An demselben nahmen außer dem Marschall und seiner Be gleitung u. a. noch teil Kriegsminister Freiherr v. Hausen, Ministerialdirektor Geheimer Rat vr. Roscher, Ober bürgermeister Geheimer Nat vr. Beutler, Geheimer Lega tionsrat v. Stieglitz, Geheimer Regicrungsrat vr. Dami ani und der Präsident der Dresdner Handelskammer Geheimer Kommerzienrat Collenbusch. Der Marschall ist Sonntag vormittag 7 Uhr 15 Min. Zur Verabschiedung auf dem Bahn- Unter dem Ein-1 nach Vern abgereist.