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«.ylchrsm». M.«« Dirnstas, ». Srptrmbrr 1»Z« Lro-tanlchilst: Nachrlckiien Lretd«, gernIprecher-Sammklnummer: »«ü«t Rur Illr RochtaesprLche Nr. »voll »chrlltlrtiung «. HauptaelchLsltstrN«: Dretden-A. l, Martenltrabe rs/l» t>e,ug»g«ri-r bet IlgNch «weimattoer ZvgrNung monaMckj ».10 Mk. (elnschllrtllch »0 Psg. für ru>gerlohn>, durch Postbe«»g L.«o Mk. einschttebttch L6 Psg. Postgebühr lohne Polt,ustellung«gebühr> bei »mal ivbchenUlchem Bersand. Einzelnummer lo Psg., außerhalb Dreidcni l» Psg, Slnreige»- pretse: Die einlpaliige so mm breite Zeile »s Psg., sür auswärts eo Psg, gamilienanzelgen und Etellengesuche ohne Rabatt IS Psg., außerhalb so Psg., die so mm breite Reklame,eile soo Psg, außerhalb »so Psg. vssertengebühr so Psg, Auswärtige Ausiräge gegen Vorausbezahlung Druck «. Verlag: Llepsch ck Reichardt, Dresden. Postscheck-Klo. lvss Dresden illachdruck nur mit deutl.Ouellenangabe (Drcsdn. Nachr.s zulässig. Unverlangte Schriftstücke werden »ich. ausbewahrt Sensationelle Pläne der Sozialdemokratie Ministerpräsident Braun will Reichsminister ohne Berantwortunv seiner Partei werden Anklare Kattuns »es Zentrums vrablwolckuog llll»«r«r SorUuor Sodriltlottaag Berlin, 8. Sept. Die Erörterungen darüber, was nach den Wahlen hinsichtlich der Regierungsbildung geschehen könne, werden setzt bereits in einem graben Teil der Berliner Presse gepflogen. Ausgangspunkt dieser Erörterungen sind die Kon troversen zwischen dem Reichskanzler Dr. Brüning und dem preußischen Ministerpräsidenten Braun. Das sozialdemo kratische Organ, der „Vorwärts", erklärt, der Reichskanzler Dr. Brüning stehe jetzt erneut vor der Notwendigkeit, eine Antwort auf die Frage zu geben, ob die Mitarbeit der Sozial demokratie nach den ReichstagSwahlen sür ihn, Brüning, in Frage komme. Wie man aus Zentrumskreisen hört, wird Reichskanzler Dr. Brüning bereits am Dienstag- abend in einer großen Zentrumskundgebung, die im Ber liner Sportpalast stattfindet, der Sozialdemokratie eine Antwort auf diese Frage geben. Darüber, wie sich die Sozial demokratie ihre eventuelle Beteiligung an der Negierung denkt, gibt ein Artikel, den der frühere sozialdemokratische Ab geordnete Universitätsprofessor Dr. Sinz heim er in der Monatsschrift „Die Justiz" veröffentlicht, recht interessante Aufschlüsse. Der Verfasser meint nämlich, die sozialdemokratische Fraktion im neuen Reichstag müsse sich in der Frage der Regierungsbildung darauf beschränken, dem preußischen Ministerpräsidenten die Mitwirkung in der Reichsregternng z« ermöglichen unter voller Freiheit der Entschließung» ohne Bindung an irgendein Programm oder irgendwelche Richtlinien. Zur Begründung wird ans die AuSnahmesituatton hingewicsen und folgendes erklärt: „Der parlamentarische Obstruktions wille lauert daraus, die antiparlamentarischc Strömung zum Siege zu führen. Er wird diesen Sieg nicht erringen, wenn ihm ein mit persönlicher Energie erfüllter parlamentarischer Lebenswille entgegcntritt. Diesen persönlichen Willen srci- ugeben, ist das Gebot der Stunde, wenn wir au das Schicksal er Demokratie in Deutschland denken." Man muß diese Ausführungen des Professors Sinz eimer sich doch etwas näher ansehen, denn sic zeigen, daß berkluge Köpfe in der Sozialdemokratie hier anscheinend den Weg sehen, aus dem die Sozialdemokratie die Reichs regierung beherrschen kann, ohne doch an der Negierung beteiligt zu sein. Der preußische Ministerpräsident würde also »ach diesem Vorschlag mit der Rctchsrcgterung schalten und walten, wie es ihm beliebt. Er könnte — und das wäre sür die sozialdemokratische Rcichstagsfraktivn das wesentlichste — einmal auch ruhig Dinge mitmachen, die die Fraktion und die Partei nach außen hin ganz energisch ab- lchnt, denn er wäre ja nicht an irgendwelche Richtlinien gebunden. Für die sozialdemokratische Fraktion ergebe sich aus diesem Vorschlag die sicherlich angenehme Lage, daß man auf dem Wege über den preußischen Ministerpräsidenten daS Rcichskabinett je nach Bedarf unter Druck setzen, zugleich aber nach außenhi« den Eharakter der Agitationspartei wahren könnte. Man kann dem Prof. Sinzheimer tm Grunde nur dankbar dafür sein, daß er schon jetzt mit diesen sozial demokratischen Absichten und Plänen ans Tageslicht tritt, denn so werden noch manchem, der die Sozialdemokratie für guten Willens hält, rechtzeitig die Augen geöffnet werden. Daß man in einem Teil der Zentrumspressc das Liebäugeln mit der Sozialdemokratie trotz des heftigen Kampfes, den der Reichskanzler Dr. Brüning gegen diese Partei zu führen hatte und noch führt, nicht ausgegeben hat, beweist auch die „Kölnische V o l ks z c t t u n g", die zu den Erörterungen zwischen Braun und Dr. Brüning erklärt, daß eine Partei, die aus dem Boden der Verfassung ehrlich Mitarbeiten wolle, keine Zurückweisung zu befürchten habe, wenn sie nur das Ncttungswerk, das die Negierung Brüning unternommen habe, weder rückgängig mache noch es in seiner Wetterführung gefährdet. Diese Darstellungen des rheinischen Zentrums- blattcs sind beachtlich, weil sie die ganze Diskussion zwischen dem Zentrum und der Sozialdemokratie aus die Frage zuspitzen, ob die Sozialdemokratie die vom Kabinett Brüning unter« uommenen und eingcleitetcn Maßnahmen akzeptieren will oder nicht. Die Antwort auf eine solche Fragestellung dürfe den Sozial demokraten allerdings schon schwerer fallen, denn das, was das Kabinett Brüning bisher an gesetzgeberischen Maßnahmen in die Wege geleitet hat, ist ja die Grundlage ihres scharfen Kampfes gegen das Kabinett. Der „B e r l i n c r Lo k a l a n z e i g c r", der sich heute auch in die Diskussion darüber, was nach den Wahlen werden soll, cinschaltct, erklärt unter der Neberschrift „Aus dem Wege zueinander", man sehe, daß trotz aller Versiche rungen non Hindenburgs Programm und antimarxistischer bürgerlicher Regierungen die Herren Braun und Brü ning einander schon sehr nahegekommcn seien. Den Kommentar dazu habe der Rcichsinnenministcr Dr. Wirth geliefert, der erklärt habe, daß ohne den politischen Brückenschlag der Zentrumspartei zwischen rechts und links in Deutschland keine lebensfähige Negierung bestehen könne. Das alte Schaukelspiel werde also von Herrn Wirth ausdrücklich für die Zentrumspartei als vaterländische Pflicht in Anspruch genommen. Jmmerhin kann das deutsche Bürgertum schon aus diesen, jetzt ja noch rein theoretischen Erörterungen, ersehen, wie groß die Gefahr einer neuen Herrschaft der Sozialdemokratie im Reiche ist, wenn es am Wahlsonntag seinen staatsbürgerlichen Verpflichtungen nicht in dem notwendigen Maße nachkommt. Lediglich Stärkung der bürgerlichen Rechtsparteien kann ver hindern, daß Deutschland noch einmal eine sozialdemokratische Mißwirtschaft derart über sich ergehen lassen muß, wie es sie eben schaudernd erlebt hat. Ast »as noch Demokratie? Seit einiger Zeit führt der Linksrepublikaner Dr. Wirth in edler Gemeinschaft mit dem roten Zaren der Preußen, Herrn Braun, seinen Kamps sür die Republik mit einem derartigen Ungestüm, daß geradezu jeder kluge Republikaner vor Entsetzen die Hände über dem Kopf zu- sammenschlagcn müßte mit dem Stoßseufzer: „Der Himmel beschütze die Republik vor ihren Freunden." Dr. Wirth, bekannt durch sein Kriegsgcschrei: „Der Feind steht rechts!" und durch seine Kassandrarufe, durch die er in regelmäßigen Abständen die Krise des parlamentarischen Systems bestätigt, ist heute Innenminister einer Regierung, die ihre Gesetze statt mit dem Parlament mit dem Diktaturparagraphen der Verfassung erläßt. Man kann sich vorstellen, daß sich Herr Wirth in dieser Lage nicht sehr wohl fühlt und daß die Vor würfe seiner Freunde von links, der Kanzler Brüning sei ein verkappter Diktator, ein Wegbereiter des Faschismus, wie ein zentnerschwerer Stein auf seinem demokratischen Ge wissen lasten. Man kann es begreifen, daß ihm beim Anblick von Kollegen im Ministerrat, die politisch zur großen Gruppe der Rechten gehören, nicht ganz wohl zumute ist. Aber man wird es im nationalen Deutschland nicht verstehen, daß Herr Wirth daraus für sich das Recht in Anspruch nimmt, seine Zwangsvorstellungen in einseitiger Weise gegen die radikale Rechte abzureagieren. Man wird es nicht verstehen können und nicht verstehen dürfen, daß Herr Wirth seine politische Zuverlässigkeit den Freunden von links durch eine enge Ver bindung mit dem selbstherrlichen preußischen Ministerpräsi denten Braun in angenehme Empfehlung bringt. Wir meinen seinen Kampf gegen den Nationalsozialismus, der in seiner Einseitigkeit nur noch in dem preußischen Kampf gegen Beamte, die dieser Partei angchörcn, etwas Gleichwertiges findet. Man muß sich dagegen aufbäumcn, nicht etwa um der Nationalsozialisten willen, sondern um des politischen Friedens und um — der Demokratie willen. Beide werden nämlich durch die Wirthschen Vorstöße viel mehr gefährdet, als etwa der Nationalsozialismus. Für den letzteren be deutet Wirths Gegnerschaft nur eine Stärkung, eine Propa ganda, ebenso wirksam wie das Braunhcmdenverbot in Preußen und Bayern. Die Nationalsozialisten werben Wirth nicht böse sein für diese unfreiwilligen Malilhelserdicnste, die er ihnen genau so wie Braun eifrig und umsonst leistet. Wenn man sich gegen Wirths Kampf gegen die Hitlcrbewcgung wendet, so braucht man das nicht zu tun, um den National sozialisten irgendeine Unterstützung zu verschaffen, sondern man muß es tun, um vor Methoden zu warnen, die unser ganzes innerpolitisches Leben vergiften können und die uns der Gefahr aussctzcn, daß aus Deutschland ein engherziger Parteistaat wird, in dem die herrschende Partei die übrigen selbst mit den Machtmitteln -es Staates klein zu halten sucht. Was hat der Artikel 118 der Rcichsverfassung noch sür einen Sinn, in dem es heißt: „Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze seine Mei nung durch Wort, Schrift. Druck, Bild ober in sonstiger Weise frei zu äußern", wenn die herrschende Partei in Preußen ihren Gegnern Sonöerbestimmungen über Versammlungs lokale auflegen darf, die die Abhaltung von Versammlungen vielfach zu einer Unmöglichkeit machen. Wohlgemerkt, bei den Nationalsozialisten fängt das an. Wenn sich aber dieses undemokratische Rezept, den. politischen Gegner zu be kämpfen, einmal in den Kreisen derzeit regierender Links- politiker eingebürgert hat, wer garantiert dann dafür, daß man es nicht auf alle unbequemen politischen Bewegungen ausdehnt? Was heute den National sozialisten in Preußen geschieht, kann morgen die Deutsch nationalen treffen, und übermorgen, gesetzt den Fall, das politische Kräfteverhältnis im Reiche würde sich dem Preußens anpassen, den Volkskonservativen, ja unter Umständen selbst der Volkspartei. Wenn dieser Weg einmal in der Politik bcschrittcn wird, dann kommt auch hier der Appetit mit dem Essen. Daß mit solchen Maßnahmen die politische Atmo sphäre heillos vergiftet wird, braucht wohl nicht besonders betont zu werden. Und das um so mehr, wenn Beamte, die außerhalb des Dienstes gegen die herrschende Partei oppo nieren, wie in Preußen nationalsozialistische Beamte, kurzer hand um Brot und Berus gebracht werden. Mit der Ver fassungsbestimmung, baß kein Arbeits- oder Angestelltenver hältnis die freie Meinungsäußerung hindern kann und nie- mand dadurch benachteiligt werden darf, sowie mit dem klaren Wortlaut des Artikels ISO, wonach allen Beamten die Frei heit ihrer politischen Gesinnung gewährleistet wird, steht dies« neupreußische Beamtenpolttik tm glatten Widerspruch. Und nun wendet sich Dr. Wirth erneut gegen Thüringen, weil dort eine Koalitionsregierung, bestehend aus Volks- Partei, Wirtschaftspartet, Landvolk, Dcutschnationalen und Nationalsozialisten, es für richtig gehalten hat, einige lang jährige Beamte in leitende Stellen der Landespolizei zu be- fördern. Diese Leute aber waren Nationalsozialisten, und bas genügte, um den Zorn Wirths zu erregen. Er läßt Sie Poltzetzuschüsse an das Land sperren und reicht eine Denk schrift beim Staatsgertchtshof ein, in der behauptet wird, die Nationalsozialisten seien revolutionär, sie erstrebten etn< Regelrechter KriegsMont im Korridorgebiet Starke Truppenkonzentration vrodtmolaoog aaooror UorUuor Sokrlttlvltnug Berlin» 8. Sept. Offenbar als Antwort auf die Erörte rungen des deutschen Ostgrenzproblems, das im Wahlkampf bekanntlich eine wichtige Nolle spielte, hat die polnische Regie rung im Korrtborgebiet starke Truppenmasscn zusammengczogcn, was sich in dem schon an sich stark mit Militär belegten Gebiet besonders unangenehm ausbrückt. Sehr stark und vor allem sehr ausfällig sind diese Truppen bewegungen im Norden des Korridors, und zwar an der Grenze zwischen Pommern und der Freien Stadt Danzig. So hat man in zwei kleinen Landkreisen allein über anderthalb polnische Armeekorps konzentriert. Dazu treten dann noch die anderen Truppenmaffen» die gegenüber der Grenze liegen, ostpreußischen sind die schon jedem Reisenden fett Jahren aufsielen. Zn gleicher Zeit hat eine enorme Verschärfung der Grenzkontrolle eingesetzt. Man hat wieder die Be stimmung etngcführt, daß deutsche Kraftfahrzeuge, die durch den Korridor »ach Ostpreußen wollen, nur eine ganz be stimmte Straße durckssahren dürfen, und zwar ohne Aufenthalt. Schließlich ist auch noch die polizeiliche Grenz kontrolle durch Militär ergänzt worden. Dazu tritt dann noch eine scharfe Presse» und sogar Brief,«usur, so daß daS Korrtborgebiet im Zeichen eines regelrechten Krt egszustandeS sich befindet, ein Druck, der besonders aus den deutschen Landwirten dieses Gebietes schwer lastet. Polen will auf diese Weise offenbar der deutschen Politik zeigen, daß es gewillt ist, jede etwaige Grenzverände- rung mit kriegerischen Mittel» zu verhindern. Man wirb sich aber auch durch 'olchc eindrucksvoll sei» sollende militärische Demonstrationen in Deutschland nicht davon abhalten lassen, nach wie vor die Beseitigung der für Deutschland unmögliche» vstgrenze zu fordern. Wesen eines Briefkastens Scharfe polnische Rote an Danzig Danzig, 8. Sept. In der Nacht zürn Sonntag ist ein polnischer Briefkasten an dem polnischen Postamt am Heveliusplatz durch Auskratzen des polnischen Hoheits abzeichens beschädigt worden. Im Zusammenhänge damit hat die polnische Regierung durch ihren Vertreter in Danzig am Montag an den Senat der Freien Stadt Danzig eine Note gerichtet, in der es heißt, daß die wiederholten Beschädigungen polnischer Brief kästen ans eine „systematische Aktion gewisser Danziger Faktoren" hinzudenten scheine. In der Note wird gefordert, der polnischen diplomatischen Vertretung über die Ergebnisse der von der Danziger Polizei eingelciteten Untersuchung sowie über die Maßnahmen Mit teilung zu machen, die der Senat ergreifen werde, um der artigen Zwischenfällen endgültig ein Ende zu bereiten. * Die Danziger Regierung kann natürlich nicht für Aus schreitungen verantwortlich gemacht werden, die von irgend welchen Elementen an polnischen Briefkästen verübt werden. El» „MS Srlsel» ln Rertwelltenlschland Bremen. 8. Sept. Wie bekannt wirb, ist die Bremer Erdöl» A.«G. Breme« bei ihrer Bohrung auf Hademstorf II etwas unterhalb des Erdölfeldes von Wieste an der Aller auf Erdöl gestoßen. Der bekannte Geologe Professor Dr. Gtoller von der preußischen geologischen Landesanstalt Berlin, der im Verein mit Professor Dr. Benst die geologi schen Vorarbeiten für die Bohrung leitete, äußerte sich dahin, daß die Erdöl führenden Schichten sehr ähnlich liegen wie bet anderen deutschen Erdölgebieten in der unteren Kreide. Eine Untersuchung ha« einen großen Oelgehalt der sechs an geschlagenen Schächte ergeben. Es handelt sich bei dem Hadems» dorfer Gebiet um di« Erschließ»«« eines neue«, sehr Wichtige« Oelseldes.