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, Der Junge . irtuoS werben. V, er Wüchte ungeheure «et» Geschäft auf, eS AwanzigJahre. (Fortsetzung.) Als.JuleS endlich heimkehrte mch hmhuufathmechd vor der Thür sein« Wohnung still stand, veraahm er in derjelbe» den Ton eines Flügels. Einzelne Lasten wurden als Probe angeschlagen. Jetzt vernahm er die Stimme deS Goldschmieds, der mit barschen, heftigen Worten dem Sohne befahl, die Uebung seines Con- eertstückeS zu beginnen. Der Stuhl wurde zurecht gerückt und die Üebung begann. Es war eine der schwierigsten Sonaten des Mozart, die eingeübt wurde. Der Knabe spielte gut, für sein Alter aus gezeichnet; dennoch wurde das Herz deS Lauschers schmerzlich bewegt und verstimmt. Dem Spiel fehlte das riefe, innige Verständnis — und die Fertigkeit desselben wurde erzwungen durch die unerbittliche Strenge des Vaters, der nicht aushörte die Wieder holung einzelner schwieriger Passagen bis ins Unend liche, bis ins Emüdende zu verlangen. Wurde ein Ton falsch oder eine Taste nicht stark genug ange schlagen, so hieß es gleich: Besser! Du sollst und mußt der erste, der beste Clavierspieler sein. Jetzt mußt Du einbringen was Du mir gekostet. Spiele. Und der Knabe spielte, spielte bis die Finger ihm erlahmten utid die Thränen von der Wange rollte». JuleS trat ein. Seit» Komme» wurde nicht be achtet. Der Vater winkte blos einen flüchtigen Gruß mit dem Kopfe; der Knabe durfte leinen Blick von den Noten wenden. JmeS schaute sich um, und unwillkührlich mußte er jener bekannten Fabel von dem Maulwurf geden ken, der einen flehenden Igel in seine Behausung ge nommen — und in der der Gast sich endlich so breu machte, daß der Maulwurf gezwungen wurde auszu ziehen. Wie hatte seine Wohmuig sich verändert. Einzelne MeubleS waren auS der Stube entfernt worden und nach den Cabinet gerückt. Sein Schreib putt war nach einem Wucht gestellt, um dem Flügel, der natürlich den besten Platz deS Zimmers eingenommen, Raum zu machen. Geimg, dem Herrn der Wohnung war der Stuhl vor die Thür gestellt worden — uud eS erging ihm wie dem Maulwurf in der Fabel: er stach sich bei jeder Bewegung an den Stacheln seines sich breitmachenden Gastes. Der llmm.'th wollte sich in Worten Luft machen — doch ein Blick auf den Knaben, der seine Lection so eben beendet halte — und nun einen Angenbllck ruhen durfte, hieß ihn schweigen. Mitleidrn besiegte de» Unmuth. Doch bald begannen di« Uebung«« auf'S Neue und wurden nun ein paar Stunden lang fortgesetzt. An ein Arbeiten von Seiten JuleS war nicht zu denken. Jeder Gedanke ging unter in diesem ChaoS von Tönen, der in der Wiederholung einzelner eine so betäubende Gewalt auSübten, daß er zuletzt ganz dumpf da saß — wie eine Gipökqtze, deren Kopf beweglich zu nicken begann. Der Goldschmied hielt dies Hinstarren und diese- Nicken mit dem Kopfe für ein Zeichen der Anerken nung — und sagte daher, als die Uebungen endlich beendet waren: Ich sah's Sie sind zufrieden, Sie sind erstaunt; aber der alte Spruch bewähtt sich — Uebung macht den Meister. Noch acht Tage fo geübt — und das Stück geht. Der Junge muß Furore machen. Kein Zweifel, er ist ein Genie! Er war noch nicht drei Jahrei da klimwperte er schon auf dem Clavier mei ner seligen Frau. Ein halb Jahr später spielte er schon mit einrm Finger die Melodie: Willkommen o selber Abend. Nun war'S «ntschichso, konnte nicht anders — er nnchtr eil, M Ich hielt Hm Hie bist« -ch« Fortschritte. Onhlich Hab Lch ging so in der letzten Zeit etwas schlecht, kaufte die sen theuren, schönen Flügel — und mein Sohn gab sein erstes öffentliches Prjvatconcert. Ich nenne eS ein öffentliches, weil Wirk angesehene Fremde zugegen waren; ich nenne eS ein Privatconcert, weil kein En. trse bezahlt wurde, sondern nur die bewährtesten Kunstkenner, Künstler mid Kritiker ihr Unheil abge- ben wollten. ES war ein günstiges. Nun spielte mein Sohn noch in einigen öffentlichen Lonrerteu, die bewährte Künstler veranstaltet hatten — und ern tete Lob. — Jetzt bin ich auf einer Kunstreise mit demselben begriffen. Wir »Verden hier einige Concert« geben — und uns dann nach Kopenhagen begeben. Mein Geld ist verausgabt, mein Vermögen dahin — eS muß nun Neues erworben werbe». In acht Ta gen giebr mein Sohn sein erstes Concert. — Und Ihre Frau? fragte JuleS, um doch etwas zu fragen. Ist tobt; brach kurz ab der Angeredet«. Dann stand er auf uud sagte: Ich glaube, eS wird Zeil, daß ich einige Visiten machte — und daS Nöthig-e für bas erste Concert arrangire. Wie lange gedenken sie auSzubkiben? fragt« JuleS. Einig« Stunden. Nun dann, vertrauen Sie Jhveu Sohn mir wohl für diese Zeit an, sagte JuleS. Dem K,mben wird eine Bewegung in frffchrr Luft gut Hrm. Wir wol len spazieren gehn! Der junge Virtuose schaute bei diesen Worten ängstlich nach dem Vater, während die Wange sich jedoch unwillkührlich von innerer Freude röthete. Der Goldschmied zauberte einige Augenblicke mit der Antwort, endlich sagte er: Die Uebung am Flü gel wäre nökhiger, doch die Reise hat Dich vielleicht angestrengt — und so mag es drum sein. In drei Stunden lelwe ich zurück Mil diesen Worten war er zur Thür hinaus. JuleS zog den Knaben zu sich heran, er nahm ihn auf den Schooß, streichelte ihm das etwas stör- rige, lange Haar auö dem Gesichte und fragte: Also zehn Jahre bist Du alt? Der Knabe blieb die Antwort schuldig, er wurde glühend roch und schwieg. JuleS fragte nicht weiter, Er griff nach Hut und Stock, setzte dem Knabe» die Mütze auf und ging mit demselben auf die Straff« durch'S Thor, den schönen, vor der Stadt gelegenen Anlagen zu. Wie heiter, kindlich plauderte der Knabe. Nachdem die Anlagen durchwandert waren, führte Jü- les seinen kleinen Schützling z» Gvelinen. Hier erst fand sich der Knabe ganz heimisch. Eveline hätschel» ihn, wie die Mädchen «S mit ihrer Puppe thun. Sie gab ihm ChocolaLe zu trinken, steckte ihm BiSquit in ben Mund — uud fragte bei jedem Stückchen, daS sie dem Knaben hitchielt: Wie alt bist Du? Wobei fi« nicht unterließ, bei jedem Stückchen, baff sie vem'Äna- ben in den Mund steche, zu zählen: Also Du bist alt? Ein Jahr, zwei Jahr — und so fort. Als das zehnte vorüber war, stutzte der Knabe, er wurde verlegen, er zauderte. Als aber Eveline aus'S Neue fragte, wie alt bist Du? da öffnete er unwillkührlich den