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Wchmtz-Ieitmz. Nr. 115. Dienstag, den 5. Oktober 1886. 52. Jahrgang. gerate, welche »et der bedeutenden Auflage deS Blatte« ein« sehr wirk- sam« Verbreitung^ finden, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeil« oder der«» Raum berechnet. — Ta» bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen» dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaltionellen »heile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Me „Weißerih-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2K Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ftalten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Königliche Kmishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichm Kmlsgerichle und die Siadlräthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhne in Dippoldiswalde. Alt Auswandtruvg dcr Mgen Kauslrote. Es ist leider eine nicht wegzuleugnende Thatsache, daß in Deutschland die Zahl der stellenlosen jungen Männer aus den besseren Ständen mit jedem Jahre zunimmt und daß namentlich die jungen Kaufleute infolge der noch immer andauernden mißlichen geschäft lichen Konjunktur hierzu ein bedeutendes Kontingent stellen. Was liegt nun den jungen Handlungsbeflissenen, sofern es ihnen nicht gelingt, umzusatteln und sich in einer anderen Laufbahn fortzuhelfen, näher, als der Gedanke, auszuwandern und in überseeischen Ländern das Glück zu suchen, welches ihnen in der Heimath nicht beschieden war? Gut, sie befolgen das Beispiel schon so vieler Tausender und Abertausender und kehren der Heimath entschlossen den Rücken, um, die Brust von allerhand Plänen und Hoffnungen geschwellt, ihr Fortkommen jenseits des Ozeans zu suchen. Nun gelingt es wohl einem Theile dieser Leute, in über seeischen Plätzen Anstellung zu finden, wenn vielleicht auch nach mancherlei Mühen und Entbehrungen, aber ein anderer Theil — und unter ihnen befinden sich oft die Tüchtigsten — muß von Thür zu Thür, von Firma zu Firma laufen, ohne daß sie selbst unter den bescheidensten Ansprüchen ein Unterkommen zu finden vermöchten und man kann sich vorstellen, was das schließliche Loos dieser Bedauernswerthen sein muß, wenn sie nicht zu den niedrigsten Diensten greifen wollen. Gewiß ist es hoch bedauerlich, daß so viele gut unterrichtete und wohl auch gut empfohlene Leute, die mit den besten Hoffnungen nach überseeischen Plätzen kommen, es trotz aller Ausdauer zu keiner lohnenden Anstellung bringen können — indessen, sie tragen im Grunde genommen an ihrem Mißgeschick ost selbst die Schuld. Meist pilgern sie in die Ferne, ohne von den neuen und fremdartigen Verhältnissen, welche sie erwarten, mehr als eine Ahnung zu haben, sie meinen, mit guten fachmännischen und sprachlichen Kenntnissen ausgerüstet, könne es ihnen gar nicht fehlen, gleichviel, ob sie sich nach New-Jork oder Batavia, nach Bombay oder Melbourne, nach Kapstadt oder Alexandrien wen den. Bei so Manchen fließen dann noch allerlei Phan tasien über schnelles Reichwerden und dergleichen mit ein, die aber gar bald vor der rauhen Wirklichkeit zergehen, und die Betreffenden sind seelensfroh, wenn sich ihnen noch ein bescheidenes Plätzchen erschließt. Der Kampf um's Dasein macht sich eben auch jenseits des Ozeans immer mehr fühlbar, gerade mit im kauf männischen Geschäft; fast an jedem größeren Platze findet sich ein Heer von stellenlosen Kommis und Buchhaltern und außerdem gilt es, sich in ganz neue geschäftliche Verhältnisse zu schicken und das fällt gar Manchem außerordentlich schwer. „Aber ich habe doch fest geglaubt, wenn ich einmal hier wäre, könnte es mir an einer Anstellung nicht fehlen" — dies ist dann der Refrain der Klagen all' dieser Enttäuschten. Falls sie sich als Flaschenspüler, Pferdeknecht, Hausdiener rc. weiter helfen können, so ist es ja mit ihnen noch nicht so schlimm bestellt, denn man kann sich auch aus diesen untergeordneten Lebensstellungen wieder in die Höhe arbeiten. Es giebt jedoch Länder, in denen den jungen Leuten, falls ihre Hoffnungen auf eine kaufmännische Anstellung fehlschlagen, nicht die leiseste Möglichkeit blüht, auf andere Weise ihren Lebensunterhalt zu ver dienen; zu diesen Ländern gehört z. B. Niederländisch- Jndien, wo alle niederen Arbeiten von Eingeborenen besorgt und Europäer absichtlich niemals zu denselben verwendet werden, um nicht das Prestige der weißen Nasse in ben Augen der Eingeborenen zu schädigen. Will daher ein junger Kaufmann sein Glück an überseeischen Plätzen versuchen, so muß es sein haupt sächlichstes Bestreben sein, sich über die dortigen ge jammten Verhältnisse eingehend zu informiren. Viele haben Gelegenheit, dies selbst zu thun, wenn sie viel leicht als Reisende und Vertreter ihrer Firma nach fremden Ländern entsandt werden, wer Verwandte oder Bekannte in den betreffenden Plätzen besitzt, kann sich durch sie über die Verhältnisse unterrichten lassen und schließlich geben ja auch die Konsulate bereitwilligst Auskunft. Wer mit sicherem Engagement in der Tasche über den Ozean zieht, ist natürlich am besten daran; diese Fälle bilden indessen doch nur die verschwindende Minderheit. Viele der auswandernden Kaufleute setzen ihre Hoffnungen auch darauf, daß sie überall auf der Erde deutsche Kaufleute antreffen, selbst in den kleineren Handelsplätzen und daß sie von ihren Landsleuten doch nicht im Stich gelassen werden könnten. Tat sächlich finden in den überseeischen deutschen Handlungs häusern jährlich so und so viel tausend junge Leute Anstellung, aber die Aufnahmefähigkeit dieser Häuser ist dem immer mehr anschwellenden Strome der Aus wanderer gegenüber doch nur eine beschränkte und es können nicht für jeden aus der alten Welt hinüber gekommenen Landsmann neue Stellen geschaffen wer den, so daß es eben für die meisten Ankömmlinge heißt: „Hilf Dir selber." Alles dies sollen unsere jungen Kaufleute wohl erwägen, ehe sie den folgen schweren Entschluß fassen, in überseeischen Ländern das Weiterkommen in ihrem Berufe zu suchen, das in der Heimath zu finden, ihnen anscheinend nicht vergönnt ist, denn in vielen Fällen vermögen sie sich im alten Vaterlande doch noch eher fortzuhelfen, als drüben jenseits des Ozeans, wo ihnen nur zu oft auch die letzten Hilfsquellen verschlossen sind. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 4. Oktober. Mit heute beginnt in sämmtlichen höheren und auch in den meisten Volks schulen das zweite Semester, dem vollendeten ersten an Länge wesentlich überlegen. Mit frischen, durch die Ferien gestärkten Kräften beginnen Lehrer und Schüler die neue Arbeit, die für nicht wenige der letz teren der Abschluß des ganzen Schulbesuchs ist. In kurzer Zeit nimmt der Konfirmandenunterricht seinen Anfang, und ebenso rasch, als Tausenden dieser letzte Theil der Schulzeit verflogen ist, ebenso rasch wird er auch diesmal vorüber eilen. Möchten unsere Söhne und Töchter die Ermahnungen, die ihnen das Haus in der Schularbeit mitgegeben hat, befolgen, möchten die Vorsätze, die sie selbst gefaßt, von Dauer und Wirk samkeit sein. — Auf Antrag der Sächsischen Holz-Berufsgenoffen- schast ist als deren Vertrauensmann der Fabrikbesitzer Herr Franz Otto Straube in Schmiedeberg und als Stellvertreter desselben der Fabrikbesitzer Herr Adolph Albert Alexander Seelhammer in Glashütte von der königl. Amtshauptmannschaft eidlich in Pflicht ge nommen worden. — In der ersten Hälfte des laufenden Monats sind von den Spezialkassirern der gemeinsamen Dienst- botenkrankenkasie des Amtsgerichtsbezirks Dippoldis walde die Versicherungsbeiträge pro Oktober-Termin einzuheben und portofrei an den Hauptkassirer einzu senden. Bezahlte Doktor- und Apotheker- rc. Rech nungen sind hierbei an Stelle baaren Geldes einzu reichen und ist zu Vermeidung von Weiterungen be sonders darauf zu achten, daß derartige Rechnungen gehörig quittirt sind. — Bei der in Wittgensdorf bei Kreischa vorge nommenen Neuwahl des Jagdvorstandes, an Stelle des Herrn Robert Boden, dessen Funktion am 1. Sep tember ihre Endschaft erreichte, erhielt der Gutsbesitzer Herr Clemens Hähnel 32 und Herr Gottlieb Belke 2 Stimmen. Der hiernach gewählte Hähnel nahm die Wahl an und hat letztere auch die Genehmigung der königl. Amtshauptmannschaft gefunden. — Für unser engeres Vaterland war vor 30 Jah ren der 1. Oktober ein hochwichtiger. Es trat näm lich am genannten Tag des Jahres 1856 für das Königreich Sachsen die auf den Grundsätzen der Münd lichkeit, Oeffentlichkeit und der Staatsanwaltschaft be ruhende neue Strafprozessordnung in Kraft. Da neue Strafverfahren, ein Werk des ausgezeichneten Justizministers vr. von Zschinsky, wurde als ein ganz bedeutender Fortschritt auf dem Gebiete der Straf rechtspflege allenthalben im Volke dankbar anerkannt, und ging bald vollständig in dessen Fleisch und Blut über. Es war die Einleitung zu der einige Jahre später folgenden Errichtung der Geschworenengerichte und der Mitwirkung von Gerichtsschöffen bei der Ver handlung und Aburtheilung bezirksgerichtlicher Straf sachen, in welcher Beziehung nunmehr seit Jnkrafttretett der Strafprozessordnung für das deutsche Reich gleich wie bezüglich einer Zivil- und Konkursordnung für den ganzen Umfang des Reichsgebietes völlige Gleich heit geschaffen ist. Obercunnersdorf. In der Nacht vom 28. zum 29. vorigen Monats ist im Gehöfte der Frau verehel. Bellmann hier unter verdächtigen Symptomen eine Kuh umgestanden, an deren Kadaver der am 30. dess. Mts. hier erschienene königl. Bezirksthierarzt, Herr Lehnert, das Vorhandensein von Milzbrand konstatirt hat. Es ist demzufolge der Kadaver dieser Kuh reich lich mit Petroleum übergossen und vom leitenden Be zirksthierarzt dessen alsbaldige Vergrabung, sowie die Vornahme umfassender Desinfektion rc. angeordnet worden. Die im Gehöfte sonst noch vorhandenen 16 Rinder erschienen am Tage ihrer Untersuchung durch gängig gesund. Rabenau. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat September dieses Jahres 217 Einzahlungen im Betrage von 9781 M. 48 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 35 Rückzahlungen im Betrage von 3222 M. 75 Pf. Sparmarken, ä 10 Pf., wurden 540 Stück verkauft. Glashütte, 30. September. Vergangene Nacht haben uns unsere befiederten Hausgenossen, die Schwal ben, verlassen, um in wärmere Gegenden zu ziehen. — Wer seit einem Zeitraum von 25 Jahren nicht in Glashütte war, ist erstaunt über die grosse Ver änderung, die den Ort innerhalb dieser Zeit in seinem Aeussern verschönt hat. Vor 25 Jahren sah man meist alte baufällige Häuser, die mit ihren alten Schindel-, theilweise sogar noch Strohdächern dem Zahne der Zeit wohl schon seit Jahrhunderten getrotzt hatten. Heute findet man nur noch wenig baufällige Gebäude. Sah man dazumal von ca. 170 bewohnten Gebäuden nur 3—4 mit Schiefer, höchstens 30 mit Ziegeln und sonst nur mit Schindeln und Stroh bedeckte, so bietet der jetzt aus ca. 190 bewohnten Gebäuden bestehende Ort nach so kurzer Zeit mit seinen (in der Mehrzahl) Schiefer- und Ziegeldächern von den einen Gesammt- blick bietenden Höhen einen ganz andern, freundlicheren Anblick. Schon in den Jahren 1784—1796 hatte Glashütte eine Bauperiode; in dieser Zeit entstanden eine grössere Anzahl (15-20, bestimmt lässt sich die Zahl nicht ermitteln) schöner, grober Häuser, die mit ihren ausnehmend dicken, steinernen Mauern und mit Ziegeln bedeckten Mansardendächern einen besonderen Typus aufweisen und von ein und demselben Bau meister gebaut zu sein scheinen. Die nachfolgenden Jahre und Jahrzehnte zeigen bis zu Ende der 50 er Jahre wenig baulustige Einwohner. In dieser Zeit sind sehr wenig neue Häuser entstanden. Doch das war auch kein Wunder, war doch die Armuth hier zu Hause und wurde noch dadurch verstärkt, daß in den 20 er und 30 er Jahren einzelne Gemeinden für einige liederliche Subjekte Häuser hier im Orte für billigen Preis (20 bis 30 Thlr.) ankauften und dieselben so mit hier ansässig machten. Von Anfang der 60 er Jahre an, der Zeit, wo die so segensreichen Folgen der 15 Jahre vorher hier eingeführten Uhrmacherei anfingen, sich bemerkbar zu machen, datirt aber die große Umwandlung im Aeußern der Stadt. Seit dieser Zeit sind nicht weniger als 62 neue Gebäude (Wohn-