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MOmfferNMM ifernsprechrr Wilsdruff M. v Wochenblü^ fÜl WllsdsU^ UNd ^lMgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekannttnachnngen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat« zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. A«i«O«r »«» »«Mer: Arthur Asch»»»« i» Wilsdruff. VerarttivorMcher Echristletter: Her»««, LAssig, für de, Inseratenteil: Arthur Ifchuuke, Heide 1« WtiedrnA Nr. 185 Donnerstag den 10. August 1922. 81. Jahrgang Amtlicher Teil. Auf Grund von 8 2 Abs. 2 des Derficherungsgesetzss für Angestellte in Verbindung mir § 2 der Ausführungsverordnung vom 30. Dezember 1912 sind dis Ortspreise kür den Wert der Sachbezüge für den Bezirk der Amtshauptmannschaft Meißen mit Wirkung vom 1. August 1922 ab «eu festgesetzt worden. Das Verzeichnis kann während der Geschäftszeit bei jeder Gemeindebehörde und Krankenkasse deS Bezirks, sowie bei der Amtshauptmannschast Meißen, Zimmer 12, ein gesehen werden. Meißen, am 7. August 1822. Die Amtshcmplmmmschaft. Freitag den 11. August d. I. abends 8 Uhr findet im Saale des „Weißen Adler- eine ^erfallungs - ?rier statt, zu der alle Bevölkerungskreise eingeladen werden. Wilsdruff, am 9. August 1922. Der Stadtrat. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Auf der Londoner Konferenz wurde ein Sachverständigem mrSschuß zur Prüfung der Vorbedingungen für ein Mora torium eingesetzt * Bei den Londoner Beratungen forderte Poincarö neue Kontrollmaßnahmen gegen Deutschland und Pfänder als Vor« bedingung für jedes Moratorium. * Die deutsche Regierung hat den Regierungen der alliierten Mächte eine Darstellung der politischen und wirtschaftlichen Situation Deutschlands übermittelt, in der darauf hinaewiesen wurde, daß Deutschland eine gewisse Zeit zur Erholung ge- währt werden müsse. * Das Gerichtsverfahren wegen des Rathenamnordes soll im Septentüer stattsinden. * Graf Lerchenfeld hat sich zu Verhandlungen mit der Ber- tincr Regierung über die bayerische Krisis bereiterklärt. * Frankreich will die von ihm angestrengten Prozesse gegen deutsche Kriegsbeschuldigte vor französischen Gerichtshöfen durchführen lassen. Sieben Punkte. Die Londoner Konferenz hat am Montag einen sehr „verheißungsvollen" Anfang genommen; Reden und Gegenreden — wie das so üblich ist — mit dem Ergeb« rvis, daß wieder einmal eine Sachverständigenkommission eingesetzt wurde zu dem Zweck, die schon tausendmal durch« gekauten Aktenstücke Wer die Finanzlage der Siegerstaaten und ihre Opfer mit allem Drum und Dran von Denk schriften, Ausstelltmgen, Eingaben, Anträgen zum tausend und ersten Male durchzuprüfen. Selbstverständlich werden' diese Sachverständigen zu keiner anderen Einsicht gelangen können als ihre Vorgänger, selbstverständlich wird sich auch an dem Stimmenverhältnis, das schon vor dem Beginn der Konferenz deutlich sich abgehoben hat, nach dem Ab schluß ihrer Arbeiten nichts ändern. Denn die Liste der sieben Forderungen, die Herr Poincarö nach London mit gebracht hat, wird für England, Belgien und Italien eben sowenig annehmbar seint wie deren grundsätzlicher Stand- dünkt für Frankreich. Was der französische Ministerpräsident diesmal auf dem Herzen hat, ist: eine verschärfte Kontrolle der Reichs- bank, eine verschärfte Kontrolle der Ein- und Ausfuhr, ein« verschärfte Kontrolle des Devisenhandels in Deutschland — Dinge, die im Grundsatz schon bestehen^ deren Ausmaß also nur noch strittig ist. Dann aber soll eine Sonder- besteuerung der Ruhrkohle zugunsten der Re parationskasse eingeführt werden, die innere Zoll grenze im besetzten Gebiet wie 1920/21 und östlich der Ruhr wiederhergestellt und neu «ingeführt werden ein« Kontrolle der Einnahme aus staatlichen Berg- werkenund Wäldern. Dem Ganzen die Krone auf gesetzt wird schließlich durch die Forderung einer Betei ligung unserer Gläubiger an der deutschen Industrie durch Vermehrung des Aktienkapitals um 26 Prozent und Abgabe dieser neuen Aktien an die Nepara tionskommission. Das nennt Herr Poincarö mit einem abermals sehr geschickt erfundenen Schlagwort „produktive Pfänder", womit gesagt sein soll, daß er sich von diesen Eingriffen in die deutsche Produktion ein« beschleunigt« Aufbringung derjenigen Mittel verspricht, deren es zur Tilgung unserer Reparationsschulden bedarf. Was dabei aus der deutschen Wirtschaft würde, bekümmert ihn nicht; er denkt auch jetzt nur an die „Verfehlungen Deutschlands", au E. Nichtauslieferung der Kriegsbeschuldigten, an die Aw Awier noch nicht genügende Entwaffnung des Reiches, an die zahllosen GoldmMarden, die Frankreich angeblich feinem deutschen Schuldner vorgeschossen hat. We"" George sagt, daß mau Deutschland nicht zur Verzweiflung treiben dürfe, so dürfe auch Frankreich nicht zur Verzweiflung getrieben werden. Auch in London hatte Poincarö wieder die Stirn, zu versichern, daß er Deutsch« kmd nicht zerstückeln wolle, daß er bereit sei, an dem Wie deraufbau Europas nutzuarbeiteu, doch dürfe gerade um deswillen Frankreich nicht zusammenbrechen, und um des willen müsse es eben erhalten, was ihm zugesprochen wurde. Jetzt sei es am Ende seiner Kraft, und wenn man auf die ungeheuerliche Entwertung der deutschen Mark Hinweise, so sei Deutschland selber schuld an diesem Sturz ftiner Wahrung, zumal es sich übertriebene Aus gaben geleistet habe im Interesse seiner Handelsmarine, seiner Eisenbahn« und Scbiifsweae. «« die Frankreich nie mals denken würde. Auch mit Steuern Habs es sich nicht ernstlich belastet; sein Notenumlauf sei auch absichtlich ver größert worden, und so müsse er es als ungeheuerlich be zeichnen, daß Frankreich die Folgen einer Lage über sich ergehen lassen solle, für deren Abänderung Deutschland nicbt das geringste getan habe. Wenn also ein auch noch so kurzes Moratorium bewilligt werden sollte, dann nur unter Bedingungen, wie sie in den sieben Forderungen zu- sammengefaßt sind. In diesen Grundsätzen sei er unnach giebig. Ein Ultimatum also? Lloyd George konnte sich nicht enthalten, diese Frage sofort aufzuwerfen, ebenso fein Handelsminister, und Poincare suchte vorerst wieder nach Möglichkeit zu beruhigen. In der Nachmittagssitzung kam dann der britische Ministerpräsident ausführlich zu Worte, um Herrn Poincarö zu zeigen, wie ein Mann, der eine höhere Warte einnimmt, die allgemeine Lage beur teilen müsse. Von „produktiven Pfändern" der vorgeschla- genen Art könne er nicht viel erwarten; die Nuhrbesetzung allein Würde sieben Divisionen erfordern und schon aus diesem Grunde finanziell schwerlich lohnen, ganz abgesehen davon, daß sie eine ernsthafte Gefahr für die innere deutsche Politik mit sich bringen würde. In Wahrheit sei Deutschland im größten Maße abgerüstet und unfähig, einen neuen Krieg zu führen. Was es noch an militärischen Kräften besitze, reiche kaum hin, um die Ordnung im In nern aufrecht zu erhalten, und trotz der andauernden Wir ren im Innern habe es immerhin bereits die Kleinigkeit von 10 Milliarden Goldmark bezahlt. Einen unfehlbareren Maßstab für den Ruin Deutschlands als den jetzigen Kurssturz könne es wohl doch nicht geben. Herr Poinoarö ließ sich schließlich dazu herbei, in die Einsetzung einer Sachverständigenkommission zu willigen, so daß der Kuhhandel hinter den Kulissen nunmehr ernstlich beginnen kann. Mit Herrn Poincarö noch irgendwie zu diskutieren, diese Mühe braucht sich wirklich niemand mehr zu geben; für ihn existieren seit langem schon nur noch die Tatsachen, die er politisch zweckmäßig findet; über alle anderen sieht und spricht er mit unübertrefflicher Geringschätzung hin weg. Diese Haltung ist bisher den Verbündeten gegenüber seine Stärke gewesen, und er wird ihr auch jetzt treu blei ben, zumal zunächst niemand in London gewagt hat, ihm seine neuesten Rechts- und Vertragsbrüche gegen Deuif..> land auch nur mit einem Worte vorzuhaften. Wir haben danach allen Grund, den Londoner Beschlüssen, selbst wenn sie im Sinne eines längeren Moratoriums ausfallen soll ten, nicht gerade mit ausschweifenden Hoffnungen ent gegenzusehen. * Das Interesse der anderen. Aus den Reden Lloyd Georges, des Italieners Schanz er und des Belgiers Theunis, die nach Poincarö ihren Standpunkt und die von der französischen Meinung vielfach abweichenden Interessen ihrer Länder vertraten, ist folgendes zu erwähnen: Lloyd George sagte weiterhin: Der Garanlieausschuh habe einen im großen ganzen günstigen Bericht über Deutschlands Bemühungen, Steuern einzuziehen, erstattet. In dieser Beziehung habe Deutschland nicht schlecht ge- arbeitet. Es sei wahr, daß Deutschland über seine schwere Lage Klagen erhebe. Aber es handele sich bei Deutschland nicht um ein bloßes Gejammre. An der deutschen Zahlung seien alle interessiert. Es handle sich nur um die geeignetste Methode. Unter diesem Gesichtspunkt sollte auch jede Sanktion geprüft werden. Nach Lloyd George sprach der italienische Minister Schanz er über die zerstörten Gebiete Italiens und wieS auf die großen Verluste des Landes hin. Italien sei stolz darauf, der Welt auf dem Gebiete der Abrüstung ein Beispiel gegeben zu haben, denn es habe sein Heer vom Kriegszustand in der Höhe von fünf Millionen Man» auß 175 OM Mann herabgesetzt. Der belgische Ministerpräsident LheuniS gab eine Über» sicht über die Finanzlage Belgiens. Die belgische Schuld sei von 5 Milliarden Frank vor dem Kriege auf 24 Milliarde« angewachsen. Die Gewährung eines neuen Moratorium» würde besonders für Belgien nachteilig sein, weil die Zach lungen, die in diesem Jahre durch Deutschland geleistet werde» sollen, aus Grund des belgischen Vorrechts Belgien zugutekom- rmn sollen. Belgien sei aber auch in Zukunft an den Wie derherstellungen interessiert. Der japanische Botschafter Hayashi sagte, daS einzige Ziel solle sein, so viel Geld von Deutschland zu erhalten, w» es seine Zahlungsfähigkeit gestatte. Leider wird nicht berichtet, wie sich Hayashi die rich tige Methode d-afür denkt, denn diese kann niemals rm Zwang, sondern nur im gemeinsamen Wiederaufbau be stehen. Nach den Plänen Poincarös geht es jedenfalls nicht, denn diese sind so weitgehend und so tiefschneidend, daß ein englischer Diplomat darüber bemerkte, es wäre nötig, daß der Teufel selbst die Negie rung in Berlin übernimmt, wenn sie richtig durchgeführt werden sollen. Die Deutschen-Ausweisung. Vorläufig aufgeschoben? Die schärfste der bis jetzt verkündeten „Retorsionen" Poin-carös ist die Auswerfung von Deutschen aus dem Elsaß. Es scheint nach den letzten Meldungen, als ob alle Vorbereitungen dazu getroffen seien, daß man aber die Ausführung dieser Zwangsmaßnahme vorläufig noch zurückgestellt habe. Ein Schweizer Blatt will erfahren haben, daß Poincarö auf Grund der bisherigen Verhand lungen mit Lloyd George die Regierung -m Paris ange wiesen haben soll, die „Retorsionen" gegen Deutschland vorläufig überhaupt noch auszusetzen. Nach anderen Mel dungen sind jedoch die Answeisungsverordnungen für 25V Deutsche unterzeichnet worden, aber noch nicht zur Durchführung gelangt. Die Deutschen sind von dieser Maßnahme durch die Polizeiinspektoren in Kenntnis gesetzt worden. Wie der andere Quellen berichten, die ersten Ausweisungslisten seien von den Präfekten der drei Departements dem Ober- kommissariat in Straßburg mitgeteilt worden. Man warte jetzt nur noch den Befehl der Regierung ab, um den be troffenen Deutschen ihre Ausweisung mitzuteilen. Die Straßburger Liste enthalte 150 Namen. sis deutschen Volstvennögens abgelicsert Berlin, 8. August. Von amtlicher deutscher diplomatischer Seite sind hier vor Beginn der Londoner Ministerpräsidentenkonferenz ernste Vorstellungen erhoben worden, die nicht ohne Ein druck auf die führenden Staatsmänner Englands geblieben sind. Die Darstellung ist ziemlich umfangreich und beschäf tigt sich eingehend mit Deutschlands Lage im Sommer 1922. Sie wurde außer der englischen Regierung auch allen anderen Regierungen der alliierten Mächte durch die deutschen Vertreter übermittelt. Wie hier in sachkundigen politischen Kreisen verlautet, bewegen sich die deutschen Vorstellungen auf der Basis, daß Deutschland freimütig anerkennt, daß seit einiger Zeit einflußreiche Kreise des Auslandes sich in steigendem Maße bemühen, den tatsäch lichen Zustand Deutschlands objektiv zu beurteilen. Ande rerseits werde aber Deutschland von anderen nicht minder einflußreichen Kreisen des Auslandes immer noch als ein wohlhabendes Land angesehen, ^dessen Staatsfinanzen zwar durch eigene Schuld zerrüttet, dessen wirtschaftliche und soziale Kräfte aber unversehrt seien. In der Welt sei die Meinung verbreitet, daß Deutschland unter dem Schutz seiner Valuta die Weltmärkte mit seinen Waren über schwemme. Statistisch wird das Gegenteil nachgewiesen und erklärt, Laß die Hauptursachen des Rückganges der deutschen Ausfuhr zurückzuführen seien auf den Rückgang der Weltmarktumsätze, in der Abgabe der großen Mengen von Sachleistungen und in den besonderen Erschwerungen für di« deutsche Ausfuhr. Der notwendige Gesamtbedarf Deutschlands an Golddevisen übersteige auch ohne Repara- tionsleisiungen, ohne Besatzungskosten, usw. die Einnah men Deutschlands an Golddevisen. Durch den Verlust wichtiger Ernährungsgebiete habe Deutschland eine Lebensmitteleinfuhr im Fahre 1921 gehabt, die 38 Pro zent der Gesamteinfuhr betrug, gegenüber 28 Prozent im Jahre 1913. Bei alledem habe Deutschland schon jetzt aus seinem überhaupt mobilisierbaren Vermögen und mobilen Gütern insgesamt 45 Milliarden Goldmark aus Grund des Frie densvertrages geleistet. Rechne man den Goldwert der Ge bietsverluste und den Verlust der Kolonien hinzu, so gebe daS eine Summe von mehr als 100 Milliarden Goldmark. Das bedeute im ganzen die Ablieferung von ein Drittel des ursprünglichen deutschen Volksvermögens. Obwohl Deutschland abgerüstet habe, werde es von einer Unzahl von Kommissionen bewacht, von denen jedes Mitglied ein wesentlich höheres Gehalt beziehe als ein deutscher Reichsminister. Die Souveränität der deutschen