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Nummsr 170 — 26. Jahrgang Smal wöch. v«iug»prels für Juki 8.00 Mk. «Inschk. L, bet Uebersenüung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 18 Scmntags-Nr. SÜ L. Veschäftllcher skell: Artur Lenz ln Dresden« - Dienstag, den 26. Kuli 1927 swklNtle istung o Schodzziersatz. , ruf üvermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ver. antwortung. Unverlangt eingesandte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte werd. nicht aufbewührt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittags Hauptschriftleiter: Dr. G. Desezyk. Dresden. volmelümg «Ä.schitft-ft.lle, Druck».Verlag - «ermanla, «.<«. skr «erlag und Driickeret. Filiale Dresden. Dresden-A. l. Polierslrahe l7. FeriirusüloiL. Pasilcheckkonto Dresden rroz. Banklonto: «tadtbauk LreSdeu Rr. «1719 Für christliche Politik und Kullur Dresden Redaktion de» Sächsischen BolkSzettna« »den-NIlsladt l. Polterftrab» 17. Fernruf Mil und »wir. Um den Völkerbund. Nochmals Katholiken und Freimaurer. Bon Prof. Eomte de Reqnolv, Mitglied und Genevalborichtetttatter der Völkerbunds« kommWon für iutellekruelle Zulsamimemrkbeit. Nach Nummer 8 der „Wiener Frsönmiuvsrzoitwng" hat die „Germania" vom 15. Hunt ihren LHern die Pläne der Freimaurerei enthüllt. Diese gehen auf nicht» Geringeres hinaus, als darauf, sich des Völkerbundes zu bemächtigen, um daraus gleichzeitig einen Ueberstaatzu machen, «in Weltkultusmini st ertum und eine gegen die kathi» lische Kirche gerichtete Weltkirche. Diese Pläne sind alt, sie gehen zurück auf die Ent« stehung des Völkerbundes selbst, ja noch weiter zurück, bis auf die Entstehung der Freimaurerei. Aber sie sind im Be griff, sich systematisch zu verwirklichen, dank den frermaure- rischon Hilfsmitteln, die uns zu denken geben muffen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß seit vorigem Herbst bie Freimaurerei, die durch das Schisma der amerikanischen Logen nicht wenig geschwächt worden war — ein Schisma, dessen ernsteste Konsequenz auf finanziellem Gebiet lag: di« amerikanischen Maurer hörten auf, große Geldsummen an ihre Brüder in Europa zu schicken — wieder zur Offensive iibergegangen ist. Diese Offensive, man fühlt sie überall, in allen internationalen Zusammenkünften, bei allen Ar« beiten des Völkerbundes. Gegen uns Katholiken gerichtet, macht sie uns eine stete Wachsamkeit und eine viel wirk« saniere internationale Organisation unserer Kräfte zur ge- - bieterischen Pflicht: v-—-- — Die Tatsache, daß der Heilige Stuhl und der Völker« ound sich offiziell ignorieren, daß der Heilige Stuhl nicht in Genf vertreten ist, und daß er sogar verpflichtet ist, dem Völkerbünde gegenüber eine große Zurückhaltung zu beob« achten, gestaltet ohne Frage das Vorgehen der Katholiken sehr viel schwieriger. Sie müssen handeln, denn sie haben ihre Grundsätze und ihr« Werke zu unterstützen und zu ver« teidigen. Aber sie können es nur auf ihr« eigene Rechnung und Gefahr tun, wohl wissend, daß sie nur sich selbst enga» gieren, und sich mit der größten Sorgfalt hütend, jemals di« kirchliche Autorität zu binden oder bloßzustetten. Am dringendsten notwendig ist, daß sich die Katholiken so gut und so rasch wie möglich über die Tätigkeit des Völ kerbunds und aller mit ihm zusammenhängenden Organi sationen informieren. Die Freimaurer haben sich be eilt, in Genf eine dauernde Vertretung einzurichten. Zio nisten, Sozialisten, Quäker u. a. haben desgleichen getan. Die Errichtung eines katholischen Informa« tionsbüros in Genf ist in hohem Maße wünschenswert. Die Vevwirklichäng dieses Gedankens ist zwar schwierig, ge« rade wegen der heiklen Situation des Heiligen Stuhles. Aber sollte es wirklich unmöglich sein, mit Hilfe privater Initiative, eine wenigstens provisorische Lösung zu finden? Wir fürchten: „Ja". Auf jeden Fall scheint uns wünschenswert, daß die zahlreichen Katholiken, die vorübergehend beim Völker bünde weilen, eine Gelegenheit erhielten, sich zu treffen und ihre Gedanken auszutauschen. Wir denken da an di« Mitglieder der Delegationen zur Völkerbunds Versamm lung, an KommWonsmitglieder, Sachverftändge, Mitglie der des Verwaltu-ngsnrtes des Internationalen Arbeitsamtes und seiner Sonderausschüsse, Mitglie der internationaler Vereinigungen privater Art, di« an einem der unaufhörlichen aufeinanderfolgenden Kongreffe in Genf teilnehmen, an Journalisten, sowie an Leute, die studienhalber öder auch aus reiner Neugierde Genf besuchen. Unsere Schiväch« rührt daher, daß wir uns gegenseitig nicht genügend kennen, daß uns der regelmäßige gegenseitige Kontakt fehlt. Ooano äisporsuia kvagils: Isolierung macht schwach, während unser« Gegner seit langem das Geheim nis der Organisation erfaßt haben. Vielleicht wäre es Sache der Genfer Katholiken, wenn sie die Mittel dazu be säßen — aber man könnte sie ihnen auch beschaffen —, di§ Initiative zu ergreifen' Ein einfaches Lokal, während der Sitzungen der Völkerbundsversammlung dauernd zugäng lich, n-ürde für den Anfang genügen. Das Wesentliche wäre, daß Katholiken, die auf der Durchreise in Genf sind, wüßten, wo und wann sie ihre Religionsgenossen treffen können. Ein anderes Anliegen ist das Schicksal der katholischen Beamten beim Generalsekretariat und beim Inter nationalen Arbeitsamt. Es gibt deren einige, sie sind so gar ziemlich zahlreich. Einer von ihnen trägt sogar die Soutane: Es ist der hochintelligente, eifrige, unermüdliche Pater Arnou vom Internationalen Arbeitsamt. Aber aüch in diesen Fällen sieht man sich der Isolierung, der Zer splitterung gegenüber. Wäre es nicht angebracht, an die religiösen Bedürfnisse aller dieser Beamten zu denken, an die so reiche katholische Kultur, auf die gerade sie beson ders angewiesen sind, in diesem internationalen Milieu, ivo alle falschen Lehren ohne Unterlaß zirkulieren? Körfings Rücktritt vom Amt Er fcheidek als OberprLsi-enk von Magdeburg aus — Die Folge seiner Kundgebung zu den Wiener Unruhen Magdeburg, 25. Juli. Wiener Ereignissen alles andere als geschickt gezeigt. Die östcrreichi- Auf der Reichstagung deS Reichsbanner- Schwarz-rot goN> erklärte gestern Oberpräsident HSrstng, dah er sich nach Rück sprache mit Ministerpräsident Brauns und Innenminister GroesinS- ki entschlösse» habe, von dem Posten des Oberpräfidenten der Pro vinz Sachsen zurückzutrete», um sich in Zukunft allein den Angelegen heiten des Reichsbanners Schwarz-rot-gold widmen zu können. Zur Begründung seines Schrittes führte Hörsing auS: Die Gegner der Republik hätten sich drei Steckenpferde ausgesucht, auf denen sie herumreiten wollten: Das Reichsbanner, die preußische Staatsregicrung und ih», Hörsing. Gegen das Reichsbanner und seine Führer würden seit einiger Zeit unglaubliche Verleumdungen ausgesprochen. Die Hetze gegen ihn habe eingesetzt, um ihn in seiner Eigenschaft als Abgeordneter des Reichsrates und als Oberprästdent mundtot zu machen. Er habe nie gegen die Reichs regierung als solche geschimpft, habe überhaupt aus niemand ge schimpft, sondern habe nur eine sachliche Kritik an der deutschnatto- nalen Partei und ihren Mgeordneten, dem jetzigen Reichsminister Dr. Hergt geübt. Dies habe er in der Meinung getan, daß die Aus lassungen Hcrgts in Königsberg „Laßt uns aen Ostland reiten" dem Reich-minister Dr. "Mrcsemanii Unännrhnmöhkettm bringen könn ten. Er stehe auch heute n-ch hinter dieser seiner Kritik und nehme kein Wort davon zurück. Der Sturm, den diese Kritik im nationalen Lager gegen das Reichsbanner entfesselt habe, habe nur den Zweck gehabt, die Reichsregierung gegen das Reichsbanner aufzuwicgeln. Zu seinem Aufruf z» den Wiener Ereignissen und der Stellungnahme der Reichsregierung bemerkte Hörsing: In Oester reich gebe es leider nur eine republikanische Partei und das sei die Sozialdemokratie (??) und der aus dieser hervorgegangene repu blikanische Schutzbund. Die Chrtstlichsoziale Partei habe monar chistische und faschistische Tendenz (!) und sei ungefähr mit der Bay rischen Volkspartei zu vergleichen, nicht aber mit der Deutschen Zen trumspartei. Die österreichische Regierung habe sich bei den Wie Diese Feststellung bringt uns zu ebner anderen, nicht minder bedeutsamen: Der Auswahl der inter nationalen Beamten. Denn der internationale Dienst ist eine neue, aber heute schon stark verbreitete Laufbahn geworden. Man bedenke, daß es beim Bölker- bundssekretariat mehr als 40V Beamte gibt, mehr als 400 beim Internationalen Arbeitsamt, 70 beim Institut für in tellektuelle Zusammenarbeit: dazu zähle man jene beim Internationalen Gerichtshof im Haag, ferner jene, die von privaten Vereinigungen angestellt sind, wie den zahlreichen nationalen Völkevbundsligen, sowie der interparlamentari schen Union. Man kann di« Zahl der Posten in diesen neuen Karrieren schon heute auf 1500—2000 veranschlagen. Diese Zahl nimmt von Tag zu Tag zu und für jeden zu besetzenden Posten melden sich unzählige Kandidaten. Wei ter, im nächsten Winter werden in Genf die Kurse und Seminarien des Instituts für höhere inter nationale Studien beginnen, das, ohne offiziell vom Völkerbünde abzuhängen, in enger Fühlung mit ihm arbeiten und für ihn eine Art Kadettenschule wohlvor bereiteter Beamter werden wird Aber weder im Ver- , waltungsrate, noch im Lehrkörper dieses Instituts findet sich ein einziger Katholik: ja, sein protestantischer, sogar liberal-protestantrscher und jüdischer, sowie frcimaure>r-ischer und sozialisierender, um nicht zu sagen: sozialistischer Cha rakter, ist stark betont. Ast das nicht eine Warnung für unsere katholischen Universitäten und Hochschulen? Muß ten diese nicht den Unterricht im internationalen Recht und im Völkerrecht mehr als bisher pflegen. Seminarien grün den und'ein Diplom für internationale Studien einfüh- ren, das jungen Katholiken den Eintritt in diese neue Karriere erleichtern würde, indem es ihnen gleichzeitig eine gediegene religiöse und philosophische Ausbildung sicherte? Di« Tätigkeit, die der Völkerbund auf dem Huma nitären Geb iete entfaltet, — Schutz des Kindes und der Jugend, Kampf gegen die Rauschgifte, gegen den Skla- verhandel, den Mädchenhandel, gegen Schmutz und Schund, Organisation der Hilfe bei Katastrophen usf. — ist für die Zukunft unserer katholischen SLerke in hohem Maße beun ruhigend, wie überhaupt für di« christliche Auffassung von der Caritas. Diese Tätigkeit des Völkerbundes ist ge fährlich für die christliche Auffassung, denn sie trägt in sich die Tendenz, die individuelle Tavrtas zu ertöten: st« ist ge fährlich kür unie-e Werke der WokttLtiakeit. denn Ke scheu Republikaner hätten jedoch das Unheil abgewandt und damit, wenn nicht einen Weltkrieg, so doch mandestenz einen furchtbaren Bür^ gerkrieg verhindert. Hierfür habe er ihnen zu danken, was er auch in seinem Aufruf zum Ausdruck gebracht habe. Auch hiervon nehme ec keine Silbe zurück. Hörsing schloß: Für die Stärkung der republikanischen Front sei ein geschlossenes diszipliniertes Reichsbanner und eine vom Ver trauen getragene Führung von höchstem Wert: dafür dürfe kein Opfer groß genug sein. Er habe sich aus diesem Grunds entschlossen, auf seinen Oberpräsidentenposten zu verzichten. Er habe nach Rück sprache mit dem Ministerpräsidenten und dem preußischen Innen minister schriftlich gebeten, ihn von seinen Amtspflichten als Ober präsident der Provinz Sachsen zu entbinden. Er wolle als politisch freier Mann an der Spitze des Bundes stehen; ohne Rücksicht auf ein Amt wolle er wie bisher handeln und arbeiten. Den Kampf gegen die Feinde der Republik habe er für die vornehmste Pflicht gehalten. Die überparteiliche Grundlage des Reichsbanners sei in keinem Falle verlassen worden. Das Reichsbanner werde dafür eintreten, daß die Feinde der heutigen Staatssorm aus den Reichs- und Länderregie rungen verschwänden und Republikaner an ihre Stklle. trätsn. .Er ^marschiere seinem klaren Ziele zu und werde bei der nächsten Wahl mit allen Kräften für den Sieg der Republik kämpfen. «, Der Schritt Hörsings scheint uns richtig zu sein. Es geht in der Tat nicht an, daß ein Beamter in solcher Stellung öffent lich eine Regierung angreift, zu der das Reich in freundnachbac- lichen Beziehungen steht. Die weitere Tätigkeit des Bundespräsidenten Hörstng werden wir rein sachlich beurteilen. Wenn es seine Msicht ist, das Reichs banner in der bisherigen Form zu erhalten, dann kann man seine Ausfälle gegen die Christltchsozialen Oesterreichs nicht als glücklich bezeichnen. Oder sollte der Herr Bundesvorsitzende andere M- stchten haben? neigt dazu, alles karitative Tun zu zentralisieren und zu verstaatlichen. Auch aus diesem Gebiete wird eine De- fensivbewsgung notwendig. Wir stellen sie uns vor in der Form systematischer Fühlung zwischen den internatio nalen katholischen Organisationen, die sich den Werken der Caritas widmen. Es wäre sogar dringend, die eine oder andere solcher Organisationen neu zu schaffen: Wir denken hier insbesondere an den Kinderschutz. Schließlich wäre daran zu erinnern, daß ein Kontakt zwischen katholischen Journalisten ebenfalls wün schenswert ist. Desgleichen ist planmäßiges katholisches Vorgehen aus dem Gebiete des Kinematographen und namentlich des Lehrfilms, dieses machtvollen Instru ments in den Händen unserer Gegner, unumgänglich nötig geworden. Ich möchte schließen, indem ich einen Alarmru-f, einen Ruf nach Sammlung ausstoße. Die Katholiken aller Länder haben di« gebieterische Pflicht, ihre Augen zu öffnen, be vor es zu spät ist: jenen ihrer Religionsgenossen, die be reits wie Roland bei. Ronceval oder wie Winkelried bei Sempach, aus internationalem Gefilde im Kampfe stehen, beizuspringen und hinter ihnen eine Mauer von Eisen zu bilden. Diese. Mljcht obliegt ganz besonders der katho lischen Vereinigung für internationale Studien (tluion c.atdolchiio ä'ötiicls» inlanirafionalos), deren Vorsitz als eine ehrenvolle Bürde mir zugefallen ist Um das Ue!chsschu!gesetz. Das „Berliner Tageblatt" hatte heute berichtet, Vas N e i ch s s ch u l g e s e tz sei dem Reichsrat bisher noch nicht zu gegangen. Wie wir demgegenüber hören, ist diese Nachricht unrichtig. Die Vorlage des Reichsschulgesctzes ist vom Reichsrat den Ausschüssen bereits zu ge gangen, die Begründung des Reichsministeriums des Innern, die gegen, wärtig noch ausgearbeiict wird, wird dem Rcichsrat ebenfalls so zeitig zugestellt, daß die Reichsratsausschüsse sich Anfang September wie vorgesehen, mit der Vorlage beschäftigen können. Dem Reichstag würde dann, wie ebenfalls vorge sehen, die Vorlage nack der Verabickieduna im Reicksrat vor- gelegt.