Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.06.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050629011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905062901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905062901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-06
- Tag 1905-06-29
-
Monat
1905-06
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.06.1905
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
verugrgedyhn U, huch Dtpniaaim »Mk einmal) l. ^siMdcmbttjrt!«-«,«. ' » Mt b«. » Vit. »o v». »liier »«Nellu«« bim» dl« «oll »VN. <,dn,«eft»ll,2>. >«An«. I«» «1t rnNvrecdmdem SuIMa,«. N«ch b,»s «Lu »rSlet ». Ort^nal- Anreizen-tarsf. Innadme d», »nküntigu,««« di« naLmitiu»« » llbr So«,- uod Feierta«» nur Manenftrihe »« vor II di»>.u Udr D« >lv»>iioe Grund, «eüe cca. » Silbe,,! » M«.. ila> kündiounoen aus der Lnvatleite Zell« » Pf, : di« rivalti,e Zelle auf Lert- lelte so Li,., als Änaelandi Zeit« «o Via In «»«mee» «uh Sn»»- und S-ieri,,k» , I^llnae Srundieile so Via. aus Vnvaileite « Via.. v»«N,»a«,abe i.Dretd. Ncubr. 4 »ISIS«. «ErüaNcke Loeiorar. »«<»ri»e bleibe« m>denicM-t>t„t: "^"^«Lt^ufdewadw r»l»»r«««-Kbr»tt«: »«ch,»cht«M »»«Sb,» Herr Met 1886. Ulmn uns goiavrren Üvstüv Sw7. »orttrstr. 10. M M W W Lipaltiae Heilt- aus TeUielle und als M M M ILlnseianütNvL,, Äuowürli«eÄui> ^ M M «rü,e nur ,e,ei> LolauSbetäblnu«. Lele,dl»tt«r «erden mit u>Ll»- ^ dereämet. ^ 8«rn,»r.Hns«r-»- «»rtenstr. »8/40. «ml I Nr. U und Nr. «0»«. — - »u»r Xrt, gvrogsno ocler «ogrilgt» bl»sson»ftlllsl 8 a»ok jocksin blustor, vollsrl, vernlolcolt n<Inr mlt «onsllgom »t >»lv»»i»odoo vadorrug Ustort als 6ponl»lltttt ?>al «jr»«koim. z - H Via von mir verkannten Vro«oIl1Uon: KL „IVoIed« riliodt«« knt «I« Ilautma»» Ser >n »eine« Verwvgo«»r«i IiiUtilte,oo rnrltobxellomm«» ist anck 2nI«I>in,»»t»o»«ng «ü«r Xonlcur, deMrvdtet" 8!« u»<l „IiivSttrerIlvI»r unck UesebLktsdetelllgung" H .«rs-nN. Ici, >moi>»»-IUN'1i, ke«!,!»»»»» 8<-»<-i» Nlneonliunir von «0 I'l^. I'arto. « § V keeiäißtor ItUekerr, visor ,IN<1 8a6dverEn6jL«r, — V^7 » 8 L» WI sUL, ItPi«»,,, Omuienatr. 118. Xmt 4/2S1S. Sittt'ekrelt 2—b. « H l.. Miliz. Wmissmti-. Z4.! MM «IM MM ..——— vomekmon Stils ln jv6er Preislage. ! MV Mxim sszs^g bedeut«!»!« i-i-eiEwiitMlwj-. »Motor ,1-SP ll »Lt l»I»k feiMsiilkli'srwe ltü 11 lWM MI. litt»,., >»»«>»«>>«»««»»»> "«» >>, »»;„»»», ,» «k. - »nä DM" rvieekso b8lckiltttncipln.tr nnck Lürgorvion«. Istblil iabll sllllulllbi i. vakmsn in besonckors jsosiffnotou ^tslior«. EA»* Die maritime Weltlage. Englische Kommission, Ortskrankenkassen, Schnlhygienc, . Straßcnbahiiunfall in Plauen. Gerichtsverhandlungen. Marokko. Mutniaßl. Witterung: l Warm, veränderlich.! Donnerstag, 29. Juni 1905. Die maritime Weltlage. Mit der schneidenden Schärfe und rücksichtslosen Energie, di« man an dem Amerikaner aller Gesellschaftsklassen und Berufs» stände gewöhnt ist, hat Präsident Roosevelt das amerikanische Volk vor die Alternative gestellt: Amerika mutz mit dein Bau von Schiffen sortsahren und die Flotte auf dem höchsten Punkte der Leistungsfähigkeit erhallen, oder es muh MonroeWehre und Panama-Kanal aufgebcn und aufhören, danach zu streben, eine grobe Nation zu sein. Wer die maritim« Eivtwicklung der Ver einigten Staaten in den letzten Jahren verfolgt hat, wer die amerikanischen Exporteure und Finanzgrüben aus ihren Wirt- schaftlichen Kampf- und Eroberungszügcn begleitet hat, wer end lich den bisherigen Gang der amerikanischen Flottenrüslung kennt, wird keinen Augenblick darüber im Zweifel sein, dah die Entscheidung aus die Mahnung des Präsidenten im positiven Sinne erfolgen wird. Entweder mehr Schiffe baue» oder den Anspruch auf eine Existenz und Betätigungals Großmacht aufgehen! Ter ameri kanischen Nation galten diese Worte, aber sie verdienen auch von dem deutschen Volke gehört und beherzigt zu werden. Um so ein dringlicher muß diese Mahnung ergehen, als offenbar die große Mehrheit des deutschen Volkes von den bedeutsamen Verände rungen in der maritimen Konstellation, die durch den Ausgang der Seeschlachten von Port Arthur und in der Korea-Straße hervor- gerusen und bedingt sind, sich noch nicht eine völlig zutreffend« und abschließende Vorstellung gemacht hat. In zwei anderen, gleichfalls noch beteiligten Ländern — Groß britannien und Frankreich — ist das längst geschehen, und wenn man beobachtet, wie England, die Vereinigten Staaten und Frankreich eine energische Tätigkeit zur Sec ent- falten und sozusagen aus dem tzui vivo stehen, muß dies dem deutschen Volke um so mehr Achtung und Aufmerksamkeit ab nötigen, als keiner dieser Staaten im Fall überseeischer Ver wicklungen sich in einer so schwierigen Lage befände, wie Deutsch land. Hierbei ist zunächst zu beachten, daß die kommerzielle und die territoriale Stellung Deutschlands in Ostasien durch den Sieg der japanischen Waffen eine gänzlich veränderte, ungleich schwierigere geworden ist, als bisher. Darüber kann kein Zweifel sein, daß Japan darnach trachten wird, die mili tärischen und politischen Erfolge, die bei einem Friedensschluffe setzt oder einer gänzlichen Niederwerfung Rußlands später herausspringen, wirtschaftlich nach Kräften auszunützen. Der deutsche Kaufmann in China und seine erfolgreiche Tätigkeit ist seinen japanischen Konkurrenten längst ein Dorn im Auge, und trotz aller schönen Redensarten von der loyalen Haltung Japans gegenüber Deuischland, trotz des Besuches japanischer Fürstlichkeiten am Berliner Hose, der übrigens aus rein familiärem Anlaß erfolgt ist, wird man nicht in Abrede stellen können, daß Deutschland sich möglicherweise nicht mehr allzu lange an dem Bewußtsein des ungestörten Besitzes von Kiautschou erfreuen wird. Es wäre unnatürlich, wenn nicht dem japanischen Volke, das eine maritime Großmacht Europas beinahe mühelos niedergeworfen hat, der Gedanke käme, daß ein zweiter Schlag sich ebenso leicht ausführcn ließe. Und was könnte Deutschland einem japanischen Uebergriff entgegenstellen? In der Nähe, bald vielleicht in unmittelbarer Nachbarschaft dee-deutschen Besitzung, könnte Japan über die in erfreulichstem Maße aufblühende Kolonie herfallen und sich auf eine wirksame Verteidigung einrichten, noch ehe ein deutsches Hilfsgcschwadcr den indischen Ozean erreicht hätte, wenn es, was von der Hai- tung Englands und der Benützung von Kohlenstationen ob ihinge, überhaupt so weit käme! Das sind gewiß sehr ernste Eventualitäten, die dadurch noch um ein Bedeutetes ver schärft und nähergerückt werden würden, wenn England tat- sächlich seine Stellung in Wei-hai-wei aufgeden sollte. Nach dem Wortlaut der englisch-chinesischen Konvention muh die Frage der Oberhoheit von Wei-hai-wei zur Entscheidung gelangen, kübald Rußland seiner Ansprüche aus Port Arthur entsagt, denn nach dem Vertrage läuft die Verpachtung von Wei-hai-wei an England nur so lange, als die Besetzung von Port Arthur andauert. Wird also durch den Friedensschluß, wie wahrscheinlich, bestätigt, daß Rußland „seinen Ansprüchen auf Port Arthur entsagt", dann ist auch für England, soll der Vertrag zu Recht be stehen und loyal durchgeführt werden, der Zeitpunkt gekommen, wo eS seine Stellung im Norden Asiens aufzugebcn hätte. Mit dieser mittelbaren Wirkung der Kriegsentscheidung hat cö indes an gesichts der sich hinschlcppcnden Friedcnsvcrhandlungen anscheinend noch gut« Wege. Gäbe aber England seinen Flottenstützpunkt in Dei-hai-wei tatsächlich auf, so erschiene Deutschland als der einzige Eindringling in China, und was das bei dem wachsenden Hochmut und SelbstSndigkettSgrfühl der gelben Rasse besagen würde, braucht »tcht ausdrücklich betont zu werde». Noch ernster und kritischer ist Deutschlands maritime Lage in den heimischen Gewässern. Die beste Cha rakteristik dieser Lage hat kürzlich der englische Admiral Fitzgerald gegeben, indem er erllärtc, England würde im Falle eines Krieges »1t Deutschland den alten Gruitdsatz wieder zur Geltung bringen, daß die maritime Verteidigung des Jnselreiches an der Frontlinie zu beginnen habe, und werde nach Vernich tung der deutschen Geschwader die Einfahrt in die Elbe- und Wesermündung sperren, die deutschen Hansa städte bombardieren und ihren Handel lahm legen usw. In der Tat ist an keiner Stelle der deutschen Grenze die Lage so gefahrvoll wie im deutschen Meer: Hier laufen, immer dichter und häufiger den schmalen Wasserarm des englischen Kanals durch querend, die hundert und tausend Verbindungen zusammen, die die deutsche Seeschiffahrt mit den überseeischen Ländern unterhält, und die sich immer noch weiter zu der wichtigsten Lebensader des deutschen Volkes auswachsen, je mehr Deutschland, gezwungen durch einen jährlichen Bevölkerungszuwachs von fast 1 Million Menschen, sich zum Industriestaat«: entwickelt und damit aus den Bezug von Nahrungsmittel» und industriellen Rohstoffen in immer steigendem Grade angewiesen wird. Ist diese große Verkehrsstraße zum und vom Atlantik einmal für deutsche Schiffe nicht gangbar, ist die deutsche Kriegsflotte nicht iin stände, die Zufahrtswege zu den großen deutschen Seeplätzen und heimischen Gewässern vom Feinde freizuhalten, dann würde in wenigen Monaten zu gründe gerichtet sein, was deutsche Energie und deutscher Unternehmungsgeist im Laufe eines Menschenalters aufgebaut haben, Deutschlands See schiffahrt, heute die zweite der Welt und an relativer Leistungs fähigkeit der englischen Handelsmarine zweifellos überlegen, würde wieder auf den elenden Zustand herabsinkcn, in dem sie sich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts befand, und ein ähnliches Schicksal würde die hochentwickelte deutsche Industrie erwarten, deren Existenz und Lebenskraft aus die Möglichkeit einer regel mäßigen Nohstofszufuhr zu angemessenen Preisen beruht. Das deutsche Volk ist im letzten Jahrhundert durch tiefe De mütigung und durch stolze Erhebung belehrt worden, wie viel der Besitz eines starken, schlagfertigen Heeres ausmacht, und es hat sich gewohnt, den kostspieligen Apparat des Heeres als eine Art Versicherungsprämie fürdie Zukunft anzusehen. Das neue Jahrhundert hat eine neue Zeit heraufgeführt. Das junge Deutsche Reich, unter dem mächtigen Pnlsschlag seiner strömenden Volkskraft, reckt und dehnt sich wie der Heranwachsende Mann, der mit Erstaunen und Freude seines geistigen und körperlichen Vermögens sich bewußt wird, es lenrt seine Zeit begreifen und den Preis verstehen, der auf dem Spiele steht und der für das deutsche Volk auf immer verloren sein wird, wenn es nicht als ebenbürti ger Bewerber in den Wettkampf eintrcten kann. Dieser Wett kamps wird, so Gott will, ein friedfertiger sein, aber auch fried liche Fortschritte und Erfolge sind heutzutage nur denkbar, wenn hinter den Pionieren des überseeischen Handels eine achtunggebie tende Flottenmacht steht. Nur durch eine starke, den Verhältnissen und Anforderungen der maritimen Weltlage angepaßte Flotte kann sich Deutschland seines Besitzes, seiner heutigen Stellung und der Vorbedingungen seiner gedeihlichen Entwicklung versichern. Was für diese Zwecke verausgabt wird, ist wahrlich aufs beste an gelegt und trägt die höchsten Zinsen, indem es dem deutschen Volk den Frieden und kraftvollen Fortschritt auf allen Gebieten seines nationalen Lebens verbürgt. Diejenigen Deutschen, die heute noch Flottengegner sind, verstehen die Zeit und ihre Not nicht oder wollen sie nicht verstehen. Gerade die Notwendigkeit, daß Deutschland auch zur See einer Rüstung bedarf, die der Aus dehnung und Bedeutung seines mit 11,46 Milliarden Mark nur wenig hinter dem englische» zurückstehendcn Außenhandels entspricht, kann segensreich wirken, indem sie das Verständnis für die maritimen Aufgaben Deutschlands zum Gemeingut des deutschen Volkes macht. Deshalb kein Zögern und Zagen! Frisch heraus mit den Forderungen, die notwendig sind im Interesse des nationalen Schutzes und des internationalen Friedens. Sie werden zweifel los, wenn auch vielleicht erst nach langwierigen Verhandlungen Zustimmung finden, denn — und das sollte sich jeder Batcrlands- frcund ins Herz schreiben — für Deutschland heißt cs: Ohne eine starke Flotte der Spielball fremder Willkür und Laune, mit einer starken Flotte Deutschland in der Welt voran! Neueste Drahtmeldunslen vom 28. Juni. Preußischer Landtag. Berlin. (Priv.-Tel.) Herrenhaus. Auf der Tages ordnung steht zunächst die Beratung der Beragesctznovelle betreffend Regelung der Arbeiterverhältnisse. Die Kommission beantragt die Annahme des Gesetzentwurfs in der vom Abgeordnetenhause beschlossene» Fassung. Dr. v. Bnrgsdorkf beantragt eine Rrsolntwn, in der die Regierung ersucht wird, Maßregeln zu ergreifen, welche geeignet sind: 1. tue rechtswidrige Auflösung des Arbeitsvertrages, insbesondere da auch ein öffent liches Interesse obwaltet, unter Strafe zu stellen: 2. der Auf forderung durch Wort oder Schrift zu rechtswidriger Auflösung des Arbcitsvertrages entgegenzntreten: 3. den Arbeitswilligen denjenigen Schutz zu teil werden zu lassen, auf welchen sie einen berechtigten Anspruch haben. Fürst Hatzfeld hält das Vorgehen der Negierung m dieser Frag« für unzeitgemäß. Dadurch, daß der große Streik die Regierung zu einem gesetzlichen Einschreiten veranlaßt habe, sei der Anschein erweckt worben, als ob die Vor lage gewissermaßen der Lohn für den Streik sei. Aber wie die Tmgc nun einmal liegen, würde eS ein schwerer politischer Fehler sein, wenn das Herrenhaus die Vorlage ablehnte. Herr Popelins bestreitet, daß die Mißstände, welche die Ursache der Vorlage ge wesen sein wüten, bestanden hätten. Nachdem sich aber die Staatsregieruna mit der Vorlage stark engagiert habe, könne er den Kompromißbeschluß des Abgeordnetenhauses nicht ablebuen. Er könne dem Ministerpräsidenten keine Schwierigkeiten in der Augenblick, da das ganze Land inneren Politik machen m einem mit dessen auswärtiger Politik einverstanden sei. das Redner bittet den Ministerpräsidenten um eine Erklärung, daß das Bergrecht weder durch Einbeziehung in die Gewerbeordnung, noch direkt Gegenstand der Reichsgesetzgebung werden solle. Der Handels- ministcr aber niöge der Bergwerksindustrie endlich einmal Ruhe gewähren. (Lebhafter Beifall.) HandeIsminister Möller: Der Vorwurf des Vorredners, daß wir die öffentliche Meinung nicht berichtigt haben in bezug auf ihre irrige Auffassung der Bcryarbeitcrverhältnissc, ist unbegründet. Unsere ganze Aktion hat dannt begonnen, daß wir den Bcrghaiwtmcmn v. Velsen nach dem Strcilbezirk sandten, um dem Bergbaulichen Verein die Vorschrift zu machen, in kontradiktatorischem Verfahren alle erhobenen Vor würfe zu erörtern. Da aber der Bergbauliche Verein es ablehnte, mit den Vertretern der Gewerkvereine zu verhandeln, und da uns jede Möglichkeit abgeschnitten, uns an die Gesomtvertretung der Arbeiterschaft zu wenden, mußten wir dieselben Leute als Ver treter der Arbeiter zuziehen, als es sich darum handelte, die Untersuchungen auf den einzelnen Zechen auszuführen. Dos ist einer der Gründe für die Schaffung einer Vertretung der Arbeiter. Bei dieser ganzen Gesctzesvorlaae handelt es sich übrigens lediglich um die bereits 1889 anerkannten Uebelstände. Ter Vorredner warnte vor fortgesetzter Beunruhigung des Bergbaues durch Einbringung solcher Vorlagen. Aber diese ganze Bewegung ist nichts anderes, als ein Ausfluß der Kapitalkonzentration, deren Notwendigkeit in dem schweren Rin gen auf dem Weltmarkt, speziell gegenüber einem so mächtig organisierten Lande wie den Vereinigten Staaten wir immer anerkannt haben. Ein Syndikats-, Trust- oder Kartellgesetz läßt sich nur auf Kosten der freien Bewegung dieser notwendigen Konzentration schassen. Andererseits kann aber die Regierung die Ueberschreitiing gewisser Grenzen im allgemeinem Interesse nicht zutaffen. Die Agitation anläßlich der Hiberma-Ange- legenheit überschritt z. B. bei weitem die Grenzen. Auch kenn Streik hat der herrische Standpunki, den die Grubenbesitzer wesentlich infolge der Machtstellung des Syndikats einnahmen, verhindert, daß sie zur rechten Zeit einlenkten. Deshalb blieb uns kein anderer Weg, als der der Landesgesetzgebung. Wir haben von vornherein daran festgehalten, daß die Beragesctz- gebung für das Reich ein noli m« tank-sie sei und unbedingt der Landesgesetzgebung erhalten norden müßte. Ter Minister bittet schließlich um Annahme des Entwurfs. Graf Bodo Eulenburg befürwortet die Annahme der Vorlage im Interesse der Autorität der Staatsregierung, die durch die Vorlage außerordentlich engagiert sei. Hätten wir in Westfalen Arbciterausschüsse gehabt, so wäre der Streik nicht so groß geworden. iSehr richtig!) Die Ablchnung jeder Ver handlung durch die Zechenbesitzer sei ein grober taktischer Fehler gewesen, denn dadurch )ei die öffentliche Meinung gegen sie auf gereizt worden. Werde die Vorlage abgelehnt, so würden sich die gesamten Bergarbeiter zu einer Koalition zusammenschlictzen, deren Führung die extremsten Elemente übernehmen würden. (Sehr richtig!) Ich bin, fährt Redner fort, ein entschiedener Gegner des geheimen Wahlrechts aus politischem Gebiete: aber da wir das geheime Wahlrecht bei den Knappschaftskassenwahlen haben, können wir cs auch hier gewähren. Die öffentliche Meinung hat sich entschieden für die Forderungen der streiken den Bergarbeiter erklärt. Daß die öffentliche Meinung eine große Macht ist, dessen sollten sich alle bürgerlichen Parteien besonders bewußt bleiben, wenn es sich um die Bekämpfung anti-nationaler und anti-sozialer Bestrebungen der Sozialdemo kratie handelt. lLcbbafter Beifall.) — Professor Tr. Reinecke Mel) tritt gleichfalls für die Vorlage ein, die ein Ausfluß praktischen Christentums sei und deren Ablehnung die sozial demokratischen Mühlen nur mit Wasser versorgen würde. Vor einer Revolution brauchten wir uns nicht zu fürchten. Borussia trage das haarscharf geschliffene Schwert in der Scheide, »no sollte einst eine frivole Revolution zu den Waffen greller, so werde das Schwert blitzschnell aus der Scheide inhrer und die Ucbcltäter bestrafen. — Graf Mirbach erklärt, dag eine ansehnliche Zahl seiner Freunde der Vorlage zustimme. Tie Gegner des Herrenhauses, die dieses gern als Träger reaktio närer Bestrebungen hinsiellten, würden in einen Jubelrus ein stimmen, wenn sie sagen könnten: Das Herrenhaus habe die Vorlage zu Fall gebracht. Wenn sich Graf Oppersdorfs aber bei seinem Eintreten für das geheime Wahlrecht aus den Fürsten Bismarck bcrusc» habe, müiie er erwidern, daß Fürst Bismarck das geheime Wahlrecht nur notgedrungen in Kauf genommen habe. Ebenso unrecht habe Graf Oppersdorfs mit dem Bor wurfe mangelnden sozialpolitischenEmpfmbens. Gerade die,die dem Kreise des Grafen Oppersdorfs angehören, haben gegen dos Alters- und Jnoalidengeietz gestimmt, während die Konservativen in ihrer großen Mehrheit die wirksamste Stütze für das Zu standekommen dieses Gesetzes gewesen seien. Aber mit vollem Rechte sei davor gewarnt worden, allzuweit in der sozialpoli tischen Gesetzgebung zu gehen. Die Einbringung der Vorlage ser ein Fehler gcwewn: ihre Ablehnung durch das Herren haus würde diesen Fehler aber nur noch verschärfen. — v. Hell- dorf-Ncbra widerspricht einer Angabe des Grafen Mir- bach. Fürst Bismarck Hab« sich seinerzeit dahin ausgesprochen, daß ihm an dem Zustandekommen des Alters- und Jnvaiiden- aesetzcs nichts liege. Ais jene Gerüchte damals auftauchten, sei Fürst Bismarck sehr empört darüber gewesen. — Graf Mir bach bleibt dabei, daß ihm Fürst Bismarck gesagt habe: Glauben Sie doch nicht, daß mir an diesem Gesetze so viel liegt, be sonders in der Form, die es bedauerlicherweise evhaltcn hat. — Staatsminister Dr. v. Bötticher erklärt, ihm sei aus seiner zehnjährigen Ministcrtätigkeit neben BiSmarck nicht eine «>4 einzige Tatsache oder Aeußerung bekannt geworden, die ent- fernt den Schluß zuließe, daß Fürst Bismarck die Alters- und Jnvalidcnversichcrung, den Abschluß seiner sozialpolitischen Ge- setzgebung, auszugeben gedacht hätte. Das Mittel, unbequeme Geietzentwürfe dadurch zu bekämpfen, daß man dem leitenden Staatsmann entgegen den Intentionen seiner Mitarbeiter ob- weichende Absichten unterlegt, sei nicht neu. Es sei recht billig, aber auch recht verwerflich, denn es zckhe entweder der Doppel- züngigkcit oder der Gewissenlosigkeit. iBeisall.) — Graf von Ti e le - W i n ckl er erklärt, daß ein Teil seiner Freunde gegen die Vorlage stimmen werde. Die Bedenken richteten sich insbesondere gegen obligatorische Arbeiterausschüsse und die ge-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite