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MssW GlbjeitMN. Amts- und AnzeLgeblatt für das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den SLadtgemeinderath zn Hohnstein 84. Schandau, Sonnabend, den 18. Oktober !884-, Bekanntmachnng, die Reichstagswahlen betreffend. Der unterzcichnctc Wahlconuiiissnr wird die Ermittcllmß des Ergcbnisscs dcr am 28. dicscö Mvimlö stattfiiidcudc» NcichölggSwahlc» im 8. Wahlkreise des Königreichs Sack) sc» Somlabend, den i. November dieses Jahres von Vormittags IN Uhr an im VcrhandlmigSsaale dcr hiesigen Königlichen Amlshanptmannschaft vornehmen, waö mit dem Bemerken hierdurch zur öffcnllichcn Kenntnis; gebracht wird, daß dcr Zutritt zu dem Localc jcdcm Wähler assen steht. Gleichzeitig ergeht an sämmtliche Herren Wahlvorsteher im 8. NcichötngSwahlkrcisc unter Hinweis auf 8 25 dcö Wahlrcglcmcutö vom 28. Mai 1870 (S. 275 dcö BuudcSgcsch-Blattcö) hiermit die Sluffordcruug, zu Umgehung eigener Bcranlwortuug die Wahlprotocollc mit sämmllichcn zugehörigen Schriftstücken sofort nach Beendigung -er Wahl, mindestens aber so zeitig au den Unterzeichneten cinzurcichcn, daß sic spätestens im Laufe dcö dritten Tages nach dem Wahltermine, also am 31. -iefeS Monats, in seine Hände gelangen. Pirna, am 15. Octobcr 1884. Der Königliche Wahlcommissar für den 8. Ncichstagswnhlkreis. MaSsttv, A intöhanpt m a n n. Bchnr. T a g c s q e s ch i ch t e. Sachsen. Schandau. Die Wahlbcwcguug kommt auch in unserer Stadt allmählich in Fluß; als Entgegnung auf den iu uuscrcr vorigen Nummer abgcdrucktcn Wahlaufruf für Ncchtöamvalt Ehsold, cr- schciut heute dcr Aufruf, welche» daö die Wahl des als Conipromiß'Caudidatcu dcr Conscrvalivcn nud Gc- mäßigt-Libcralcn aufgcstclltc» Rittergutsbesitzer Bake 8lm. iu NcnucrSdorf betreibende Comitv erlassen hat. Dem von dem gedachten Candidatcu anfgcstclltcn Pro gramme bcizupflichten, ist wohl Jeder in dcr Lage, welcher nicht den extremen von der dcnlsch-frcisinnigcn Parihci vertretenen Grundsätzen huldigt. Es ist zu erwarten, daß sich Herr Bake im Laufe dcr nächste» Woche de» hiesige» Wähler» vorstcllcn n»d sei» Pro gramm entwickeln wird. — Nachdem die Fortschrittspartei zuerst mit ihren« Wahl aufrufe den Wahlkampf eröffnet und bisher nur kleine Plän keleien stattgefundcn hatten, ist mm auch die conservativc Par tei mit Veröffentlichung ihres Wahlaufrufes für den srci-con- scrvativen Rittergutsbesitzer Bake in Neunersdorf bei Stolpen iu die Gcfechtslinie cingerückt. Der Bake'schc Aufruf ist inso fern besonders wirksam abgefasit, als er, und dies zwar mit vollstem Rechte, dem bisherigen dcutschfrcisinnigcn Vertreter des Wahlkreises, Rechtsanwalt Eysoldt, vorhält, lvie er durch seine Abstimmung dahin gewirkt hat, den Bestrebungen zu Gun sten dcr Socialreform, dcö deutschen Handwerks, dcr vater ländischen Landwirthschaft, der Colonialpolitik und der Dampfer- Verbindungen entgegcnzuarbeitcn, wie er sich durch seine Ab stimmung über das Socialisteugesctz von den Ordnungsparteien getrennt hat und wie die Wahrung der Volksrechte, wie Preß-, Aersammlungs-, Redefreiheit u. s. w., welche der gegnerische Wahlaufruf mit hochtönenden Worten für den fortschrittlichen Candidaten allein in Anspruch zu nehmen scheint, die selbst verständliche Pflicht eines jeden Ehrenmannes ist. Mit Recht hebt auch dcr Aufruf gegenüber den Vorurtheilen, die Herrn Bake als Rittergutsbesitzer entgcgengctrcteu werden, hervor, dass Bake aus unbemittelter Familie entstamme und durch rüstige Arbeit allein zu Besitz gelangt sei — ein selbstgemachter Mann im wahren Sinne des Wortes. Es steht zu erwarten, daß der treffende Inhalt des Aufrufs und seine würdige durchaus sach liche Redeweise auch die viele» nicht der conscrvativen, sondern der sogen. Mittelpartei angehörigen Wähler darüber aufklärcn wird, dass durch die Wahl Bakers sie ihren Pflichten gegenüber dem Vaterland- gerecht werden. (Dr. Nachr.) — Vcrgauflcuc» Montag wurde Herr» Rudolf Smdig durch Herr» Amtshauptmami Le Maistrc im Auftrage des Ministeriums des Juncru dcr von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland verliehene Slaniö- lanS-Ordcii 3. Klasse mit dcr Mitthcilung überreicht, daß Se. Majestät dcr König Allcrguädigst geruht habe, die Auuahmc und das Tragen dieses Ordcnö zu gc- lichmigcn. — I» dcr am Donnerstag Abend in dem Hcgcu- barth'schcn Saale abgchaltcncn Gcncralvcrsammlnng dcö GcwcrbcvcrcinS, wclchc ctwaö stärker wie in dem Borjahre besticht war, erstattete dcr Vorsitzende, Herr Schnldircctor Dreßler, nachdem er in kurzen Worten darauf hiugcwicscn hatte, wclchc Aufmerksamkeit dcu gewerbliche» Bestrebungen in dcr 'Neuzeit feiten dcö Staates, wie von Privaten zngcwcndet werde, den Jahresbericht und gab hierbei einen gedrängten Ucbcr- blick über die VcrcinSlhütigkcit in dem vergangenen Jahre, in welchem dcr Borstand durch Beraustaltung von 13 Vortragsabenden und 2 Excnrsioncn der Aufgabe des Vereines, auf das gewerbliche Leben an regend nnd fördernd cinznwirkcii, gerecht zu werden gesucht habe. Die von dem VerciiiScassircr Hcrru Lewuhu so». abgelegte JnhreSrcchuung, wclchc einen VcrmögcnSbcstand von 2823 79 anfwicS, wnrdc znr Prüfnng an eine aus Herrn Stadtrath Müller nnd Herrn Hanptnmtöassistcnt Rinck bestehende Eom- mission verwiesen nnd ans deren Vorschlag von dcr Versammlung einstimmig genehmigt. Nach MiUhcil- nng dcr im Sommcrhalbjahrc cingcgangcncn Druck schriften, unter welche» mehrere Hcmdclskammcrbcrichte, sowie die anläßlich der 50jahrigcn Jubelfeier dcö Drcödcucr GcwcrbcvcrcinS hcranö gcgcbcnc Festschrift besonders hcrvorgchobcn zn werde» verdienen, ergriff Herr Stadtrath Müller daö Wort, nm dem Vorstände für die gehabten Mühen zn danke» »»d hierbei dem durch Versetzung ans demselben anögcschiedeiicn Herrn Dv. Lange Worte der Anerkennung zn widmen. Die Versammlung bekundete ihre Ucbcrciustimmug mit dcm Redner durch cinmülhigeö Erheben von den Sitzen. Bei dcr am Schluffe vorgcnommcncu Vorslandöwahl wurden die zcilhcrigcn Vorstände Herr Schnldircctor Dreßler, Herr Jnlinö Anders, Herr Lcwnh» son. nnd Herr Schlosscrmcistcr Schmidt wieder nnd Herr Dr. Rößler an Stelle dcö anögcschicdcncn Herrn Dr. Lange ncn gewählt. Nach Conslitnirnng dcö Vorstandes, dcr dem Herrn Schnldircctor Drcßler wiederum de» Vor sitz, seinen seitherigen Mitglieder» ihre bisherigen Fmictioncn und Herrn Dr. Rößler daö Schriflsührcr- amt übertrug, wurde beschlossen, das Vcrcinölocal nnd die übliche» Steuer» bcizubchaltc». Möge dcr Gcwcrbc- vcrci» mich i» dcm »c»c» Verciiisjahrc sich dcr rcgc» A»thcilnahmc seiner Mitglieder in demselben Maße zn crfrcncn haben, wie bisher, zn Nutz' und Frommen dcö GcwcrbcstaudcS! — Wie die kirchlichen Nachrichten besagen, findet morgen Sonntag Abend 0 Uhr in hiesiger Kirche Gottesdienst statt. — Als Sc. Majestät der König am vergangenen Sonnabend ans dcr Rückreise von Wien mit dcm Eonricr- zngc der Lsterrcichischcn Nordwcstbahn in Tclschcn a»- langtc, wnrdc dcr dcn Zng beglcitcndc österreichische Actriebs-Obcrinspcctvr Ludwig Weber von Sr. Maj. mit dem Ritterkreuz 1. Klasse des sächs. AlbrechtS- ordeus ausgezeichnet. — Ihre Majestät die Königin ist am Montag Abend im besten Wohlsein von der Wcinbnrg in Sig maringen cingctrosfeii nnd wird ihren Aufenthalt bis zn der am 21. d. M. daselbst stnttfindcndcii Fcicr dcr goldcncn Hochzeit des Fürsten Karl Anton nnd dcr Fürstin Joscphinc von Hohcnzollern anüdchncn. Kaiser Wilhelm wird ebenfalls zu dieser Feier »ach Sigma ringen kommen. Anch Se. 'Majestät dcr König von Sachsen wird erwartet. Fürst Karl Anton vollendete am 7. September sein 73. Lebensjahr, die Fürstin Joscphinc, geborene Prinzessin von Baden, (Tochter dcö schon 1818 verstorbenen Grvßhcrzags Karl nnd dcr Großherzogin Stephanie, der 1860 verstorbenen Adoptivtochter Napoleon'ö 1.), vollendet am 21. Octo der ihr 71. Lebensjahr, an dem Tage, an welchem sie sich vor fünfzig Jahren mit dem damaligen Erb prinzen von Hohcnzollcrn-Sigmaringcn vermählte. Die Kinder, wclchc ans dieser Ehe hcrvorgingcn, sind: dcr Erbprinz Leopold, der König von Rumänien, der Prinz Friedrich, die Gräfin von Flandern nnd die Königin Stephanie von Portugal, Gemahlin Dom Pcdro'S V., die sehr jung schon vor 24 Jahren ge storben ist. — Am Mittwoch Mittag gelangten mit dem Sccnndärbahnzngc von Radebeul Sc. Exc. U»tcr- staatösccrctär Stephan nnd Oberpostdirector Geh. Postrath Zschüschncr ans dcm Bahnhöfe in Moritz- bnrg-Eiscnbcrg an. Dcr Leiter dcö dcntschcn NcichS- postbctricbcü, der bckanntlich ein passionirtcr Jagd- licbhabcr ist, folgte einer Einladung Sr. Maj. dcö Königs Albert znm Abschuß einiger Stücke Hochwild im Moritzburger Gehege. Er wurde vom Forst- bczirksinspcctor Zimmer erwartet. Die Jagdbeute bestand in einem stattlichen Schaufler. Daö Jagd- dincr fand in dcr fünften Stunde in Adam'ö Gasthof statt. — Sc. Majestät dcr König hat für die Abgebrann ten zn Frankenthal 1.50 Mark gespendet. — Die Königl. Gcncraldircetion dcr sächsischen Staatöcisenbahncn läßt morgen Sonntag den 19. dö. znr Erleichterung dcö Besuchs dcr handwcrksicchnischcu Ausstellung iu Dresden einen Extrazng von Marien berg, Zöblitz, Pockan-Lcngcfcld nnd Grünhainichen nach Dresden verkehren. Die hierbei znr Ausgabe gelan genden Billets haben ermäßigte Fahrpreise. — Für die bevorstehenden Sitzungen des Bnndcö- rathcs ist jetzt daö Königreich Sachsen vertrete» durch de» 'Minister dcö Juncru von Nostitz-Wallwitz, dcu Fiuauzministcr v. Köuneritz, dcn Wirklichen Geheimen Nath und außerordentlichen Gesandten von Nostitz- Wallwitz nnd dcn Major von Schlieben. Als Stell vertreter fnngircn die Geheimen Räthe Held nnd von Watzdorf, Geheimer Jnstizrnth Anton, die Geheimen Finanzrälhc Hoffmann und Golz und Geheimer Nc- gicrungörath Bötticher. — AnS den« Königreich Sachsen Wied der „Leipz. Ztg." geschrieben: Die Prachtvolle Sommerwitternng bis mit 17" 1t.. Wärme hat noch bis mit dem I. October angehalten nnd ist der Qnalität der Znckerrüben und der Ernte der Kartoffeln sehr dienlich gewesen, indem letztere sehr trocken und rein cin- gebracht werden konnten. Mit dem L. Öetober trat überall der so sehr ersehnte Regen ein, welcher auch bis heute angehalten hat. Derselbe war um so nothwendiger, als der junge Klee nnfing Roth zn leiden, der NapS zn verkümmern drohte — theilweise hat derselbe bereits umgepflügt werden müssen — und dnS gesäetc Wintergctrcide in dem anSgetrvckneten Boden nicht zn keimen vermochte. Darin hat nnn der cingetrctene Regen Wandlung geschasst, anch bewirkt, daß der Boden zn der noch restirenden Wintergetrcidcsaat gut bearbeitet werden kann. Die anhaltende Trockenheit nnd Wärme hat leider mit znr Folge gehabt, daß sich die Feldmäuse sehr stark vermehrt haben und in dem jungen Klee vernichtend auftreten, um sich später ans die Saatfelder znrückznziehen. Dieses Ungeziefer ist eine nm so größere Landplage, als eS leider noch nicht gelungen ist, ein zuverlässiges Mittel gegen dasselbe aufznsinden. — Was die Gctreidepreise betrisst, so hat nur der NoggenpreiS etwas angezogen, während der Weizenpreis in seiner Stagnation verharrt. Der SpiritnSpreis ist stetig, znletzt bis ans 46, znruckgegangen, und die Spiritnsfabrikanten befinden sich in einer um so übleren Lage, als dieselben nur bei dem Preise von 60 Mark einen sehr geringen Gewinn haben. Während aber Getreide — jedoch nicht das Backwerk —, Spiritns und Nüböl die denkbar niedrigsten Preise anfweiscn, stehen fast alle andern von den Landwirthen producirten Nahrungsmittel so hoch im Preise, daß dadurch die Consumenten über Gebühr belastet werden, obschon an diesen Nahrungsmitteln dnrchans kein Mangel ist. Am empsindlichsten spüren diese hohen Preise die Bewohner dcr großen Städte. Vielfach feindet man wegen dieser hohen Preise die Prvdncenten an, aber mit Unrecht, denn nicht diese machen die Preise, sondern die Zwischenhändler, welche den Landwirthen sehr bescheidene Preise zahlen, während sie einen über Gebühr hohen Prosit nehmen. Fürwahr, die Zwischenhändler mit den nothwendigsten Lebensmitteln sind eine wahre Landplage geworden, die Landwirthe aber von der Schuld daran nicht ganz freiznsprechen; denn früher besuchten wenigstens die Banernfranen mit ihren Waaren die Märkte, und die Cvnsnmenten konnten direct von den Prvdncenten um ciuile Preise kaufen. Jetzt bleiben die Bauern zu Hanse, und verkaufen ihre Waaren daselbst an Zwischenhändler um Preise, welche jedenfalls niedriger sind als die, welche sie ans den Märkten erzielen würden, ohne die Consumenten zu Übertheuern.