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werden spürbar. Es kommt zu einem wirklichen „Konzertieren" zwischen Solist und Orchester, zu einer schönen musikalischen Entwicklung. Mendelssohn wurde zu dem Werk durch die Münchner Pianistin Delphine von Schauroth inspiriert, die dem Komponisten sicher nahegestanden hat, da er ihr seine Arbeit widmete, was er sonst nur selten tat. Robert Schumann erzählte er, daß er das im Kopf fertig konzipierte Konzert nach der Rückkehr von seiner Italienreise in München in drei Tagen niedergeschrieben habe, wo er es auch im Oktober 1832 selbst zur Uraufführung brachte. „Das dreisätzige Werk ist knapp gehalten und ähnelt einer großen Fantasie, zumal die beiden ersten Sätze ineinander übergehen und der letzte Satz einer großen Improvisation gleicht. Insofern entfernt es sich von der konventionellen Form des Konzertes, in dem Tutti und Soli als selbständige Teile regelmäßig angeordnet sind. Die virtuose Anlage des Klavierparts ordnet sich der musika lischen Gestaltung unter, überflüssige Figurationen sind vermieden. Das Ganze atmet einen freudigen Optimismus, besonders in den Ecksätzen, Daneben steht der liedhaft lyrische Charakter des Mittelsatzes — Kennzeichen, die auch der Italienischen Sinfonie innewohnen" (K.-A. Köhler). „Die Haupteigenschaften meiner Musik sind leidenschaftlicher Ausdruck, innere Glut, rhythmischer Schwung und überraschende Wendungen", schrieb Hector Berlioz, der große französische Komponist, glänzende Instrumentator, Be gründer der Programmusik und Schöpfer der sinfonischen Dichtung, in seinen Lebenseririnerungen. Berlioz’ Musik, die Frucht eines genialen Musikers, aber auch eines von außergewöhnlicher überanstrengug gekennzeichneten schweren Lebens, spiegelt die gesellschaftliche und geistige Widersprüchlichkeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wider, insbesondere die typischen Wesens züge der Menschen jener Epoche. Ausgehend von Beethovens Pastoral-Sinfonie, in welcher der Wiener Klassiker bekanntlich „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei" verlangt hatte, machte der französische Meister die Musik zum Aus drucksträger seiner dichterisch-programmatischen Vorstellungen. Dabei erschloß er dieser Kunst einen neuen Gefühlsgehalt, eine faszinierende Bildhaftigkeit, die ihn zum „realistischen Romantiker" werden ließ. Eine ausgeprägte Begabung für theatralischen, leidenschaftlichen Ausdruck bot dafür die subjektive Grund lage; die objektive war die bürgerlich-demokratische Tendenz im Frankreich seiner Zeit, große Massen zu erfassen und durch die Kunst zu aktivieren. Dennoch wurde Berlioz' Schaffen von seinen Zeitgenossen zwiespältig aufgenommen. Berlioz besaß einen einmaligen Klangsinn. Durch Steigerung der Ausdrucks mittel und des Umfanges des Orchesterapparates erzielte er phantastisch-un gewöhnliche, neuartige Klangwirkungen. Das Orchester wurde bei ihm zu einem Instrument, mit dem er virtuose und Klangfarben-„Sensationen“ hervorbrachte. Manchmal entsteht sogar der Eindruck, daß die musikalische Erfindung bei Berlioz durch eine „instrumentatorische“ ersetzt wurde. Neben der großen An regerrolle, die Hector Berlioz namentlich für Musiker wie Liszt, Wagner und Richard Strauss, als Schöpfer des modernen Orchesters und glänzender Klang Zauberer, spielte, darf man in dem Meister getrost einen der ganz großen französischen Komponisten sehen. Sein populärstes Werk ist fraglos die „Phantastische Sinfonie“ o p. 14, die am 5. Dezember 1830 in Paris von dem Dirigenten Frangois Ha beneck ungemein erfolgreich uraufgeführt wurde. Selten hat eine Komposition die musikalische Entwicklung derart beeindruckt wie dieses Werk. Berlioz hat in der „Phantastischen Sinfonie“ subjektive, seelisch-intime Empfindungen und Träume dargestellt, deren autobiographischen Charakter schon der Untertitel „Episoden aus dem Leben eines Künstlers“ andeutet. Die fünfsätzige Sinfonie, die nicht mehr dem klassischen Formprinzip folgt, wird - wie es in der sinfonischen Dichtung und bei Wagner später die Regel ist - von einem in verschiedener. Abwandlungen erklingenden Leitthema beherrscht, das der Komponist „I’ idee fixe" nannte, Dieses kühne, bahnbrechende Werk, das ein imposantes Aufgebot an instrumentalen Mitteln fordert, verdankt seine Entstehung der unglücklichen Liebe des Komponisten zu der irischen Schauspielerin Harriet Smithson, die den leidenschaftlichen jungen Künstler zu heiraten versprach, ihn aber bitter enttäuschte und sich „seiner unwert" zeigte. Das Hauptthema der „Phantasti schen Sinfonie", die leitmotivische „idee fixe", charakterisiert die Geliebte und erscheint daher in allen fünf Sätzen dieses „Drame instrumental", dieses mu sikalischen Romans mit allen Hoffnungen, Träumen und Verzweiflungen eines unglücklichen Liebhabers. Berlioz gab dem Werk ein ausführliches Programm mit und wünschte, daß der Hörer dieses mit der Musik zusammen auf sich wir ken lasse: 1. Satz (Träumereien, Leidenschaften): „Ich nehme an, daß ein Künstler von lebhafter Einbildungskraft in einem Seelenzustand, den ein berühmter Schrift steller ,das Wogen der Leidenschaften' nennt, zum erstenmal die Frau erblickt, die das Ideal an Schönheit und Reiz verkörpert, nach dem sich sein Herz seit langem sehnt. Er verliebt sich hoffnungslos. Durch einen seltsamen Zufall er scheint das Bild vor seiner Seele in Begleitung eines musikalischen Gedankens, in dem er denselben graziösen, vornehmen Charakter findet wie bei dem gelieb ten Wesen, das ihm vorschwebt. Diese doppelte fixe Idee verfolgt ihn beständig: das ist der Grund, weshalb die Hauptmelodie des ersten Allegros in allen Sät zen der Sinfonie beständig wieder auftaucht. Nach tausend Anstrengungen schöpft er Hoffnung; er glaubt, daß er geliebt wird. (Leidenschaft und Schwer mut, Melancholie, Schmerz, Eifersucht, Freude und Herzensangst bilden also den Inhalt des ersten Satzes.) 2. Satz (Ein Ball): Der Künstler nimmt an einem Balle teil, aber der Festtrubei vermag ihn nicht zu zerstreuen. Wieder quält ihn die fixe Idee, und während eines glänzenden Walzers läßt die Melodie sein Herz erbeben. 3. Satz (Szene auf dem Lande): Als er eines Tages zwischen Feldern wandelt, hört er in der Ferne zwei Hirten einen Kuhreigen blasen (Dialog zwischen Englischhorn und Oboe); bei diesem pastoralen Duett versinkt er in eine wun dervolle Träumerei. Zwischen den Motiven des Adagios taucht die Melodie auf. (Bange Vorahnungen bringt dieses Adagio zum Ausdruck.) 4. Satz (Der Gang zum Richtplatz): Der Künstler hat die Gewißheit erlangt, daß seine Liebe verschmäht wird. In einem Anfall von Verzweiflung vergiftet er sich mit Opium; aber anstatt sich dadurch zu töten, hat er in der Narkose eine furchtbare Vision. Er glaubt, die geliebte Frau getötet zu haben, sieht sich zum Tode verdammt und wohnt seiner eigenen Hinrichtung bei. Der Marsch zum Richtplatz, ungeheurer Aufzug von Henkern, Soldaten und Volk. Schließ lich erscheint die Melodie wie ein letzter Liebesgedanke, den der verhäng nisvolle Streich des Henkers abbricht (harter Schlag des vollen Orchesters; re alistisch malen Pauken und Trommeln die Schrecken der Szene). 5. Satz (Traum eines Hexensabbats): Der Künstler sieht sich umringt von einer zahllosen Menge widerlicher Wesen und Teufel, die zusammengekommen sind, um die Sabbatnacht zu feiern. Sie rufen einander von ferne. Endlich taucht die Melodie auf, die bisher nur lieblich erklang, nun aber zu einer trivialen, ge meinen, trällernden Weise geworden ist. Das geliebte Wesen kommt zur Sab batfeier, um dem Leichenzuge seines Opfers beizuwohnen. Sie ist nichts mehr als eine Dirne, die einer solchen Orgie würdig ist. Nun beginnt die Zeremonie. Die Glocken läuten, das ganze infernalische Element bekreuzigt sich, ein Chor singt den Totengesang (Dies irae), zwei weitere Chöre wiederholen ihn, indem sie ihn in burlesker Weise parodieren. Schließlich wirbelt das Sabbat-Rondo vorüber, und in den gewaltigen Ausbruch tönt das Dies irae hinein, und die Vision ist zu Ende.“ Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1974/75 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in die Sinfonia robusta von B. Tistschenko schrieb Hannelore Gerlach (Berlin). Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 ItG 009-44-75 (•HilHiamnomio 9. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1974/75