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-kr. »71 — »L. Jahrgang. Goutttag dev S8. Juli »SR» SchslscheNolksrntma »schrinl t-gltch «ach«. r>U UuSnahm« »rr Sonn- uns Festtage H»«iadr t mit .Die Zeit in Wort und Bild- vierteljährlich AlO .In Dresden durch Boten »40 ^c. In «an, Deutschland frei HauS »,5» in Oesterreich 4,4» L riji»«,ade » ohne illustrierte Beilage vierteljährlich 1,80 -v -> Dresden durch Boten »,10 L. In ganz Deutschland frei -au» ».»» in Oesterreich 4,07 L - Linzel-Ar. lv ^ Unabhängiges Tageblatt slir Wahrheit, üeeht und Freiheit Inserate werden die «gespaltene Petitzelle oder deren Raum «V 20 Retlamen mit SO ^ die Zeile berechnet, bei Wiederholung«» entsprechenden Rabatt. Buchdrnikerei, Redaktion und «efchästSsteller Dresden, Pillni-er Strafte 4». — Fernsprecher ISS» tili»-, 8M- illlll »eise - Uiilrsii crmpkoblt Paul ttvinLs, 8psrIsI-s'eIrEii-unll Wrsn-Ksselislt Ktiiitzsi.tr. unvvsit Uclcv Vilctoriastrnüo ^Asßt-lliilrvr <jor Itkncl3t.iinc1i8vtivn Orink —-— Nvpurüturvu . . 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Juli enthaltener Artikel, der von dem nationalliberalen Landtagsabgeordneten Dr. Seyfert, dein Referenten in der Sonderschnldeputation, herstammt, beschäftigt sich wieder einnial init der Volksschnlreforni und gibt einen znsainmen- fassenden Aufschluß über die Grundanschanungen, von denen sich die Idationalliberalen bei ihrer Mitarbeit an der Beratung des Volksschnlgssetzentwurfes leiten liehen und die auch für die Zukunft die Richtschnur für ihre Stellung nahme in der für unser Vaterland so überaus wichtigen Frage sein sollen. Diese Grundanschanungen lassen sich etwa in folgenden Sätzen darstelle»: Die nationalliberale Partei erkennt die hohe Bedeu tung der Volksschule an aus kulturellen und volkswirt schaftlichen Gründen. Sie sieht die Pflege der Volksschule als eine' Aufgabe des Staates an, der diese Aufgabe in der Hauptsache durch die Gemeinde als Organ des Staates lösen läßt. Letztere hat daher unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse die gesetzlich fcstgelegtcn Forderungen des Staates zu erfüllen, während dieser einen wesentlichen Teil des Aufwandes zu übernehmen, im übrigen aber der Selbstverwaltung einen genügenden Spielraum zu geben hat. Die Volksschule ist als Staatsanstalt völlig unab hängig von der Kirche, weshalb auch der Staat allein die Schulaufsicht zu führen hat. In der äuheren und inneren Organisation der Schule sollen die einzelpersönlichen Er ziehungsziele und die Staatszwecke möglichst vereinigt wer den. Der Schuldienst erfordert daher tüchtige Persönlich keiten, weshalb eine gute Auswahl und Ausbildung der Lehrer eins der wichtigsten Aufgaben des Staates ist. Unter der Voraussetzung, daß der Staat diese Aufgabe erfüllt hat, muß das Schulamt, soweit irgend möglich, auf die Ver antwortlichkeit des Lehrers gegründet, jede burcaukratische Gestaltung des Schulbetriebes vermieden und die Lehrer in ihren Rechten und Pflichten den Staatsbeamten gleich gestellt werden. Die Rücksichtnahme auf finanzielle Er wägungen darf nicht zu weit gehen. Im allgemeinen aber muß die nationalliberale Schulpolitik volkstümlich sein und das Beste der breiten Volksschichten stets im Auge behalten. In diesen neun Sätzen sollen also die Forderungen der nationalliberalen Partei zur Schulpolitik enthalten sein. Sie sind wieder einmal echt nationalliberal. Wer nun weiß, was die Nationalliberalen in der Schulfrage eigentlich wollen, der verdient wahrlich eine Prämie. Daß die Volks schule von hoher Bedeutung und ihre Pflege eine Aufgabe des Staates ist, daß sie von den Gemeinden getragen wird und diese die Gesetze nuszuführen hat, daß der Schuldienst tüwtige Persönlichkeiten verlangt und N>as über die Ziele der Schule gesagt ist, das sind doch alles Selbstverständ lichkeiten, über die sich doch schließlich alle Parteien einig sind. Ilm die wichtigen Prinzipienfragen geht man da gegen herum, wie die Katze um den heißen Brei, lieber ganz allgemeine Redensarten und Gemeinplätze kommen die Ausführungen des nationalliberalen Organs nicht hinaus. Nur in einer Hinsicht zeigen sie Klarheit. Der kirchliche Einfluß auf die Schule soll auf jeden Fall ganz beseitigt werden. Viel klüger ist man somit durch den Artikel nicht geworden. Besser dürfte es daher sein, die Schulpolitik der Nationalliberalen nach ihren bisherigen Taten zu beurteilen. Da können wir nun beobachten, wie sie in der Schuldeputation vor allen Dingen eintraten für die allgemeine, konfessionslose Volksschule, um dadurch vor allen Dingen, wie dies einige nationalliberale Führer selbst zugegeben haben, den Einfluß der katholischen Kirche auf die Schule, so weit ein solcher noch besteht, zu vernichten. Als dann freilich die Regierung erklärte, bei einer Ver wirklichung dieser Absichten habe sic an dein ganzen Gesetz entwürfe kein Interesse mehr, da wichen sie allerdings zu nächst wenigstens wieder zurück. Ueberhaupt war in der Schuldepntation die nationalliberale Partei in fast allen wichtigen Fragen gespalten. Es ist daher überhaupt kaum angängig, von einer nationalliberalen Schulpolitik zu reden. Ihr bisheriges Verhalten zeigt vielmehr ein be ständiges Schwanken zwischen rechts und links. Ob diese unsichere Haltung der Nationalliberalen in der Hcrbsttagnng des Landtages, die doch endlich eine Ent scheidung in der Frage der Schulreform bringen muß, eine wesentliche Aenderung erfahren wird, erscheint nach ihrem bisherigen Verhalten doch sehr ungewiß. Selbst nicht einig in ihren Anschauungen in der so wichtigen Frage, befinden sie sich in einer schwierigen Lage. Sie haben unter den nun einnial bestehenden parlamentarischen Verhältnissen die Entscheidung in der Hand. Gehen sie init den Kon servativen, dann fürchten sie, ihr Ansehen bei ihren Wählern, besonders auch bei der liberalen Lehrerschaft, ganz zu verlieren. Wollen sie aber ihre prinzipiellen For dernngen erfüllt sehen, dann bedürfen sie der Hilfe der Sozialdemokraten. Ein so zustandegckomnienes Schul gesetz würde aber weder von der Ersten Kammer, noch von der Negierung angenommen werden. Ohne einen Erfolg »vollen sie nun auch nicht wieder vor ihre Wähler treten. Wie werden sie sich wohl ans dieser Lage herausfinden?' Voraussichtlich werden sie ans Oportunitätsgründen in der Frage der Schulreform zuletzt doch noch nachgeben. Inter essant wird es dann sein, wie sic ihre neue Haltung be gründen und den unausbleiblichen Angriffen und dem Spotte ihrer bisherigen Freunde in der Frage der Schul reform begegnen werden. Hoffentlich ist aber ihre Stellung nahme so, daß die Konservativen zustinunen können und ein günstiger Erfolg zum Wohle des Vaterlandes er reicht wird. Deutsches Reich. Dresden, den 27 Juli 1912. — Der Verband für internationale Verständigung wild seinen ersten Verbandstag in der Zeit vom 5. bis 7. Oktober in Heidelberg abhalten. Referate werden u. a. die Professoren Geheimrat Zorn-Bonn, Martin Spahn- Straßburz, Karl Lamprecht-Leipzig, Rippold - Frankfurt, Piloty-Würzburg, Walter Schiicking-Marbnrg und Martin Nade-Marburg halten. — Die Reichstagsersatzwahl in Pfarrkirchen. Die Sozial- demokratie hat für die Reichstagsersatzwahl in Pfarrkirchen die Parole Stimmenthaltung ansgegeben, jedoch hinzugefügt, daß keine Stimme dem Zentrum zu geben sei. Die Taktik, die die Sozialdemokratie hier einschlägt, ist nicht unklug. Bekanntlich versuchten Führer des Zentrums und Führer des baycifchen Bauernbundes anfangs eine Verständigung zwecks einer gemeinsamen Kandidatur herbeizusühre». Doch hatten die Verhandlungen ein negatives Ergebnis und beide Parteien stellten darauf ihre eigenen Kandidaten für die bevorstehende Reichstagsersatzwahl auf, trotzdem die Stimmung für eine gemeinsame Kandidatur in weiten Kreisen beider Parteien sehr günstig war. Wenn nun die Sozialdemokratie von vornherein darauf verzichtet, mit in den Wahlkamps einzntreten, so entzieht sie damit den beiden bürgerlichen Parteien den Boden zu der früher geplanten Verständigung. Nun wird das Zentrum mit aller Kraft in den Wahlkamps eintreten müsse», um den Wahlkreis, den es früher bereits des öfteren besessen hatte, wieder zu erobern. — Reform der juristischen Ausbildung. Seit langem ein stereotyper Punkt in der öffentlichen Diskussion! Die darüber erschienene Literatur macht bereits eine artige Bibliothek aus. Sehr häufig wird besondere Ausbildung des jungen Juristen in der Kanfniannsbranche gefordert. Demgegenüber betont unseres Erachtens mit Recht Justiz rat Dr. E. Fuchs in der „Deutschen Juristenzeitg." 1912, Nr. 10: „Ich unterschätze den Wert der sogenannten Han- delswissenschaften nicht, aber die Kenntnis dieser Dinge ist für die Mehrzahl der Juristen nicht wichtiger als die Kennt nisse ländlichbänerlicher Verhältnisse, gewerblichen Rechts schutzes, der Naturwissenschaften, des Grundstücks- und Bauverkehrs, der gerichtlichen Psychologie nsw. Soll der Jurist, weil er über alles das urteilen muß. in all diesen Gegenständen solche Spezialkenntnisse erwerben, daß er der Sachverständigen entraten kann? Nichts wäre gefähr licher als twS Halbwissen in Spezialgebieten." Man kann in der Tat nicht verlangen, daß der Richter Jurist, In dustrieller, Bankdirektor, Irrenarzt, Handlungsgehilfe, Wiener Brief. Wien, den 26. Jcili 1012. Allerhand Feste. — Ter Enchnristischr Kongreß und dic Höfe. — 2 Denkmäler. — Theater. Die glänzenden Tage der Musikfestwoche und der Fluafcstwoche sind vorüber. Wien hat wieder einmal ge zeigt, wie man in Oesterreich musizieren kann, und es hat zum erstenmal gezeigt, daß Oesterreich auch in der Aviatik sehr viel zu bieten hat. — Nun blüht auch hier dic saure Gurke. Alles, was zur „Gesellschaft" gehört, weilt fern von Wien und es ist ordentlich peinlich, sich ans der Ring- oder der Kärntnerstraßs sehen zu lassen, dieweil mau fortgesetzt gefragt wird, wohin man denn zu reisen beabsichtige. So sind denn auch die österreichischen Schützen zum Schützenfeste nach Frankfurt gereist. Sie haben dort Ehre eingelegt und gute Resultate erzielt; vor allem ober sind sic sowohl in Frankfurt als auch in Mainz so glänzend empfangen und gefeiert worden, daß ihnen diese Tage un vergeßlich bleiben werden. Besonders die „Deutschmeister"- kapells erregte mit Recht die Bewunderung der deutschen Brüdech die zlvar auch vorzügliche NegimentSkapellen haben, aber doch an dieses „himmelhoch jauchzend — zu Tode betrübt" der Wiener Musik, an dieses schmiegsame, zarte und doch wieder kraftvolle Spielen nicht gewöhnt find. — In den Berichten über den Aufenthalt der Wiener in Frankfurt und Mainz hat mir die in den Zeitungen mit- geteilte Begrüßung des Generalleutnants v. Steppert in Mainz besonders gefallen. Er erinnerte u. a. an die Zeit, in der Mainz gemeinsam die Garnison der österreichischen und der deutsckjen Truppen war. in der ihre Kapellen ge meinsam! in Mainz konzertierten. Heute, sagte er, werde diese Zeit wieder in aller Frische wachgerufen. Es könne vielleicht die Zeit kommen, daß deutsche und österreichische Kapellen wieder zusammenspielen. Wenn dann dic Ka nonen mitspielen werden, dann werde es ein sehr gutes Konzert geben. (Anhaltender stürmischer Beifall.) Der Männergesangverein ist nach Nürnberg gefahren und wird sich ohne Zweifel dort Lorbeeren holen. In zwischen haben wir hier die Brooklyner Sänger und die Bukarester Liedertafel gefeiert. Beide Vereine bezeich- ncten ihren hiesigen Aufenthalt als „die Krone ihrer Reise durch deutsches Gebiet". Daß dabei auch wieder viel ge sungen worden ist. versteht sich von selbst und mancher, der diesen Festen beiwohnte, hat sich im stillen darüber ge freut. daß er durch seinen Beruf an die Großstadt ge fesselt ist. Tie Vorbereitungen zum Encharistischen Kongresse nehmen ihren Fortgang. ES wird sicherlich ein Fest we-- den, desgleichen man in Wien noch nicht gesehen hat. So gar unsere liberalen Jndenblättcr nehmen lange Berichte über die Vorbereitungen auf, gewiß nicht ans Sympathie für den Kongreß, sonde-n weil sie wissen, daß dieses Thema zurzeit alle Wiener ohne Unterschied in hohem Grade inter- cssiert. Zu den vielen Fragen, die bei diesem Anlaß zu lösen waren, gehörte in erster Linie die. in welcher Weise die katholischen Höfe sich an den» Kongreß beteiligen wür den. Vielfach wurde ventiliert, ob die auswärtigen Fürst lichkeiten als Gäste des Kaisers betrachtet werden im'ißten oder ob sie auf eigene Initiative hier eintreffen würden. Politische Bedenken machten sich gegen erstere Möglichkeit geltend. Sowohl den König von Italien alb den König von Bulgarien hat der Vatikan exkommuniziert. Endlich verfiel man auf das Auskunftsmittel, daß sich die ver schiedenen Höfe — in erster Linie die nahverwandten von München und Dresden — zur Teilnahme an dem Kongreß selbst ansagen mögen und ihre sie vertretenden Angehörigen je nach Verwandtschaftsverhältnissen in der Burg, in Schönbrimn und in den verschiedenen erzherzoglichen Pa lais beguartiert werden. Ob auch der Hof von Madrid ver treten sein wird, ist noch nicht bestimmt. Die Tante des Königs Nlphonw, die Gräfin v. Girgenti, dürfte hier ein treffen und im Palais des Erzherzogs Rainer wohnen; auch die Herzogin von Modena wird ihr Palais in der Beatrir- gasse zur Verfügung stellen. In Schönbrunn werden Prinz Leopold von Bayern und Prinzessin Gisela mit ihrem Sohne sowie Erzherzog Franz Salvator und Erzherzogin Marie Valerie mit Familie absteigen. In der lauschigen Krieau, neben dem weltberühmten und von jedem Fremden gern ausgesuchten „Wurstl prater" (dessen Name übrigens nichts mit Wurst zu tun hat, sondern im „Wurstl", dem „Kasperl" im Kasperl- tlicater des Praters seinen Ursprung hat), arbeitet Meister Schuviche zurzeit an zwei Denkmälern. Das eine ist die Herme Luegers, welche im Parlamente ihre Aufstellung finden soll, als dreizehnte in der Säulenhalle. Der Kopf Luegers war bekanntlich von eindrucksvoller Schönheit, Schwache hat sowohl die Züge als auch die charakteristische Haltung des Kopfes prächtig wiedergegeben. Das andere wird ein Ka r d i na lf G rn scha>-Denkmal für eine Seitenkapelle des Stephansdoms. D-er Kardinal, Gründer der Geftllenvereine, steht überlebensgroß neben einem Ge sellen, dem er liebevoll die Hände anflegt. Die Wiener Theater halten Sommerschlaf. Nur zwei baben den Vorhang offen gelassen: Exls Tirolergesellschaft und die „Tegernseer" bringen ihre Heimatsspiele zur Auf- führung. Das Bnrgtheater hält Rückschau über die ver flossene Saison. Zwölf Novitäten wurden im vergangenen Spiels ihre im Burgtheater aufgeführt. Den größten Bühnenerfolg hatte — charakteristischer Meise für dic Wiener Preß- und Kritikverhättnisse — das Milieuschau spiel „Die fünf Frankfurter"! .