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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.07.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192307082
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230708
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230708
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-07
- Tag 1923-07-08
-
Monat
1923-07
-
Jahr
1923
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aeUt. Ess—-»r—wr die <Madt- u. Pos,-) Au» - lager Emsp.24 mm bruum-Zcile M. 1->00 auSW. Inserent. M.17S0. Souderpretie: Yamtltcnauz. v. Prtv mm-Leilr M.S75, GelegenbeilSan, lprtv. Natur) n. Dtcllcnanoeb. mm Zelle M.450. Siellenges, mm Zeile M. 330. amU. Bekanntm. Dopvel mw-ZrileM.2100.s auSW.ML6ii0.Rckl 72mmbr..mm-Zl.M.6000.s.auSw M.9000.AurlandSani.m.ValutaausIct)l. Bei Wiedcri- . , NLKKLA^sr,«^ IPLAII Lv^I «s Uli HF Uff . yohanntSaaffe 8 (Fernsprecher Ortsgespräch« Sammel-Rr.: 7Ü811. mw-ZrileM.2100.fauSw.ML6O0.Rckl 72mmbr..mm-Zl.M.6OO0.s.auSw ZerngrsprLche 170SS170S2); ebenda u. «n allen Flltalen Anzeigen, u. M.gooO.AuSiandSanz.m Valulaauslchi. Bei Wiedcrb.Nachlaß. Platz- Avonnement-Annahme; auch ntmml tedes Postamt Vestelungen an. u.Datenvorlch.unverbtndl.ErlaL.-OrtLcipztg. Postschcckk.Leip;LVOl Da» Leipziger Tageblatt «utbllt amtliche Uerangtmachnnge« dal Matei der »tadt Leivrig» de» Vali»eiarLsidt»mI Leipzia. del «mtSgerichtl Setvzig. son»i« verschiedener anderer «ebörden «r. 160 Linrslnummsr isoo SolllllLS, Äeo 8. )ull 1923 ^Srn-^USALdS 117./2krg. Steuerdebatten Ir. Leipzig, 7. Juli Jede Wirtschaft braucht, um existieren zu können, Geld. Der Staat als wirtschaftendes Subjekt beschafft sich dies vornehmlich dadurch, daß er von seinen BUrgern Steuern erhebt. Die Steuern geben ihm die Möglichkeit, seine Bedürfnisse, die ja zugleich gemeinsame Bedürf nisse seiner Bürger sind, zu befriedigen. In der guten alten Zeit, da man mit einer Mark einen Tag, und wenn es sein mußte, auch länger leben konnte, stritt man sich darüber, wie diese Steuern auf die einzelnen Bürger umzulegen seien, daniit keiner unerträglich belastet werde. Heute sind die Zeiten schlecht, sehr schlecht geworden. Und wenn man die Seuer de batte, die Freitag im Reichstage geführt wurde, durchlieft, so möchte man meinen, man streite sich jetzt darum, ob man überhaupt noch Steuern zahlen solle. Es geht nämlich auch anders. Der Staat kann seine Bedürfnisse auch so befriedigen, daß er Noten druckt. Diese Erfindung hat man in Deutschland während des Krieges gemacht. Es war Helfferich, mit dessen Namen die deutsche Kriegsfinanzierung eng verknüpft ist. Freilich gab es im Kriege noch so etwas, was man Patriotismus zu nennen pflegt. Man rech nete den Staatsbürgern vor, wie wohl sie daran täten, ihr Geld dem Staate in Form von An leihen wieder zur Verfügung zu stellen, und die Bürger gaben es damals, in Erwartung eines guten Zinsengewinnes, anfangs mehr, später weniger freudig hin. Der Zusammenbruch hat an dieser Finanzierungsmethode nichts geändert. Einmal hat zwar ein Mann, namens Erzberger, sich dadurch unbeliebt zu machen gesucht, daß er diesem unmöglichen Zustand ein Ende zu bereiten sich erkühnte; aber die Geldentwertung ist über seine Steuerreform hinweggeschritten, und das tatsächstliche Ergebnis war nicht viel mehr als nichts. , Seitdem war es stille und wird allem Anschein nach noch lange still sein. Hier und da erhöht man die Steuern einmal um ein Ge ringes, aber wenn es dann zum Zahlen kommt, ist der Bettag, der dem Staate zufließt, durch die Geldentwertung längst überholt und zu einem Almosen geworden. Eine einzige Steuer paßt sich der Geldentwertung automatisch an, die Lohnsteuer Mit den Löhnen und Gehältern steigt diese Steuer automatisch, und der Staat erhält den Gegenwert sofort, also voll aus- bezahlt. Den Fehlbetrag, der sich aus den übrigen Steuern ergibt, deckt der Staat durch immer neue Roten. Dieser Tage hat man ver spätet angefangen, Eine-Million-Mark-Noten zu drucken. Es ist höchste Zeit dazu, denn die Tausend-Mark-Scheine sind nun bald zum Klein- geld geworden. Es ist keine Frage, daß für die Verschlech - terung unserer Währung zunächst das Defizit in der deutschen Zahlungsbilanz maß gebend ist. Aber dieses Defizit kann doch wcchl zum Teil auch dadurch entstehen, daß Devisen und ausländische Banknoten ins Inland herein- gezogen und zum Schutze gegen die fortschreitende Geldentwertung aufgespeichert werden. Es kann wohl zum Teil auch dadurch entstehen, daß Aus landsguthaben, die in normalen Zeilen ein gezogen wurden, im Auslande stehen gelassen werden usw. Man kann hier nicht mehr unter- scheiden, was Ursache und was Wirkung ist. Und das Defizit der Zahlungsbilanz ist in An- betracht dieser Verhältnisse sicher größer, als es unbedingt sein müßte. Um so wichtiger wäre die Lösung des anderen Problems. Es ist sicher auch keine Frage, daß die Verschlechterung un serer Währung auch darauf beruht, daß der Staat seine Bedürfnisse durch Notendruck statt durch Steuererhebung befriedigt. Zu diesem Zwecke müssen die Steuern so festgesetzt werden, daß sie sich automatisch der Geldentwertung anpassen. Davon weiß sich die Regelung, die der Reichs- finanzminister Hermes vorschlägt, zunächst frei. Beschlossen wurden übrigens nur einige kleine Steuern, die den Staatsfinanzen gewiß nicht auf die Beine helfen können. Alles übrige wurde bi» zum Herbst vertagt. Für den Reichs- tag ist es jetzt wichtiger, auf Urlaub zu gehen. Die Mark steht in New Pork ja auch erst 0.0004X, was einer Parität von 216 000 Mark für einen Dollar entspricht. Im Herbst wird man - auch an den Scheingewinnen — ein Schlagwort, das seinerzeit geschaffen wurde, um die Steuer- scheu gewisser Kreise zu bemänteln, und das HMe veraltet ist — nicht vorbeikommen können. Jedenfalls hat all dies Zeit bis zum Herbst. Daß die vorgeschlagenen Erhöhungen im übrigen un- genügend sind, braucht kaum erwähnt zu wer den. Interessant ist, daß nur drei Parteien mit dem Regierungsoorschlage nicht einverstanden - sind: Sozialdemokraten, Zentrum und Demo- traten. Sie wollen eine ganze Lösung des Problems. Gewiß nicht deshalb, weil ihre Partei- angehörigen vor Steuerfreudigkeit überfließen, sondern weil sie die Not des Staates und die Gefahren, die uns bei Fortbestand der gegen wärtigen Staatswirtschaft drohen, mehr oder weniger klar erkennen.' Unsere Valuta ist schon weit unter die österreichische gesunken, die uns noch vor kurzer Zeit als der Inbegriff einer her- untergekommenen Währung galt. Und der Ausverkauf im großen, wie er sich in letzter Zeit in Oesterreich vollzogen hat und noch vollzieht, kann für Deutschland nicht ausbleiben, wenn seine Bürger nicht bereit sind, Opfer und auch schwere Opfer zu bringen. Auch die Deutsche Dolkspartei ließ erklären, daß der Besitz bereit sei, auch schwere Lasten zu tragen. Aber sie knüpft daran die Bedingung, daß wir dadurch irgendwie in die Lage versetzt würden, die Freiheit des deutschen Volkes von den Bestimmungen des Versailler Vertrages zu erlangen. Stellt sie diese Be dingung der deutschen Regierung oder wem sonst? Ist es überhaupt eine Bedingung, die man dem Staate stellen kann, wenn es gilt, ihm das zu geben, was des Staates ist? Oder ist dies« Bedingung nichts anderes, als eine in zarter Form ausgesprochene Verneinung? Man wird wohl letzteres annehmen müssen, und diese Annahme ist nach der bisherigen Entwicklung des Steuerproblems in Deutschland gewiß nicht ganz unberechtigt. Es bleibt nur noch die Frage, ob die Deutsche Dolkspartei tatsächlich im Namen des Besitzes gesprochen hat oder ob sie nicht viel leicht doch noch päpstlich« ist als der Papst. Denn eines ist klar: mit solcher Steuevbereitschaft macht man sich zum Totengvtkdde Deutschland».. Diel interessanter noch ist die Stellung der Däutschnationalfftt Botk»partei. Es ist eine Ironie der Weltgeschichte, daß für sie ge rade jener ehemalige Staatsminister Helfferich sprach, dem wir die Kriegsfinanzierung ver danken und der damit an unseren heutigen finanziellen Verhältnissen nicht ganz un- schuldig ist. In sein« Rede taucht wieder ein Schlagwort auf, das Schlagwort von der Wirtschastsbilanz, das gegenwärtig .modern" zu werden beginnt. Wir werden darauf noch zu- rückkommen. .... -5.- Paris «artet auf den deutschen Zusammenbruch Pari», 7. Juli. (Eig. Tel.) Lin Teil der Pariser Presse, vor allem der Matin, fährt fort, die englische Regierung der Obstruktion zu beschuldigen und die Geduld Frankreichs zu preise,r. In Wirklich keit bestätigen alle vorliegenden Nachrichten die gestern unterstrichene Feststellung, daß die französische Regierung um jeden Preis die Regelung bi» zum Zusammenbruch des deutschen Widerstandes hinausschieben will, ob- gleich sie sich darüber klar ist, eine wie schwere Ge duldsprobe sie England auferlegt. Perttnax gibt nuch heute im Echo de Paxi» sicher die Auffassung PoinearSs wieder, wenn er die These vertritt, daß ein Nachgeben Frankreich« in der Ruhrfrage nicht die Wiederherstellung normaler Verhältnisse sichere, während eine englische Absage an Deutschland «in wichtiger Schritt in der Richtung zum wahren Frieden wäre. Zm Leitartikel der Wochenschrift Europe Nouvelle macht Philippe Millet Frankreich für die argen- wartige Spannung verantwortlich. Die Ueberschrift des Artikels lautet: .Der taktische Irrtum Frank- reich«." Philippe Millet führt aus, Frankreich habe «inen Fehler begangen, als es das Ruhrgebiet be setzte, ohne sein Programm in präziser und voll ständiger Weise bekanntzugeben. Frankreich hätte nach seiner Ansicht auch klar darlepen müssen, was es zur Lösung der Sicherungsfrag« für notwendig hielt. Die innerliche Entspannung würde nach Millet er- leichtert werden, wenn Frankreich sich beretterkliirt hätte, sofort eine Verständigung über di» Saar- gebietssrage anzunehmen. Millet meint, heut« sei es für Frankreich schwer, sein Programm unter günstigen Umständen bekanntzugeben, da es jetzt so aussehen würde, als weiche es vor dem Drängen England« oder Italien» zurück. Trotzdem dürfte Frankreich nach Millet nicht zögern, ein präzise» Programm bekanntzugeben. Deutschland und der VSlkerbund Fraukfurt s. 7. Juli. (Ltg. Te l.) Blätter- Meldungen über einen englischen Fühler in Berlin, der angeblich di« Frag« klären sollt«, ob die Reich»regieruno unter Umständen ihren Bei tritt -um Völkerbund erklären wolle, wer- den laut Frankfurter Zeituna von amtlicher deutscher Sette entschieden dementiert. Bon einer Ton- dieruna, die die englische Regierung in dieser Frage in Berlin vorgenommen hätte, ist der Reichrregierung nicht» bekannt. Dagegen wird nicht in Abrede ge stellt, daß die Frage de» Eintritt» in den Völker- bund bei den Besprechungen mit den maßgebenden Parteiführern in der letzten Zeit wiederholt zur Er örterung gestanden hat. Die Entenieverireier Ser Rosenberg Mündlicher Einspruch wegen -er Duisburger Explosion »erliu, 7. Juli. (Gig. Tel.) Nach Abschluß der Unterredungen zwischen dem Reichsanzler und dem päpstlichen Nuntius über die Sabotageakte haben gestern abend der belgische Gesandre und nach ihm der französische Botschafter im Auewärtigen Amt den Vorfall auf der Rheinbrücke bei Duisburg mündlich zur Sprache gebracht. Beide Missionschefs haben als Auffassung ihrer Regierungen dargelegt, daß sich die Reichsregierung durch ihre Derordnunen für den passiven Widerstand und durch ihre Beileidstele, ramme für di« aktivistischen Erscheinungen des Widerstandes verantwortlich gemacht habe. Aus diesem Grunde müßten die belgische und die fran zösische Regierung fordern, daß die Reichsrcgierung das Attentat auf der Duisburger Brücke miß- billige und alles unternehme, um die Täter zu ermitteln und zur Verantwortung zu ziehen. Zum Beweise für die Beteiligung von Deutschen hat der belgische Gesandte mitgeteilt, daß auf der Brücke Bruchteile einer Explosivbombe gefunden worden seien. Der Reichs Minister des Auswärtigen hat den beiden Vertretern in folgendem Sinne ge antwortet: Der Vorfall bei Duisburg sei der deutschen Regierung bisher nur aus Zeitungs- Meldungen bekannt Ihre Versuche, sich ein klares Bild davon zu machen, sei gescheitert, was nicht zu verwundern sei, da die deutschen Lokalbehörden keinerlei Möglichkeit hätten, den Sachverhalt an Ort und Stelle nachzuprüfen. Aber selbst wenn an dem Vorfall Deutsche beteiligt gewesen sein sollten, könne nicht zugegeben werden, daß die deutsche Regierung irgendeine Verantwortung dafür trage oder in irgendeiner Weise zu derartigen Akten ermutigt habe. Die von der deutschen Regierung nach Beginn der Nuhraktion erlassenen Verordnungen seien nicht die Ursache, sondern die Folge des spontan aus der Seele der Bevölkerung emporgewachsenen Wider standes. Die Beileidstelegramme im Falle Schlageter esien eine durchaus natür- liche und selbstverständliche Kundgebung, nachdem ein deutscher Mann von fremden Kriegsgerichten auf deutschem Boden für eine wahrlich nicht aus ehrlosen Motiven begangene Handlung widerrechtlich ver- urteilt und hingerichtet worden sei. Es stehe doch außer Zweifel, daß seine Absicht nicht auf Blut vergießen, sondern darauf gerichtet gewesen sei, den Besatznngstruppen die unrechtmäßige Benutzung deutscher Verkehrsmittel unmöglich zu machen. Line Umdrehung der Begriffe sei es, wenn sich jetzt Frank- reich und Belgien für berechtigt hielten, Deutsch land für die Folgen ihres rechtswidrigen Einmarsches in das Ruhrgebiet und für die Folgen des maßlosen Terrors der Desatzungstruppen verant wortlich zu machen. Man dürfe nicht vergessen, daß bevor irgendeinem Belgier oder Franzosen im be setzten Gebiet auch nur ein Haar gekrümmt worden sei, bereits mehr als 20 Deutsche schuldlos ihr Leben unter den Kugeln der Besatzungstruppen cingebüht hätten. Lin Gewaltakt, wie er nach der belgi schen und der französischen Darstellung auf der Duisburger Drücke begangen worden sei, liege nicht in den Absichten und in der Politik der deutschen Regierung, die nichts unterlasse, um die gepeinigte Bevölkerung zum besonnenen Verharren auf der Linie des passiven Widerstandes zu bewegen. Die Angabe, daß man am Ort der Tat Bruchstücke einer Bombe gefunden habe, könne jedoch keineswegs genügen, um die deutsche Regierung von einer verbrecherischen Be teiligung Deutscher zu überzeugen. In diesem Zu sammenhangs müsse z. B. daran erinnert werden, daß sich nach französischen Meldungen in letzter Zeit wiederholt Fälle ereignet hätten, wo französische Soldaten von ihren eigenen Kameraden erschossen worden seien. Was die deutsche Mitwirkung bei der weiteren Behandlung de» Falles anlange, so werde sich die Reichsregierung dazu äußern, sobald ihr in konkreter und substantiierter Form das Ergebnis der bis herigen Untersuchungen vorgelegt werde. Im übrigen sei zu bemerken, daß. die deutsche Regierung in mehreren Fällen gefordert habe, den deutschen Behörden zu einer Untersuchung an Ort und Stelle Gelegenheit zu geben. Dieser Forderung sei niemals entsprochen worden. Ebenso- wenig habe die französische Regierung auf den wiederholten Vorschlag, eine internationale Untersuchungskom Mission zur Feststellung de» Tatbestände« einzusetzen, eine Antwort erteilt. O ' Verständigung mit paeelli Berlin, 7. Juli. (Eig. Tel.) In den Verhand- lungen der Reichsregierung mit dem päpstlichen Nuntius wurde, wie wir höern, bereits am Donners, tag eine Verständigung erzielt. Erst nachdem man sich gestern über den Wortlaut de» gestern abend der Presse übergebenen Berichts geeinigt hatte, fand am Abend die Demarche des belgischen und des französtschn Botschafters statt. Der Reichskanzler wird mit dem Nuntius auch heute eine Rücksprache über die allgemeinen politischen Angelegenheiten haben. In Berliner Kreisen, die mit den Auffassungen der Kurie vertraut sind, ist man der Ansicht, daß die Aktion des Papstes nicht, wie die früheren Vermitt lungsversuche des Vatikans, so ohne weiteres wieder zu den Akten gelegt wreden wird, nachdem die Ne- gierung davon Kenntnis genommen haben. Vielmehr verlautet, daß sich der Papst in der Enzyklika »voc- tor ckcx-torum", die gelegentlich der 600jährigen Wie derkehr der Heiligsprechung des heiligen Thomas von Aquin aus den Dominikanerorden am 18. Juli ver öffentlicht werden wird, außer mit dem religiösen Fragen auch mit Zeitfragen befcsseln wird. Der Papst sei, so heißt cs, diesmal netschlossen, seiner Stimme Gehör zu verschaffen, zumal die Zustim- mung, die seine erste Kundgebung nicht nur in Ita lien, sondern auf der ganzen Welt gefunden habe, zeige, daß die Zeit für eine Neuregelung der poli- tischen Methoden der Nachkriegszeit gekommen sei. Verlängerung der Verkehrssperre? Berlin, 7. Juli. (Eig. Tel.) Nach in Berlin vorliegenden Meldungen beabsichtigen die Franzosen die von ihnen über das Rhein- und Ruhrland ver hängte Derkehrssperre nach deren bevorstehen dem Ablauf, um weitere sechs Wochen zu verlängern unter der Begründung, es seien die Urheber des Explosionsunglücks auf der Duisburger Rheinbrücke noch nicht ermittelt. Demgegenüber meldet uns ein eigener Draht bericht aus Frankfurt a. M.: Die Teuerung im be setzten Gebiet droht geradezu katastrophal zu werden. Man hört, daß hohe französische Ver waltungsbeamte wegen Abkürzung der Absperrung vorstellig geworden sino. An der Sperre macht sich jetzt ein starker Lebensmittelverkehr bemerkbar, bei dem hauptsächlich Kinder verwendet werden, denen beim Passieren der Grenze keine Schwierigkeiten gemacht werden. In Frankfurt macht sich die Lcbcnsmittelknapphcit des besetzten Gebietes insofern bemerkbar, als Aufkäufer jeden Preis be zahlen und so die Lebensmittelpreise täglich um 25 Prozent und mehr steigen. — Alle Gerüchte über eine bevorstehende Besetzung Frankfurts sind nicht ernst zu nehmen. Die Franzosen sind froh, daß sie Frankfurt noch als Versorguugsgebiet haben. Der Regierungspräsident von Düsseldorf, Grüß- ner, der seit seiner Vertreibung seinen Amtssitz rn Elberfeld bat, richtete an den gegenwärtig im Ruhr gebiet weilenden päpstlichen Delegierten Testa ein Schreiben, in dem er die ungeheuren Schwierigkeiten für die Lebensmittelversorgung darlegt. 43 verhaftete in der wiener Mordaffare Wien, 7. Juli. (Eig. Tel.) Im Laufe der Untersuchung der Ermordung des 19jährigen Konrad Karger hat es sich, wie gemeldet, herausgestellt, daß der Mörger Novosat und fein Opfer einer nationalistischen Sturmformation angehört haben, in denen rcichsdcutsche Staatsangehörige eine führende Rolle spielen. Die Polizei weist nunmehr in einer amtlichen Veröffentlichung darauf hin, daß mehrere der verhafteten Reichsdeutschen sich in Wien als Ruhrflüchtlinge ausgaben, nm unter diesem Vorwande hier das Asylrecht zu finden, das sie dann durch ihre Tätigkeit in den Hakenkreuz- lerischen Verbänden mißbrauchten. Teilweise weilen gegenwärtig in Oesterreich sogar Ruhrfluchtlinge, die sich in Wirklichkeit der Verfolgung durch reichs deutsche Behörden entziehen wollen. Die Wiener politische Direktion hat angeordnet, daß die öfter- reichischen politischen Behörden und insbesondere die Grenzstaaten den Ruhrflüchtlingen ihr besonderes Augenmerk zuwenden. Die Zahl der Verhafteten in der Mordsache Novosat-Karger hat sich auf 43 erhöht. LmeMkiMrLer Keiamsrkl Mit dem Aufenthalt des früheren Reichskanz- lers Dr. Wirth in Kom wird entgegen anderen Pressemeldungen festgestellt, daß Dr. Wirth über- Haupt noch nicht mit Mitgliedern de« Staatssckre- tariats der Kurie zusammengekvmmen ist. < ' O LollilerkLdel 6«8 l. 7 NorUn UvnUan N»rt. ««Muni VordSr», knrlUtt
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