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iPMnyei Tageblnlt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beitrüge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nüchster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SV Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Freitag, den 16. December 29V. 1881. Christbaum-Auction. Montag, den IS. December 1881, sollen Nachmittags von S Uhr an im Pflanzgarten zu Altwaldenburg eine Parlie Tannen und Fichten gegen sofortige Bezahlung meistbietend verkauft werden. Fürstliche Forstverwaltung des Niederwaldenburger Reviers. ^Waldenburg, 15. December 1881. Zur Eiuiguug der Liberalen. Die Stellung der sogenannten „Gemäßigt-Libera- len" innerhalb der „großen liberalen Partei" wird, wie die „Prov, Corr." meint, immer schwieriger; von Tag zu Tag wird es klarer, daß wie die ganze Bewegung des letzten Jahres und der ganze Erfolg der entschiedeneren Linken bei den Wahlen gegen die Nationalliberalen gerichtet war, so ein Zusam menwirken von ihnen mit der Fortschrittspartei und deren Genossen gar nicht möglich ist. Es ist nicht lange her, da versicherten die fort schrittlichen Blätter tagtäglich, die Bildung der ein heitlichen liberalen Partei mache große Fortschritte; und wenn man auch zum eigentlichen Schaffen noch nicht einig sei, so sei man doch in der Abwehr aller reaktionären Gelüste beinahe schon einig. Frerlich handelt es sich im einzelnen Falle darum, zu ent scheiden, was „reaktionär" und daher abzuwehren ist, — und darüber sollten jedes Mal Bevollmäch tigte der drei liberalen Gruppen entscheiden. Bis jetzt aber hat man sich auch darüber durchaus nicht verständigen können. Man hat es zuerst an dem Haslpflichtgesetz probiren wollen, das man dem für die Masse des Volks viel günstigeren Unsallver- sicherungsgesetz entgegensetzen will; aber dieser erste Versuch scheint gescheitert zu sein. Neuerdings aber hat einer der anerkanntesten Führer der Nationalliberalen zum großen Aerger der Secejsionisten und der Fortschrittspartei offen aus gesprochen, wie geringe Aussicht die Einigung hat. Dem Rufe und dem Streben nach Einigung, welches unablässig von links herübertönte, setzte er die Nothwendigkeit „voller Selbständigkeit" der na tionalliberalen Partei entgegen, indem er die Ver schmelzung der liberalen Gruppen zu einer großen liberalen Partei zur Zeit für nicht möglich erklärte und aus dem Erstarken der links-liberalen Gruppen, denen er die Anwendung demagogischer Mittel im Wahlkampf zur Last legte, auf einen dauernden Umschwung in der Stimmung der Völker nicht schließen zu können glaubte. Kein Wunder, daß über diese so runde Absage der Zorn der Hauptförderer der „großen liberalen Partei" heftig entbrannt ist. Diese „Selbstspiegelung" der nationalliberalen Partei sei ganz unbegründet, auch sie habe bei den Wahlen Mittel angewendet, „so demagogisch, so gehässig, so unerlaubt", wie nur irgend eine Partei, weil eben Viele sich zur Partei halten, nicht weil sie politisch gemäßigt, sondern weil sie „maßlose Jnteressenverlreter" seien. Ferner wird vermuthet, jener Führer der Nationalliberalen wolle sich nur eine „Zukunft" vorbehalten. Es ist in der That anzunehmen, daß die National- liberalen an ihre Vergangenheit, wie an ihre Zu kunft denken, wenn sie es ablehnen, in der blos verneinenden Politik der Fortschrittspartei aufzu gehen. Wenn sich die Nationalliberalen nicht selbst verleugnen oder aufgeben, sondern ihrer Ver gangenheit wirklich treu vleiben und sich zugleich irgend eine Zukunft sichern wollen, dann ist an eine Einigung der „großen lieberalen Partei" weder heute noch später zu denken. *Waldeuburg, 15. December 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Reichskanzler ist von einem leichten Un wohlsein befallen, das ihn veranlaßt, das Zimmer zu hüten und sich einstweilen jeder Arbeit zu ent halten. Die Wahlprüfungs-Commission des Reichs tags setzte am 14. d. ihre Arbeiten fort und beschloß beim Plenum den Antrag zu stellen, die Wahlen der Abgg. Prinz Schönaich-Carolath (Landrath des Kreises Guben und Vertreter des 7. Wahlkreises des Reg.-Bez. Frankfurt a. O. — Guben-Lübben) und von Gehren (Landrath in Homberg Reg.-Bez. Kassel und gewählt im 3. Kasseler Wahlbezirk — Kassel-Fritzlar-Homberg-Ziegenhain) zu beanstanden. Ersterer Abgeordneter gehört der deutschen Reichs partei, letzterer den Deutsch-Conservatiöen an. Wie tendenziös die freihändlerischen Blätter in Fragen der Wirtschaftspolitik verfahren, erhellt aus der Art, wie sie den in dem Wirthschafts- jahre 1. October 1880—81 im Vergleich zum 1. October 1879—80 sich ergebenden Rückgang der Ausfuhr oder vielmehr des Geldwerthes der Ausfuhr nach den Vereinigten Staaten um angeblich 15 Millionen Mark als Zeichen der schädlichen Einwir kung der Zollgesetzgebung auf die Exporlfähigkeit Deutschlands darstellen. Sie verschweigen dabei gänzlich, daß das letzte Jahr trotzdem noch immer über 70 Millionen Mark oder beinahe 60 Procent mehr Ausfuhr aufweist, als das letzte Jahr der „gesegneten" Freihandelsperiode und ferner, daß in das Jahr 1879/80 jene plötzliche starke, aber vor übergehende Nachfrage, insbesondere nach Eisenbahn schienen, eintrat, welche zu einem überhasteten An lauf und demnächstigen Rückschlag in den betheiligten Industriezweigen führte. Daß die Differenz wesent lich hierin ihren Grund hat, erhellt z. B. daraus, daß der Ausfall hauptsächlich die Consulardistricte Frankfurt und Bremen trifft, welchen in erster Linie im Herbst 1879 die Lieferungen von Schienen zu gefallen waren. Von Berliner Rechtsanwälten wird, wie die Voss. Ztg. hört, eine Petition dem Reichstag unterbreitet werden, um die Appellation gegen Urtheile der Strafkammern wieder einzuführen. Die Petition enthält folgende Motivirung: „Das Ab schneiden eines jeden Rechtsmittels gegen das erste Urtheil unter Ausschluß neuer Thatsachen und neuer Beweise lastet auf dem deutschen Volke wie eine wahre Calamität. Ist es doch eine völlige Inkon sequenz, daß der Angeklagte in den geringfügigsten Sachen von vielleicht fünf Mark Geldstrafe 3 In stanzen hat, während die schwersten Verbrechen, de nen langjährige Zuchthausstrafen, Verlust der Frei heit und Ehre folgen, in der ersten und einzigen Verhandlung entschieden werden sollen." Die Post bringt einen Artikel: „die KrisS im Papstthum." In diesem Artikel wird ausgeführt, der Papst müsse jetzt eine Entscheidung treffen: entweder sich den Schranken der italienischen Gesetz gebung würdelos unterwerfen, oder ins Exil gehen und zwar in das Exil eines strengkatholischen Lan des, z. B. Tyrol. „Einmal mit dem Exil Ernst gemacht, würde die öffentliche Meinung Italiens doch begreifen, daß Italien sich selbst schlagen würde, wenn es den Vatikan und die Peterskirche verwaisen ließe." Wenn aber dann die Frage wegen Aufhe bung des Exils wieder zur Verhandlung käme, würde dies naturgemäß zu einer internationalen Regelung durch alle Staaten mit katholischer Bevöl kerung führen. In der Antwort der Grüneberger Handels kammer auf das Rescript des Handelsministers vom 23. November erklärt dieselbe, sie habe feit Jahren die Einleitungen zu ihren Berichten unbeanstandet dazu benutzt, ihre Ansichten über die allgemeine Lage von Handel und Industrie, über Zoll- und andere Gesetze auszusprechen. „Die Berechtigung der Handelskammern, dergleichen allgemeine An sichten überhaupt auszusprechen, konnte aber bei uns schon deshalb keinem Zweifel unterliegen, weil dieselben ja seitens der Behörden zu Gutachten aller Art aufgefocdert werden, von denen ein großer Theil die Interessen ihrer speciellen Bezirke gar nicht berührt. Wir sind aber auch der Ueberzeugung, daß im Ganzen die Erwerbsverhältnisse in unserem Bezirke sich nicht gebessert haben. Die Ausnahmen, welche sich auf einige durch die Schutzzölle begün stigte Fabrikanten beschränken, sind in den Special berichten constatirt." Für die Richtigkeit ihrer An sichten beruft sich die Handelskammer auf das Urtheil mehrerer Schwesterkammern und verwahrt sich gegen den Vorwurf tendenziöser Abweichung von der Wahrheit, indem sie den Widerspruch zwischen ihrer Aeußerung über die Lage der Tuchindustrie in der Einleitung und dem betreffenden Specialbericht als einen scheinbaren erklärt, um dann die Behauptung aufzustellen, daß diejenigen, welche sich über Herr Bericht der Handelskammer beschwert haben, zu den wenigen Bevorzugten gehören, welche Nutzen aus den Schutzzöllen ziehen und welche daher das größte persönliche Interesse haben, jeder denselben ungün stigen Meinung mit allen Waffen entgegenzutreten. Im Weiteren werden neue statistische Angaben vor gebracht, um die Berechtigung der Auffassung der Handelskammer über die Geschäftlage darzuthun, und endlich saßt die Handelskammer ihr Urtheil dahin zusammen: „Schließlich können wir nur noch ergebenst wiederholen, daß nach unserem Dafürhal ten mit Ausnahme der Halbwollen-Jndustrie die Geschäfte eine Aufbesserung im Jahre 1880 hier orts nicht erfahren haben und dürften Ew. Durch laucht aus Vorstehendem sich wohl überzeugt haben, daß wir den Bericht nach bestem Wissen und Ge- wiss n und den thatsächlichsten Verhältnissen ent sprechend angefertigt haben und alle die uns ge machten Vorwürfe nicht verdienen. Der preußische Minister des Innern hat an die Provinzialbehörden einen Circularerlaß gerichtet, der die Sicherung der Theater und ähnlicher Lokalitäten vor Feuersgefahr betrifft. Der Er laß ist vom 18. November d. I. und enthält die von der Akademie des Bauwesens infolge einer Eingabe des Rheinisch-Westfälischen Feuerwehrver bandes an den Reichskanzler aufgestellten Grund sätze, die bei Theater-Neubauten und Umbauten zu berücksichtigen sind. Infolge des Wiener Branv- unglücks ist der Polizei-Präsident in Berlin ange wiesen worden, oben erwähnten Erlaß für die Ber liner Theater schleunigst durchzuführen.