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Wochen- und Rachrichtsblatt zugleich Masts-Anzeiger ßr Wnkrs, RöSlitz, AernsSors, Anstnf, st. KBien, Heiarichsoch Rarienan nni> Msen. Nr. 142. Amtsblatt für den Stadtrat zn Lichtenstein. -— SS. Jahrgang. — Freitag, den 21. Juni 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden' Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 2S Pf. — Einzelne Nummer ö Pfennige. -- Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!-Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltenr KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich.bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesgeschichte. *— Lichtenstein, 20. Juni. Die Wettin-Ju- biiäumsfeier fand mit gestrigem Abend in unserer Stadt einen glänzenden und würdigen Abschluß. Das am Tage des Huldigungszuges in Dresden im Con- certgarten des goldenen Helm hier von der städtischen Behörde arrangierte Freiconcert hatte freudige Teil nahme unter den verschiedenen Kreisen der hiesigen Bewohnerschaft gefunden, denn der Zudrang, der am Abend stattfand, bewies dies zur Genüge; es war gegen 9 Uhr im Garten kein Platz zum Sitzen mehr vorhanden. Die Stadtkapelle eröffnete um 8 Uhr das Concert mit den beliebten Weisen, und der Ge sangverein Liederkranz füllte die Pausen durch erhe bende Gesänge aus, denen die Besucher lauschten. Nach eingetretener Dunkelheit folgte Illumination des ganzen Gartens, die in recht geschmackvoller Weise arrangiert war. Auf dem Rasenplatz vor dem Salon war der Namenszug des Königs durch die Buchstaben 71. U. in Lichtern dargestellt, welches einen prächti gen Anblick gewährte und auf dem unteren Teile des Gartens hatte der Turnverein eine Lichter-Verzierung errichtet, aus welcher die Buchstaben X. 0. glänzend hervorstrahlten. Der schöne, warme Abend, bei dem fast kein Lüftchen sich regte, machte überdies den Aufenthalt im Freien zu einem recht angenehmen und so hielten sich die Besucher bis gegen Mitternacht im Garten auf, während die schöne Feier mit einem gemütlichen Ball im Salon ihr Ende erreichte. — Rödlitz. Die Festtage des Wettiner Jubi läums liegen nun hinter uns und die hiesige Bewoh nerschaft bekundete an diesen Tagen durch reichen Flaggenschmuck und festliche Veranstaltungen ihren patriotischen Sinn und die Liebe zu unserm teuren Herrscherhause. Am Sonntag früh versammelten sich sämtliche hiesigen Vereine nebst Gemeinderat, Kirchen- und Schulvorstand im Garten von Fankhänels Gasthaus zum gemeinschaftlichen Zug in das Gottes haus, woselbst von 9 Uhr an der Fcstgottesdienst stattfand. In der Festpredigt über 5. Moses 32, 7—11 verbreitete sich Herr k. Keil über das Thema: „Die heutige Jubelfeier des Sachsenlandes. Sie ist 1. ein jTag dankbaren Gedächtnisses uralter Gottes treue an unserem Volke, erwiesen durch sein Fürsten haus, 2. ein Tag dankbaren Gelöbnisses neuer Treue zu unserem irdischen und himmlischen König." Zur Erhöhung der gottesdienstlichen Feier brachte der Gesangverein die Gast'sche Motette „Jauchzet dem Herrn alle Welt" zur Aufführung. Eine patriotische Feier vereinigte am Abend viele Gemeindeglieder in Winters Gasthofe. Herr k. Keil gab in seiner Fest rede einen geschichtlichen Ueberblick über die Fürsten aus dem Hause Wettin und erging sich in weiterer Ansprache über die bedeutendsten Fürsten unseres Herrscherhauses. Herr Kirchschullehrer Dietzel und Herr Lehrer Wetzel brachten mit ihren Schülern unter Mitwirkung des hiesigen Gesangvereins ein Melo drama, unser Fürstenhaus behandelnd, nebst anderen patriotischen Gesängen zu Gehör. Alle Darbietungen, besonders die Deklamationen der Kinder, wurden von dem den Saal bis auf den letzten Platz füllenden Publikum mit vielem Beifall ausgenommen. Nach einem begeistert aufgenommenen von Herrn Gemeinde vorstand Reinhold ausgebrachten Hoch auf das Haus Wettin und Sr. Majestät dem König Albert, schloß diese Feier, die wohl als der Glanzpunkt der welt lichen Feier in unserm Orte zu bezeichnen ist. Am Montag von nachm. 2 Uhr an bewegte fick ein Fest zug, dem sich fast sämtliche Vereine, sowie die Kinder der Oberklassen angeschlossen hatten, durch unseren Ort. Ein von der Llchtensteiner Stadtkapelle gut ausgesührtes Konzert vereinigte die Teilnehmer im Fankhänels Garten und später fand Ball in beiden hiesigen Sälen statt. — Am verflossenen Sonntag vereinigten sich die Herzen der Andächtigen in sämtlichen Landeskirchen zu folgendem vom königl. Landeskonsistorium vorgeschrie benen Gebet: „Herr, Herr Gott, der Du der rechte Vater bist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden, laß Dir Wohlgefallen die Rede unseres Mundes und das Ge spräch unseres Herzens vor Dir. Wir gedenken der vorigen Zeiten und rühmen, was Du von Alters her an unserem Lande und Volke gethan hast. Du hast unserem sächsischen Volke ein gutes Land gegeben, also daß es danken kann und loben: „Das Los ist mir gefallen aufs Lieblichste, mir ist ein schön Erbteil geworden." Herr unser Gott, gnädig und barmherzig, geduldig und von großer Güte und Treue, wir Preisen heute Deinen heiligen Namen, daß Du dem edlen Hause Wettin das Szepter über unser Sachsenvolk gegeben und unter allen Wechseln der Zeiten während eines 800jüh- rigen Zeitraums erhalten hast, so daß wir nun in freudiger Hoffnung auf dieses hohen Hauses ferneres Blühen und Ge deihen mit Vertrauen den zukünftigen Zeitkäufen entgegen- gehen. Wohl sind Zeiten gekommen, da unsere Väter und auch wir seufzen mußten: „Du speisest uns mit Thränen- brot und tränkest uns mit großem Maß voll Thranen." Aber auf den Ruf zn Dir hast Du Dein Ohr nicht ver schlossen, sondern das Licht immer wieder aufgeheu lassen. Ja, wenn wir gedenken, wie Du gerichtet hast in den vorigen Zeiten, so werden wir getröstet. Du hast uns aus kleineren Anfängen zn einem Volke gemacht, das einen guten und geachteten Namen im deutschen Vaterlande hat und überall auch jenseits seiner Grenzen; zu einem Volke, in welchem unter dem väterlichen Schutz seiner Regenten Handel und Gewerbe, Acker-, Garten- und Bergbau, Industrie, Wissen schaften und Künste blühen und gedeihen, Recht und Gerech tigkeit im Schwange gehen. Ein tapferes Heer wohlgerüstet steht, und vor allen ein christliches Schul- üud Kirchenwesen zu Deiner Ehre und zu unserm und unserer Kinder Heil seine Segnungen rein und ungehindert entfaltet. Herr, wir gedenken an Dein Wort: „Opfere Gott Dank und bezahle dem Höchsten Dein Gelübde." Wir danken Dir, daß Du so freundlich und gnädig bist. Wie sollen wir Dir vergelten alle Deine Wohlthat, die Du an uns gethan? Nicht durch Loben und Danken allein, sondern vor allem durch ernste und heilige Gelübde und durch treuliches Halten dessen, was wir heute aus dankerfülltem Herzen geloben: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben." Wir wollen ihn halten, den Bund, welchen Du durch Jesum Christum, unsern Herrn und Heiland auch mit unserem Volk geschlossen hast; wollen nicht werden eine abtrünnige und ungehorsame Art, deren Herz nicht fest ist, deren Geist nicht treulich hält an Dir. In Sonderheit geloben wir heute: Wir wollen Treue halten und bewähren dem teueren Hause Wettin, das Du in das Regiment über uns und uns zum Segen gesetzt hast; wir wollen Treue halten und bewähren dem erhabenen Haupte dieses Hauses, unserm geliebten Könige, dessen Augen scheu nach den Treuen um Lande und von welchem das Wort gilt (Sprüche Salomonis 22, 11): „Wer ein treues Herz uud liebliche Rede hat, deß Freund istcher König." Und wie wir geloben, so bitten wir auch. Denn ohne Dich vermögen wir nichts, und alle gute und vollkom mene Gabe kommt von Dir. Segne den König uud sein ganzes Haus im Geistlichen und Leiblichen nach dem Reich tum Deiner Güte. Rüste ihn aus mit aller Weisheit und Kraft von oben, deren er zur Führung seines königlichen Amtes bedarf. Bewahre ihn vor Leid uud Gefahr. Umgieb seinen Thron Änt weisen und frommen Ratgebern, die sein und des unzertrennlichen Volkes Wohl auf betendem Herzen tragen. Und wenn er diese Fest- und Ehrentage seines Hauses an der Seite seiner treuen Stände hat feiern wollen, fo laß für und für unser Sachseuvolk vor ihm durch Männer ver treten werden, welche furchtlos und treu im Sinuc unseres königlichen Herrn das Beste des Landes suchen und dem nach- streben, was dem Frieden und öffentlichen Wohlstände dient. Hilf, daß ihm gelinge, was er zu des Vaterlands Besten unternimmt. Sei mit seiner Gemahlin, unserer geliebten Königin, mit des 'Königs Bruder und dessen Söhnen und Töchtern, sei mit dem ganzen Hause Wettin bis in die fernste Zukunft und sprich zu ihm: „Ich bin Dein Schild und Dein sehr großer Lohn." Sei mit unserem geliebten Sachsenvolke, daß cs für und für in Treue stehend zu Kaiser und Reich ein starkes und gesegnetes Glied des großen deutschen Vater landes, ein Kleinod unter den deutschen Stämmen bleibe, ein Helles Licht unter den Völkern auf Erden. Herr, wir haben uns unterwundcn, mit Dir zu reden. Hilf, daß Alles wohlgclniac, was wir von Dir gebeten haben. Dazu weise uns Deinen Weg, daß wir wandeln in Deiner Wahrheit, erhalte unsere Herzen bei dem Einigen, daß wir Deinen Namen fürchten, dreieiniger Gott. Ehre sei Dir, dem Vater und dem Sohne und dem heiligen Geiste, wie es war von Anfang, nun und zu immerwährenden Zeiten." — Aus Anlaß der vorige Woche in der Chem nitzer Gegend gefallenen Wolkenbrüche schreibt der Direktor des Königl. meievrolischen Instituts, Ur. Schreiber, u. a.: Rätselhaft sind die Vorgänge in den Erscheinungen, welche wir als Wolkenbrüche bezeichnen. Noch rätselhafter aber ist der Jndifferentismus der ländlichen Bevölkerung in Bezug auf die Ermittelung der bei starken Gewittern und sonstigen bedeutenden Regenfällen herabgehenoen Wassermengen. Solche Vorkommnisse bilden tagelang den ausschließlichen Gegenstand des Gesprächs und muß dies, wenn auch nicht die Wißbegier, so doch die Neugier anregen. Welche Opfer bringt man aber der Befriedigung der Neugier? Stundenlange Fahrten im dichtgedrängten Wagen, Hitze, Staub, Hunger, Durst, allerhand kör perliche Anstrengungen, um einen Festzug oder sonst etwas zu sehen, das kommt nicht in Frage. Hier aber wird dies alles nicht verlangt. Man soll irgend ein Gefäß hinaussetzen und bestimmen, wieviel Wasser hineingefallen ist. Dies und eine Postkarte, das sind die ganzen Opfer, die man zu bringen hat. Was aber hierdurch der Allgemeinheit für Nutzen erwachsen kann, das läßt sich noch gar nicht absehen. Fast alle ge werblichen Unternehmen der Menschheit werden von den Witterungsvorgängen beeinflußt, möge daher jeder mann, soviel er kann, dazu beitragen, die Gesetze dieser Vorgänge kennen zu lernen. — Dresden, 19. Juni. Mit dem Abendfest, welches, von der Stadt Dresden veranstaltet, von heute abend 7 Uhr an auf der Brühl'schen Terasse stattfand und in Konzert mehrerer Gesangvereine und Musikkapellen, sowie in einem großartigen Feuerwerk bestand, erreichte die Wettin-Feier ihr Ende. Die Königliche Familie und die hier weilenden Fürstlich keiten waren von i/s9 Uhr an auf der Terasse anwesend. Das römische Feuerwerk wurde wegen drohenden Regens bereits zwischen 9 und 10 Uhr abgebrannt. Gerade zu stürmische Bewunderung eregte die imposante Ruh- meshalle mit ihren 36 Regentenbildern und dcrSaxonia- statue. Garben und Regenfeuer, Stern- und Bunt feuer in den seltensten Farben wechselten in schneller Folge mit einander ab. Ueberwältigt war das Schluß bouquet. Und zu dem pyrotechnischen Schauspiel, welches sich auf dem rechten Elbufer von ca. 50 in langen und 15 ru hohen Gerüsten aus abspielte, kam das herrliche Nachtbild, welches die Elbe mit ihren zahl reichen, reich illuminierten Elbkähnen bot, auf denen sich tausende von Zuschauern befanden. Das Feuer werk dauerte insgesamt 54 Minuten. — Die Kosten des König-Johann-Denkmals be laufen sich auf 277 000 M. Prof. Schilling erhielt hiervon 90000, der Erzguß erfordert 105000, die Gründung 52 000 M. — Zwickau, 19. Juni. Am Tage des Aus bruches des hiesigen Bergarbeiterausstandes hatten sich die Bergarbeiter Josef Riedel aus Schwaderbach, Karl Hermann Schmalfuß, Ernst Paul Arzt und Paul Max Morgner, allerseits hier, Hinreißen lassen, ihre fort arbeitenden Kameraden zur Teilnahme an der verab redeten Arbeitseinstellung zu veranlassen, wobei sie den Bergarbeiter Moritz Richard Ackermann zu Boden schlugen, gemeinschaftlich mißhandelten und verletzten. Morgner wiederholte diese Auftritte auch am nächsten Tage, Morgner und Schmalfuß erhielten deshalb jetzt vom hiesigen Landgericht je 6 Monate, Riedel und Arzt je 5 Monate Gefängnis zuerkannt. — Am nächsten Sonntag, den 23. Juni, nach mittag 1/^2 Uhr, findet die Jahresfeier des Missions- Zweigvereins zu Glauchau statt, mit Festgottesdienst