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1095 Nummer 182 — 28. Jahrgang »richetni 8mn! wSckien«. mit den Mustr. Sraurdetlasen .Di« »eit" und der Mnderbeilage.Frohmut", lowi« den rellbetlagen ,Et. Bemio-Blall". .llnlerhalNing und Wissen". .Die Weil der Frau", RerpUiher Ratgeber". Da» gute Buch". .Fllmnmd- slhau". Monatlicher Bezugspreis S Mt. einlchi. Bestellgeld. Utnieinummer Iv 4. Sonnabend, u. Sonnlagnummer !SV 4. Hauvtlchrlslleiter! De. iS. DeSezpk. Dresden. Sächsische Donnerstag, den 8. August 1928 «erlagSort, »reSdro »uzeigeupreii«, Di« igelpaltene Petitzeile S« 4 Familien» an,eigen u.Stelleiigeluche »<»4. Die Petitreklamezeil«. 8« mm breit, 1 4». Für Anzeigen außerhalb de» BerbreltungSgebieteS 404 die PetttreNam»,eile Briesgeb.Iio^. Im Fall« höherer Bewa» erlischt ,ede BerpMchtung aus Lteserung lotvl« Erfüllung v. Anzeigen-kuttrügen u. Leistung v. Schadenersatz, »elchöltlicher r«U: Artur Leu». Dresden. N olrssenun iSelchäftSftelle, Druck u.Berlag > «ermama. Sl^tS. für Bering und Druckerei, Filiale Dresden. Dresden-«. >. Dolierltratze N. FernrutLiOlll. Postlchecklonlo Dresden r1k>3. Bankkonto- Etadtbaut Dresden Rr. >-I7l'> Für christliche Polilik und Kultur Stevaktloo der Sächsischen ValkSzvtiuna DreSden-AUIladl i. Poilerktratze >7. F<nniru> Mil und 71012. Der englische Standpunkt Grohbritannien tehn» den neuen Derteitungsschtüsset für die deutschen Zahlungen ab Sensalion im Kaag Haag. 7. April. Das Ereignis der gestrigen ersten Arbeitositzung, die nach der formellen Eröffnungssitzung am Spätnachmittag stattsand, war eine Rede des englischen Schatzlranzlers Snowden, der als Führer der englischen Delegation scharfe Kritik am Aoung-Plan übte. Der Aoungplan, so erklärte er, sei ein an sich wider spruchsvolles Dokument. Sein fundamentales Ergebnis sei die Feststellung des Betrages, den Deutschland als Reparationen zu zahlen habe. England habe mehr als ein anderes Land an die Leistungsfähigkeit Deutschlands gedacht, und cs sei sich klar darüber, das; die Lasten die Grenzen der deutschen Zahlungs fähigkeit nicht übersteigen dürften, sonst würden sich die Schwierigbeiten bei der Beschaffung der Beträge für die Repa rationszahlungen ergeben. Die Abschaffung der Kontrollen des Dawesplancs sei von England begrüßt worden, lieber die Bank und über die Golddepositcn sowie über technische Einzel heiten des Uoungplanes wolle er vorläufig nicht sprechen. Das Statut für die künftige Bank hätte feiner Ansicht nach sehr sorgfältig geprüft werden müssen. Die jetzigen Vorschläge gingen weit über ein Clearinghouse für die deutschen Zahlungen hinaus. Scharfe Kritik übte Snowden daun an dem im Boung- Plan vorgeschlagenen Verteilungsschlüssel für die Reparationszahlungen. Der ungeschützte Teil biete für die Alli ierten die größte Sicherheit, da er mobilisieibar und hommer- zialisierlmr sei. Von diesem Teil erhalte Frankreich allein fünf Sechstel. Sein Anteil an den Re;»arationen erhöhe sich pro Jahr gegenüber dem Dowcsplan um zivei Millionen eng lische Pfund. Der verbleibende Rest müsse außerdem noch unter verschiedene andere Staaten verteilt werden, so daß auf Frank reich 50, auf Italien 42 und auf sämtliche anderen Staaten der Rest von 100 Millionen entfalle. Unter diesen Staaten, die auf denjenigen Teil der deutschen Reparationen angewiesen seien, die unter Umständen nicht bezahlt zu iverden brauchten, befinden sich kleine Staaten, die bei den Sachverstän dige aber« l ungen nicht vertreten waren. Er spreche formell und offen, wenn er hier erbläre, daß diese Verteilung überhaupt nicht zu verteidigen sei. Durch diese Lösung würden verschie dene Gläubigermächte viel zu sehr bevorzugt, während andere durchaus benachteiligt würden. Zusammenfassciid betonte Snoivden. daß der englische Widerspruch sich 1. gegen den Verteilungsschlüssel. 2. gegen die Art der Verteilung »nd 3. gegen die Bestimmung des ?joung» planes über die Sachlioferungen richte. Das englische Abgeord netenhaus werde niemals seine Zustimmung zu irgendwelchen neuen Opfern und neuer Preisgabe englischer Interessen geben. Hierüber bestehe kein Unterschied zwischen den Parteien, da alle Parteien sich hierüber, wie jeder Mensch es wisse, vollkom men einig waren. Eine Preisgabe nationaler Interessen könne von England nicht erwartet werden, solange eine englische Ne gierung im Amte sei, und jede Regierung Großbritanniens werde darauf bestehen, daß Großbritannien in der Regelung der Reparationen fair behandelt werde. Er habe den ans richtigen Wunsch, daß die Konferenz zu einer Lösung dieser schwierigen und delikaten Frage gelange. Er müsse sich aber auf den Standpunkt seines Freundes Macdmiald stellen, daß die Konferenz nur Eutschüssc annehmen könne, die auf der Gerechtigkeit ausgebaut seien. Ein Abkommen, das nur Unzufriedenheit auslöse, sei kein Ab kommen. — Der Vorsitz in dieser Sitzung wurde von dem belgischen Ministerpräsidenten Jaspac geführt. Er wird auch in der nächsten Sitzung den Vorsitz Inhalten. Später soll der Vorsitz nach dem Alphabet der Lander wechseln Der Kulkurkamps -er Sowjets Arbeitstag stall Feiertag Moskau, 7- August. Die Telcgraphenageutur der Sowjetunion meldet: Bor kurzem hatten die Arbeiter einiger Leuiugrader Betriebe vor- geschlage», den religiösen Feiertag am 0. August als In dust r ia l i s i e r u ng s tag zu proklamiere», und den Ver dienst dieses Tages dem Iudujtrialisieruugsfouds zu übergeben. Dieser Vorschlag wurde allenthalben einer Beratung unter zogen und von den Gewerkschaften angenommen. Infolge dessen arbeiteten heute in der ganzen Soivjetuuiou die Betriebe und Institutionen in normaler Weise, wobei etwa 16 Millionen Rubel au Löhnen dem Iudustriealisierungsfouds zuflossen. » Die Sowjets fahren mit ihrer Bekämpfung der Religiosi tät folgerichtig fort. Selbstverständlich ist die Mehrzahl der Arbeiter nicht gefragt worden, ob sie an dem bisherigen Feier tag arlreiten wollen. Die von der Sowjet-Freiheit beglückten russisä)en Arbeiter werden sich sicherlich sehr gefreut haben, zrigunsten der kommunistischen Staatskasse einen Tag. den sie früher feiern durften, umsonst durä-arbeite» zu dürfen! Amerika» kein Land für Kommunisten Paris, 7. August. Der „Newyark Herald" berichtete, daß der Führer der amerikanische Kommunistenliga, Eannon, mitgeteilt hat, daß die Zahl der Mitglieder der Liga infolge von Austritten, Spal tungen usw. auf 5000 gefallen sei. während sie 1920 noch 50 000 betragen habe. Die Kommunistin Iugendliga zählt nur noch 1500 Mitglieder gegen 5000 im Jahre 1924. Streikunruhen in Rumänien und Indien Bukarest, 7. August. 3800 Arbeiter der im Tal des Iiü bet Lupeni gelegenen Kohlenbergwerke sind gestern inStreik getreten und haben das Elektrizitätswerk besetzt und die Maschinen zum Stillstand gebracht, so daß während der Nacht der ganze Distrikt <n völlige Dunkelheit gehülst ivar. Auch di« Pumpstationen der Veigiverke wurden außer Betrieb gesetzt, so daß die Ge fahr besteht, daß die Gruben versaufen. Dienstag früh erschien der Staatsanwalt mit einer Truppeuabteiluug im Streikgebiet, um Verhandlungen mit den Streikenden zu führen. Die Be sprechungen. au denen auch der Präfekt teilnahm, blieben je doch erfolglos. Als der Staatsanwalt im Namen des Gesetzes die Streikenden aussorderte, die besetzten Gebäude zu räumen, wurden von den Arbeitern einige Schüsse abgegeben. Die Trup pen erwiderten das Feuer. 32 Arbeiter wurden getötet und etwa 100 verletzt. Der Streik mar auf die durch die Einführung des Kol lektiv-Vertrages verursachte Unzufriedenheit unter den Arbei tern zurückzusühren und trägt keinen kommunistischen Cha rakter. Am Mittwoch ist die Arbeit in den meisten Berg- iverkeu wieder aufgenommen worden. London, 7. August. „Daily Mail" berichtete aus Kalkutta: Die Lage, die durch den Streik der Arbeiter in den Iutefabrikeu ver ursacht wurde, hat plötzlich einen ernsten Umfang augeuommeu. Während der Nacht fand ein Kampf zwischen Streikenden, Fabrikwächtern und der Polizei bei Naihati, 24 Meilen nörd lich von Kalkutta, statt. Acht Personen wurden getötet und 20 verwundet. Polizekierstärkungen sind nach dem Sä>au- platz der Unruhen befördert morden. Verminderung -es chinesischen Keeres Nanking, 7. August. Bei Beendigung der zweiten Konferenz für Soldateneiit- lässungen hielt Tschiaugkaischck eine Rede, in der er die gegen wärtige Stärke der Armee mit 2 Millionen Mau» a»gab uns den Beschluß der Konferenz mittcilte, das Heer aus 800 000 Mann h e ra b z u se h c n. Die Einnahme,, Chinas beliefen sich auf insgesamt 450 Millionen merikaiiische Dollar, von denen 100 Millionen für die Rückzahlung der nationalen Schuld ver wendet werden müßten. Das Heer kost« mindestens 396 Millionen ohn« Mrücksichtiguna der außerovdentlichen Ausgaben. Daher sei eine starke Hecresvermindcrimgn das einzige Mittel, China vor dem Bankerott zu retten. Selbst mit der Herablehuiig auf 800000 Mann würden sich die Ausgaben für militärisch« Zwecke auf 60 Prozent der Staatseinkünfte belaufen. Snvwderis Krückstock „Holland kann sich beglückwünschen, daß es an die» ser Konferenz nicht teilzunehmen braucht", so hat Herr Philipp Snowden, Führer der Arbeiterpartei Eng lands und derzeit Schatzkanzler des Britischen Reiches, in der Eröffnungssitzung der Haager Konferenz der gast gebenden Regierung erklärt. Eine höfliche ironische Wendung — und doch eine furchtbar bittere Wahrheit. Für alle die dreizehn Staaten, die im Haag vertreten sind, bedeutet diese Konferenz eine schlimme Notwendig keit. schöne Hoffnungen und Träume zu begrabe». Auch für die Gläubigerstaaten. „Die Illusion, daß Deutschland alles bezahlen wird, ist vorbei", schrieb kürzlich ein gro ßes Pariser Blatt. Die stolzen Sieger von einst zer brechen sich heute die Köpfe darüber, wie sie ihre eigenen Schulden an Amerika bezahlen sollen. Deckung für diese Schulden durch die dcuüchen Reparationen zu schaffen, das ist die Hauptaufgabe dieser Konferenz. Da haben nun monatelang in Paris die Sachver ständigen gesessen, und schöne Wor-e sind gesprochen wor den über die Leistungsfähigkeit Deutschlands, eine Un summe wirtschastliclier und politischer Intrigen ist aufge- wendet morde», um einen brauchbaren Borschkag für die künftige Regelung der deutschen Zahlungen zu schaffen. Den Plan, der schließlich mit Blühe und Slot sertiggestellt worden ist. hat man in Deutschland allgemein als kaum tragbar bezeichnet. Wer nun eiiva geglaubt hat, dis Tragbarkeit dieses Planes sür Deutschland werde im Hang noch einmal zur Erörterung gestellt werden — han delt es sich doch nur um ein Werk oon Sachverständigen, das für die Regierungen zunächst keinerlei bindende Kraft besitzt —. der hat sich schwc. geirrt. Ter Kampf der Meinungen ist an einem gon.. anderen Punkte ent brannt. Man streitet sich zunächst um die Verteilung der deutschen Zahlungen. Das eigentliche Er gebnis der Konferenz wird also vorweggeuommen. Man hat den Bären noch nicht, aber mau zankt sich um sein Fell. Snowden als Führer der englischen Delegation hat diese Diskussion in Gang gebrach!. Er weiß sehr wohl, warum. In diesem gebrechlichen Körper, der sich beim Gehen auf zwei Stockkrücken stützen muß, wohnt ein sehr beweglicher Geist. Für England kommt alles darauf an, Frankreich von Anfang an in eine schwache Position zn drängen. Das konnte nicht besser geschehen, als durch den Hinweis, daß Frankreich ja künftig fünf Sechstel der ungeschützten deutschen Zahlungen erhalten soll (mit- hin das größte Interesse ack Gelingen der Konferenz hat. Und du> ch die Erklärung, daß England sich solidarisch fühle mit den kleinen Nationen, die durch den neuen Verteilungsschlüssel gleichfalls be- nachteiliat worden seien. „Ein Abkommen, dos alige- meine Unzufriedenheit auslöst, ist kein Abkommen!" — Wenn Herr Snowden mit seinem Krückstock auf den Tisch des Hauses geschlagen hätte, hätte er kaum größere Sen sation erregen können. Diese Rede war ein deutlicher Wink, daß England nicht unter allen Um stünden an einem positiven Ergebnis der Konferenz interessiert ist. Andere Konferenzen haben nach mehr oder minder freundlichem Beginn zu einer Krise geführt: derartige Krisen sind ja die natürlichen Begleiterscheinungen politi scher Konferenzen. Die Beratungen im Haag beginnen aber gleich mit einer Krise. Kein Wunder, daß nicht nur abergläubische Leute (denen es etwa auf die Nen>en gehen könnte, das; hier 13 Delegationen an einem Tisch sitzen) der Konferenz ein schlimmes Schicksal prophezeien. — Auf deutscher Seite Kami man dem englischen Schatzkanzler für seine Aufrichtigkeit nur dankbar sein. Dein Streit der anderen könnten wir ja gelassen zusehen — wenn dieser Streit nicht um unsere Haut ginge! So aber besteht aufs neue die Gefahr, daß eine Einigung der anderen schließlich auf unsere Kosten erfolgt. Herr Snowden könnte allzuleicht in die Versuchung fallen, der Herr Lloyd George vormals so oft unterlegen ist. seine bessere Erkenntnis von der Leistungsfähigkeit Deutsch lands zugunsten eines fetten Kompromisses mit Frank reich zurückzustellen. Angesichts dieser Tatsaclien müssen wir uns erinnern, daß auch wir kein Interesse an einem Abkommen haben, „das allgemeine Unzufriedenheit aus- löst". Schließlich sind wir es ja. die bezahlen fallen. Ohne Anerkennung unserer gerechten Forderungen kommt für uns eine Annahme des Young-Planes nicht in Frage. Die- sen Forderungen entspräche es aber nicht, wenn jetzt ein Die heutige Nummer enthält die Beilage »Unter« haitunguntzWtsfen-.