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WMirM Tageblatt A?1chkMk tügl'ch Mit AuLnabrne der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für d»s nächster» scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. L*r Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SS Pf. Merate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Sxpedition: Waldenburg, Obergaffe 2SIs. —— nnd KM»tl«ü für dm Mhlraih >« WastMsrz. Filialen: in Altstadtwatdenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtia, Mandelgaffe: in Rochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau Lei Hrn, Buchhändler E. Dietze: in Wechselburg bei Herr» Schmied Web-i; in Lichtenstein b. Hrn. Buchh. I. Wehrmann. — — Zugleich wett verbreitet in den Städten Perris, 8«uzena«, Lichteustem-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: RltstadL-Waldenburg, Bräuusdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen- lkuöa-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, RochSburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. «6. Dienstag, den 19. März IMS. Witterungsnussichten für dm 19. März: Vorwiegend trübes Wetter mit Neigung zu Niederschlägen. Temperatur über 0. Barometerstand am 18. März, nachmittags 3 Uhr: 759 mm. Gefallen. "Waldenburg, 18. März 1889. Die Vermehrung der Artillerie, wie sie von der Reichsregierung gefordert wurde, ist von der Budget commission des Reichstages nach einer einzigen Sitzung genehmigt worden, und der Reichstag selbst wird die Vorlage noch in dieser Woche ziemlich einstimmig gut heißen. Da schon alle nothwendigen Maßnahmen zur Verstärkung getroffen sind, wird dieselbe also präcis zum kommenden ersten April ins Leben treten. Durch Besorgnissevoreinem nahen Kriege ist die Vermehrung der Artillerie in keiner Weise veranlaßt worden. Die Militär-Verwaltung will sich nur nicht durch die An strengungen, welche rechts und links von unseren Grenzen auf artilleristischem Gebiete gemacht werden, überflügeln lassen. Die Vorlage hat auch thatsächlich in Paris und Petersburg nur geringe Aufmerksamkeit erregt, man hat sich wenig damit beschäftigt. Diese ganze Behandlung ist ein neuer Beweis dafür, wie sehr alle Länder den Frieden für gesichert halten. Wäre dieser Gesetzentwurf ein Jahr früher gekommen, zur Zeit, als der Streit über die russischen Truppen bewegungen in höchster Blüthe stand, sie hätte sicher zur Vermehrung der allgemeinen Sorgen beigetragen. Heute sprechen wir selbst in Deutschland nur davon, weil es sich um weitere Millionen für Militärzwecke handelt. Ob die europäischen Großstaaten mit der Vermehrung ihrer Vertheidigungskraft schon am Ziele angelangt sind, weiß Niemand, und es ist auch nicht recht zu glauben. Die Fragen des rauchlosen Pulvers und des besten RepetirgewehrS schweben immer noch, und wir wollen nur daran erinnern, daß in den zwei ersten Monaten dieses Jahres wiederholt die Rede von einem Waffenabschluß zwischen der deutschen Reichsregierung und der staatlichen österreichischen Gewehrfabrik auf Lieferung des Manlicher - Gewehres gewesen ist. Deutschland hat viel auf militärischem Gebiete geleistet, und wir haben bei all' den ausgegebenen Millionen wenigstens den Trost, daß das, was angeschafft ist, auch brauchbar ist. Die hübsche Melinitgeschichte, welche Frankreich an die 60 Millionen gekostet hat, das Zer springen von Geschützen, Krummbiegen von Bajonnetten, wie es sehr häufig in England vorgekommen ist, so etwas ist nicht bei uns passirt und wird bei uns auch nicht passiren. Aber dieser Trost kann uns doch die Ueberzeugung nicht verdecken, daß das Reich so lange eine vorsichtige und gemessene Finanzpolitik befolgen muß, als die Nothwendigkeit der militärischen Neube willigungen nicht erschöpft ist. Im Reichstage ist im Laufe dieser Session wiederholt die prinzipielle Forde rung ausgesprochen: nicht zu viele Anleihen, und das ist richtig. Auch billige Zinsen machen schließlich einen hübschen Posten aus, und außerdem ist das deutsche Reich nicht dazu da, anderen Staatsangehörigen sichere Anlagewerthe zu geben. Unsere Finanzlage ist befrie digend; wir sind nicht in der wenig beneidenswerthen Lage, und haben das Herantreten derselben an uns vor der Hand auch nicht zu befürchten, wie etwa Italien. Die Volksvertretung in Rom hat bereitwillig anderthalbhundert Millionen für Rüstungszwecke be willigt, aber als es so weit kam, das Geld auszugeben, wußte man nicht, woher nehmen, und noch heute zer bricht man sich die Köpfe darüber. So steht Deutsch land nicht da, aber es steht auch nicht so da, wie das reiche England, in dem die Regierung soeben 450 Millionen Mark für Schiffsbauten verlangt, die ein- fach aus den lanfenden Einnahmen in sieben Jahren gedeckt werden sollen. Es ist auch fraglich, ob wir jemals solche glänzende Einnahmen bei unserem gewal tigen Landheer haben können; aber daran liegt auch nichts. Das deutsche Reich hat den Ruf eines gut fundirten, soliden Staatswesens und damit können und wollen wir zufrieden sein. Wir haben nicht nur eine starke Wehrmacht, sondern auch eine große Kapitalmacht, wir stehen in jeder Beziehung auf eigenen Füßen und brau chen vor keinem ausländischen Bankier einen höflichen Diener mit der Bitte um Geld zu machen. Je höhere Anforderung die Wehrmacht an die Leistungen des Reiches stellt, um so mehr muß auf die Förderung des wirthschaftlichen Wohlstandes Bedacht genommen werden. Den vermehrten Ausgaben müssen erhöhte Einnahmen gegenüberstehen. Und die wesentlichste Förderung erfährt der National-Wohlstand durch die feste Friedenspolitik. Daß die letzten politischen Sen sations-Ereignisse auch nicht für einen Moment Beun ruhigung geschaffen haben, das ist ein Erfolg deutscher Politik, welcher volle Achtung verdient. Wir brauchen nicht auf die verschiedenen Beunruhigungen in den letzten Jahren einzugchen; an das Geld, welches er damals verloren, denkt heute noch Mancher. Um so besser also, daß diese Periode abgeschlossen ist. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser und die Kaiserin besuchten am Freitag das Museum für Völkerkunde in Berlin und verweilten längere Zeit in demselben. Im Schloß empfing der Kaiser später den General von Lewinski, welcher das neue Exerzier-Reglement für die Feld-Artillerie über reichte, sowie die Mitglieder der mit der Ausarbeitung des Reglements beauftragten Commission. Am Sonn abend Vormittag hatte der Kaiser dem Portrait-Maler von Angeli eine Sitzung gewährt, und erledigte dann die lausenden Regierungs-Angelegenheiten. Am Nach mittage begaben sich die Kaiserlichen Majestäten, sowie der Großherzog und die Großherzogin von Baden aus Anlaß des Jahrestages der Beisetzung Kaiser Wilhelms I. nach Charlottenburg zum Besuch des Mausoleums. Am Sonntag Nachmittag unternahm das Kaiserpaar eine längere Spazierfahrt. Später war Familientafel. Es sind bestimmte Befehle nach Potsdam gegangen, Schloß Friedrichskron bis zum 1. Mai fertigzustellen. Die Uebersiedlung des Kaiser paares dorthin erfolgt, sobald es die Witterung irgend erlaubt. Die Reise nach England wird der Kaiser auf der Dacht „Hohenzollern" unternehmen. Wie ver lautet, ist für dasselbe in der Gladenbcck'schen Gießerei eine Gallionfigur in Gestalt eines mächtigen Adlers gegossen und soeben an die kaiserliche Werft in Kiel versandt worden. Am Sonntag Vormittag wohnte das Kaiserpaar dem Gottesdienste in der Dreifaltig keitskirche bei und empfing nach demselben den Besuch der auf der Durchreise nach Paris in Berlin einge- troffenen Großfürsten Wladimir von Rußland. Spä- ter ertheilte der Kaiser dem Commerzienrath Schlutow aus Stettin und dem Director Lohmann aus Bremen Audienzen. Nachmittags unternahmen die Majestäten eine Spazierfahrt, worauf die Familientafel bei der Kaiserin Augusta stattfand. Kaiser Wilhelm soll den Prinzen von Wales, seinen Oheim, für Ostern zum Besuche nach Berlin emgeladen und der englische Thronfolger die Einladung angenommen haben. Es wird die Bermuthung aus gesprochen, daß dieser Besuch mit den politischen Be sprechungen in Verbindung steht, welche zwischen Ber lin und London stattgefunden haben. Die Beziehun gen zwischen Deutschland und England sind zur Zeit recht gut, daß aber der Abschluß eines förmlichen Bündnisses geplant wird, wird doch, und wohl . mit gutem Grunde, bezweifelt. Der Wortlaut der Ansprache des Kaisers an die Vorsteher der deutschen Jnnungsverbände wird jetzt von betheiligter Seite bekannt gegeben. Darnach hätte der Kaiser gesagt: „Meine Herren! Ich danke Ihnen für die soeben und in der Adresse ausgesprochenen Worte, und freue mich, daß es mir endlich gelungen ist, auch mit dem Handwerkerstande in nähere Berührung zu treten, was mir bis jetzt lei der nicht möglich war. Wenn der Handwerkerstand in Folge der großen Ereignisse, welche durch das Hin scheiden meines Vaters und Großvaters sich vollzogen haben, bangend in die Zukunft schaute, so war es, wie Sie treffend hervorgehoben haben, meine erste Aufgabe, das Erbe meines Großvaters anzutreten und meinen Landen den Frieden zu erhalten; ich freue mich, daß Sie mich so schön verstanden haben, zu welchem Zwecke ich meine große Reise unternommen. Es ist richtig, ich hatte dieselbe unternommen zur Erhaltung und Sicherung des Friedens. Es ist ein Anderes, wenn ein 90jähriger Mann die Regierung leitet, wie mein seliger Großvater, welcher ein thaten-und erfolgreiches Leben hinter sich hatte; er war der Aelteste unter den College», sein Wort unv sein Rath wurden gesucht, man that ihm viel zu Liebe. Nun komme ich als ncunundzwanzigjähriger Mann,' Niemand kannte mich, ich mußte mir erst das Vertrauen meiner Collegen er ringen. Ich glaube aber, daß mir mit Gottes Hilfe die Erhaltung des Friedens auf lange Jahre hinaus gelungen ist, denn, worauf Sie ebenfalls hingewiesen, nur im Frieden kann das Handwerk gedeihen. Da rum üben wir, wie Sie in der Adresse ausgeführt haben, Gotterfurcht, bleiben wir einfach und arbeiten wir fleißig, dann werden wir auch zu den gewünschten Zielen gelangen. Das deutsche Handwerk muß meiner Ansicht nach wieder auf die Höhe kommen, auf wel cher es vor dem dreißigjährigen Kriege stand. Ich habe es bereits im Auslande erfahren, daß dasselbe sich bedeutend gehoben und jetzt obenan steht. Dieses habe ich auch aus der Statistik bestätigt gefunden. Nach Ihren Worten in der Adresse verdanken Sie meinem Großvater diese Fortschritte. Ich versichere Ihnen, daß ich und meine Regierung dem Handwerk im Sinne meines Großvaters stets schützend zur Seite stehen werden. Ihnen, als den Vertretern der deutschen Jnnungsverbände, muß ich sagen, die Ein richtung der Verbände und des Centralausschusses sind eine schöne Sache, insofern als zum Gedeihen des Handwerkes durch sie Gottesfurcht und Sittlichkeit ge pflegt werden. Ich danke Ihnen nochmals für die mir ausgesprochenen Glückwünsche und bitte Sie, die sen meinen Dank Ihren Auftraggebern zu übermitteln." Ueber den Aufenthalt der Kaiserin Friedrich in K'el wird von dort berichtet: Bei ihren täglichen Spaziergängen unterläßt die hohe Frau nicht, von den Sehenswürdigkeiten und den Wohltätigkeitsanstalten Kiels mit eingehendem Interesse Kenntniß zu nehmen. Ebenso ist die kaiserliche Werft, woselbst augenblicklich wegen der Indienststellung des Sommergeschwaders eine rege Thätigkeit herrscht, von den höhen Herr schaften besichtigt worden. Aus Florenz wird mitge-