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AWsche GbMmig. Amts- und Anzeigeblatt für das Königs. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Die „Sächsische Elb-Zcitilllg" erscheint Mittü'och und Sonnabend und ist durch allc Pofianfialtcn, sowie durch die Erpcdltion dieses Blatte« fiir IN Ngr. vicriel- sShrlich zu beziehen. — Inserate sür das MiiiwochSbiail weiden bis Dienstag früh !> ilhr/ sstr das Sonnabendsbiaii kpäiestena bis Freitag früh !> Uhr er. beten z später etngebende Inserate können erst in der daraus folgenden Nummer Ausnahme finden. — AnSwärtS werden Inserate siir die Eibzeitung angenommen in Hohn stein bei Hrn. Hesse, in Dresden in.den Annouecn-Bureaur der Herren W. Saalbach und M. Ruschplcr, und Haaseustciu L Vogler u. H. Engler in Leipzig. 32. Schandau, Sonnabend, den 22. April 1871. Ucbcr die Stellung Deutschlands zn der gegenwärtigen Krisis in Frankreich sagt die halbosficiellc „Prov.-Corr.": „Die deutsche Negierung hat sich den traurigen Zuständen in Pa- ris gegenüber, geireu dem von ihr wiederholt aus gesprochenen Gruncsage, seither jeder Einmischung in die inneren Kämpfe Frankreichs enthaltet!, obwohl durch dieselben augenblicklich ihre eigenen nnmitlclba- ren Interessen und ihre auf dem vorläufigen Frie densschlüsse begründeten Rechte berührt und beein trächtigt werden. Wenn die Negierung in Versail les mehrfach Andeutungen gemacht hat, alö ob ihr von deutscher Seite Anerbietungen einer Einmischung mit Waffengewalt, sogar mit rissiger Dringlichkeit gemacht worden seien, so entbehren solche Andeut ungen jedes thatsächlichen Grunde« und find wohl nur durch daS vermeintliche Vedürfniß einer gewis- scn Einwirlung auf die öffentliche Meinung in Frankreich hcrvorgerufcn worden. — Unsere Negier ung hat es unter den obwaltenden Verhältmssen allerdings als eine Ehrenpflicht erkannt, die Hand dazu zu bieten, daß etwaige Hemmnisse, welche der anerkannten Negierung Frankreichs bei der Erfüllung ihrer jetzigen schwierigen Ausgabe aus den augenblick lichen Verpflichtungen gegen Deutschland erwachsen könnten, soviel als möglich beseitigt und abgcschwacht werben. Sic hat der Versailler Negierung jede thun- lichc Erleichterung gewährt, sowohl durch Entgegen kommen bei den Anordnungen wegen Rücksendung der Gefangenen, alö auch durch Zugeständnisse in Betreff der Zusammenziehung und der Bewegung größerer Truppenmaffen, als sic nach den FrievenS- präliminaricn zunächst zulässig wärcn, sowie endlich durch mannigfachc anderweitige Rücksichtnahme und Nachsicht, namentlich auch in Betreff der Erfüllung unserer augenblicklichen finanziellen Forderungen. Darüber hinaus hat die deutsche Negierung eine Ein mischung in die inneren Kämpfe weder angedoten, »och beabsichtigt. Sic würdc fich dazu wider ihre Neigung nur dann entschließen, wenn sic die Inter essen Deutschlands durch den Gang der Ercigmsse ernstlich gefährdet glaubte. In solchem Falle wür den ihr in einer Armee von 500,000 Mann, welche noch ans dem Boden Frankreich« steht, und von wel cher 200,000 Mann in wenigen Stunden vor die Thore von Pari« rücken können, die Mittel zur schleunigen und wirksamen Wahrnehmung dieser In teressen zu Gebote stehen. Zunächst darf jedoch mit dem entschiedenen Wunsche auch die volle Zuversicht fcstgehalten werden, baß Frankreich bic jetzige schwere Krifiü selbstständig überwinden und bald wieder zu öffentlichen Zuständen gelangen werde, welche auch bic Erfüllung dcr Verpflichtungen gegen Dcutschland sichcrstcllcn." Tagcsgeschichtc. Sachsen. Schandau. Der am 10. d. M. Abend« 8 Uhr im Hegenbarth'schen Saale vom Herrn Prediger L. Uhlich auS Magdeburg gehaltene Vor trag war außerordentlich zahlreich besticht, alle Stände der Bewohner Schandau'« und Umgegend waren vertreten und bereits r/^8 war der Zugang zum Saale etwa« schwierig. Scho» die Würde dcö greisen Mannes machte auf alle Anwesenden den tiefsten Eindruck und nach- dem Vater Uhlich seine Freude geäußert, daß die Bewohner dieser herrlichen Gegend beginnen, auch ihr Inneres mit der umgebenden Natnrschönheil in Einklang zu bringen, begann er seinen Vortrag nm dem Thema: „Was soll ich thun, daß ich selig werde? Sic sprachen: Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du und dein HauS selig." (Ap.- Gcsch. 16, 30—31.) Mit dewunberungSwerlher Klarheit führte er au«, daß diese Worte, so schön sic auch klingen, so viel Seelen sie auch durch alle Zeiten — seit sie gesprochen wurden — beruhigt und befriedigt haben mögen, doch sür unsere Zeit, für da« 19. Jahrhundert, nicht mehr maßgebend seien, weil hier (laut dieser Worte) das Seligw erden unbcdingtcnGlanbiN an JesumChristum fordert. Aber die immcrmchr und mehr sich cnIwickelndeVernunft und Erkenntnih des Menschrngcschlechteo sei mit dcr Forsch ung auf wissenschaftlichem Gebiete Hand in Hand gegangen und dcr Emzelne mögc sich zuweilen quä len wie er wolle, um den Glauben zu bewahren, eö sei ihm doch nicht möglich, da der Zweifel fort und fort im Innern dcö Menschen cmpvrsteige und den Glauben crtödic. Der Zweifel habe sich zu al len Zeiten bei allen denkenden Menschen geregt, der Zweifel habe MoseS veranlaßt, mit dcr rgyptischen Gölterlehrc und Weisheit zu breche» und den Glauben an einen einzig wahren Gott den Israeliten zu verkün den; der Zweifel sei rS gewesen, welcher den auöge- zeichnetstcn der Sterblichen — Jesum — ver anlaßte, die Tradition, baü Gesetz und die Prophe ten, wohl als die Quellc vieler Wahrheiten, aber als überlebt und dem Zciigeistc cnlsrcmdet zu be trachten; dcr Zwciscl sei cü auch bei Zwingli und Luther gcwescn, wclchcr Lctztcrcn veranlaßt habe, jene Sätze an bic Kirchcnthür zu Wittenberg zu schlaget«, welche durch ganz Europa ihren Widerhall gefunden, und wodurch bickaiholischeKirche und mit ihr die Anmaßung dcö PapstcS in ihren Grundfesten cr- schültcrl wurde; der Zweifel sei cS gcwescn, wclchcr Vcranlassnng gab, den abgerifscnen Baumast — dcr dcn Urahncu zum Aufrcißen dcS Boden« gedient, in unsere» heutigen Pflug umzuwandel» uud cndltch sei eö der Zweifel an der Ntchtigkeit de« immer Be stehenden gewesen, durch welchen die heutige Bildung, Kultur, Industrie, Kunst und Wtffenschaft zu dieser kolossalen Höhc und Bcdcutung gekommen sei, wie eö eben hesteht. Auö Allem diesen zog der Niedner den Schluß, baß der Zweifel Nachdenken vorauösctzc und nur daü Denken der wichtigste Faktor sei, dcr unS im realen und idealen Leben auf den richtigen Weg bringe, unS geistig erhebe, im Kampfe umö Dasein stärke und unS jenem Ziele näher bringe, welches mit Chri stus alle Heroen und erleuchteten Geister vor uud nach ihm, gleichviel wclchcr Rcligion, ohne Auönahmc angcstrcbt und crhofft und alü allcin hcilbringcnd vcr- hcißcn habt» und wclchcS in cincm Wortc scincn Ausdruck findet und heißt: Menschenliebe. Am Schluffe gab dcr Redner jedem Einzelnen dcn Mahnruf auf dcn Hcimwcg: Waget zu denken! In vielen Augen leuchteten Thräncn dcr Rührung und mit cincm cndloscn Jubel und Beifallsstürme endete dcr Redner. Wir gingen ebcnfallö und auö dem Gedränge vernahm Referent die Stimmc eine« ergrauten Alten, wclchcr sagte: Freunde, rü wird Tag! — — Wie wir hören, werden wir am Montag, alü den 2-t. d. M., Abendö 8 Uhr, Gelegenheit ha ben, in demselben Lokale den im Dienste dcr Wahr heit und Freiheit crgranten Kämpfer Czcröki (wel- cher 1814—1816 mit Notige an dcr Spitze der frei religiösen Bewegung in Deutschland stand), zn hö ren und werden diese Gelegenheit ebenfalls nicht un- bcnützt vorübergchcn lassen, um uns an seinen Wor ten zu erbauen. — — Die von dein Königl. Ministerium de« In nern für die Zwecke dcö Sächs. Landcö - Militär- HilfSvercinü — Unterstützung von deutschen Invali den an« dem Feldzugc von 1870, sowie der Witt- wen und Waisen der in diesem Feldzugc gcfallcncn deutschcn Soldalcii — für den gestimmten Bereich de« Königreichs Sachsen genehmigte Hauücollectc findet in allen Schichten der Stadt- und Landbevöl ¬ kerung lebhafte Tbeilnahmc und Unterstützung; in der Stadt Leipzig belief sich dcr Ertrag dcr Collcclc auf übcr 15,000 Thlr. In Bezug auf dic „Kohlcnnoih" bringt daü „Dr. I." einen interessante» Bericht dcü Herrn Bcrginspcctorü Köllig über dic Stcinlohlcnwcrkc im Plaucnschcn Grnndc, wclchcr nachwcist, daß da- sclbst noch -1062 Acker Kohlciifcld unabgcbaul sind, unter denen übcr 870 Millionen Scheffel Kohle» lagern, deren Abbau bei einer jährlichen Production von 6 Millionen Scheffeln also einen Zeitraum von 115 Jahren in Anspruch nehmen würdc. Dic Lripziger Ostcrmcffc hat, waü dic Fre- qncnz vo» Mcßbcsuchern anlangt, unter guten Auspi- eien begonnen: cü sind die Fremden in großen Mas sen eiiigerückt, so daß in manchen in der Mrßlagc befindlichen Straßen oft dic Nachfragcn nach Woh nungen nicht bcfrirdigl werden konnten. Von glaubwürdiger Seite geht den „Dr. N." die Miltheilung zu, daß dcr Mörder dcü Hulmacherü Staabs in Bautzen neuerdings in der Person ei nes in Bautzen wohnhaften Cigarrenmachcrü ermit telt und auch bereits verhaftet worden sein soll. Meerane. Am Nachmittag des 17. April ha ben sämmtlichc Arbeiter und Ardcitcrinnen der mecha nischen Fabrik von Herren E. F. Schmieder L Co. die Arbeit eingestellt. Wie eS heißt, ist ihren For derungen auf eine 25proccnligc Lohnerhöhung nicht nachgegcben worden. Heute früh habeu auch dic Arbeiter in der mechanischen Fabrik dcr Hcrrcn Straff L Sohn und in dcr dcr Hcrrcn Gebrüder Schmieder die Arbeit eingestellt. (Unglücksfällc.) Am 10. April ist in Taucha dic logcnannie Sicinwcgömühlc nicbcrgebranitl. — Am 12. wurden in Braunüdorf bei Tharand drei llcinc Winhschasten, sowie ein nebenstehendes Wohn haus nebst Scheune durch Feuer zerstört. — An demselben Tage ist in Crostau bei Schirgiswalde oaS Lelanz'schc Wohngebäude eingeäschcrt worde». — Am 11. wurde dcr Kutscher Seibt aus Reiche nau in der Nähe von Reibersdorf bei Zittau so unglücklich überfahren, daß sein Tod bald darauf erfolgte. — Am 10. April brannte in Obcroder- witz bei Zittau das Neichel'schc Wohngcbändc nebst Scheune total nieder. Preußen. In Berlin Hal am 17. April da« deutsche Burgcrlhum eines seiner glänzendsten Feste, vielleicht das glänzendste in diesen Tagen gefeiert. E« galt der Bewillkommnung der Vertreter des gc- sammien deutschen Volkes, welche im Reichstag ver einigt sind. Daü neue prächtige Naihhauü hatte sei nen reichsten Schmuck angeihan und wahrlich dcr neuen deutschen Kaiscrstadt Bewohner haben alle Ur sache, stolz darauf zu sein. Auü dcr klcincn deutschen Ansicdelnng zu Anfang dcü 12. Jahrhundcrlü hat sich diese gewaltige deutsche Stabt entwickelt, und da sic bekanntlich durchaus nicht von der Natur begün stig« dasteht, konnten nur Ausdauer, Fleig und gei stiges Verständnis« an dieser Stelle so Großes voll bringen. Inzwischen ist dic Lage dcr Stadt an sich volkswirlhlchaftlich durchaus nicht übel gewählt, denn dic jederzeit schiffbare Spree verbindet sic eineSthcilS mit der Ober und anderncheilü mit dcr Elbe, wa» durch ein System guter Kanäle noch besser ermög licht wird. Hamburg und Stettin und selbst dic Provinz Posen stehen solchergestalt seit Jahrzehnten, zum Thcil seit Jahrhunderten mit Berlin in Bc- rührnng. Freilich haben die Eisenbahnen in ncucster Zeit noch ganz andcrc VerbindnugSwege geschaffen, Wege, aus welchen dic Abgrordnelen vom Rhein, vom Neckar, von der Isar, von dcr Donau, dcr Elbe, Oder, Weser, Weichsel und wie sic bunt durcheinander gemischt, die deutschen Flüsse allo heißen, zum Ausbau und zur Befestigung bcü ruhm reichen neuen deutschen Reiches gekommen waren.