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Ausgabe A Nummer 2KV — 32. Jahrgang Sgchelol s mal wöchentlich mit der lllustelerten Tralls- betlag« ^ver geuerrellei' und mehrer«, Lertbellagen vlonatl. Beingeprel«: Aurg. A mit Et Bennoblatt M. 7.7V Ausg. B ohne Et Bennoblatt M L.70 Etn,elnummer UPI-., Sonnabend. «. Sonntag-Nr. « Ps«. SachlWe SE-SMUNS Sonnabends 18. November 1933 «erlageort »«««»«« «n,etsenpr«IIe: dl« llpalt U mm d,eU. PelN-eU« U Big. — sllr gamlllenanzetgrn und Etellengeluch« 70 Psg. — 8llr Platzoor>chr>Iten können mir teln« Tewbhr leiste» -lebattlon: Dresden-«., Pollerstr. 17, gerne. W7ll u. LUlr kelchältsllell«, Druck und «erlaz: Eermanla Buchdrucker«! u Beelag Ih. «. D Winkel, Pollerstr. tr, Feine. stUlr, Pestlchcck: Nr. Ur», Bank: Eladtbank Dresden Nr. Sl7S7 UnsKKsiRglgS Gün rrknisllüvkv U>. KußKun Im gaste oon höherer iüewall, tleedol, Elrelt oder Betriebsstörungen hat der Bezieher oder Znse-enl eein« An>prüche, salls dle Zeitung >n belch'änll-m Umiang«, verlpötet oder nicht erlcheint. - Eriüllungsort le- »e» Kochaimm in der MI Ende Februar Ser ehemalige Funktionär im Rotsrontkämpferbund Grothe sagt vor dem Reichsgericht aus über die Vorbereitungen eines kommunistischen Ausstandes zur Zeit der Reichstagsbrandstistung Oie Vorbereitungen im Der 40. Tag Im VrandWer-prazeß Berlin. 17. Nov. Als erster Zeuge wird in der Verhandlung des Reichstags brandprozesses am Freitag der Maurer Otto Grothe aus Zepernick bei Bernau vernommen. Der Vorsitzende weist Ihn daraus hin, datz er darüber aussagen soll, ob zur Zeit der Reichstagsbrandstistung ein Aufstand in Vorbereitung war. Grothe erklärt, das; er Kameradschastsführcr im Rotsront- kämpferbund war. Er «volle zunächst die Gründe angeben, die ihn zu seiner freimütigen Zeugenaussage veranlasst haben. Er sei Funktionär in der kommunistischen Partei gewesen, der er seit dem 10. Oktober 1921 angehörte, um dem Proletariat mit seiner ganzen Kraft zu helfen. Die Jahre hätten aber bewiesen, das; die Partei einen unverschämten Schwindel trieb. Deshalb habe er sich von dieser Partei abgewandt. Der zweite Grund sei, datz im Volksmunde immer gesagt worden sei, Hitler und die Nationalsozialisten hätten den Reichstag angcstcckt. Als deutscher Arbeiter habe er nicht zugeben wolle», datz solche Angriffe gegen diesen Staatsmann erhoben würden. Deshalb habe er seine vertraulichen Mitteilungen dem Kommissar Heisig gemacht. Vorsitzender: Mitte Juni haben Sie bei Ihrer Vernehmung gesagt, Sie kennen die Leute nicht, die hier in Frage kommen. Zeuge: Bei meinen ersten Vernehmungen habe ich noch nicht angegeben, welche Funktionärstellungen ich hatte, weil ich be fürchtete, datz mir selbst daraus Schaden erwachsen könnte. Oer Kommunist Kempner Der individuelle Terror in der KPD Der Zeuge erklärt weiter, mit der Parole „Schlagt die Faschisten usiv." sei es so, datz an verschiedenen Stellen ge schlossene Abteilungen postiert wurden, um den Nationalsozia listen auszulanern und ihnen eine Abfuhr zu geben Datz hier nicht mit geistigen Massen gearbeitet wurde, sondern mit prak tischen Tatsachen, datz man wirklich die Faschisten damals ge schlagen habe, wolle er hiermit beweisen. Der individuelle Terror sei tatsächlich verboten worden, aber die Sache sah doch anders aus, wenn man sich einen Ausspruch des Abgeordneten Florin in einer Versammlung in den Pharussülen vor Augen halte, der sagte, so habe man sich die Bekämpfung des individuellen Terrors nicht gedacht, datz nun bei einer Demonstration oder illegalen Versammlung einfach alles auseinandergche, wenn ein Polizciofsizicr der Demonstration entgegentrete. Vorsitzender: Welche Wahrnehmungen haben Sie nach dem Reichstagsbrände gemacht? Sie haben bei Ihrer Vernehmung über eine Besprechung etwas gesagt, wobei der Singer eine Rolle gespielt hat, sowie die Funktionäre Kempner und Bier brauer. Anweisung zur Waffenverteilung für den 2Z. Februar Als Ich. erklärte der Zeuge Grothe, seit dem März In der Partei nicht mehr mitgearbeitet habe, hatte ich noch wegen der von mir verwalteten Gelder der Roten Hilfe abzurechnen. Deswegen hat am Montag, den 7. April eine Sitzung in der Privatwohnung des Varz stattgefunden. Der Wohnungsinhaber war nicht dabei. In dieser Sitzung sprachen wir auch Uber den Reichstagsbrand und darüber, datz gesagt wird, die National sozialisten hätten den Reichstag angesteckt. Daraus sagte Sin- ger, so leicht könne man mit diesen Behauptungen nicht umher werfen. Er wurde nun gefragt, wie er dazu komme, zu be zweifeln, datz die Nationalsozialisten den Reichstag angezündet haben. Darauf sagte er: „Ich will nichts weiter sagen, denn Ich war an jenem Tag« der Kurier der Partei zentrale zum Reichstag." Weitere Ausführungen konnte Ich nicht hören, well ich dann durch ander« Dinge in Anspruch genommen wurde und unter einem Vorwand früher weggegangen bin. Der Vorsitzende hält dem Zeugen das Protokoll seiner früheren Vernehmung vor, wonach Singer ge- Rotsronikämpfer-un- Zeuge fortfahrend: Ich ivar Kameradschastssührer im Be zirk Gesundbrunnen des Notenfronlkämpserbundes. Räch dem Verbot dieses Bundes, als er illegal Weiterbestand, hatte die Abteilung Gesundbrunnen. 6 Kameradschaften, in der legalen Zeit nur 5. Wir hatten auch die nördlichen Vororte Pankow, Hennigsdorf etc. zu betreuen. Jede Kameradschaft hatte einen Führer. In der legalen Zeil hatte eine Kameradschaft 140 Mann, jetzt in der illegalen Zeit waren cs zeitweise nur 18 bis 30 Mann. In der Kameradschaft gab es einen Aktivzug und einen Lehrzug. Im Aktivzug waren die Leute, die selbst Waffen hatten oder damit Bescheid mutzten und die zuverlässig waren. In den sogenannten Lehrzügen waren diejenigen, die noch nicht „wetterfest" waren. Die Ausbildung hatte der Zugführer. Waffen, Munition und Zubehör wurden in der Hauptsache aus den Ueberschiissen gekauft, die bei Veranstaltungen der Zellen und Kamercrdschnsten erzielt wurden. Diese Waffen wurden na türlich unter der Hand gekauft. Der zweite Weg der Waffen beschaffung bestand darin, datz wir auch mit den Arbeitern in den Waffenfabriken in Verbindung traten, damit sie uns Mas sen verschaffen. Es ist ja bekannt, datz in solchen Fabriken viele Wasfcndiebstähle vorgekommen sind. Wenn hier Zeugen auftreten, die bekunden, datz das Wort „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft" geistig gemeint sei, so kann Ich aus meiner Praxis den Beweis dafür antreten, datz diese Parole auch in di« Tat umgesetzt worden ist. Vorsitzender: Haben Sie angenommen, datz eines Tages der Befehl zum Losschlagen kommen würde? Zeuge: Jawohl, in den letzten Tagen, am 24. und 25. Februar wurde Hochalarm angesagt. UN- der Reichstagsbrand sagt haben soll, als Kurier der Zentrale sei er darüber genau unterrichtet, datz der Reichstagsbrand das Signal zum Los schlagen gewesen sei. Zeuge: Ja, das kann wohl stimmen: das ist auch bewiesen, weil wir am 22. Februar die 'Anweisung erhalten hatten, datz am 23. Februar die Waffen verteilt werden sollten. Der Zeuge äutzert sich dann über seine Bekannt schaft mit Kempner, den er im Obdachlosenasyl ken nen gelernt und dann in seiner Wohnung 1K Jahre be herbergt habe. Er selbst habe ihn in die Kommunistische Partei ausgenommen nnd knrzc Zeit sei er auch in seiner Kameradschaft als Frontkämpfer gewesen. Später habe er dann Beziehungen zur kommunistischen Zentrale bekom men, und auswärtige Angelegenheiten bearbeitet. Neber den Reichstagsbrand habe Kempner zu ihm, dem Zeugen, gesagt: Wenn ich gewicht hätte, das; die Sache mit dem Brande ein Fiasko wird, dann hätte ich niemals « eine Hand dazu hergegebcn. Im weiteren Berlauf des Gespräches sagte Kempner, dich diese Tat endlich die er- wähnte Rettung des Proletariats bringen sollte. Ich, er klärte der Zeuge, fragte Kempner, ob er selbst dabei war und darauf antwortete er: Jawohl, ich war derjenige, der das Brandmaterial nach dem Reichstage befördert hat. (Fortsetzung auf Seite 2.) Zahlreiche Entlassungen von SchuWstlingen Dresden, 17. Nov. Nachdem durch die am 12. November stattgehabte Wahl auch die sächsische Bevölkerung in hervorragender Weise ein einmütiges Bekenntnis zum Führer abgelegt hat, ist von der Geheimen Staatspolizei bei der Negierung die Entlassung von zahlreichen Schuhhäftlingen angeordnet und von dieser verfügt worden. Unverfälschtes Christentum Katholische und cvangeliilke Deutsche hoben am ver gangenen Sonntag in überwältigender Weife gezeigt, das; sie einmütig sind in dem Willen, eine deutsche Politik der Ehre und des Friedens zu unterstützen. Diese gewaltige nationale Willenskundgebung war auch ein Ausdruck dafür, das; manche Gegensätze und Borurteile, die in vergangenen Tagen Deutsche von Deutschen trennten, überwunden sind. Bon katholischer wie von evangelischer Seite ist in den letzten Wochen manch gutes Wort gesprochen worden, aus dem zu erkennen ist, das; die Führer beider Bekenntnisse einig sind in dem Willen, zusammenzuarbeiten in gegen seitiger Achtung und Liebe, unter voller Wahrung der beiderseitigen bekenntnismässtgen Eigenart im Sinne der Gleichberechtigung, die hier wie in der Autzenpolitik allein die Grundlage fruchtbarer Zusammenarbeit sein kann. Nun hat der evangelische N c > cb s b i s ch o s M ü l l e r in diesen Tagen gegenüber gewissen Sonderbestrcbungcn in der evan gelischen Kirche eine Kundmachung erlassen, die aus das lebhafteste bcgrüsst werden mutz, weil sie ein klares Be kenn t n i s z u e i n e m u n v e r s ä l f ch t e n C h r i st e n- tum bedeutet. Diese Kundmachung zeigt, datz die evangelische wie katholische Kirche einmütig sind in dem Willen, die Substanz des Christentums nicht antasten zu lasse n. Anlatz zu der Kundgebung des evanaelischen Reichs bischofs war eine Rede, die von einem Unterführer der Glaubensbewegung Deutsche Christen im Berliner Sport palast gehalten worden war. In welcher Richtung sich diese Rede bewegt hat. lässt sich aus der Enticklietzung er kennen, die nach der Rede gefasst wurde, und in der es heisst: „Wir erwarten, datz unsere Lnndeskirche als eine deutsche Volksklrche sich frelmocht von allein Undcutschcn in Gottes dienst und Bekenntnis, insbesondere vom alten Testament und seiner jüdischen Lohnmoral. Wir fordern, datz eine deutsche Volkskirche ernst macht mit der Verkündung der von aller orientalischen Entstellung gereinigten schlichten Frohbotschaft und eine heldische Iesusgcstalt als Grundlage eines artgemätzcn Christentums, in dem an die Stelle der zerbrochenen Knechts seele der stolze Mensch tritt, der sich als Gotteskind dem Gött lichen in sich und in seinem Volke verpflichtet fühlt. Wir be kennen, datz der einzige wirkliche Gottesdienst für uns der Dienst an unseren Volksgenossen ist . . ." Aus diesen Sätzen spricht der K e i st jener „libe rale n" T h e o l og i e, die schon vor dem Kriege der Un segen der protestantischen Kirche in Deutschland war. Es ist autzerordentlich erfreulich, datz Neichsbijchof Müller nicht gezögert hat, anch gegenüber Männern, die der gleichen Glnubensbewegnng Deutsche Christen angekören wie er, klar die Folgerungen zu ziehen. Er hat aus diese Ent schliessung mit einer lapidaren Erklärung geantwortet, de ren Kcrnsätze lauten: „Ich spreche hier als der für die Wahrung des Bekennt nisses vor Gott verantwortliche Führer der Kirche und wende mich deshalb gegen die Angriffe aus die Substanz unserer evangelischen Kirche. In der Rede ist in einer unerhört agitatorischen Weise gegen das Alte Testament gesprochen nnd sogar das Neue Testament einer kirchlich unmöglichen Kritik unterzogen worden. Das bedeutet nichts anderes, als die Aus hebung der Bibel als der einzigen und unverrückbaren Grund lage der Kirche. Es sind weiter Anschauungen vorgetrageu worden, die einer Ablehnung der resormatorischen Lehre von der Rechtfertigung allein aus dein Glauben gleichkommen und durch die ein rationalistisches Icsusbild aus den längst verklungenen Tagen des Liberalismus wieder hervorge holt wird. Es soll sogar, was ich kaum lür möglich hallen kann, das Kruzifix abgelehnt worden sein. — Hierzu erkläre ich: Solche Anschauungen und Forderungen sind nichts anderes als ein unerträglicher Angriff aus das Bekenntnis der Kirche. Solchen Geist lehnt die Leitung und Führung der deutschen Kirche mit aller Schärf« ab, wie ich überzeugt bin, datz auch die l: endigen