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Dresdner Journal : 16.04.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188704168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870416
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870416
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-04
- Tag 1887-04-16
-
Monat
1887-04
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Journal : 16.04.1887
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O86. Sonnabend, den 16. April, abend-. »887. I» «»»»«» : IkdrUod Z1»rk ^MrUei»; L dlvd KO?t Nü»»,!»» K^mmorn: 10 kt. ä«»t»cNev keicd», tritt kost- m«j lüuru. LLtvi»alxv»x»ss<!daNr«» i rar a»v k»«w ei7»sr gs>pL!ten«ll 2si1« Uoivor 8cdrift 80 kk. ^vt-r „Liv^o^vät" Li« 2»U« b0kk. 8»i r»t>»Ue»- o «ottpr AuL«rU»g. Italien mit Xll,v»tuir» ä«r 8001»- iu»ä r«i«rt»^» »dsväi. DresdnerIMmal. ^ür di« Gesanttleitung verantwortlich» Dtto Banck, Professor -er titteratur- und Kunstgeschichte. A»L»d«« roo LoNNLätssULU«» »aiirkrt»» LotxwU: F> t)ommw«0Q»r 6«, Ore»äa«r ^oanml,; I»md«U - ><rU» I >r»«l»,-rr»»8e«ri ». > : Äa-x-nrt«,» <S ^o-/«r, 8«rUL-Vt«»-L»wdiug. kr»L - - ler»»dkvt U. N.-INtted«: K«<1. L/o«e, ?»rt« L»»äo» - NsrU» - knurLivrt » U - ItottgAi«: DaiL« <S 60 ,» »«rlw: /^va/»cken<iant, Sr«m«»: L Lc^/ott«, 2, §ta«-en'« 0vrUW: 9. «tSÜ»''» ^ac^/or-cr, N»»»ov«r: (7. L»U, ». 8.: F. ^«»ret <0 6». ller»u,g«d«r, Lduwft. Lrpxtttioi» äs« vr««äo« /oan»»ls^ vr»«t«», 2Mio^«r»1r»M« Uo 80. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben die Finanzassessoren bei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen Alfred Earl Julius Ernst Gasterstädt und l)r. jur. Walter Friedrich Ernst Schelcher zu Finanzräthen bei der gedachten Behörde Allergnädigst zu ernennen geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wcrchrichterr. München, 15. April. (W. T.B.) Errhrrzog Albrecht ist heute nachmittag zum Besuche deS Priuzregenten hier eingetroffen. London, 15. April, abends. (W. T. B.) Unterhaut Ju Beantwortung einer Anfrage wegen der ägyptischen Kapitulationen erklärte UutrrstaatSsekretär Fergusson, die von Drummond Wolff mit der Pforte geführten Verhandlungen hätten teilweise mit den Zweck, Mittel ausfindig zu machen, durch welche die Beseitigung oder Milderung der für Ägypten aus einem Miß brauche der Kapitulationen entstehenden Übrlstänbe hrrbeigeführt werde. London, 16. April, früh. (W. T. B.) DaS Unterhaus verhandelte über die zweite Lesung der irischen StrafrechtSnovelle. Dabei behauptete Saunderson, die Parnelliten ständen in Verbindung mit Leuten, die ihnen wohl bekannt seien als Mörder. — Healy nannte hierauf Saunderson einen Lügner und weigerte sich, diesen Ausdruck zurückzuziehen, falls Saunderson seine Be hauptung nicht zurücknähme Der Sprecher erklärte, er werde in diesem Falle die Ausschließung Healys beantragen. Die Ausschließung wurde mit 118 gegen 52 Stimmen beschlossen Healy verließ hierauf unter stürmischem Beifall der Parnelliten das Haus. Sexton nannte Saunderson einen böswilligen feigen Lügner. Schließlich zogen Saunderfon und Sexton ihre be leidigenden Äußerungen zurück, worauf Sexton ankündigt, er werde am Montag das Haus auffordern, die Aus schließung Healys nochmals in Erwägung zu ziehen. Um 1t l Uhr wurde die Sitzung vertagt. Bombay, 16. April. (Tel. d. DreSdn. Journ ) Einer Meldung von „Reuter- Office" zufolge solle» die Truppen deS Emirs von Afghanistan die GhizlaiS im Distrikte Shilfur nachts ange griffen, gegen 200 von denselben getötet und viele verwundet haben. Mehrere Dörfer stehen in Klammen. Dresden, 17. April. Zur reichsländischen Protestbewegung. Mehr und mehr drängen die Vorgänge im ReichS- land zu einer schärferen Handhabung der RegierungS- aewalt. Am 5. April wurde aus Anlaß der in Zabern stattgehabten Musterung die deutsche Fahne durch Musterungspflichtige und Fabrikarbeiter in un würdigster Weise beschimpft. Die Polizei und Gen darmerie hatte alle Mühe, den tobenden Janhagel zu zerstreuen. Es ist diese- in kurzer Zeit der zwe'te derartige in Zabern vorgekommene Fall Im Reichs land« muß völlig mit dem Franzosentum gebrochen werden zunächst mit der französischen Gesetzgebung. So schrieb der das klerikale „Deutsche Vaterland" redigierende Abb«: „Die (Straßburger) „Post" will, daß wir uns als Deutsche fühlen; ja, wie ist es denn möglich, da man uns die französische Gesetz gebung läßt und uns nicht wie andere deutsche Bürger behandelt." — „Da hat der Abbe den Nagel Feuilleton. Freitag den 15. April gab der Tonkünstler- verein im Saale deS „Gewerbehauses' seinen vier ten und letzten Produktionsabend in dieser Sai son Die Herren Schmole, Blumer und C. Hüll weckeröffneten denselben mit einer vortrefflichen, sorgfäl tig einstudierten Vorführung eines Trio op. 47 für Pumoforte, Violine und Violoncello von A. Klug- Hardt. Der erste Satz desselben, in der Erfindung melodisch ansprechend, entwickelt eine gewandte fließende und formell abgerundete Durchführung, welche jedoch keine tiefere gedankliche Bedeutung gewinnt. Weit höher steht das Andante cantabile; eS ist voll warmen innigen Gefühls, fesselt durch poetische Stimmung und reizenden Wohllaut des Satzes Das Schluß- allegro ist zwar kontrapunktisch tüchtig und zum Teil interessant durchgearbeitet, aber seine Länge steht im Mißverhältnis zu dem bald erschöpften gedanklichen In halt. Die Herren Heß und Böckmann gaben mit der Ausführung der Berchovenschen Sonate op. 5 für Pianoforle und Violoncello eine musterhafte Leistung sowohl in technischer Korrektheit wie in musikalisch fein empfundener Auffassung und Durcharbeitung des Vortrages, ausgezeichnet in zartester Tonschattierung des Pianoforte, in kräftiger klangschöner Tonsprache deS Violoncello. Eine nicht minder künstlerisch vor zügliche Leistung durch äußerst präzise-, klargestalten des rythmisch festes Zusammenspiel und gleichmäßig stilvolle Haltung deS Vortrags, boten die Herren Krantz, Höpner und Janßen in der Ausführung auf den Kopf getroffen", sagt die „Straßb. Post". „Seit Jahren ist es der sehnlichste Wunsch aller Ein- gewanderten, daß endlich einmal mit dem veralteten Wust von ftanzösischen Gesetzen und Bestimmungen hierzulande aufberäumt werde. Kein Mensch kennt sich noch aus »n dem Wirrwarr von deuischen und französischen Vorschriften, nach denen man sich hier zu richten hat Ganz veraltete, in Frankreich selbst schon längst aufgehobene Dekrete aus der grauesten Vorzeit erfreuen sich hier noch eines künstlichen Lebens und wandeln sozusagen als galvanisierte Leichen unter uns herum. Wir erinnern nur an das jedes inneren logischen Zusammenhanges entbehrende Eonglomerat von Preßgesetzen und Preßverordnungen, welche- sich hierzulande deS Dasein- freut. Man kann gar nicht sagen, wie unendlich dringend die Notwendigkeit ist, daß da einmal Abhilfe erfolgt.' Gerade so wie demnächst im Reichsland die deutsche Gewerbeordnung eingeführt wird, dürste auch die erstrebte Einführung von den durch die Re- bierung ernannten Berufsbürgermeistern die Lage wesent lich umgestalten. Eine weitere Folge wäre die Ein führung einer Städteordnung mit Magistrat und Stadt verordneten. Die in Aussicht stehende Beendigung deS deutschen Zivilgesetzbuch- wird abermals die französische Gesetzgebung aus einem bedeutenden Gebiete verdrängen. Ungemein unpassend und ganz gegen eine Eingewöh nung in deutsche Verhältnisse ist eS auch, daß man den Elsässern gestattet, wie früher fort und fort nach Francs zu rechnen. Jeder Reisende ist erstaunt und politisch empört über solchen Unfug. Sehr erfreulich jedenfalls ist der Sieg deS Deutschtums in der Schule. In Wahrheit sind die Erfolge der ftanzösischen Sprache trotz mehr als zweihundertjähriger politischer Herrschaft Frankreichs sehr geringe. Bei Heitz und Mündel in Straßburg erscheinen: „Beiträge zur Landes- und Volkskunde in Elsaß - Lothringen." Das erste Heft enthält eine von einem geborenen Lothringer, H. Constant This, einem Schüler von Professor vr. Gröber, verfaßte Studie über die Sprach grenze. Die Ergebnisse beruhen auf Beobachtungen und Erkundigungen, welche an Ort und Stelle gesam melt wurden, indem der Verfasser „von Ort zu Ort wandernd alles, was ihm für den veiffolgten Zweck von Wichtigkeit schien, aufzeichnete" In einfacher und an spruchsloser Weise bietet uns der Verfasser in einer Reihe dorfweise aneinander gereihter Notizen Mitteilungen aus dem Stillleben des Volkes, bei deren Gewinnung ihm die Kenntnis heimischer Verhältnisse jedenfalls sehr zu statten kam. Maßgebend für die Bestimmung der Sprachgrenze ist dem Verfasser die Frage: Wo wird Patois (ftanzösche Mundart) gesprochen? Die Ort schaften, wo schriftfranzösisch gesprochen wird, sind, nach den Erfahrungen von Thi», im Grunde deutsch, und nur Schule, Kirche und Verkehr haben hier ein gewirkt. Der ftanzösischen Kultur ist es weit weniger gelungen, die französische Mundart zu verdrängen, als eS dem Hochdrucke der Verwaltung gelang, die deutsche Mundart in Mißachtung und Vergessenheit zu bringen. Wir dürfen aber daraus nicht schließen, daß die deutsche Mundart sich weniger widerstandsfähiger erwiesen hat als die französische, sondern daß sie von der Verwal tung mehr Anfeindung erfahren hat. Man könnte im Gegenteil aus der Erscheinung den Schluß ziehen, daß das deutsche Element sich bildungsfähiger erwiesen hat, obwohl der StammeStrotz dieser nach den Forsch ungen von Prof Arnold in Marburg gemischten alemannisch-fränkischen Bevölkerung alle Achtung ver dient. Es ist Lothringen und den Bischöfen von Metz und nach ihnen Frankreich im Laufe von etwa drei Jahrhunderten kaum gelungen, die Sprachgrenze um mehr als etwa 10 bis 20 Icw gegen Osten zn ver schieben. Wo wir die seit etwa 1859 mit Nachdruck, zumeist mit Hilfe der Schulschwestern und unter dem deS Konzerts (O-moII) für drei Klaviere und Streich instrumente von I. S. Bach. Hr. Kapellmeister Hagen dirigierte dasselbe. Die allen Musikfreunden willkommene Wiederholung dieses schon früher einige male vorgeführten prächtigen Werkes deS genialen Altmeister- bildete einen würdigen, den künstlerischen Zwecken deS Vereins voll entsprechenden Abschluß der Produktionsabende und gewährte einen außerordent lichen Genuß. Zwischen den Jnstrumentalwerken sang die König! Hofopernsängerin Frl. Clara Weber (be gleitet von Hrn. Krantz) eine Arie von C. Eckert nebst zwei Liedern und erfreute sich für diese gefällige Ausfüllung de- Programms lebhaften Beifalls. C B El-drth. Erzählung von M Berg (Fortsetzung.) Nicht nur mit Elsbeth» innerem Wesen, sondern auch mit ihrem Äußeren war eine angenehme Ver änderung vorgegangen und die Jungfrau hatte da» Kind fast vollständig abgestreist. Unter dem wohl- thätigen Einfluß einer klug geregelten Lebensweise, bei dem reichen Leben im Hause und dem steten gei stigen Gleichgewicht war ElSbeth in kurzer Zeit noch ein gute- Stück gewachsen und stärker geworden. Ihre schmalen Wangen hatten sich gerundet und mit einer femen Röte bedeckt und die jugendlich schlanke Figur zeigte zarte weiche Formen Frau v. Burgeck hatte El-beth durch ihre Kammerfrau ganz neu auistatten lassen und groß war die Freude deS iungen Mädchens, als sie eines Tage« damit überrascht wurde. Mit Widerspruche der Geistlichkeit, unternommenen Vor stöße der ftanzösischen Verwaltung wahrnehmen, finden wir gemischtes Sprachgebiet, in welchem unvermitt-lt nebeneinander deutsch und französisch oder Pattis redende Familien wohnen. Neben diesem örtlich ge mischten Sprachgebiet aber begegnen wir der Doppel- sprachigkeit der einzelnen, wie schon in einem Heldei: Gedichte aus dem 13. Jahrhundert die Lothringer genannt werden. Diese individuelle Doppel- sprachiakeit, welche neben der örtlichen Sprachtrennung oder Sprachmischung besteht, zu befördern, das ist Aufgabe der deutschen Verwaltung in den französischen Dörfern. Die deutsche Sprache muß als Trägerin der Kultur, als Sprache des Verkehrs vorherrschend werden; sie muß zur vornehmern Staatssprache gegen über dem PatoiS oder dem der Verwilderung zu über lassenden Schriftfranzösisch gestempelt werden. Der Verkehr besorgt seinen Anteil an dieser nationalen Aufgabe von selbst, wie wir dies an den Orten wahr nehmen können, welche Sitze von Behörden sind, und zwar bis zu den kleinsten Eisenbahn- und Poststationeu herunter. Der deutschen Schule liegt natürlich der größte Teil der Aufgabe ob, der Heeresdienst wird nach helfen; wir werden zwar noch lange die betrübende Erfahrung machen, daß die junge Mannschaft deS Lande-, welche nur schlecht oder gar nicht französisch spricht, selbst nach vollendeter Dienstzeit für die Frem denlegion sich anwerben lassen wird, das muß und wird sich aber verlieren. Geschieht aber auch alles, um diese Aufgabe zu lösen? Ist es nicht insbeson dere der katholische Klerut, welche, den Spieß um kehrend, der deutschen Verwaltung gegenüber mit dem selben Eifer für Erhaltung der französischen Sprache in der Kirche, in Predigt und Christenlehre besorgt ist, mit welchem sie der französischen Regierung vor hielt, daß die Einführung des französischen Sprech- programmS gleichbedeutend sei mit der Verurteilung des Volkes zu geistiger und sittlicher Verwilderung? An diese Vorwürfe, welche 1869 gegen die französische Regierung gerade aus Deutsch Lothringen erhoben wur den, erinnern wir uns, wenn wir in den Aufzeich nungen von Thi» lesen, daß in einer Reihe ganz deutscher Ortschaften französisch gepredigt wird. So heißt er bei Neufvillage: „Wenn die Kinder in die Schule kommen, können sie nur deutsch, außer dem Kinde der einzigen ftanzösischen Familie im Orte. Die Schule ist infolge dessen ganz deutsch. Die Kin derlehre wird ebenfalls in deutscher Sprache abgehal ten. In der Kirche wird auf französisch gebetet. Von Altdorf her wird der Kirchendienst versehen. Der alte Pfarrer predigt in Neudorf in deutscher, der Vikar aber in französischer Sprache." Lüttingen: „Etwa sechs Personen können kein Deutsch, sind aber nicht au» dem Orte. Die Schule und die Kinderlehre sind deutsch, die Predigt aber französisch." Bertringen uno Niedergeningen „sind ganz deutsche Ortschaften, gepredigt wird französisch". Ferner Gentringen, Weimeringen, Volkringen, ArSweiler, Älp- ringen, Ruxweiler, Wollmeringen sind ganz deutsche Ortschaften; in ArSweiler ist die Predigt fran zösisch, die Kinderlehre deutsch; in Gentringen, Weime ringen, Volkringen, Alpringen, Ruxweiler sind die Predigt und die Kinderlehre französisch. In allen diesen Ortschaften wird auch in der Kirche französisch gebetet. In Weimeringen verstanden die Kinder von 9 bis 12 Jahren kein Wort französisch In Volkrin gen predigt der Pfarrer in der Fastenzeit auch in deutscher Sprache und, wie ein Mann nur versicherte, predigt er sehr schön deutsch. Sin Mann aus Volkringen besagte sich über dieses doppelsprachige Verhältnis. „Die Kinder lernen gar nicht-", sagte er. Falkenberg: „In diesem Orte, welcher voll ständig deutsch ist, wird abwechselnd französisch und Entzücken und verzeihlicher Eitelkeit betrachtete sie sich immer wieder im Spiegel in den neuen Gewändern, welche ihre Gestalt plötzlich so vorteilhaft veränderten, und rief immer erfreut: „bin ich denn da- wirklich? ich erkenne mich ja gar nicht mehr!" daß auch Frau v Burgeck ein beifällige» Lächeln nicht unterdrücken konnte, denn da» junbe Mädchen sah auch wirklich in dem blaßblauen Kleide von gretchenartigem Schnitt so überaus lieblich au», daß sie jede» Auge rühren mußte. Die Berichte welche Tl-beth nach Hause sandte, waren natürlich immer voll von Dank und Ruhm gegen ihre liebreiche Pflegemutter, so daß auch der Freiherr sehr glücklich darüber schien. Freilich sagte sich El»beth immer mit Schmerz, wie die Zeit so rasch dahin flog, daß nun wohl bald der gefürchtete Augenblick kommen würde, da der Vetter Werner seine Zurückkunst anmelden werde, vor welchem Zeitpunkte sie, da» war sie fest entschlossen, da» Hau» welche» ihr zur zweiten Heimat geworden war. verlassen wollte Line große Erheiterung war eö immer für Els beth, wenn sie die Wirtschafterin auf dem Okonomie- hofe zu einem Plauderstündchen aufsuchen konnte, denn sse ergötzte sich gern an dem Wesen der etwa» eigen tümlichen Person Schon wenige Tage nach ihrer Ankunft im Schlosse hatte die Baronin zu ihr gesagt: „Nun mußt Du aber auch meine Wirtschafterin Hulda kennen lernen, ich glaube gewiß, sie wird Dich amüsieren Trotz ihrer durchaus prosaischen Leben»- stelluna und Geichafngung ist sie doch ein höchst ästhetisches Wesen, da« immer in höheren Gefühl»- regioneu schwebt und es dürfte für einen Psychologen deutsch gepredigt. In der Kirche wird nur in fron- zösischer Sprache gepredigt" u. s. w Diese und an dere Beispiele zählt Hr Const Thi- auf, der aber nur an der äußersten Sprachgrenze seine Erfahrungen sammeln konnte Dieser Unfug, welcher beweist, daß e» dem katholischen KleruS hierbei nicht um seine Hirtenpflichten, sondern nur um eine nationale De monstration zu thun ist, besteht aber in einer Menae von Ortschaften de» deutschen Sprachgebietes und nicht etwa nur in der Nähe der Sprachgrenze, sondern tief im Elsaß, in den Städten und in den Dörfern. Sollte eS da keine Abhilfe geben? Könnten nicht Geistliche, welche in so grober Weise ihre Pflichten al» Seelenhirten und deutsche Unterthanen verletzen, durch die Bischöfe zur Fügsamkeit angehalten oder au» den OrtSschulkommissionen entfernt, oder schließlich durch Gehaltssperre mürbe gemacht werden? Wenn eine Bevölkerung solche» von der Geistlichkeit sich ge fallen lassen muß, dann können wir ungefähr ve- greifen, welchen Einfluß diese Herren besitzen und wie sie in ganz geräuschloser Thätigkeit die letzten Wahl ergebnisse erzielen konnten. Die Darstellung von Constant. ThiS zeigt sehr deutlich, wie das ganze französische Wesen ein künst lich aufgetragenes ist, wie es gar nicht im Blute de» Volks liegt. Wer im Reichsland gelebt hat, weiß, daß dort, auch in Deutsch Lothringen jedermann deutsch versteht, bedeutende Teile des Elsasses, so der ganze Unter Elsaß, vornehmlich die ehemalige Grafschaft Hanau-Lichtenberg zeigen ein rein deutsches Gepräge. WaS von Franzosentum vorhanden, ist äußerlicher durch die Erziehung übertragener Firniß Am stärksten kommt dieses in den Privatinstituten zum Ausdruck. So schreibt man der „Straßburger Post": „Die Unter richtssprache der Privattöchterschulen und Pensionate ist n den meisten Lehr- und Arbeitsstunden — die vom Geistlichen erteilten Religionsstunden nicht aus genommen — das Französische: das Deutsche wird in wenigen Stunden nur so nebenher betrieben und in unverantwortlicher Weise vernachlässigt. Französische Lehrbücher sind in Überzahl vorhanden; man findet in ein und derselben Klasse: eine Listoire <ls Kranes, eine Ilistoir« suint«, eine Listoire uneienns, eine üistoirs eecl^siastigue; dann eme O«ogr»pdi« 61«- lllsotair«, eine h.«oturs eouraut«, eine Orummairs fi»nya:8« rc. — bei Kindern unter 14 Jahren! Die Schülerinnen und Schüler — auch solche dürfen ihren ersten Unterricht in den Töchterschulen genießen — benutzen das deutsche Lesebuch, das doch die Grundlage alle- Unterrichts sein soll, nur selten zu einer schrift lichen oder mündlichen Hausarbeit, dagegen haben sie tagtäglich lange Abschnitte au- den für Kinder fran zösischer Nationalität geschriebenen Lehrbüchern zu memorieren. Da lernen sic denn nur die ftanzösischen Anschauungen über Geschichte kennen; da wird ihnen die Geographie Frankreichs auf fünfzig, diejenige Deutschlands auf zwei Seiten vorgeführt; da werden sie in den „Cdooes usuelles aufgefordert, Frankreich als ihr eigentliche- Vaterland zu lieben. Und die Lehrerinnen, die gleichfalls in französischen Pensionate» vorgebildet oder sogar geborene Französinnen sind, schreiten nicht strafend ein, wenn ihre Zöglinge die auf Deutschland bezüglichen Gedichte mit Randglossen versehen oder bekritzeln; wenn sie ihren Heften den Spruch voransetzen: ?our Vien «t I» braue«; wenn sie auf ihren kupitrs« Altärchen bauen und diese mit ftanzösischen Farben schmücken " LMvtztschlchtc. * Berlin, 15. April. Se Majestät der Kaiser empfing heute den Vizeoberschloßhauptmann, Grasen Dönhoff, den Oberhofprediger v. Kögel, sowie den Militärattache der Kaiser!. König!, österreichisch- nicht uninteressant sein, sich mit diesem menschlichen Problem zu beschäftigen." Die. Baronin schritt mit ihrer Nichte nachmittag» hinüber zu dem GutShofe und fragte nach Fräulein Hulda. „DaS Fräulein befindet sich auf chrem Zimmer' erwiderte die junge derbe Magd knixend und pfiffig und lächelnd, indem sie ihre Herrschaft einen langen wecßgescheuerten und mit Sand bestreuten Gang ent lang bi- zu der Thüre führte und diese öffnete. Schon im Eintreten hörten die Damen von einer hohen Diskantstimme in begeistertem Tone die Worte deklamieren: „Und herrlich in der Jugend Prangen, wie ein KebUd aus HimmelShöhn, Mit züchtigen, verschämten Wangen, sieht er die Jungfrau vor sich stehn." Bon dem Nähtischchen am Fenster erhob sich nun mit einem Ruf der Überraschung eine Frauengestalt und eilte mit tiefen Verbeugungen auf die Baronin zu, indem sie in wortreichster Art ihre Freude auS- drückte über die Ehre, welche ihr durch den Besuch zu teil geworden. Elsbeth bettachtete sich erstaunt die eigentümliche Erscheinung der Wirtschafterin Auf einem äußerst schmal gebauten Körper mit ungewöhn lich langer Taille saß ein Kopf von förmlich vogel artigem Schnitt. Die lange schmale Nase stand weit vor, indeß da- Kinn ganz zurücksprang und da» Vogelartige deS Eindrucks wurde noch vermehrt durch einen sehr langen Hals und eine hohe piepsende Stimme. Fräulein Hulda nötigte die beiden Damen eiligst, auf dem kleinen Sofa Platz zu nehmen, indem sie, beglückt zum Himmel blickend, rezitierte:
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