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IM'. 1 I . . , ' , ..2 u'Sttlos awft u ilT :i i, ,' UNO Anzeiger mr Oas Erzgebirge vcianiwortlichec Redakteur Fritz Arn hold. Für die Inserate verantwortlich: Arthur Rupfer beide iu Rue. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von z—L Uhr. — TclcgramM'Adref«: Tageblatt Rue. — Fernsprecher 202. Für unverlangt eingcsandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag Gebrüder Rcuthner (Inh.: Paul Bcuthncr) in Aue. Bezugspreis: Durch unsere Boten srei ins Haus monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich «0 psg und wöchentlich zo pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierleljckhrlich (.so Mk. — Durch den Briefträger frei ins Haus vierteljährlich ,.gr Mk. - Einzelne Bummer >v psg — Deutscher Postzcilnugs katalog — Erscheint täglich in de» Mittagsstunden, mil Rnrnahme von Sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens gh, Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sic am Tage vorher bei uns eingehen. Z n sc r t i 0 n sp re is : Die siebcugespaltcue Rorpu-zcile oder deren Raum (0 pfg., Reklamen :s psg Lei größeren Aufträgen entsprechender Rabat». Diese rrrrininev «»»snszt 6 Seiten Das Wichtigste vom Tage. Heute vormittag lO tthr trat P i i n z e s s i u Mathilde von Sachsen mil Gefolge eine Reise nach Portugal und S p a u i e n an, ihre Abwesenheil wird drei Monate währen. Vom Zeulru m und F r cisinn sind im preußischen Abgeordnetenhaus I n t e r p e hl a t i on e n über die Ka- tastrovhc in Grube Reden eingcbracht worden. Der wnrit em be rgische Landtag ist gestern vom Rö ntg von Württemberg mil eimr Thronrede eröffnet worden.* Bürgermeister Lueger ist gestern nachmittag aus eigenes Verlangen mil den Sterbesakramenten ver leben worden. Im A chiem c r K n v s c r >v e r t (Japan, sind s ch w e r e llnrnhen auSgcbrochen. Es heisü, daß bei einem mutwillig bervorgrl»jenen B rande l '> M e n i ch e n u m s Leb e n g e- k o m m en sind. ) Näheres siehe nuten. Was lehren uns die Wahlen- Der süddeutsche Volksparteiler Konrad Haußmann, der gcg e n die Parole der Sozialdemokraten zum Mitglied des Reichstages gewählt worden ist, vcrösfentlicht im Februarheft der im Verlage von Albert Langen in München erscheinenden Zeitschrist März einen Artikel über die Reichstagswahlen, der eingehende Beachtung verdient. Der hervorragende Politiker sucht zunächst die Frage zu beantworten, woher der starte Auf marsch der Wähler im ganzen Reiche kam, und er beantwortet diese Frage wie folgt: Der Nerv war getrossen durch des Kanzlers halblautes Nacht gebet u n d e r l ö s e u n s v o n d e in Z c n t r u m. Dieser Hilfe- rus war seine Rcttun g. Er magnetisierte hüben und drüben. Aus der Zcntrumsweidc ries der Hirte: Der Wolf kommt und die Herde scharte sich enger als je, umkreist von dem Wächter hund, der aus den Pfiss geht und die Zähne sletscht. Die Herde glaubte, der Wols komme, denn sie traut dem Hirten über natürlichen Weitblick zu. In allen Nichtzentrumskreisen aber zweckte der Ruf nur das eine Echo: Endlich! Eine Front * stand aus gegen das Zentrum, auch in den Wahlkreisen, wo kein Zentrum im Anschlag lag, und der Grimm entlud sich dort gegen den Ctre'tge nassen des Zentrums, gegen die Sozial demokratie. Die Streitgenosscnschast weckte den Schein der Bundcsgenossenschast, und der elektrische Schlag ging durch das Zentrum, ohne es zu beschädigen, tras aber die Sozialdemokratie, der cs am Ui. Dezember die Hand gereicht hatte. Solche eigen tümlichen blitzartigen Wirkungen kommen in der Natur und in Ein moderner Alchimist. Wäre Jakob Sondhcim nicht so eitel aus seinen Bart, würde er sich manches Jahr Zuchthaus erspart haben. Aber er setzt sich lieber der Gesahr aus, von der Polizei um so schneller rekognosziert zu werden, ehe er sich entschließt, sich von seiner größten Manneszierde, seinen stattlichen Koteletten zu trennen. Augenblicklich lebt Sondheim in stiller Zurückgezogenheit in Ko lumbus, Ohio: der Staat hat cs sich nicht nehmen lassen, diesem hervorragenden Mann sünf Jahre sreie Kost und Logis zu ge währen, allerdings unter der grausamen Bedingung, daß der Zuchthausbarbicr sich wöchentlich mindestens einmal mit seinem geliebten Barte beschäftigen und ihn skrupellos in seinem Ge deihen hindern dars. In kurzer Zeit nun hat Sondheim seine Strafe verbüßt, und es ist mehr als unwahrscheinlich, daß er sich auf seiner Suche nach denen, die nicht alle werden, nach Europa wenden wird, da der Boden der Vereinigten Staaten "«'ihm doch allgemach zu heiß geworden ist. Eondhcims Spezialität ist die Alchimie. Er hat den Stein der Weisen gesunden, nach dem schon so viele vor ihm gesucht haben, und versteht cs, durch einen geheimnisvollen, chemischen Prozeß Gold um ein Drittel seines Volumens zu vermehren. So behauptet er und findet allenthalben Glauben: denn nicht nur sind die ge riebensten Geschäftsleute aus diesen Schwindel heretngcsallen, auch ein Sproß des englischen Königshauses wäre um ein Haar ein Opfer dieses Gelehrten geworden. Nur der Vertrauensbruch eines htnzugezogenen Sachverständigen rettete dem Prinzen die halbe Million Mark, die er dem Schwindler zur Versügung stellen wollte. Sondheim ist 1843 in Deutschland geboren, hat die Uni versität besucht und ist ein hochgebildeter Mann, der fließend über alle nur denkabern, wissenschaftlichen Themata sprechen kann. Dabei ist er ein fideler Gesellschafter und trinkfester Mann. der Politik vor. Man unterschätze bei der Beurteilung der Ja nuarwahl 1997 nicht die Vorstellungen, die durch jene Berührung ausgelöst wurden, und die sich handgreiflich und um so stärker gegen die Sozialdemokratie zu betätigen strebten, je unver letzlicher das Zentrum selbst sich erwies. Bei einer Aus lösung Uber ein Votum, bei dem die Sozialdemokratie gegen das Zentrum stünde, würden schon übermorgen erhebliche Stim- mungs- und Abstimmungsverschiedenheiten in Erscheinung treten. Freilich kam noch manches andere dazu. Die Sozialdemokratie hatte bei der Bürgerschaft mancherlei aus dem politischen und mehr noch aus dem persönlichen Kerbholz. Seit Jahren drückt die Sozialdemokratie dem gesamten Bürgertum nicht bloß seine A b - Neigung, sondern seine Verachtung aus. In den Wahl kreisen, die sie erobert hatte, benahm sich die Sozialdemokratie in all den vcrletztenden Formen des Emporkömmlings: sie schlug aus ihre Wahlzissern, wie der Protz aus die Geldtasche. Dazu die Orgien politischer Leidenschaft aus den eigenen Parteitagen und in der Presse, die den Kapuzinerton der Zentrumspublizistik zu erreichen sich siegreich anschickte. Im Parlament endlose Welt anschauungsreden, 8V Sitze und keine fühlbare Mitarbeit. Mit Pessimismus und dem Aberglauben, cs gehe alles rückwärts, tränkte sic breite Schichten, sie gewöhnte Tausenden das Lachen ab und das Hohnlachen an. Sie rief parteiamtlich in Dresden: Mehr Eist und Galle, in Hamburg: Die bürgerlichen Parteien müßten zerrieben werden, und am 24. Januar in Berlin: Der 25. wäre das Volksgericht. Das Volksgericht, aus das die So zialdemokratie prorogiert hat, hat seinen Spruch nicht zu ihren Gunsten abgegeben. Haußmann wirst dann weiter die Frage aus, was F ü r st Bülow jetzt tun werde, und kommt hierbei zu folgendem Er gebnis: Würde Fürst Bülow heimlich oder offen die alten Fäden mildem Zentrum sortspinncn, dann bringt er nicht nur sich, sondern auch die Regierung Kaiser Wilhelms II. um Kredit und Autorität. Denn wenn man das deutsche Volk vor Fastnacht zur Hilfe gegen das Zentrum aufrust und nach Aschermittwoch mit dem Zentrum trotz der geschloffenen Zeit wie der aus den politischen Tanzboden geht, dann wird das Volk eine solche Faschingspolitik, welche die Risse vertieft, um sie morgen zu verkleistern, für Spiel und Mummenschanz und sein Hoch aus das Volk für eine Phrase ansehen. Versagen wird auch das alte Rede kunststück, zu klagen, man könne nicht parlamentarisch regieren wegen der Parteizersplittcrung. Denn der Mangel zweier großer Parteilager ist nur die Folge des Mangels einer parlamen tarischen Regierungsweisc. Haußmann schließt mit der Mahnung, daß mau aus den legten Wahlen viel lernen könne: die Regierung, daß es nicht so weiter geht wie bisher: das Zentrum, daß man viele Stimme - durch den Klerus aus der Urne automatisch herausholen lassen und doch seine Politik mit dem ehrlichen Odium von ganz Deutschland beladen kann: der N a t i o n a l l i b e r a l i s m u s, daß alle Parteien, die aus dem Parlament eine Kompromißbude machen, moralisch wirtschaften: die L i n k s l i b c r a l e n, daß sie, um die Sozialdemokratie sachlich ins Unrecht zu setzen, an den großen staatlichen und sozialen Ausgaben positiv und offen d e - motratisch Mitarbeiten müssen in dem Geist, aus dem die Kul tur des modernen Europas beruht: die Sozialdemokratie Inspektor Byrnes, der langjährige, berühmte Leiter der New Parker Kriminalpolizei, hat ihm ein besonderes Kapitel iu sei nem Buche: Die Gewohnheitsverbrecher Amerikas gewidmet. Sondhcim war, nachdem er plötzlich seine Universitätsstudien ab gebrochen, zum ersten Male im Jahre 1865 in den Vereinigten Staaten aus der Bildfläche erschienen, und bereits zwei Jahre später schmückte sein Bild, und zwar damals schon mit den sa mosen Kotclletten das Verbrecheralbum. 1883 machte er zum ersten Male mit dem Zuchthausc Bekanntschaft, und zwar wurde er wegen Beschwindelung einer Bank zu Buffalo zu sünf Jabren verurteilt. Nach Verbüßung dieser Strafe ging er nach Deutsch land, Oesterreich und der Schweiz, ließ sich vor allen Dingen seinen Bart wieder wach scn und verübte, teils um sein Le ben zu fristen und teils wohl auch, um nicht aus der Uebung zu kommen, die tollsten Schwindeleien, ohne daß cs gelang, seiner habhaft zu werden. 1896 kehrte er nach New Pork zurück und trat dort zum eisten Male mit seinem a l ch i m i st i s ch e n T r i ck vor die Oesscntlichkeit. Er gab sich diesmal ganz deutsch, sprach ausgesprochen deutschen Dialekt und nannte sich Professor Weiß aus Heidelberg. Er stieg im Morton-Hotel ab und machte dort die Bekanntschaft der beiden Pächter des dicht danebenliegenden Union-Squarte-Theatcrs Sheridan Shook und James Collier, zweier der geriebensten New-Porker Geschäftsleute. Da Weiß ein überaus liebenswürdiger, intelligenter Gesellschafter war, wurde aus der Bekanntschaft bald Freundschaft, und in einer vertraulichen Stunde machte er sie mit dem Geheimnis seiner Erfindung, durch einen chemischen Prozeß Gold um ein Drittel seines Gewichtes zu vermehren, bekannt. Ein Experiment mit eiyem Zwanzigdollar-Goldstllck gelang so voll kommen, daß Shook und Collier mit Begeisterung auf feiste Idee eingingen, 5090 Dollar Gold von der Bank holten und Weiß zur Verfügung stellten. Man mietete einen leerstehenden Keller in der Great Jonesstraße, unweit der Bowery. Weiß ließ endlich könnte lernen, daß ihre Methode die Linke zerreißt und der Macht beraubt, aus welche die wirtschaftliche und intellektuelle Arbeit ihrer Wähler den legitimsten Anspruch hat. Wer am raschesten lernt, der wird die kommende Generation in Deutschland führen. Politische Tagesschau. Aue, 8. Februar 19o7. Herr von Arnim-Criewen über di« Landwirtschaft. Bei der zweiten Beratung des preußische» Landwirlschafls- etats im preußischen Abgeordnetenhaus führte am Donnerstag der Landwirlschasisminister v. A r u i m - C r i e w c u aus, man tt b e r- s ch ä tz e die Vorteile, die die Laiidivirtschafl durch den Zolltarif hare; diese» Vorteilen stände» viele "Nachteile gegenüber, wie die Erhöhung der Arbeitslöhne. Der Krebsschaden, au dem die Land- wirlschasi leide, sei die d a u e ind ; u nehmende Vers ch u l- d ii u g der Grundbesitzer. Eine Hauvtaufgabe wäre cS daher, die Entschuldung zu ermöglichen, da nur ein schuldenfreier Grund besitz fähig ist, der ausländischen Konkurrenz standzuhallen. Der Minister besprach kur; die Kolonisicrungs- und Ansicdclungssrage und hob hervor, daß im Etat Mittel zur staatlichen Förderung der Viehzucht angefordeit würden: der Minister stellte dann eine Verringerung der .K o n s n m stcner f ü r Z u ck c r in Aussicht, um die Zuckerindnstrie tonturrenzsähig gegenüber dem Auslande zu erhalten. Bis zur Ausführung all» r seiner Wünsche und Pläne werde noch ein weiter Weg sein, er hoffe aber, daß das HauS, welches stets Interesse und Verständnis für die Landwirtschaft gezeigt habe, tatkräftig Hand anlegen werde, um die Hindernisse zu beseitigen, die der gesunden Entwicklung der Landwirtschaft cntgegenstehcn. * Die Titelassärc des Obersten Eädke, der betanntlich unter Anklage stand, weil er den Titel Obcrst we i t c r s ii h r tc, obwohl ihm dieser Titel aus Grund eines ehrengerichtlichen Urteils durch Kabinettsorder vom 27. Febr. 1994 entzogen worden war, ist in den letzten Tagen in ein neues Stadium gerieten. Die Freisprechung Gädkes erfolgte seiner zeit, weil ihm die Entscheidung über die Titelentziehung nicht ordnungsgemäß verkündet worden war. Das soll jetzt offen bar nachgeholt werden. Und da die ordnungsmäßige Verkün dung der Entscheidung nach den bisher geltenden Bestimmungen nicht möglich ist, beschreitet man einen neuen Weg. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlicht eine Kabinettsorder neu eren Datums, die eine Ergänzung der in Betracht kommen den Bestimmungen darstellt, so daß es jetzt möglich gemacht wer den kann, Herrn Gädkc die damalige Entscheidung noch nach träglich ordnungsmäßig zur Kenntnis zu bringen. Das wird wohl auch geschehen, und Oberst Gädke wird sich entschließen müssen, entweder den Obersteutitel abzulegen, oder von neuem — jetzt aber eine grundsätzliche — Gerichtsentscheidung über seinen Fall herbeizusühren. Zweifellos wird er sich sür das letztere entscheiden und von neuem in die Bcweissllhrung darüber cintreten, daß die Entziehung eines amtlichen Titels durch den König rechtlich unstatthaft ist. einen nach seinen Angaben gefertigten Bottich dorthin bringen, der angeblich mit Chemikalien gefüllt wurde und in die man die Goldstücke versenkte. Da der Prozeß drei Wochen beanspruchte, ließ man ein äußerst kunstvolles Schloß an der Kellcrtür ««bringen, der Keller wurde sorgfältig verschlossen, die Fenster mit starken Effengittern versehen und den Geldgebern der Schlüs sel ausgehändigt. Täglich traf sich das Trio im Hotel, und täglich wurde das Schloß am Eoldkeller geprüft und stets in Ord nung befunden. Am Abend vor dem entscheidenden Tage sah man sich ebensalls, am anderen Morgen indessen war der Herr Professor nicht zur Stelle. Shook und Collier begaben sich nun allein zu ihrem wertvollen Bottich, ließen die Chemikalien ab- lausen und entdeckten nun, daß sich ihr Gold nicht nur nicht ver mehrt hatte, sondern gänzlich verschwunden war. Fer ner entdeckten sie, daß die Eisenstäbe des einen Fensters durch gefeilt und sie die Opfer eines ganz gewöhnlichen Einbrechers ge worden waren. Die Furcht, sich lächerlich zu machen, ließ sie an- . fangs schweigen, schließlich aber vertrauten sie sich der Kriminal polizei an, ohne indessen direkte Anzeige zu machen. Weiß, der sich inzwischen aus dem biederen Deutschen in einen smarten Amerikaner verwandelt hatte und ruhig in New Pork ge blieben war, hatte sich auch diesmal nicht von seinem Barte tren nen können, war von den Detektives mit Leichtigkeit ermittelt worden, und die Zurückgabe der 5999 Dollar rettete ihn diesmal vor Strafe. Ganz kurze Zeit darquf kam ein Börsenmitglied, ein erfolgreicher Gründer von Goldbergwerken, I. Harpendtng, mit demselben Klagelied zur Polizei, Auch er hatte Professor Weiß kennen gelernt mit dem ^gebnis, um 84,999 Dollar ärmer geworden zii sein. Weiß hatte mit ihm in derselben Weise ex perimentiert wie mit seinen ersten Opfern, und trotzdem Har pending Nöch doifichtiger war als diese, durch Wächter Tag und Nacht den Keller bewachen ließ, täglich mit einem Holzstllck in der Flüssigkeit herumstochcrte und Goldstücke zu gewahren