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Herausgegeben von Otto Oammer Ueber den Nahrungswerth des Torfgrases. Von August Vogel. Man theilt bekanntlich die Torfmoore in zwei große Klassen ein, in Hochmoore und Wiesenmoore, deren Verschiedenheit sowohl in den ursächlichen Momenten ihrer Entstehung, als namentlich in der Natur ihrer Vegetation begründet erscheint. Der Unterschied der Vegetation dieser beiden Torfmoorklassen ist groß genug, um dem landschaftlichen Gemälde des Ganzen schon in einiger Entfernung einen veränderten Ausdruck zu geben. Während die Hochmoore gewöhnlich den Anblick eines niederen Waldes darbieten, — bedingt durch die auf denselben wachsenden Filzkappcn, — repräsentiren die Wiesenmoore dagegen meistens grüne Wiesenstrecken. Die Hauxtbestandtheile dieser Torf wiesen bilden die Ried- oder sogenannten sauren Gräser, welche vor zugsweise zur Streu, mitunter aber auch zur Fütterung verwendet werden. Wenn nun im Folgenden der Unterschied zwischen diesem sogenann ten sauren Grase und dem normalen Futtergrase erörtert werden soll, so ist es vor Allem uöthig zu bemerken, daß die Vegetation eines Torfmoores gänzlich seinen Charakter ändert, wenn das Moor durch Gräbenziehen ganz oder theilweise entwässert ist. Der erste und sehr in die Augen fallende Effect der Entwässerung ist das Verschwinden der sauren Gräser und das Auftreten der kleeartigen Futterkräutcr. Ais Object der folgenden Versuche diente somit I. das Riedgras eines noch nicht in Angriff genommenen Torffeldes und II. die Vege tation einer daneben liegenden, aber entwässerten Strecke desselben TorffeldeS. Um die Wiederholung längerer Umschreibungen zn ver meiden , bezeichne ich das ans nickt entwässertem Torfmoore gewacksene GraS mit der Benennung ,,Streugras", daS auf der entwässerten Strecke geärntete Gras mit der Benennung ,,Futtergras". Der Ertrag an lufttrockenem Streugras ergiebt sich auf eine Hek tare berechnet zu 16,t Centner, an lufttrockenem Futtergras zu 25,2 Centner. Zur Wasserbestimmung waren die beiden Grassortcn im Wasser bade mittelst des trockenen Luftstromes getrocknet worden, die Ein äscherung geschah in einer Vlatinschaale über der GaSlampe; die Stick- stvffbestimmungen wurden nach der bekannten Methode durch Ver brennung mit Natronkalk und Auffangen der VerbrennungSprodnkte in titrirter Schwefelsäure auSgeführt. Mit Umgehung der birecten Versuchszahlen gebe ich hier die Pro- cente des Wasser-, Aschen- und Stickstoffgehaltcs der beiden^ Gras sorten: In 100 Theilen Streugras Futtergras Wassergehalt 49,9 73,4 Aschengehalt 4,6 9,5 Stickftoffgehalt 1,0 2,4. Es ergiebt sich aus dieser Zusammenstellung, daß bei einer Füt terung mit Streugras, wie sie doch mitunter vorkommt, durch den be deutend geringer» Wassergehalt desselben, dem thierischen Organis mus eine größere Menge von Trockensubstanz zugeführt werde, als dies durch eine Fütterung mit Futtergras der Fall ist. Dieses Ver- hältniß wird aber mehr als ausgeglichen, wenn man den Gehalt an stickstoffhaltigen Bestandtheilen in beiden Grassorten berücksichtigt. Die Menge der stickstoffhaltigen Bestandthcile des Strcugrascs zu der des FuttergraseS verhält sich nämlich nach den mitgetheiltcn Stickstoff- procenten wie 50 : 71. Der Instinkt der Grasfresser ist daher ein sehr begründeter, wenn sie jede andere Fütterung dem sauren Grase vorzuziehen pflegen. Wenn die Pferde von dieser ziemlich allgemeinen Regel eine Ausnahme zu machen scheinen, so hängt dies vielleicht da mit zusammen, daß bei dem Pferde eine ausschließliche Heufütterung doch nur ausnahmsweise stattfiudet. Hierzu kommt noch, daß das StreugraS bedeutend weniger durch Aethcr extrahirbare Fettsubstanzcn enthält, als das FuttergraS, womit viclleickt auch die Härte und Rauhigkeit des ersteren zusammcnhängt. Beim Trocknen deS Streu- graseS entwickelt sich nicht der mindeste Hcugeruch, während beim Trocknen des auf entwässertem Torfboden gewachsenen Grases der selbe sehr bemerkbar ist, offenbar davon herrührend, daß das häufigste Futtergras unserer Wiesen, ^ntlloxnntlrum ockorntuw, keinen Be- standtheil des sauren Grases ausmacht. In dem Aschcngebalte beider Grassorten besteht, wie man aus obiger Zusammenstellung ersieht, ein sehr wesentlicker Unterschied, in dem das Strcugras beinahe um die Hälfte weniger Asche enthält, als das Futtergras, — beide im absolut trocknen Zustande verglichen, — ein Unterschied, der allerdings, für die frischen Krassorten berechnet, auf das Vcrhältniß von 10:13 herabsinkt. Die Asche des Streu- grascS ist um die Hälfte reicher an Kieselerde, als die A^che des Fut- tergrases. Alle diese Angaben beziehen sich auf ein Torfmoor des Schleis- Heim-Dachauer Torfgebietes bei München und es bedarf wohl kaum der besonderen Erwähnung, daß in anderen Torfgegenden auch etwas andere Verhältnisse bestehen.