Volltext Seite (XML)
Di»! „Wttendorser Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag so Uhr. Inserate werden mit w Pf für die Spaltzeile berechnet Tabellarisch« Satz nach besonderem Taris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkilla Nr. 23. Mittwoch, den 21. Februar 1906 5 Jahrgang. Schule M Ottendorf. Die Anmeldung der schulpflichtigen Binder soll vonnemag. üen rr. februar (M Sie Knaben) untl frettag, Sen 2r. februar (M Sie Mäüchen) nachm. von S HUr ab in dem Immer des Unterzeichneten (neue Schule, I. Stock werk) erfolgen. Schulpflichtig sind alle Kinder, welche bis Ostern d. I. das 6. Lebensjahr vollenden. Auf Wunsch der Eltern und Erzieher werden auch diejenigen Kinder ausgenommen, welche bis 8v. ^«»1 ü das 6. Lebensjahr vollendet haben. Für dlvr geborene Kinder ist der Implkvkein, für »nsvärl» geborene sind blekrirtsarlrunAv nebst Vi»atI»e«eIieInjxnnA und 1mpt8vl»eln beizubring n Vttvnüort, üs» 15. i^ebrimr 1S06. Der Schuldirektor Lnüler. Oertliches und Sächsisches MtenLorf-Dkrilla, den 20. Februar 1I0S — Am heutigen Tage begeht das Wilhelm Sickertsche Ehepaar in Großokrilla das Fest der silbernen Hochzeit. Möge dem Jubelpaar vergönnt sein noch eine Reihe glücklicher Jahre zu verleben, Radeburg. Mittwoch, den 21. Februar nachmittags 3 Uhr findet im Gasthof „Stadt Dresden" Bezirksversammlung des landwirt schaftlichen KreiSvereinS zu Dresden statt. Etwaige Interessenten, welche nicht Mitglieder des landwirtschaftlichen Vereins sind und der Versammlung beizuwohnen wünschen, kann die Erlaubnis hierzu durch den Vorsitzenven erteil! werden. Königsbrück. Zum Viehmarkt waren aufgetrieben: 64 Rinder, 28 Läuferschlveine Und 156 Ferkel. Läuferschweine wurden zum Preise von 85 — 140 Mk. und Ferkel zum Preise von 42—75 Mk. das Paar verkauft. Rinder erzielten pro Stück 200—350 Mk- Kamenz. Aus dem Vernehmen des Dienst knechtes Röllke. der sich im AmlSgerichts- gesängnis Kamenz in Untersuchungshaft be- stndet, wird gefolgert, daß er seinen Mitknecht in einem Wahnsinnöansall erschlagen habe. Er sagt aus, erst sei der Hund und später der Dienstknecht Schierack auf ihn zugekommen Und er habe beide töten müssen, dies habe ihm sein Verffmd gesagt. Einen anderen Beweggrund zur Tal weiß er nicht anzugeben. Schon am Sonntag vor dem Morde soll sein zur Schau getragenes Benehmen absonderlich und auffällig gewesen sein. Dresden. Der Schreiber Arno Hoffmann der bisher jede Teilnahme an der Ermordung des Versicherungsbeamlen Hartmann (Wegner) leugnete, hat sich jetzt zu einem teilweisen Ge ständnis bequemen müssen. Die Verhandlung gegen Hoffmann und Genoffen findet vor dem Dresdner Schwurgericht statt. — Eine anständige Tracht Prügel erwischte in einem hiesigen besseren Restaurant ein „feiner Tast", der seinen „feinen Erziehung" dadurch Ausdruck gab, daß er benutzte Zahnstocher (I) wieder in den Behälter steckte. Ein Herr, der zufällig Augenzeuge dieses widerwärtigen Vorganges wurde, applizierte dem unsauberen Gaste eine wohlgezielte Ohrfeige, ohne sich lange auf Unterhandlungen einzulasten. Natürlich nahmen nun andere anwesende Gäste, Kellner und der Wirt Partei gegen den „rabiaten Ohrfeigenhelden, weil sie nicht wußten, wes halb die Ohrfeige ausgeteilt worden war. Der Geohrfeigte, der wohl wußte, was ihm diese »fühlbare Quittung" verschafft hatte, machte über trotz dieser Parteinahme für ihn Anstalten schnell als möglich zu zahlen, um fortzu kommen. Inzwischen aber hatte der „Rächer guter Sitten" die nötige Aufklärung gegeben, und nun wurde natürlich nochmals Gelegenheit genommen, dem „feinen Herrn" eine ange- ' ff n E z ehuug in ähnlicher Form zuteil uurd n raffen.^ Moritzburg-Eisenberg. DerVerein für sächsische Volksheilstätten hat beschlossen, bei Moritzburg-Eisenberg eine neue Anstalt für Alkoholkranke zu errichten. Das zurzeit in Cunnertswalde als Anstalt errichtete vom sächsischen Fohlenaufzuchtverein gemietete Ge bäude ist räumlich sehr beschränkt und kann nur wenige Kranke aufnehmen. Die neu zu errichtende Anstalt kommt aus das zu diesem Zwecke vom Fohlenaufzuchtverein an der Moritzburg-Volkersdorfer Straße (Flur Bärns dorf) angekaufte Land zu stehen. Gitters ee. . Aus Anregung des Herrn Amtshauptmann Dr. Krug v Nidda sand kürzlich mit Vertretern der Schulgemeinden Gittersee, Coschütz, Cunnersdorf und Klein- Naundorf eine Besprechung wegen Gründung einer Kochschule statt. Da Coschütz demnächst ein solches Unternehmen schon ins Leben rufen wird, beschlossen die Vertreter der übrigen Gemeinden, die Sache weiter zu verfolgen. Allem Anscheine nach wird Ostern 1906 in Gitlersee eine Kockschule in Wirksamkeit treten. Kreischa. Die Gemeindevorstands-Stelle unseres Ortes mit einem Jahresgehalt von 2000 Mark soll sofort neu besetzt werden. Leipzig. In dem Kaufhause von Israel in Berlin, in dem am 4. Oktober einer Dame ein Geldtäschchen mit 10000 M. in Tausend mark- und Hundertmarkscheinen gestohlen worden war, ist jetzt die Diebin in Leipzig in der Person einer hier wohnenden Galdarbeitei s- Ehefrau festgenommen worden. Man fand bei ihr noch fünf Tausendmarkscheine vor. Auck der Mann und die beiden Söhne wurden wegen des Verdachtes der Hehlerei verhaftet. Chemnitz. Ein als Kurgast in der v. Zimmermann'schen Naturheilanstalt weilender Herr aus Apolda wurde während seines Aufenthalts in einem Restaurant von der Kriminalpolizei verhaftet und nach der Haupt wache gebracht. Dort wurde er durchsucht und iu einem Verhör genommen, doch gelang es ihm unschwer, seine Persönlichkeit nachzuweism. Die betreffenden Beamten enischuldigteu sich in höflichster Form und teilten ihm mit, daß er für den entsprungenen Berliner Mörder Hennig gehalten worden sei. Der Kellner des betreffenden Restaurants hatte kurz vorher den Steckbrief des Mörders gelesen und beim Er scheinen des Gastes sofort die Polizei benach richtigt, um sich die ausgesetzte Belohnung zu verdienen. Hohenste in-Ern stthal. Die Entführung eines achtjährigen Schulmädchens erregt im Hohenstein - Ernstthaler Stadtteile Neustadt Aufsehen. Der Sachverhalt ist folgender: Der Barbiergeschäftsinhaber G. in Oelsnitz der seit längerer Zeit von seiner Frau getrennt lebt, hatte schon mehrfach versucht, sein Kind Gertrud, daß sich mit der Mutter bei den auf der Oststraße wohnenden Eltern der letzteren befindet, zu erhalten, Doch alle Bemühungen waren bisher ohne Erfolg. Nun versuchte G- mit Gewalt, in den Besitz des Kinder zu kommen, und hielt mit einem Wagen auf der Oststraße. Als nun das Kind aus der Schule kam, nahm es G. trotz Sträubens und Schreiens und setzte es in den Wagen, um dann schnell davonzufahren. Trotzdem der Großvater des Kindes gleich die Verfolgung ausnahm, blieb G. mit dem Kinde ver schwunden, Zwickau. Die Nachricht von der Festnahme Klitzschs bestätigt sich nicht. Klitzsch ist nicht fluchtverdächtig und wird bei Ermittelung der Fehlbeträge außerdem gebraucht. Durch Klitzsch sind 12 000 M. gedeckt worden und bei Stohn sollen sich 10 000 Mark vorgefunden haben. Damit soll ein Viertel der fehlenden Summe gedeckt sein, Aue i. Erzg. Auf dem hiesigen Bahnhöfe ist am Sonnabend vormittag gegen 11 Uhr der Feuermann Georgi von einer vom Rangier- berge ablaufenden Wagengruppe überfahren worden. Der Bedauernswerte, dem hierbei einige Finger der linken Hand verletzt und der linke Unterschenkel abgefahren wurden, ist nach Anlegung eines Nolverbandes in die hiesige Pillingsche Heilanstalt übergeführt worden. Aus der Woche. Die Konferenz in Algeciras drohte einen Tag lang erfolglos zu verlaufen. Man konnte 'ich absolut nicht über die Regelung der Polizeifrage einigen. Die Forderung Frank reichs, allein für die Organisation der Polizei truppe die Sorge zn übernehmen, konnte Deutschland wohl oder Übel nicht unwider sprochen lassen. Die Geschicklichkeit der beider seitigen Diplomaten fand jedoch einen glücklichen Ausweg. Man veranstaltete außerhalb der Konferenzsitzungen einfach Zusammenkünfte zwecks Besprechungen der Lage. Es bleibt ab zuwarten, ob die Delegierten auf diesem iWege eine Einigung erzielen, und die französische Presse tut unrecht daran, von neuem die Hetze gegen Deutschland zu beginnen. Mehrere Blätter — besonders auch der „Matin" — weisen darauf hin, daß Deutschland die Regelung der Marokko-Frage durch eine inter nationale Konferenz gewünscht und daher kein Recht habe, außerhalb der Sitzungen mit den Vertretern andrer Mächte zu verhandeln. Dem gegenüber kann nur beiont werden, daß alle Diplomaten nach Algeciras mit dem Wunsche gegangen sind, wenn irgend möglich, eine Ver ständigung herbeizusühren. Es bleibt für die beteiligten Mächte die Hauptsache, daß diese Verständigung erreicht wird und die Presse sollte nicht die Mittel kritisieren, durch welche das Ziel aller Konferenzteilnehmer erreicht werden kann. Gerade in diesen Tagen be rührt eine Maßnahme der französischen Re gierung besonders eigentümlich: Der französische Gesandte in Tanger, Taillandier, wurde plötzlich von seiner Regierung abberufen, an geblich weil er zu einem Besuche bei dem deutschen Gesandten, Grafen Tattenbach, nicht die Genehmigung seiner Regierung eingeholt hat. Den Fernstehenden muß diese Maßnahme um so mehr überraschen, als man in den letzten Wochen häufig und von gut unterrichteter Sette von einer deutsch-französischen Annäherung sprach: Wer vermag in die Geheimnisse der Diplomatie zu blicken! — Das liberale eng lische Ministerium Campbell Bannermann sieht sich in einer peinlichen Situation. Während nach vor wenigen Tagen die englischen Zeitungen sich nicht genug tun konnten an Hohn und Spott über unsre Lage in Südwestafrika, haben sie nun dringend nötig, vor ihrer eigenen Türe zu kehren. In Natal herrscht Aufruhr wegen Einführung der Kopfsteuer im Betrage von zwanzig Mark pro Jahr. Einstweilen hat man über die ganze Kolonie den Be lagerungszustand verhängt. Die Empörung der Landeskinder im fernen Afrika aber is nicht die einzige bittere Pille, die das neue Kabinett schlucken muß. Der neue Bundes genosse im fernen Osten beginnt sich zu fühlen und durch das arrogante Benehmen Japans in Ostasien zerflattert die wundervolle Fata morgana eines „Bundes vom Stillen Ozean" immer mehr und mehr. Die Japaner ver langen bekanntlich eine baldige Reform de» englischen Heereswesens und die Welt hat durch die einfache diesbezügliche Anfrage eines Abgeordneten im japanischen Unterhause mehr aus den Geheimnissen des Bündnisvertrages erfahren, als Balfour jemals für gut befunden hätte, ihr mitzuteilen. Man kann jetzt einiger maßen den kleinen Japanern in die Karten sehen: China soll militarisiert, Korea friedlich aber energisch unter die japanisch Hoheit ge bracht, die Maodschurei mit dem Schein des Rechts und nach wohlüberlegtem Plan erobert werden. Die Völker der weißen Raffe werden bald den neuen Wind verspüren. Sie ver- püren ihn schon; denn nicht ohne Grund ist )er Vorschlag des deutschen Kaisers, die europäischen Besatzungen aus Pecking und Tientsin zurückzuberufen, seit Monaten „mit Freuden begrüßt" und „ernstlich erwogen" worden. Am 13. d. M. sind die Vertreter der Mächte endlich übereingekommen, angesichts )er allgemeinen Lage die Besatzungen vorläufig noch im fernen Osten zu belasten. Die „all gemeine Lage" ist freilich ernst genug. An verschiedenen Orten wurden fremde Missionare überfallen, hier und da sogar Missionsstationen niedergebrannt. Und dabei versichern die chinesischen Gesandten mit der ihnen eigenen Höflichkeit in Wien und London, es liege durch aus kein Grund zu Befürchtungen vor. Die Uebeltäter würden streng bestraft und die chinesische Bevölkerung sei völlig von ihrem Fremdenhaß bekehrt! Amerika schenkt solchen Versicherungen keinen Glauben; denn es läßt auf Manila Kasernen bauen und hat dort 20000 Mann untergebracht, die für einen etwaigen Krieg auf chinesischen Boden ein exerziert werden. Und an demselben Tage, an dem im Jangtsetal von neuem die Ausschließung nordamerikanischer Ware vom Markte Chinas beschlosten wurde, begann die Union Vorbe reitungen zur Absendung eines KreuzergeschwaderS in die chinesischen Gewässer zu treffen. Da» gibt zu denken, wenngleich man sich nicht zur Auffassung der englischen „Times" bekennen braucht, daß der Entscheidungskampf der weißen und gelben Rasse unvermeidlich, wenn nicht gar ein Erfordernis geworden sei. — In Oesterreich-Ungarn hat man nun endlich einen Ausweg aus dem Labyrinth gefunden. Der ungarische Reichstag soll ausgelöst, gegebenen falls sogar mit Hilfe des Militärs auseinander gejagt werden. Man hofft dann einen Reichs tag zusammenzubekommen, bei dem die radikale Opposition ausgeschlossen ist. Damit wäre dieser endlose Konflikt, der in den letzten Tagen einige dramatische Momente zeitigte, indem Graf Sternberg forderte, der Kaiser solle ans Ungarns Krone verzichten, auf überaus einfache Weise beigelegt, vorausgesetzt — daß sich die Wahlen so abwickeln, wie Herr Fejervary es wünscht. Im andern Falle beginnt das Spiel von neuem. Die bulgarisch-serbische Zollunion hat durch einen schnöden Verrat Bulgariens eine ernste Trübung erfahren. Bulgarien forderte nämlich von der hohen Pforte Vor rechte in Mazedonien und erklärte sich bereit dafür, nötigenfalls einige Punkte der neuen Zollunion in Zahlung zu geben. Um nun dem verräterischen Freunde zuvorzukommen, hat Serbien die Unterhandlungen mit Oesterreich- Ungarn wieder ausgenommen und ersucht, die Vertreter der schwarzgelben Farben möchten aufs neue die Punkte namhaft machen, die an der Zollunion gestrichen bezw. geändert werden sollen So wird sich hoffentlich auch dieser Konflikt in Güte nnd Freundschaft auf diplomatischem Wege lösen lasten, man wird in Wien großmütig die kleine Abirrung ver zeihen. Und d^s hat die Diplomatie mit der Liebe gemeinsam: Verzeihen ist ihr Vorrecht, ihre Pflicht und ihre höchste Tugend.