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-Lliq^ut täglich nach«, mit Ausnahme der Sonn-und Festtage. «»«gäbe 4 mit .Die Zeit in Wort und Bild' vierteljährlich 2,N» In Dresden durch Boten 2 4» In ganz Deutschland »et HauS 2,82 ln Oesterreich 4,4« IO Ilnsgabe » ohne illultrierte Beilage vterteljäbrlich lMI -it. In Dresden durch Boten 2,IV X. In ganz Deutschland sret ».»2 tn Oesterreich 4,07 X. - Linzcl-Nr. >« 4. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Aür Rückgabe unverlangt. Schriftstücke keine Perbtndltchkei» Redaktions-Sprechstunde: >l biS >2 Uhr. Lrki-lsekenä und labend l vreclo-bis-vrops >/. ptllnS IS Pt. kerliax L koclcslrod, vreslieii. bllecksrls^en in allen Stallttoilen. Widersprüche. Dresden, den 2V. Juli 1911 Jedes christliche Gemüt wird von freudiger Genug tuung erfüllt, wenn unser hochgemuter Kaiser in öffent licher Rede sich mit der Bedeutung der Religion für das Staatsleben besaht. Zu wiederholten Malen hat der Kaiser zum Aerger liberaler Verehrer eines glaubenslosen Staates goldene Worte gesprochen. Leider sind aber die Taten der Regierung nicht mit diesen Worten im Einklang geblieben. Wenn man nur einige Jahre in der Zeitung zurückblättert, so macht man Feststellungen, die im höchsten Grade beachtenswert sind. Es soll hier nur ein kleiner Auszug aus den Kaiserreden gegeben, dabei aber gezeigt werden, wie wenig sich die Minister uni die schönen Worte des Kaisers kümmern. Beginnen wir mit der' vielbeachteten Rede, die der Kaiser am 31. August 1907 zu Münster hielt: darin hieß es: .Im Aufblick zum Erlöser muß unser Volk sich einigen. Es muß fest bauen auf seine Worte, von denen er selbst ge sagt hat, Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Wort werden nicht vergehen. Wenn es das tut, wird es ihm auch gelingen." Und nun die Tat der preußischen Minister. Bei dem Leiclicnverbrennungsgesetz standen Katholiken und Prote stanten in einer Reihe, um eine alte christliche Sitte zu verteidigen. Gerade unter Hinweis auf die Bestattungsart, die der Welterlöser sich gewünscht hatte, konnten sich Kar- dinal Fischer und Oberhofprediger Dryander die Hand reichen. Die Negiernng aber stand auf der anderen Seite. Weitere von echt christlicher Ansfassung durchdrungene Worte sprach der Kaiser am 29. August 1910. Er ver kündete ans der alten deutschen Ordensburg zu Marien burg folgende schöne Sätze: „Das Kreuz auf dem Gewände der deutschen Ordens ritter bedeutet die Unterordnung unter des Himmels Willen, es bedeutet, daß das Deutschtum und Christentum untrennbar von einander sind." So des Kaisers Worte. Wie aber die Taten seiner Minister? Tie Lehre vom Kreuze will das Ministerium halbreifen Jünglingen in der Fortbildungsschule nicht ver künde» lassen. Es widersetzt sich dem Anträge der Mehr heit, wonach die Religion als gleichberechtigter Unterrichts gegenstand der Heranwachsenden Jugend geqenübertritt. Wir erinnern an eine dritte Ansprache, welche der Kaiser vor etwas mehr als einem halben Jahre am 13. No vember 1910 an die Benroner Benediktiner gerichtet hat; darin befinden sich folgende Sätze: „Was ich von Ihnen erwarte, ist, daß Sic in den Bahnen Ihrer Vorfahren weiter arbeiten und mich unter stützen in meinen Bestrebungen, dem Volke die Religion zu erhalten. Dies ist um so wichtiger, als das zwanzigste Jahrhundert Gedanken ansgelöst hat, deren Bekämpfung nur mit Hilfe der Religion und mit Unterstützung des Him mels siegreich durchgeführt werden kann. Das ist meine feste Ueberzeugung. Die Krone, die ich trage, kann hier nur dann eineu Erfolg verbürgen, wenn sie sich gründet auf das Wort und die Persönlichkeit des Herrn. Als Shmbol habe ich dieses Kreuz in diese Kirche gestiftet um damit, wie ich es in meinem Handschreiben gesagt habe, zu be weisen, daß die Regierungen der christlichen Fürsten nur im Sinne des Herrn geführt werden kö n n e n und daß sie helfen sollen, den reli giösen Sinn, der den 01er inanen angeboren ist, zu stärken, um die Ehrfurcht vor Altar und Thron zu vermehren. Beide gehören zu sammen und dürfen nicht getrennt werden." Wir glauben kaum, daß der Kaiser Kenntnis davon hat, wie sein Ministerium seine Worte in die Tat nmzusetzen sucht. Es handelt sich zwar nur um preußische Minister- tateu, aber sie sind um so auffallender, weil diese Negiernng stets als konservativ betrachtet wird — und weil man daraus schließen müßte, welche Haltung die Reichsregiernng entnehmen würde, wenn es sich um die prinzipielle Frage handelte, ob der christlichen Religion im Staats- und Volks leben Einfluß verschafft werden soll oder nicht. — Ter Kaiser müßte — das ist aus seinen Reden zu entnehmen — sehr verwundert sein, wenn er erfährt, daß seine Mi nister sich dagegen wehren, daß der Jugend Religion bei gebracht werde. Der Kaiser muß aber noch mehr erstaunt sein, wenn zu seinen Ohren die Knude davon dringt, wie seine Nachgeordneten Organe überall bemüht und bestrebt sind, den Einfluß des religiösen Geistes zu hemmen. Wir denken z. B. dabei an die sich häufenden Versagungen von Ordensniederlassungen, an die Erschwerung von Missionen, an die Verhinderung von Exerzitien durch einzelne Ordens- lcnte usw. Diese Widersprüche zwischen den rednerischen Kundgebungen des Kaisers und den Handlungen der Minister muß man einmal mit allem Nachdruck feststellen, und man muß dabei besonders betonen, daß in den Parla menten eine Mehrheit vorhanden ist, die den Worten des Kaisers folgen will, die aber durch die Minister an solchen Tate» behindert werden. " ^"71 ) Was nützen also alle schönen Rede», wenn die Taten i» anderen Bahnen laufen. Das ist die Politik der Halb heit, die immer nur zerstört, nie aber nufbaut. Es ist doch ein eigenartiges Sclxmspiel bei uns in Deutschland: die Mehrheit der Volksvertretungen fordert die Erhaltung des religiösen Geistes, die Regierung stemmt sich dagegen. In anderen Ländern ist es umgekehrt. Dort kann das Parla ment sich nicht antireligiös genug gebärden, und dann sind es die Minister, die bremsen müssen. An diesem Wider spruch und an dieser Halbheit gehen mehr ideale Werte verloren, als wenn ein offener Kampf einsetzen würde. Es zeigt aber auch klar und deutlich, daß im Sinne einer libe ralen Nebenregierung mächtige Einflüsse sich geltend machen und das Steuer immermehr nach links drücken, statt im Sinne der Kaiserrcden ins entschieden christliche Fahrwasser einzulaufen. Politische Rundschau. Dresden, den 21. Juli 1S1I. In drin Prozeß grgrn den Frrihrrrn v. Richthvsrn wegen Tötung des Malers Wilhelm v. Gaffron im Zwei kampfe wurde der Angeklagte vom Kriegsgerichte zn einer Festungshaft von zwei Jahren verurteilt. Ju der Be gründung heißt es, es sei durch die Verhandlung als fest gestellt anzusehen, daß das Verhalten des Herrn v. Gaffron nicht einwandfrei gewesen sei. Er habe nicht als Kavalier gehandelt, als er dein Herrn v. Richthofen 20 000 Mark lieh und dafür 40 000 Mark zurückverlangte. Ueber die Marokko - Angelrgrnhcit werden ver schiedene Meldungen verbreitet, die der Wahrheit nicht recht entsprechen. Es ist z. B. falsch, daß Frankreich Marokko als eine neue Provinz erhalten soll. Tenn hiergegen sprechen manche politische Gründe. Es wird besonders darauf hin gewiesen, daß Frankreich dadurch ei» geschlossenes nord- c-frikanisches Kolonialreich erhalten würde und daß es hier ei» Reservoir von Truppen bekäme, die Deutschland einmal gefährlich werden könnten. Man weist dabei auf folgendes hin. Frankreich führt in Tunis bereits die allgemeine Wehrpflicht ein und holt hier sich recht viele tüchtige Sol daten. Für Algier steht die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht bevor. I» Westafrika ist die Stärke der Negergruppen gewaltig vermehrt worden. Wenn nun in Marokko französische Soldaten ausgcbildet werden, so be deutet das eine weitere Verstärkung eines Landheeres, mit dem Deutschland sich unter Umständen messen muß. Es kommen in allen diesen Gebieten rund 30 Millionen Men schen in Betracht, ans denen Frankreich Soldaten ansheben könnte. Damit wäre das deutsche Uebergewicht der Be- völkernngszahl glatt aufgehoben. In französiscl-en Blättern wird auch schon offen erörtert, daß man diese schwarzen Soldaten gut in einem europäischen Feldzuge verwenden könne. Tatsächlich ist das auch schon 1870 gescljehe», aber allzu große Sorge» braucht doch die Sache uns nicht zu machen: denn bei einem Kriege in Europa müßte Frank reich auch damit rechnen, daß ein Aufstand in den Kolonien ausbricht, der die ganze französische Macht in Nordafrika wegfegen könnte, und es besonders dann tun würde, wenn der Mohammedanismus gegen Frankreich mobil ge macht wird. Obwohl Frankreich seit über achtzig Jah ren in Algier Kolonisation treibt, ist es ihm nicht gelungen, die Sympathien der dortigen Einwohnerschaft zu erwerben. Im Gegenteil, der Haß glüht unter der Asche stärker als je. Wie weit die Verhandlungen zwischen Frankreich und Deutschland gediehen sind, darf zur Stunde der Oeffentlichkeit nicht gesagt werden, es genügt aber der Hinweis, daß sie recht eifrig fortgesetzt werden und daß man i» maßgebenden Kreisen davon überzeugt ist, daß man in kürzester Frist an die Formulierung des neuen Ab kommens gehen kann. Suzialdcmokrntischrs Lob für dcn Freisinn. Der „Vorwärts" ist mit der freisinnigen Wahlparole in Düffel dorf sehr zufrieden und erklärt: „Tie Fortschrittliche Volkspartei Düsseldorfs hat die Entscheidung getroffen, die allein der gegenwärtigen poli tischen Lage angepaßt ist. Sie hat erkannt, daß die erste Vorbedingung einer Besserung unserer Politischen Ver- hältnissc in dem Niederringen des schwarz-blaue» Blockes besteht. Wie werden sich die Nationalliberalen, vornehm lich die Jnngliberalen Verhalten? Werden sie dem Zen trum HeereSfolge leisten?" Der „Vorwärts" befürchtet, daß die Nationalliberalen sich deshalb znrückhalten werde», um einige Mandate im Westen bei den Hanptwahlen für sich erobern zn können Das mag auch der Grund gewesen sein, warum die Natio- Ins Land der bunten Farben! Neis-bricfe von Engels»Fache. (Nachdruck verboten.) VI. 12. Februar. Mittags: Gruppcnphotographic unter Palmen der Hotelanlaqen 2 Uhr: Dampferfahrt den blauen Nil hinauf bis zur neuen Eisenbahnbrücke, dann zurück au der Insel Tuti vorbei bis zum Zusammenfluß des blauen und weißen Nils: hier war Gelegenheit, den Kontrast der Farben dieser beiden Gewässer zu bewundern. Hier, wo der blaue und weiße Nil sich vermählen, standen im Jahre 1880 die Truppen des Mahdi, als sie in Khartum einfielen und dieses zerstörten. Tann den weißen Nil hinauf bis zum Gordonbaume und wieder zurück zu unserem Hotel. Ferner nahm, ich noch Gelegenheit, die „Sakia" (Schöpfbrunnen) längs des Nils etwas näher anzusehcn. Es sind meist noch Einrichtungen, wie sie schon die alten Aegypter zur Be wässerung ihrer Gärten und Anlagen benutzten: sie werden teils durch Büffel, teils aber auch uoch durch Menschen hände getrieben. Fürwahr, ein mühseliges Beginnen, aber durchaus notwendig, würde doch in kürzester Zeit alles verdorren. Mögen die Nilbewohner so viel bewässern, wie sic wollen, mögen sie Blumen und Pflanzen ziehen in üppigster Fülle und tropischster Pracht, mag diese Vege tation auch im ersten Augenblicke auf unser Auge bestechend wirken, beim näheren Zuschauen müssen wir gestehen: Schön ist's wohl hier im Frühling, und es grünt und blüht, aber bestaubt ist doch alles, und einen Vergleich mit der Vegetation in unserem Frühjahre, wenn das junge Grün erwacht, die Natur sich aufrüttelt zu neuem Werden, hält sie nicht aus. Nie und nimmerl Palmenhaine? Ja, was stellte ich mir in meiner Jugend darunter vor? Kurz gesagt: ein Paradies! Und was ist's? Spenden sie Schatten in sengender Hitze wie unsere deutschen Eicl>en und Buchen? Zeigen sie das alles erfrischende und belebende Grün unserer Tannen und deren würzige und heilende Kraft? Nichts von alledem! Ich möchte unsere deutschen Wälder nicht cintauschen gegen sämtliche Schönheiten der Nillandschaften, und so muß meiner Meinung nach die Ansicht und das Urteil jedes deutschen Naturfreundes lauten. Ten Negyptcrn der Nil, uns der Rhein und dessen Wälder, Berge und Täler. „Deutschland über alles" auch in dieser Hinsicht! Nilnbwärts von Khartum bis Kairo. Endlich finde ich mal wieder ein Plätzchen, wo man imstande ist, einen Brief zu schreiben. Tu glaubst gar nicht, mit wieviel Schwierigkeiten es ans dieser Reise bisher ver bunden war, einen freien Platz an einen« Schreibtische zn ergattern. Infolge Ueberfüllung sind selbst in dcn besten und größten Hotels die Schrcibgelegenheiten stets ver griffen. Auch ein Mißstand, der von vielen Reisenden anfs lebhafteste beklagt wird. Meinen letzten Brief an dich sandte ich gestern (18. Februar) eingeschrieben hier (Luxor) ab. Von hier soll man wichtige Briefe nie anders abschickcn. Allerdings so schlimm in dieser Beziehung ist's ja hier nicht mehr, denn die hier gebräuchlichen Marken sind nicht so selten und nicht so gesucht, wie die Kamelmarken im. Sudan. Ob die von dort an meine Bekannten gesandten Ansichtskarten deshalb alle ihren rechtmäßigen Empfänger sehen werden, ist eine große Frage. Sonntag abend (12. Februar) 10 Uhr verließen wir Khartum. Unser Zug führte Speise- und Schlafwagen, es war also für Bequemlichkeit und für leibliche Bedürf nisse gut für uns gesorgt. Infolge Entgleisung eines Güterznges auf dieser bisher nur eingleisigen Strecke kamen Nur mit zweistündiger Verspätung (die wir natürlich verschlafen hatten) am 13. Februar morgens 0-ics Uhr erst an der Station Atbara an. Um 71/. Uhr passierten «vir Berber, die frühere sich 10 Kilometer am Nil entlang ziehende Hauptstadt der Kalifen. Berber und seine Um gebung liegt in flacher Wüste, fast kein Baum und kein Strauch, nichts Grünes, Herzerquickendes zn sehen. Eine große Menge Hütten, ans Lehm erbaut, darunter viele zerfallene. Auch teilweise zerfalle» ist die das ganze Dorf umgebende Mauer, die 1898 vom Kalifen als Schutz gegen die Engländer erbaut wurde. Was die Mauer im Kriege genützt hat, geht ans den Worten eines Herr», den ich danach befragte, hervor. Er jagte wörtlich: „Als die Eng länder nnkamen, sahen sie nur noch die Rücken der Berber. Tapfere Soldaten!" Doch schon ist mir der Anblick dieser Stätte alter Unkultur verschwunden und iinser Zug hält auf freier Strecke, um eine» von der Regierung entsandten Herr» mit einigen Dienern und Kamelen, Zelten und sonstige» nötigen Requisiten abzusctzen. Dieser Herr wird das Vergnügen haben, fern der menschlichen Zivilisation 3 bis 4 Monate in der Wüste zu verweilen zur Abmessung und Markierung einer neuen Bahnstrecke. Ich danke, dann will ich doch lieber Messer und Scheren fabrizieren. Weiter geht's durch die schier endlos erscheinende Sand wüste, nur ab und zu tritt der Schienenweg so nahe an den Nil, daß wir einen kurzen Augenblick wieder einige Neger- Hütten und einige dürre Gewächse ersclMien können. Dann »«jeder flache Wüste »nd Sand, so weit das Auge reicht. Gegen 11 Uhr wieder Blick ans den Nil. Hier sah ich die ersten Katarakte, im Fluß liegendes größeres und kleineres Felseugewirre. Ta es auf dieser Strecke viele Katarakte gibt, so ist der Nil natürlich hier nicht schiffbar und infolge- !w!