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Wchmh-Mms Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehnc in Dippoldiswalde, 55. Jahrgang Sonnabend, den 30. November 1889 Nr. 142 Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde, 29. November. Wer stolz ist, ein Deutscher zu sein und dem Kaiser giebt, was des Kaisers ist; wer dabei nicht vergißt, daß er ein Sachse ist und sich der Errungenschaften des Heimathlandes freut: dem wird man wohl ein auch ein wenig Lokal patriotismus hingehen lassen, zumal wenn das Gefühl der Befriedigung sich auf nichts Anderes bezieht, als auf die erfreuliche Entwickelung der Vaterstadt. Und diesem möchten wir wiederholt Ausdruck geben, da Niemand verkennen kann, daß unsere Stadt, wenn auch nicht in übereiltem Tempo, doch stetig und sichtbar sich ent wickelt. Seit der Eröffnung unsrer Bahnstrecke, am 1. November 1882, sind nicht nur eine Anzahl von Geschäften wesentlich, zum Theil mit Dampfbetrieb, erweitert worden, sondern andere neu entstanden; neue Bauten ausgeführt oder massiver und besonders mit harter Dachung hergestellt worden, so daß die Feuer sicherheit wesentlich gewonnen hat. Es sind einige neue, vorher hier unbekannte Geschäfte aufgethan wor den (Molkerei, Holzbearbeitung, Speditionen, Wagen- federsabnk), wir haben Goldarbeiter, Mechaniker und Optiker, Goldschläger, Zahnkünstler, Graveur. Sollte man sich des Zuwachses und des darin liegenden Fort schritts nicht freuen? — Daß der Fortschritt und ein sich steigerndes Bedürfniß von den städtischen Kollegien unterstützt wird, davon ist Zeuge die offenbare Sorg falt sür Instandhaltung der Verkehrswege und An lagen (Ruhebänke in den Leithen) und Verbesserung der Straßenbeleuchtung. Nicht nur, daß die Zahl der Laternen abermals vermehrt worden ist, so sind auch bereits mehrere Laternenständer in geschmackvollerer Form hergestellt worden. — Was aber einem Theile unserer Mitbürger zu besonderer Freude gereichen muß, das ist die Ausdehnung und Verlängerung der städ tischen Wafferleitung in die Vorstadt. Nicht nur, daß dieselbe in die Bahnhofsstraße abgezweigt worden ist, sondern sie hat auch einen durch die kleine Mühlstraße nach der Aue gelegten Seitenarm erhalten. Gegen wärtig ist man bereits mit Herstellung der Leitung nach der Müllerschule beschäftigt. Schade ist es, daß die dort eben hergestellten Anlagen dabei durchbrochen werden müssen. Diese versprechen übrigens entschieden eine Zierde der Müllerschule, wie der Aue überhaupt zu werden, indem Hr. Dir. Simon-Ackermann kein Opfer scheute, den Platz zur würdigen Umgebung des statt lichen Schulgebäudes zu gestalten. — Möchten glück liche Erfolge in der Erstrebung der zunächst ins Auge gefaßten Pläne (Telephonverbindung und Eisenbahn verlängerung) weiterem Fortschritte Bahn brechen. Glück aus! — (Druckfehlerberichtigung.) In dem Berichte der Dresdener Handels- und Gewerbekammer in Nr. 140, 2. Spalte Zeile 12 muß es heißen: von 10,664 auf 10,847; aus Zeile 16 muß es anstatt „Seifersdors" Ulberndorf heißen. Letzterer Fehler findet sich nur in einem kleinen Theile der Auflage. — Nachdem nunmehr der Winter sein Dasein be merklich gemacht, wird wohl auch in nächster Zeit das Schlittschuhfahren wieder an der Tagesordnung sein. Unser „Eis-Kluh" rührt sich denn auch, indem er in vorliegender Nr. seine Mitglieder zur Jahreshaupt versammlung für nächsten Sonntag einladet. Obgleich dieser Verein der numerisch stärkste in hiesigem Orte ist, so zeigt doch die bisherige Erfahrung, daß nur ein geringer Theil seiner Mitglieder von der Gelegenheit, in der Hauptversammlung sich von den inneren Ver hältnissen zu überzeugen, Gebrauch macht. Wenn man dies auch für einen Beweis des Vertrauens gelten lasten will, welches man zu dem Vorstand hat, so ist doch andrerseits darauf hinzuweisen, daß es, wie bei jeder anderen Vereinigung den leitenden Personen nur wünschenSwerth und erfreulich sein kann, wenn mög lichst viele Mitglieder ihr Jntereffe für den Verein durch den Besuch einer solchen Versammlung bekunden. Da die angesetzte Tageszeit eine günstige ist, so dürfte recht wohl auch auf eine rege Betheiligung zu rech nen sein. — Unserer heutigen Gesammt-Auflage liegt als Gratisgabe ein großer Almanach auf 1890 bei. — „Helle Treppen, Helle Fluren!" — in diesem Verlangen gipfelt eine dankenswerthe Auffor derung, welche der Vorstand des Hausbesitzer-Vereins zu Pirna in der letzten Nr. seines Vereinsorgans erlösten hat. Für die Erfüllung der gedachten Forderung müßten die Mitglieder, wie es dabei weiter heißt, um somehr besorgt sein, als bei einem auf dunkler Treppe vorkommenden Unglücksfall, wenn derselbe auch oft durch eigenes Verschulden oder sonstwie verursacht sein sollte, zunächst die Annahme Platz greift, daß der Hausbesitzer den Unfall durch Unterlassung der Be leuchtung herbeigeführt und hierdurch eine That be gangen habe, welche als fahrlässige Körperverletzung nach Maßgabe des Strafgesetzes hart geahndet wird. — Schon vielfaches Unglück ist dadurch geschehen, daß beim Anzünden von Streichhölzchen der abge sprungene Phosphor in eine Wunde an der Hand ge kommen ist und den Verlust eines Gliedes oder wohl gar des Lebens zur Folge gehabt hat. Auch in Herms dorf bei Kreischa ist kürzlich ein derartiger Fall pasfirt, der jedoch noch glücklichen Verlauf genommen hat. Alle, die solches Unglück haben, mögen folgenden wohlgemein ten Rathschlag befolgen: Man mache sich sofort in lauem Master eine starke Lösung von Soda und halte das Glied hinein. Der Phosphor geht nämlich mit der Soda sehr leicht eine chemische Verbindung ein und bildet phosphorsaures Natron, einen ganz unschäd lichen Stoff. Gegen Vergiftung durch Phosphor wird auch Terpentinöl angewendet, während das seither oft angewendete Mittel, die Milch, als schädlich bezeichnet werden muß, da sich Phosphor in dem Fette der Milch leicht löst und dadurch die Gefahr erhöht, statt beseitigt. — Die in den nächsten Tagen zur Ausgabe ge langende Wahlliste, welche die Namen der bei der Stavtoerordnetenwahl am 5. Dezember wählbaren und stimmberechtigten Bürger enthält, führt ISS Unange- seffene (135 im Vorjahre) und 220 Angesessene (216 im Vorjahre) auf. — Mit Ende des Jahres scheiden aus dem Stadtverordneten-Kollegium aus: Rentier Wilh. Wendler und Lohgerbermstr. Albin Ulbrich, an gesessene Stadtverordnete, Privatus Carl Schmivt, unangesessener Stadtverordneter, Expedient Otto Lud wig und Rendant Otto Ulbricht, unangesestene Ersatz männer, außerdem ist an Stelle des zum Rathsmit glied gewählten angesessenen Stadtverordneten Kaukm. Johann Gotthold Reichel eine Neuwahl vorzunehmen. — Nach dem flott gespielten Schwanke „Wo ist die Frau?" brachte die hiesige Theatergesellschast am Mittwoch Abend das ausgezeichnete Lustspiel „Gold fische" zur Aufführung. Der Saal war ziemlich ge füllt und das Publikum spendete wohlverdienten Bei fall, denn das Stück war wieder vorzüglich besetzt und wurde vorzüglich gespielt, worüber nur eine Stimme herrschte. Besonders zeichneten sich aus das Ehepaar Voigt, Herr Bils und Frau Koste. Auch Dekoration und Garderobe find zu loben. Ein Wort der Aner kennung verdient auch die von hiesiger Stadtmusik kapelle ousgeiührte Zwischenaktsmusik. — Hoffentlich wird das Stück noch einmal ausgesührt, damit allen, die gestern an dem Besuche der Vorstellung behindert waren, Gelegenheit geboten wird, den versäumten Ge nuß nachzuholen. — Die „10. Mittheilung an die sächsischen Pferde züchter" ist im Druck erschienen und kann von den Landwirthen bis auf Weiteres unentgeltlich bei den König!. Amtshauptmannschasten und dem Kgl. Land stallamt zu Moritzburg bezogen werden. Dieselbe ent hält zunächst 2 Bekanntmachungen und zwar über die Centralverkaufsstelle nebst Pferdenachweis- und Ein kaufsbureau, sowie über ein abgeändertes Regulativ für Aufnahme von Fohlen auf den Aufzuchtstationen . zu Oelsnitz, Tannenberg, Noitzsch und Heuscheune. Im Anschluß an diese Bekanntmachungen folgt sodann - der Bericht über die Stutenmusterungen und Fohlen-/ schauen im Jahre 1889 und der Geschäftsbericht des sächsischen Fohlenaufzuchtoereins für 1888—89 mit Beschluß über Veränderung des Ausnahmeregulativs. Am Schluffe der gedachten Druckschrift aber befindet sich noch eine sehr belehrende, gegen 9 Seiten lange Abhandlung des Herrn Landstallmeisters, Graf zu Münster in Moritzburg, über die frühe Benutzung junger Pferde zur Arbeit und zur Zucht. Bärenklaufe. Das hiesige Rittergut ist dieser Tage durch Kauf in Besitz des Hrn. Leutnant Jentsch aus Leipzig übergegangen, welcher die Bewirthschaftung bereits am 1. Dezember übernimmt. Der bisherige Besitzer, Hr. Brand, hat das Herrenhaus gänzlich um gebaut und zeitgemäß eingerichtet, die Zugangsstraße verbreitert, den Park umgestaltet und vergrößert und so einen Herrensitz geschaffen, wie er nicht leicht wieder gefunden werden dürfte. Poffendorf. Am vergangener Mittwoch fiel bei uns der erste Schnee, wenn auch etwas spärlich, doch vorläufig als Vorbote der nahegerückten Wintersaison. Hoffen wir, daß bald eine stärkere Auslage folgt zum Schutze der jungen Saat und zum Schmucke des kom menden Festes. Im Vorjahre hatten wir den ersten Schnee am 4. November. Dresden. Die Zweite Kammer erwies in ihrer Sitzung am 27. November, nachdem sie das Andenken des verstorbenen Abg. Clauß durch Erheben von den Plätzen geehrt hatte, den Bericht über die Verwaltung und Vermehrung der kgl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in den Jahren 1886/87 an die Rechen schaftsdeputation und ging sodann über zu der allge meinen Borberathung zweier von den sozialdemokra tischen Abgeordneten, Bebel und Genoffen, eingebrachten Anträge. Der erste derselben bezweckte in der Haupt sache eine Abschaffung des Schulgeldes in den VolkS- fchulen und wurde von dem Abg. Geyer begründet, wogegen die Abgg. v. Trebra-Lindenau, Vizepräsident Georgi und Starke zum Theil schwerwiegende Bedenken gegen denselben erhoben. Den zweiten Antrag, wel cher die Einkommensklasien bis 600 M. von der Ein kommensteuer befreien, dafür aber die Klaffen von 20,000 bis 60,000 M. Jahreseinkommen mit 3'/,, diejenigen von 60.000 bis 200,000 M. mit 4 und diejenigen über 200,000 M. mit 5 Prozent zur Ein kommensteuer heranziehen will, begründete Abgeordnete Stolle (Gesau), andererseits erhoben die Abgeord neten Hähnel, Vizepräsident Georgi, Vizepräsident Streit, Fritzsche und vr. Mehnert Einwendungen gegen Einzelheiten theils des Antrags, theils der Begrün dung. Regierungskommissar Geh. Rath Meusel erklärte, daß die Regierung die Nothwendigkeit einer stärkeren Heranziehung der höheren Einkommenklaffen nicht an erkennen könne, auch eine Befreiung der untersten Klaffen nicht sür dringlich halte, sich aber einer ein gehenden Prüfung der Frage, ob und welche Steuer erleichterungen angezeigt seien, nicht entziehen werde. Beide Anträge wurden der Finanzdepulation L über wiesen. — Dem Landtage ist ein Königliches Dekret, die Erbauung mehrerer Eisenbahnen betreffend, zuge gangen. Daffelbe schließt mit dem Anträge, die Ständeversammlung wolle 1) mit Herstellung u) einer normalspurigen Eisenbahn von Bahnhof Gera-Pforten nach Wolfsgefärth, b) einer normalspurigen Eisenbahn von Falkenberg nach Muldenberg, v) einer schmal spurigen Eisenbahn von Taubenheim über Beiersdorf nach Dürrhennersdorf, ck) einer schmalspurigen Eisen bahn von Hohenfichte nach Eppendorf, «) einer schmal spurigen Eisenbahn von Oschatz nach Strehla, k) einer schmalspurigen Eisenbahn von Wolkenstein durch das Preßnitzthal und nach Jöhstadt, das Einverständniß ML Weißerltz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. SK Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. 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