Volltext Seite (XML)
MdmfferMeblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeizenpreir: die 8 gespalten- Roumzcilc rv«psg., die «gespoitevc Zeile der amtlichen Bekann!m°chun«m 40 i psrnnio, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teil« 1 Reichsmark. Nachweisung «gebühr ro Retchrpiennlge.»»«. LL'tM« Fernsprecher- Amt Wilsdruff Rr. S AAL ZT annahmebisvorm.10Uhr. — — — — Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzeigeu übernehmen wir deine Garantie. Ieder Radattanspruch erlischt, wenn derBetragdura) Klage eingezogen werdenmußoderderAustraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung 2 «M. zuzüglich Abtrag. gebühr. Einzelnummern IKRpfg.AllePostanstalten W0menbllltt für Wrlsdruff u. Umaeaenv Postboten und unfereAus. träger und Geschäftsstellen — — nehmen zu jeder Zeit Be- stelluugen entgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Dienstag, den 18 März 1930 Rr. 65 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Am Beobachiungsfiand. Primo de Riveras Tod. — Umstellung der russischen Agrarwirtschaft. — Die neuen Bombenattentate. Er war zu den Toten gelegt worden. Zu den politisch Toten, — denn ein paar Wochen lang schien es, als ob Primo de Riveras Werk in Spanien so gründlich Zusammenstürzen würde, daß auch das spanische Königtum das Scheiden des Diktators nicht lange überdauern könnte. Durch die Straßen Madrids wurden die roten Fahnen öffentlicher Rebellion gegen König Alfons getragen — aber sie sind verschwunden. Denn die Nachfolger Primo de Riveras griffen mit ebenso harter Hand zu, wie es der frühere Diktator getan hatte. Und wieweit die an gekündigten Reformen in der Staatsverfassung, vor allem die Wiederbelebung des Parlaments, wirklich durch geführt werden, ist noch sehr eine Frage heute noch nicht übersehbarer Umstände geworden. Primo jedenfalls hat stch, als er Spanien verließ, durchaus nicht für einen Politisch endgültig Toten gehalten. Er hat darauf gehofft, daß der Ausbruch innenpolitischer Wirren in Spanien, blelleicht der Ausbruch eines offenen Kampfes zwischen Königtum und republikanischen Tendenzen wieder den Weg Zur Rückkehr nach Spanien ebnen würde. Das hat er in Paris ganz unzweideutig erklärt. Er ahnte nicht, daß der ^od hinter ihm stand und schon die Sense hob, um die Zukunftspläne des Mannes zu durchhauen, der länger als sieben Jahre hindurch der eigentliche Träger der Macht in Spanien gewesen war. Und zwar sicherlich nicht zum inneren und äußeren Schaden dieses Landes. Daß es ihm gelang, im Verein mit Frankreich die furchtbar blutende Wunde desKrieges gegen die Riskabylenzu schließen, ist ein so starker Aktivposten in der politischen Bilanz des Wirkens dieses Mannes, daß sein Name doch aus der Geschichte Spaniens nicht mehr zu tilgen ist. Wenn er antiparlamentarisch, anUparteipolitisch regierte in einem Lande, dessen Parlament und Parteien nicht mehr aus dem Chaos herauswußten, dürfte das wohl ebenso eine historisch bedingte, aber auch begrenzte Notwendigkeit ge wesen sein. Liebe hat er damit nicht geerntet und die Stützen seiner Macht wurden brüchig; er ging aus der Macht heraus, als er das spürte. * Manchmal freilich bedarf es stärkerer Mittel, um Dik tatoren zur Umkehr auf falschen Wegen zu zwingen. Die Agrarpolitik der Moskauer Sowjetmacht- Ha b e r hat dazu geführt, daß Rußland, einst die natür- liche K ornkammer Europas, an einen irgendwie erheblichen Getreideexport gar nicht denken kann, sondern daß darüber hinaus das Gespenst der Hungersnot durch das Land wandert. Ein sich schnell rächender Fehler war diese Politik, weil die Verfolgung der „Kulaken", also der eigentlichen Überschußproduzenten, zugunsten der Kol lektivwirtschaft des Dorfes das Land des fast einzigen Exporlgutes beraubte, über das es verfügen könnte. Wenn die Einstellung dieser antiinduvidualistischen Maßnahmen jetzt erfolgen soll, so hat dies natürlich seinen Grund darin, daß die Frühjahrsbestellung vor der Tür steht. Ob aber die von oben her angekündigte Umkehr nun auch die beabsichtigte Wirkung ausüben wird, über die Be darfsdeckung des einzelnen russischen Bauern hinaus nun auch zu einer Bodenbestellung in größerem Umfang zu führen, steht auf einem anderen Blatte, die Zusicherungen der Moskauer Diktatoren haben keinen hohen Kurs wert. Das Weitz man ja in Deutschland aus Erfahrungen der jüngsten Zeit recht genau und die offizielle Entschuldi gung der leitenden Moskauer Kreise, der Kampf gegen die Konzessionsbetriebe seien nur Übergriffe örtlicher Be hörden, ist auch nicht gerade mit überzeugender Kraft aus gestattet. Wenn man wie Sowjetrußland auf den „Welt kapitalismus" immer und immer wieder angewiesen ist, kann man ihn nicht im eigenen Lande mit Stumpf und Stiel ausrotten wollen. Exaltierter wirtschaftlicher Dogmatismus rächt sich gewöhnlich sehr bald, auch wenn er über die Waffen schärfsten Terrors verfügt. Sinnlos ist ja auch jener andere Terror, der in Deutschland zu den fast wie eine Seuche grassierenden Bombenattentaten Veranlassung war, jetzt wieder Zu einem erfreulicherweise mißglückten Ausbruch schritt. Mit den früheren Ausbrüchen wird sich ja demnächst das Gericht in Altona beschäftigen, weil auch die politischem Fanatismus entspringenden Rechtsverletzungen ebenso, bisweilen auch eine noch schärfer unterstrichene Sühne ftnden müssen wie die anderer Art. Kritik am Staat, Opposition gegen seine Haltung und Maßnahmen soll es geben und wird es immer geben, aber hat sich immer in den Grenzen des gesetzmäßig Zulässigen zu halten. Viel leicht bringt die Gerichtsverhandlung in Altona auch endlich eine Aufklärung darüber, was mit den Attentaten überhaupt „beabsichtigt" war, „bezweckt" wurde, weil man bisher über Absicht und Zweck dieser politischen Experi- Aente sich wirklich keinerlei Vorstellungen machen konnte. Politischem Terror mit den schärfsten Maßnahmen zu be gegnen, ist aber nicht nur Notwehrrecht des Staates, sondern auch seine Pflicht. » Fördert die Ortspreffe » WeMg und dar PckuMomen Vorträge beim Reichspräsidenten. Neue interfraktionelle Besprechungen. Reichspräsident von Hindenburg hat bekanntlich die Gesetze des „Neuen Planes" ausgefertigt, sich aber die Entscheidung über das deutsch-polnische Liquidatiousabkommen Vorbehalten und sie von dem Ausfall der Nachprüfung abhängig gemacht, ob das Abkommen verfassungs ändernd ist und demnach zu seinem Zustandekommen einer Zweidrittelmehrheit des Reichstages bedurft hätte. Der Reichspräsident nahm dementsprechend Vorträge entgegen des Reichskanzlers Hermann Müller und des Reichsjustizministers von Gu^rard über die mit dem deutsch-polnischen Liquidationsabkommcn in Zusam- senhang stehenden Rechtsfragen. An der Besprechung nahmen ferner teil die Staatssekretäre Dr. Joel, Zweigert und Dr. Meißner sowie der Direktor der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes, Dr. Gaus. Eine Entscheidung über die Verkündung des Gesetzes hat der Reichspräsident noch nicht getroffen. Die interfraktionellen Besprechungen im Reichstag wurden fortgesetzt. Im Vordergrund standen die Verhandlungen über die Agrarfragen, mit denen sich zunächst die Fraktionen beschäftigten. Auch die Besprechungen über die Finanzresorm wurden fortgesetzt. Diese Besprechungen haben allerdings im Augenblick mehr formale Bedeutung. In ihr ent scheidendes Stadium werden sie Anfang nächster Woche eintreten, wenn der Parteitag der Deutschen Volksparte: vorüber ist und damit die politischen Grundlagen für die weiteren Verhandlungen geschaffen sind. Die vom Reichs rat verabschiedeten Finanzvorlagcn des Kabinetts sind dem Reichstag zugegangen, der sie noch in dieser Woche zur ersten Beratung stellen und dem Steueraus schuß überweisen will. Der Reichstag tagt bekanntlich in dieser Woche nur bis zum Donnerstag, L>a am Freitag und Sonnabend der Parteitag der Deutschen Volkspartei in Mannheim stattfindet. Gegenstand der interfraktionellen Verhandlung war auch die Arbeitslosenversicherung; die Volkspartei vertrat den Standpunkt, daß der Beitrag von 3^ Prozent nicht überschritten werden dürfe und der Rest Les Bedarfs durch innere Reformen der Versicherung gedeckt werden müsse. Die Sozialdemokraten hielten stch gegenüber diesen Vorschlägen sehr zurück. * polnischer Handelsvertrag vollzogen. In Warschau unterzeichnet. Der deutsch-polnische Handelsvertrag wurde mit seinen Beilagen, zu denen ein Vetcrinärabkvmmen und ein Schlutzprotokoll gehören, am Montag abend im Ministerpräsidium, dem ehemaligen Palais Radziwill in Warschau, paraphiert. Vou deutscher Seite unter zeichnete Dr. Rauscher, polnischerseits Minister Twar dowski. Frankreich und Haager Abkommen. Die französische Regierung wünscht unverzügliche Diskussion Der Generalsekretär am Quai d'Orsay, Berthelot, hat an den Vorsitzenden des Senalsausschusses für Auswärtige An gelegenheiten ein Schreiben gerichtet, in dem auf die Billigung der Haager Regelung durch das deutsche Parlament und auf die Ratifizierung durch den Reichspräsidenten hingewiesen wird.- Es sei vorteilhaft, die Billigung des französischen Parla in möglichst kurzer Frist zu erzielen. Die Negierung gedenkt infolgedessen die Ratifi zierung der Gesetzentwürfe tm Laufe der kommenden Woche einzubringen. Sie wäre dem Senatsausschuß für Auswärtige Angelegenheiten dankbar, wenn er durch schleunige Wahl des Berichterstatters und möglichst rasche Durchprüfung der Texte alle geeigneten Vorkehrungen treffen würde, um die unverzüg liche Diskussion der Haager Abkommen zu erlauben. * Oie Verzögerung der Saarverhandlungen. Saarkundgebung in Berlin. Die durch die seit Monaten geführten deutsch-französischen Saarverhandlungen in ven Vordergrund gerückte Frage der Saarrückgliederung bildete den Gegenstand eines Vortrags abends, der ani Montag abend in Berlin stattfand. Der Bund der Saarvereine und die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Landwannschast in Berlin faßten eine Entschließung, in der es zum Schluß heißt: Sollte — wie es den Anschein habe — Frankreich durch unberechtigte Forderungen den Abbruch der gegenwärtigen Verhandlungen verursachen, so fordere die Be- völkeung des Saargebietes, daß der Völkerbund seine Pflicht erfülle und für Beseitigung des Unrechts an der Saar Sorge trage. In ihrer Treue zum deutschen Vaterland werde die Be völkerung an der Saar niemals wankend werden. Ser Fmanzmlmfier hat das Wort! Sächsischer Landtag. (30. Sitzung.) 08. Dresden, 17. März. Die Tagesordnung der Landtagssitzung enthielt als einzigen Punkt die Etatsrede des Finanzministers Dr. Weber. Der Minister betonte, daß zum erstenmal seit Kriegsende im Freistaat Sachsen ein balancierter Etat vorgelegt werde. Dr. Weber warnte allerdings vor einer optimistischen Aus faffung über den Etat und gab der Besorgnis Ausdruck, daß die an und für sich vorsichtig geschätzten Einnahmen infolge der großen Notlage unserer Wirtschaft nicht voll eingehen würden Die einzelnen Sparmaßnahmen der Regierung fäuder Wenig Gegenliebe auf der äußersten Linken des Hauses, di« vor allem gegen die beabsichtigte Kürzung der Ausgaben beirr Landesfürsorgeverband und gegen die Erhöhung der Ver pslegungssätze bei den klinischen Anstalten, bei den Heil- und Pflegeanstalten und bei den Erziehungsanstalten protestierte Bei der Frage des Landcsfinanzausgleichs ist, wie Finanzminister Weber weiter ausführte, die Regierung bei der Aufstellung des Staatshaushaltsplanes davon aus gegangen, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung deö Landesfinanzausgleichs, der in diesen Tagen dem Landtag zu geht, dessen Zustimmung finden wird. Dieser Gesetzentwurf ist das Ergebnis langjähriger Verhandlungen, bei denen die Regierung den Gemeinden und Bezirksverbönden so weit ent gegengekommen ist, als es bei der gegenwärtigen Finanzlage des Staates überhaupt möglich ist. Bei dieser Gelegenheit kam der Finanzminister auch auf eiue Äußerung zum Staatshaus haltsplan zu sprechen, die der Sächsische Gemeindetag der Öffentlichkeit unterbreitet hat. In diesem Artikel werde behauptet, daß der Ausgleich im Staatshaushaltsplan zu einem erheblichen Teil auf Kosten der sächsischen Gemeinden und Bezirksverbände erzielt worden sei. Es wurde behauptet daß die Gemeinden und Bezirksverbände durch den neuen Staatshaushaltsplan um 3,13 Millionen Mark mehr belaste: würden. Die Regierung müsse auf das entschiedenste der Be hauptung widersprechen, daß die Kürzungen von Staats zuschüssen gleich hohe Mehrbelastungen der Gemeinden und Bezirksverbände bedeuteten. Der Minister wies das dann im einzelnen an den Einstellungen im Etat nach und meinte, die Darstellung des Gemeindetages sei einseitig, indem sie es unterlasse, diejenigen Beträge mit in die Berechnung einzu beziehen, um die die Gemeinden durch den vorliegenden Haus baltsvlan bekkeraestellt würden. Einige Worte widmete der Minister den Nutzungen des Staatsvcrmögens und den wirtschaftlichen Unternehmungen des Staates. Ten erheblichsten Einnahmeposten unter den Einnahmen der allgemeinen Kassenverwaltung stellen nunmehr die Dividenden einnahmen der Aktiengesellschaft Sächsische Werke in Höhe von sieben Millionen Mark dar. Wenn auch die schwere Wirtschaftslage auf die Entwicklung der Sächsischen Werke nicht ohne Einfluß geblieben sei, seien doch die Umsätze weiter hin gestiegen. Der Finanzminister schloß feine Darlegungen: Der Etat zeigt auf allen Gebieten die Auswirkungen der Notlage, in der sich unser Volk und unsere Wirtschaft befinden. Trotz dieser Notzeit ist es möglich gewesen, die Leistungen des Staates für seine großen kulturellen, sozialen und wirtschaft lichen Ausgaben nufrechtzncrhalten. Bei den notwendig ge wordenen Kürzungen glaubt die Negierung von der Allgemein heit und den beteiligten Kreisen erwarten zu können, daß auch sie der schwierigen finanziellen Lage des Staates Verständnis cntgcgcnüringcn. Die Regierung ist mit dem Lande einig in dem dringenden Wunsch, daß der allgemeinen Notlage recht bald bessere Zeiten folgen, zum Wohle des einzelnen und zum Wohle des deutschen Vaterlandes. Die Etatsrcde wurde von der Mitte des Hauses mit freundlichem Beifall ausgezeichnet, die rechte und die linke Seite des Hauses standen den Ausführungen sehr kühl, aber nicht ablehnend gegenüber. Die nächste Sitzung findet am 19. März statt. Auf der Tagesordnung steht die Besprechung des Etats und zahlreiche damit in Zusammenhang stehende Vorlagen, Anträge und Anfragen. Die erfolglose Moitenkonserenz. Keine Einigung. Trotz aller krampfhaften Bemühungen, einen offenen Zusammenbruch der mit so vielen schönen Worten er- »ffneten Londoner Besprechungen zur Flottenab - Rüstung zu vermeiden, läßt sich die fast absolute Erfolg losigkeit der Konferenz kaum mehr verdecken. Am Sonntag besuchte der französische Ministerpräsident Tardieu den mglischen Premier Macdonald auf dessen Wochen- kndaufenthalt Chequers. Beide unterhielten sich ein gehend über die Lage, ohne daß es zu einem wesentlichen Fortschritt gekommen wäre. Baldiges Ende oder vor zeitiger Abbruch der Konferenz sollen unter allen Um ständen vermieden werden. Zu einem definitiven Beschluß scheint man jedoch nicht kommen zu können.