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JHentte, welch« bei b» bedeutenden Auflage de» Blatte« ein» sehr wirt- same Verbreitunä finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenteile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt» Inserate mit entsprechen» / dem Ausschlag. — Einge sandt, nn redaktionell« Theile, die Spaltenzeil« 20Pfg. Di« „Wei-erih-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Prei« vierteljährlich 1 M. 2b Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mr die Könilliiche AmishsupimMilschafl Aippoidiswüide, lowie /ür die Königlichen 'Mmisgerichie und die Sladlläihe zu Dippoldiswalde und Zsraumstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Ahne in Dippoldiswalde. Mcherih -MW Amtsblatt Nr. 9. Zur Reichstagswahl, (besonders in unserm Wahlkreise). Bekanntlich ist durch kaiserliche Beiordnung die diesjährige Reichstagswahl auf den 20. Februar fest gesetzt worden. Der Wahlkampf dürste diesmal ein sehr heißer werden, da sowohl den Sozialdemokraten, als auch den Fortschrittlern oder Deutsch-Freisinnigen, wie sie sich nennen, viel daran liegt, nicht nur die bei der letzten Wahl 1887 verlorenen Sitze wieder zu er obern, sondern noch weitere dazu zu gewinnen. Daß die staatserhaltenden Parteien, die Konservativen und Nationalliberalen, die „Kartellparteien", darum auf dem Platze sein müssen, um ihren bisherigen Besitz stand zu wahren, bedarf keiner Begründung. Die nächste Veranlassung dazu giebt die Sozialpartei durch ihre Rührigkeit, und ihre Parteidisziplin, die auch vor dem Terrorismus nicht zurückschreckt, wenn es gilt, Parteizwecke zu verfolgen. Vor uns liegt bereits ein sozialdemokratisches Flugblatt: „An die Wähler des VI. sächs. Reichstagswahlkreises", das am gestrigen Sonntage wohl in-sämmtliche Häuser der Stadt ge langt ist. Zweck desselben ist, den schon früher mehr fach als Wahlkandidat aufgestellten Herrn Georg Horn, Gemeinderathsmitglied in Löbtau, als Vertreter deS VI. Wahlkreises im deutschen Reichstage zu empfehlen. Schlauerweise ist der Aufruf nicht unterzeichnet von einem Konnte, das die sozialeem akratische Firma offen heraussteckl, sondern ganz harmlos: Der Verein für volksthümliche Wahlen. Obschon nun der Ausruf selbst ganz unverhohlen sich als Agitation für die sozialdemokratische Partei darstellt, so wollten wir doch nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, damit Diejenigen, die sich die Zeit nehmen, denselben durchzulesen, die Sache nicht allzu harmlos nehmen, sonder» sich klar werden, daß dieser „Verein für volksthümliche Wahlen" nichts anders ist als das Oberkommando der Sozia listen. Es ist selbstverständlich, daß das Flugblatt die Ziele und Bestrebungen der Sozialisten in das glän zendste Licht stellt und dagegen die der Kartellparteiei? herabsetzt und verdächtigt. Gründe und Beweise sür die ungeheuerlichen Behauptungen, die bei dieser Ge legenheit laut werden, fehlen vollständig. Nach der Behauptung des Flugblattes wollen sogar die Kartell parteien das Wahlrecht beschränken, ja ganz aufheben. Woher wissen das die Sozialdemokraten? Welche Vor kommnisse berechtigen sie zu solcher Behauptung? Die sozialdemokratische Partei dagegen wolle ein voll kommen freies, gleiches und direktes Wahlrecht. Haben wir das nicht schon? Wird Jemand zu irgend einer Wahl genöthigt? Erscheint nicht der Geringste eben jo wie der Reichste und Bedeutendste an derselben Wahlurne? Wählen wir irgendwie indirekt durch Wahlmänner, oder geht der Erwählte nicht unmittel bar aus dem Wahlakte hervor? — Kommen Unge hörigkeiten bei einer Wahl vor, so sind die Sozial demokraten sicher die Letzten, die das ungerügt lassen. Wenn die Sozialdemokraten die Verlegung des Wahl tags aus den Sonnrag wollen, so ist das eine rein formelle Frage, über die sich reden ließe. Wir ver zichten vorläufig auf die Besprechung verfolgenden Punkte, in denen die Forderungen der Kartellpartei mit denen der Sozialisten verglichen, und ndtürlich so verglichen werden, daß schließlich herauskommt, wie die Glieder der Kartellpartei sind: „Feinde einer freiheitlichen, den Wohlstand Aller fördernden Entwickelung und keinen Anspruch haben, von dem arbeitenden Volke gewählt zu werden." — Es ist eine leider allgemein anerkannte Wahrheit, daß unter den Menschen die Dankbarkeit eine der unbekanntesten Tugenden ist. Auf solche I rechnet ein für das allgemeine Beste Wirkender nie; I wer es dennoch thut, dem fehlt es an Erfahrung. Auch den Kartellparteien liegt es vollständig fern, auf Dankbarkeit für das, was sie gerade im vergangenen Reichstage zum Besten und zum Wohle des „arbeiten Dienstag, den 21. Januar 1890. den Volks" gethan haben, zu hoffen und Anspruch zu erheben. Aber sie sollten meinen, daß einfache Ehrlich keit, die auch von dem Flugblatte betonte Offenheit der sozialdemokratischen Partei es nicht übers Herz bringen könnte, alle die vom Reichstage zum Ausbaue der Sozialistengesetzgebung, zur Herstellung des Altersver- sicherungs- und Jnvalidengesetzes der Arbeiter nöthigen Arbeiten und Lasten, die gern geleistet worden sind, zu ignoriren. Und abgesehen von den Thaten des Reichstages. Wer hat denn zu all' den auf Förde rung des Volkswohls geschehenen Unternehmungen, (Wohnungsfrage, Volksheime, Volksküchen, Bildungs vereine u. s. w.) die Hand geboten und sich zu den vielfachsten Opfern bereit erklärt? Sind es die Herren Sozialdemokraten gewesen? — Ja, Forderungen über Forderungen, Einmischung in Streiks, die der Partei nicht das Mindeste angingen, Lockerung der Disziplin in Verhältnissen, wo Zuchtlosigkeit doppelt verhängniß- voll werden kann und geworden ist: das sind so Leistungen gewesen, von denen man tagtäglich gehört hat — und nun kommt noch dazu Verunglimpfung der Partei, die durch ihre Thätigkeit bewiesen hat, daß sie ein Herz fürs Volk hat und bereit gewesen ist, diese Gesinnung mit Opfern zu bethätigAi. Aber diese anzuerkennen, kann den Sozialisten nicht ein, fallen; daS hieße, den Ast absägen, auf dem sie sitzen: Dieser Ast aber ist die fortwährend zu nährende Begehrlichkeit und Unzufriedenheit der Arbeiter mit jedem bestehenden Zustande. Daß wir auf Erden nicht in einem vollkommenen, idealen Zustande leben, ver kennt kein Vernünftiger; daß beständig darnach zu streben ist, unsere Lage zu bessern und die Zustände einem erreichbaren Ideale näher zu bringen, verkennt gleichfalls kein Vernünftiger; aber — zu der Auswahl der zu ergreifenden Mittel und zur Abmessung der Zielweiten gehören nicht minder die großen Regula toren: Vernunft und Erfahrung. Mindestens an letzterer scheint es nun aber dem „Verein für volksthüm liche Wahlen" in höchst bedenklicher Weise zu fehlen. Als achte Forderung der Sozialisten stellt derselbe hin: „Die sozialdemokratische Partei fordert Ab schaffung der stehenden Heere und Einführung einer Volkswehr, weil hierdurch die Steuerlast des Volkes bedeutend herabgemindert wird." Freilich wäre es sehr bequem, wenn wir in einem ewigen, ungestörten Frieden leben könnten, keine Soldaten zu unterhalten brauchten und unser Geld in der Tasche behalten könnten. Aber wie man in unserm Jahrhundert, bei der politischen Lage Europas mit dergleichen unreifen Phrasen, die entschieden nur darauf berechnet sind, die urtheilslose Menge sür sich zu gewinnen, sich her- vorzutreten wagen kann, ohne den Fluch der Lächer lichkeit zu fürchten, ist uns unerfindlich. Wir haben uns mit dem belr. Flugblatte aus nahmsweise ausführlicher beschäftigt, als es unsere Absicht war. Wäre vorauszusetzen, daß jeder Leser desselben sofort den Wolf unter dem Schafspelze er kennte, so würden wir den bekannten üblichen Redens arten der Sozialisten besonderer Beachtung nicht ge schenkt haben. So aber haben wir es besonders gethan des „arbeitenden Volks" wegen, dem wir die Frage zu recht ernsthafter Ueberlegung hiermit vorlegen: „Für wen hat der Reichstag bisher — fast nur gesorgt?" — Wenn ihr ehrlich seid, müßt ihr antworten: „Für die Arbeiter!" — Und seid überzeugt, er wird's in seiner bisherigen Zusammensetzung noch ferner thun; die Kartellparteien haben ein Herz fürs Volk und werden es ihm offen halten! Auch ohne Herrn Horn aus Löbtau, wenn auch das Flugblatt seinen Aufruf mit der überschwänglichen Phrase schließt: „Mit der Wahl des Herrn Horn habt ihr den Sieg des Fortschritts und den Sieg der Arbeiter sache erfochten." «Lokales «»d Sächsisches. Dippoldiswalde. Das am vorigen Freitag 56. Jahrgang. abermals unter Leitung deS Herrn Kantor Hellriegel von der hiesigen, durch bewährte Kräfte verstärkten Stadtkapelle gegebene 2. AbonnementS-Eoncert war zahlreich besucht und nahm gleich dem ersten einen schönen Verlauf. Das Programm war von der richtigen Länge und trug in geschickter Weise dem Ge- schmacke eines Jeden Rechnung. Wie immer erregten die Eolovorträge der mit Recht hier bereits sehr be liebten Künstler Petzold (Oboe) und Meine! (Cello) stürmischen Beifall. Herr Musikdirektor Hoppe kann mit großer Befriedigung auf diese beiden musikalischen Vorstellungen zurückblicken, er hat auch gesehen, daß das Publikum wirklich guten Leistungen seine An erkennung nicht versagt. — In Bezug auf die vielbesprochene Berliner „Schloßfreiheits-Lotterie" haben wir die Leser darauf aufmerksam zu machen, daß der Bezug von Loosen in Sachsen nicht gestattet ist, da gemäß der geltenden ge setzlichen Bestimmungen Berlin in diesem Fall als „Ausland" betrachtet wird. Es können daher auch alle etwa von Sachsen aus nach Berlin gerichteten Loosbestellungen nicht effektuirt werden. — Die neu errichtete Geschäftsstelle der Oekono- mischen Gesellschaft im Königreiche Sachsen, welche für ihre Mitglieder unter Anderem auch die Vermittelung des Bezugs von künstlichen Dünge-ünd Futtermitteln, sowie von An- und Verkauf von Saatgut zu den möglichst günstigsten Bedingungen bezweckt, beabsichtigt, sich mit leistungsfähigen Fabrikanten und Händlern genannter Artikel in Verbindung zu setzen und sieht Anerbietungen und näheren Bedingungen in Kürze entgegen, welche an den Leiter der Geschäftsstelle, Herrn A. Barthels, Dresden-Ältst., Trompeterstr. 6, I, zu richten sind, der dann mit den Betreffenden in nähere Unterhandlungen treten wird. Löwenhain. Wie wir s. Z. berichteten, brach am Abend des 8. Januar im Kühnelschen Gute hier ein Schadenfeuer aus, das mit entsetzlicher Schnelligkeit um sich griff, so daß es dem Kalamitosen, sowie dem benachbarten Gutsbesitzer Streller nicht möglich war, auch nur etwas von ihrem Mobiliar zu retten; es verbrannten Kühnel sogar noch I Pferd, 2 Ochsen, 7 Kühe, 2 Schweine, I Ziege und 8 Hühner. — Bei der entstandenen Verwirrung hatte man vergessen, daß im Giebelstübchen des Hauses das 1 '/»jährige Söhnchen des Kalamitosen schlief. Mit wahrer Todesverachtung stürzte sich aber der Bruder des Kleinen, der l 2jährige Richard Kühnel, in das brennende Haus, eilte die Treppe hinauf und unter dem brennenden Strohdach weg holte er sein Brüderchen nur mit einem einzigen Bettchen unbeschädigt in's Freie. Wie groß die Ver wirrung gewesen ist, kann man daraus ersehen, daß die nach der Rettung des Kleinen flüchtenden Frauen die Thüre des brennenden Hauses in's Schloß ge worfen haben, wodurch der Riegel vorgesprungen ist, so daß die herzueilenden Nachbarn erst die Thür ge waltsam einschlagen mußten. Das Bettchen, in dem der Kleine gerettet wurde, ist thatsächlich das einzige Ausstattungsstück, das die Kalamitosen gerettet haben. Ehre und Anerkennung dem kleinen Tapferen! Vom Gebirge. Auf unserer lustigen Gebirgs höhe hat jenes tückische Fieber „Influenza" leider auch seinen traurigen Einzug gehalten. Der grüßte Thcil des Eisenbahnpersonals des nahen Grenzbahn- hoses Moldau liegt an dieser Seuche mehr oder minder schwer darnieder, so daß Militär zur Unterstützung bei Ausübung des Bahndienstes kommandirt worden ist. Unter der Kinderwelt hiesiger Gegend ist die Influenza bis jetzt verhältnißmäßig wenig aufgetreten, so daß der Schulunterricht in den benachbarten Grenzorten bisher glücklicherweise noch keine Unterbrechung erlitt. N Kreischa. Am Donnerstag Abend hielt der Landwirthschastliche Verein seine erste diesjährige Sitzung ab. Nach erfolgter Begrüßung der erschie nenen 53 Mitglieder bez. Gäste durch den Vorsitzen- i